[E-rundbrief] Info 1916 - Attac - Steuertransparenz Mängel

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Do Nov 28 16:40:52 CET 2019


E-Rundbrief Info 1916 - Attac-A, VIDC (A): Steuertransparenz: Attac 
kritisiert Nein der Regierung und Verwässerung beim EU-Wettbewerbsrat.

Bad Ischl, 28.11.2019

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

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Steuertransparenz: Attac kritisiert Nein der Regierung und 
Verwässerung beim EU-Wettbewerbsrat

Auch Kompromissentwurf der EU-Regierungen lässt Konzerne weitertricksen

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac und das VIDC kritisieren 
das angekündigte Nein der Regierung zu mehr Steuertransparenz beim 
heutigen EU-Wettbewerbsrat in Brüssel. Wirtschaftsministerin Elisabeth 
Udolf-Strobl erklärte dazu es sei ausreichend, wenn den Steuerbehörden 
die notwendigen Informationen zur Verfügung stehen.

„Die Argumente von Wirtschaftsministerin Udolf-Strobl gegen mehr 
Transparenz sind nachweislich falsch“, erklärt David Walch von Attac 
Österreich. „Steuerskandale wie LuxLeaks haben gezeigt, dass wir uns 
nicht darauf verlassen können, dass nationale Regierungen für eine 
gerechte Besteuerung von Konzernen sorgen. Es waren unabhängige Medien 
und die Zivilgesellschaft, die diese Skandale aufgedeckt haben.“

Öffentliche Konzernberichte liefern nicht nur wichtige Informationen - 
sie dämmen Steuervermeidung sogar unmittelbar ein. Eine Studie zeigt, 
dass sich der Steuerbeitrag von zu mehr Transparenz verpflichteten 
Banken erhöht, vor allem dann, wenn sie in Steuersümpfen aktiv sind. 
(1) „Genau deshalb wehren sich die größten Konzerne seit 40 Jahren mit 
allen erdenklichen Mitteln gegen mehr Transparenz. Umso wichtiger ist 
es, dass sich die Regierungen diesem Druck nicht beugen“, fordert 
Walch. „Auch Entwicklungsländer, die am Austausch der Steuerbehörden 
nicht teilnehmen, würden von mehr Transparenz profitieren. 
Investor*innen würden zudem einen Einblick in die Steuerstrategien und 
finanziellen Risiken von Konzernen bekommen“, erklärt Martina Neuwirth 
vom VIDC.

Kompromisspapier der Regierungen lässt Konzerne weiter tricksen

Für den Beschluss beim Wettbewerbsrat ist eine qualifizierte Mehrheit 
ausreichend. Die Süddeutsche Zeitung berichtete dazu heute von einer 
Beschlussvorlage. (2) Diese sehe vor den - ohnehin 
verbesserungswürdigen - Vorschlag der EU-Kommission noch weiter zu 
verwässern. Attac und das VIDC kritisieren grundsätzlich, dass die 
EU-Pläne vorsehen, die Steuerdaten von Niederlassungen in 
Nicht-EU-Staaten aggregiert dargestellt werden sollen, was die 
Steuertricks dort weiter im Dunkeln lässt. Die Kommission wollte zudem 
nur alle Konzerne mit mehr als 750 Millionen Euro Jahresumsatz dazu 
zwingen diese Informationen preiszugeben.

Laut Entwurf der Mitgliedstaaten sollen nun sogar nur Firmen betroffen 
sein, die zwei Jahre in Folge diese Umsatzgrenze überschreiten. „Diese 
exzessive Größengrenze ist durch nichts zu rechtfertigen. Die 
EU-Bilanzrichtlinie definiert bereits Unternehmen mit einem Umsatz von 
mindestens 40 Millionen Euro als große Unternehmensgruppen. Diese 
Grenze wurde auch bei den bereits existierenden öffentlichen 
Berichtspflichten für Rohstoff-Unternehmen eingezogen und sollte für 
alle Konzerne gleich gelten“, erklärt Walch.

Außerdem verlangen die EU-Minister*innen eine großzügige 
Ausnahmeklausel: Wenn die Veröffentlichung des Gewinns 
„geschäftsschädigend“ ist, darf die Firma die Herausgabe der Daten um 
sechs Jahre verzögern. „Diese Regelung gibt den Konzernen zusätzlich 
enormen Spielraum sich der Steuertransparenz völlig zu entziehen. 
Jegliche Ausnahmen sollten diesbezüglich gestrichen werden“, fordern 
Walch und Neuwirth.

Hintergrund:

Seit vielen Jahren fordern zivilgesellschaftliche Organisationen Licht 
ins Dunkel der Steuertricks internationaler Konzerne wie Apple, Google 
und Co zu bringen. Entscheidend dafür sind öffentliche länderweise 
Konzernberichte („public country by coutry reporting“). Damit müssten 
Konzerne unter anderem veröffentlichen, wie viel Gewinn sie wo 
verbuchen und wie viel Steuern sie bezahlen. Durch Steuerhinterziehung 
multinationaler Konzerne verlieren die Staaten weltweit jährlich rund 
500 Milliarden Euro.

Anmerkungen

(1) Öffentliche Berichtspflichten existieren für Banken und 
Rohstoffkonzerne in der EU schon seit 2013. Studie: Does 
Country-by-Country Reporting Alleviate Corporate Tax Avoidance? 
Evidence from the European Banking Sector 
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3075784
(2) 
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/eu-steuern-steuertricks-unternehmen-1.4699683

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David Walch
Pressesprecher Attac Österreich
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einsetzt.

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     Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
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