[E-rundbrief] Info 1871 - Weg frei für US-Fracking-Gas nach Deutschland
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
So Jun 30 11:48:21 CEST 2019
E-Rundbrief Info 1871 - Jens Bernert (D): Die Umwelt-Verräter - Die
(deutschen) Grünen haben Fracking-Gas den Weg freigemacht.
Bad Ischl, 30.6.2019
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
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https://www.rubikon.news/artikel/die-umwelt-verrater
Montag, 24. Juni 2019, 16:23 Uhr
~6 Minuten Lesezeit
Die Umwelt-Verräter
Die (deutschen) Grünen haben Fracking-Gas den Weg freigemacht.
von Jens Bernert
Der Bundesrat beschloss am 7. Juni 2019 die von Bundeskanzlerin Angela
Merkel vorgelegte „Verordnung zur Verbesserung der Rahmenbedingungen
für den Aufbau der LNG-Infrastruktur in Deutschland“. Möglich wurde
dies, weil die „Umweltschutzpartei“ Bündnis 90/Die Grünen für den
Aufbau und die Subventionierung dieser Infrastruktur zum Import von
Fracking-Gas aus den USA stimmten. Das alles geschah keine zwei Wochen
nach der EU-Wahl, bei der die Grünen auch aufgrund ihres
umweltpolitischen und klimapolitischen Images samt Rezo-Video massive
Stimmengewinne eingefahren hatten (1).
Bei der LNG-Thematik geht es um Flüssiggas aus den USA, das durch
äußerst umweltschädliches Fracking gewonnen wird – in Deutschland
übrigens verboten, also um den Import eines fossilen Brennstoffs wie
Kohle oder Öl – sowie die hunderte Millionen Euro teure
Subventionierung der dafür notwendigen Terminals und weiterer
Infrastruktur, die erst aufgebaut werden muss. Letztlich ist dies auch
eine kaum verhohlene Subventionierung des noch äußerst teuren Gases
aus den USA, das die Trump-Regierung unter regulären Marktbedingungen
wohl nicht verkaufen könnte.
Am 28. Mai 2019, einen Tag vor der „Europa-Wahl“, sagte Julia
Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik von Bündnis 90/Die Grünen im
Bundestag (2):
„Verflüssigtes Erdgas hat nicht nur eine schlechte Klimabilanz, es
verlängert das fossile Zeitalter. Besonders problematisch wird es,
wenn zur Förderung des Erdgases das Fracking-Verfahren eingesetzt
wird. LNG aus Fracking-Gas torpediert den Kampf gegen Klimakrise und
Umweltgefahren in doppelter Weise. Wir lehnen Fracking daher strikt ab.
Statt weiter Investitionen in Infrastruktur für Erdgas anzureizen,
sollte die Bundesregierung endlich eine klare Perspektive für den
Ausstieg aus dem fossilen Energieträger Erdgas schaffen.“
Wenige Tage nach dieser Wahl sorgten die Grünen dann im Bundesrat
dafür, dass das LNG-Fracking-Gas subventioniert nach Deutschland
importiert werden kann. Zu dieser Bundesratsabstimmung pro
Fracking-Gas findet sich kein Beitrag auf der Website von Julia Verlinden.
