[E-rundbrief] Info 1065 - Gezieltes Toeten durch Drohnen u.a.

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Mi Dez 14 16:44:11 CET 2011


E-Rundbrief - Info 1065 - Pax Christi Deutschland: Gegen die Strategie 
des Tötens (u.a. durch Drohnen). Erklärung des pax christi-Präsidenten 
zum Tag der Menschenrechte am 10. Dezember 2011

Bad Ischl, 14.12.2011

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Gegen die Strategie des Tötens

Erklärung des pax christi-Präsidenten zum Tag der Menschenrechte am 
10. Dezember 2011

In Afghanistan und auch jenseits der Grenze zu Pakistan sind 
Luftangriffe mit Drohnen inzwischen tägliche Realität. Direkte 
willkürliche Tötungen und Einsätze über große Distanzen machen für den 
Angreifer eine für ihn risikoarme Kriegsführung möglich, die darüber 
hinaus noch als zielgenau gilt. Der so genannte Kollateralschaden ist 
und bleibt jedoch Realität auch dieser Kriegsführung.

Eine Sicherheitsstrategie, die verdächtige Personen tötet, statt sie 
der Justiz zu überstellen, wird immer mehr zur Normalität. Bekannt 
geworden sind vor allem die von US-Präsident Barack Obama und seinen 
engsten Mitarbeitern im vergangenen Mai live mitverfolgte Tötung von 
Osama bin Laden sowie die gezielte Tötung des US-Bürgers Anwar 
al-Awlaki im September im Jemen. Der größte Teil der Einsätze richtet 
sich im militärisch wenig aussichtsreichen Kampf gegen die so 
genannten Taliban auf niedriger Hierarchieebene.

Der internationale Militäreinsatz in Afghanistan bekennt sich 
spätestens seit der Londoner Sicherheitskonferenz 2010 offen zu dieser 
?Shoot-and-Kill?-Strategie. Dies bedeutet, dass die als Aufständischer 
identifizierte Person oder die entsprechende Personengruppe direkt 
getötet (?targeted killing?), statt angeklagt oder gefangen genommen 
werden. An die Stelle militärischer Fronteinsätze treten Methoden 
verdeckter Kriegsführung.

Dieser dramatische Paradigmenwechsel in Selbstverständnis und 
Strategie von Militär hin zu einer Art ständigen Intervention, stellt 
eine neue Phase der Anwendung kriegerischer Gewalt dar. Diese Art der 
Gewalt ist unvereinbar mit den Regeln des Kriegsrechts und bedeutet 
schwere Menschenrechtsverletzungen. Auch ein Terror-Verdächtiger hat 
unveräußerliche Menschenrechte. Wenn eine Aktion der 
Aufstandsbekämpfung nicht mehr die Festnahme, sondern die Tötung des 
Gegners zum Ziel hat, bricht internationales Recht.

Der jahrelange Krieg in Afghanistan hat zu einer gefährlichen 
Eigendynamik des Wirkens von militärischen Sondereinheiten und von 
unkonventionellen Methoden militärischen Gewalteinsatzes geführt. Die 
Aufwertung und Sonderstellung von Streitkräften bei der militärischen 
Aufstandsbekämpfung und ihre Vermischung mit polizeilichen und 
geheimdienstlichen Strukturen ist fatal, weil sie menschenrechtliche 
Standards aufweicht. Dies ist insbesondere bei der unerträglichen 
Rehabilitation der Folter und bei Aktionen der Fall, die extralegale 
Tötungen darstellen oder diesen gleichkommen.

Drohnen wurden bislang hauptsächlich von den USA, Großbritannien und 
Israel eingesetzt. Die Bundeswehr will nun eine in 
Gemeinschaftsproduktion der Düsseldorfer Rheinmetall und dem 
israelischen Drohnenhersteller IAI entwickelte Drohne im 
Afghanistankrieg einsetzen. Die Heron/Eitan-Drohne kann nicht nur 
aufklären, sondern auch eine erhebliche Nutzlast an Raketen mitführen. 
pax christi sieht in diesem Vorhaben einen Schritt hin zu einer 
weiteren Aufweichung menschenrechtlicher Normen, die auch im Krieg und 
bei der Aufstandsbekämpfung gelten.

pax christi fordert die Bundesregierung zum Tag der Menschenrechte 
auf, sich der Strategie des gezielten Tötens als Mittel der 
Aufstandsbekämpfung und Kriegführung zu widersetzen. Jede Beteiligung 
der Bundeswehr daran, auch durch Informationsweitergabe, 
Zielbestimmung, etc., ist sofort zu beenden. Internationale 
Friedenspolitik muss immer eine Stärkung der Menschenrechte zum Ziel 
haben.

pax christi als internationale katholische Friedensbewegung betont die 
uneingeschränkte Geltung der allgemeinen Menschenrechte, insbesondere 
des Rechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Es sind dies 
Rechte, die jedem Menschen zustehen, weil er Mensch ist. ?Die 
Menschenrechte sind deshalb vorstaatliche Rechte; sie werden nicht vom 
Staat gewährt, sondern binden und verpflichten ihn? (Wort der 
deutschen Bischöfe ?Gerechter Friede? vom 27.9.2000, Nr. 72).

  + Heinz Josef Algermissen
Präsident von pax christi Deutschland
Bischof von Fulda

http://www.paxchristi.de/fix/files/doc/20111208_Erkl%E4rung%20zum%20Tag%20der%20Menschenrechte.pdf

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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
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fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
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