Im Artikel „Wird in Hamburg bald Fracking-Gas getankt?“ schreibt das
Hamburger Abendblatt zu den Umweltschutzbedenken und dem
Abstimmungsverhalten der „Umweltpartei“ Die Grünen (3):
„Gilbert Siegler, Sprecher des in der Energiepolitik engagierten
privat organisierten Hamburger Energietisches, sagte dem Abendblatt:
‚Hamburg will bis 2030 zwei Kohlekraftwerke stilllegen und durch
Gaskraftwerke ersetzen. Wird nun in Brunsbüttel ein LNG-Terminal
gebaut und mit dem Hamburger Gasnetz verbunden, dann ist die Nutzung
von gefracktem Erdgas in Hamburg programmiert. Das wäre eine
Katastrophe für den Klimaschutz.‘ (…)
Hamburg hat dem Ausbau der LNG-Infrastruktur trotz solcher Vorbehalte
jetzt zugestimmt, das heißt: Auch die Grünen haben sich also dafür
ausgesprochen. Wären sie dagegen gewesen, hätte sich Hamburg enthalten
müssen. ‚Dass Hamburgs rot-grüne Regierung für eine gesetzliche
Regelung stimmt, die den millionenschweren Ausbau von LNG-Terminals
fördert, ist nach den vollmundigen Ankündigungen des Bürgermeisters
und des Umweltsenators zum Klimaschutz mehr als befremdlich’, sagte
BUND-Chef Braasch.“
Der Bundestagsabgeordnete Hubertus Zdebel von Die Linke äußerte sich
in einer Pressemitteilung mit dem Titel „Bundesrat setzt durch
LNG-Förderung fatales Signal für Fracking-Gas und gegen Klimaschutz“
zu der Angelegenheit. Zdebel verwies ebenso wie das Hamburger
Abendblatt auf das im Bundesrat normalerweise übliche
Abstimmungsverhalten von Landesregierungen, deren Koalitionspartner
unterschiedlicher Meinung sind. Ist ein Koalitionspartner „dagegen“,
enthält sich die jeweilige Landesregierung. Die Grünen sorgten aber
nicht für Enthaltungen, sondern für Zustimmung. Zdebel schreibt dazu (4):
„Statt auf Klimaschutz und erneuerbare Energien zu setzen, hat sich
der Bundesrat für den Import von dreckigem Fracking-Gas aus den USA
und einen extrem klimaschädlichen fossilen Energieträger
ausgesprochen. (…)
Keine zwei Wochen nach der Europawahl, bei der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
den Klimaschutz vollmundig zum bestimmenden Thema gemacht haben, ist
die Partei der Klimaschutzbewegung in den Rücken gefallen. Gibt es
unterschiedliche Ansichten über ein Gesetzesvorhaben in einer
Landesregierung, enthält sich diese grundsätzlich im Bundesrat. Hätten
sich alle Länder mit GRÜNER Regierungsbeteiligung enthalten, wäre die
erforderliche Mehrheit für die LNG-Verordnung nicht zustande gekommen.“
Die Anti-Fracking-Website „Gegen Gasbohren“ schreibt in dem Artikel
„GRÜNE enttäuschen bei der LNG-Abstimmung im Bundesrat“ (5):
„Damit ist für Frackinggas, hauptsächlich aus Amerika, Tür und Tor
geöffnet.
Frackinggas, das durch seinen Methanschlupf von der Förderung bis zum
Endverbraucher von seiner Klimabilanz mindestens genauso schädlich ist
wie Kohle. Wenn man auch, wie vielfach angekündigt, auf bessere
Produktionsverfahren hofft, ist nicht zu leugnen, dass Erdgas ein
fossiler Brennstoff ist, den es in Zukunft weitestgehend auszuschalten
gilt.
Betrachtet man dazu noch die Aufbereitung des Gases, Transportwege und
so weiter zeigt sich, dass dafür ein hoher Energieaufwand betrieben
werden muss. Davon ist in der Argumentation der Befürworter nichts zu
vernehmen.
Und damit das Geschäft mit Flüssiggas (LNG) dennoch im Ganzen rentabel
bleibt, wird durch diese neue Verordnung der Verbraucher zur Kasse
gebeten.“
Das PV-Magazine schreibt im Beitrag „Niederschmetternd für Klimaschutz
und Grüne Glaubwürdigkeit: Bundesrat befürwortet LNG-Infrastruktur“ zu
den Ereignissen bei der Abstimmung im Bundesrat (6):
„Die Frage, warum dreistellige Millionenbeträge samt freundlichsten
Gesetzesänderungen der Erdgasindustrie und nicht den erneuerbaren
Energien gewidmet werden, wurde von niemandem verbalisiert, gellte
aber in Form eines durch Mark und Bein gehenden Buh-Schreis von der
Besuchertribüne durch den Raum. Ob seines schändlichen Tuns vermutlich
selbst vom Gewissen geplagt kam vom Präsidium keine Rüge.
Die Grünen-Umweltministerin von Thüringen, Siegesmund, ging auf den
Schrei und auf die Demonstranten vor dem Bundesratsgebäude ein: Man
müsse den Menschen erklären, warum LNG nötig sei und dürfe hierbei
auch Gefahren nicht verschweigen. Schließlich könne auch
unkonventionell gefracktes Erdgas importiert werden.“
Interessanterweise erfolgte der Bundesratsbeschluss zur
Subventionierung des teuren und umweltschädlichen Fracking-Gases
beziehungsweise der entsprechenden Importinfrastruktur just in dem
Zeitraum, in dem die US-Regierung den umfangreichen Ausbau der
LNG-Exportinfrastruktur für das in den USA durch Fracking gewonnene
Gas ankündigte. Bizarrerweise tauften die US-Behörden das
US-Fracking-Gas in „Freedom Gas“ beziehungsweise seine Moleküle in
„Molecules of Freedom“ um (7). Diese Begriffe erinnern den Betrachter
an die „Freedom Fries“ – statt „French Fries“ – in den USA aus der
Zeit der Invasion des Iraks.
Die schweizerische Website watson.ch schreibt zu Freiheitsgas und den
erstaunlich gut zu den deutschen Importambitionen passenden
US-Exportambitionen von Fracking-Gas (8):
„In einer Pressemitteilung des US-Energie-Departements vom Dienstag
werden fossile Brennstoffe und flüssiges Erdgas (LNG, Liquefied
Natural Gas) als «Freiheits-Moleküle» beziehungsweise «Freiheits-Gas»
bezeichnet. (…)
Aber es kommt noch besser. Die eigentliche Nachricht in der
Pressemitteilung ist die Ankündigung einer neuen
Gasverflüssigungsanlage im texanischen Houston. Direkt am Golf von
Mexiko gelegen, soll sie «Freedom Gas» a.k.a. flüssiges Erdgas in die
Welt verbreiten.“
Der Spiegel schreibt im Artikel „Fracking. US-Regierung wirbt für
‚Freiheitsgas'“ (9):
„Die Pressemitteilung des US-Energieministeriums hätte außer
Branchenexperten wohl kaum jemand beachtet. Die Behörde gibt darin
bekannt, dass über eine neue Anlage an der Küste des Bundesstaates
Texas in Zukunft mehr Flüssiggas (LNG) ins Ausland exportiert werden
kann. (…)
Die US-Regierung würde gern auch mehr Flüssiggas nach Europa
verkaufen. Zwar sind die EU-Importe zuletzt gestiegen, allerdings ist
der LNG-Anteil am Gesamtverbrauch in Europa immer noch sehr klein.“
Quellen und Anmerkungen:
(1)
http://blauerbote.com/2019/05/30/das-rezo-video-wurde-vom-stroeer-konzern-hergestellt/
(2)
https://julia-verlinden.de/detail/article/lng_verlaengert_das_fossile_zeitalter/
(3)
https://www.abendblatt.de/hamburg/article226242161/Wird-in-Hamburg-bald-Fracking-Gas-getankt.html
(4)
http://www.hubertus-zdebel.de/bundesrat-setzt-durch-lng-foerderung-fatales-signal-fuer-fracking-gas-und-gegen-klimaschutz/
(5)
http://www.gegen-gasbohren.de/2019/06/11/gruene-enttaeuschen-bei-der-lng-abstimmung-im-bundesrat/
(6)
https://www.pv-magazine.de/2019/06/11/niederschmetternd-fuer-klimaschutz-und-gruene-glaubwuerdigkeit-bundesrat-befuerwortet-lng-infrastruktur/
(7)
https://www.sciencealert.com/us-department-of-energy-is-now-referring-to-natural-gas-as-freedom-gas
(8)
https://www.watson.ch/international/usa/639188222-die-trump-regierung-hat-erdgas-umbenannt-es-heisst-jetzt-freedom-gas
(9)
https://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/fracking-gas-us-regierung-wirbt-fuer-freiheitsgas-a-1270061.html
Jens Bernert, Jahrgang 1974, ist studierter Geograph und
Politikwissenschaftler mit Abschluss der Universität Mannheim und
arbeitet seit zehn Jahren als Software-Entwickler im Java-Umfeld. In
seiner Freizeit bloggt er unter anderem in seinem Weblog „Blauer Bote
Magazin“ meist zu aktuellen politischen und zeitgeschichtlichen
Themen. Außerdem macht er als DJ Underpop — in leider immer größeren
Abständen — Mannheim und Heidelberg unsicher.
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
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