[E-rundbrief] Info 175 - RB 115 - Atomprojekte weltweit; EU-Fusionsreaktor ITER?
Matthias Reichl
mareichl at ping.at
Fr Dez 10 17:23:21 CET 2004
E-Rundbrief - Info 175 - 115. Rundbrief - Atomprojekte weltweit; PLAGE:
Fusionsreaktor ITER in EU?
Bad Ischl, 10.12.2004
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Atomprojekte weltweit
Bei der zweiten internationalen Anti-Atomkonferenz Anfang Oktober ging es
um "Die Lüge von der friedlichen Nutzung der Atomenergie Atomwaffen und
Atomkraftwerke zwei Seiten einer Medaille". Quer durch Europa von
Finnland bis Frankreich (nahe La Hague) soll der (garnicht) neue AKW-Typ
EPR durchgesetzt werden.
Im Konkurrenzkampf zwischen USA, Japan und EU um den Fusionsreaktor ITER
favorisiert die EU den Standort Cadarache in der französischen Provence
gegenüber dem japanischen Anwärter Rokkasho-Mura (der von japanischen
Atomgegnern bekämpft wird). Österreichs forsche Forschungsministerin Gehrer
trickste ihren Vize Mainoni (FPÖ) mit seinen Bedenken aus und stimmte
folgsam im EU-Gremium für die Budgeterhöhung. (Veranschlagte
Konstruktionskosten dzt. 4,5 Mrd. EURO!) Experten zweifeln ob er jemals
wirtschaftlich Strom liefern wird (jedenfalls auch Atommüll) - folgerichtig
steht der ITER für "Konfusion statt Fusion" (siehe unten).
Die atomare Hypothek einer Region Tschernobyl bekäme bei einem EU-Beitritt
der Ukraine eine neue unabsehbare Brisanz für die ganze EU und darüber
hinaus. (Siehe meinen Artikel zu "Ukraine und USA" in Info 183).
(Infos: www.atomstopp.com; zum ITER: www.plage.cc/)
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Verschließt Österreich die Augen vor dem "Faß ohne Boden"?
Fusionsreaktor ITER in EU?
Staatssekretär Mainoni auf Tauchstation
Versuchsreaktor "von Energiegewinn so weit entfernt wie Ben Hur von der
Formel 1" *)
PLAGE - Pressemitteilung, 23. November 2004
Nachdem es jahrelang aus guten Gründen fast tot schien, ist das Projekt
ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) von der
Europäischen Union, den USA, Japan und Rußland in den vergangenen beiden
Jahren wiederbelebt worden. In der EU hat Frankreich massiv Druck gemacht,
um den Atomforschungskomplex Cadarache in der Provence als ITER-Standort
gegenüber dem japanischen Anwärter Rokkasho-Mura durchzu-drücken. Damit
geht mit hoher Wahrscheinlichkeit allerdings die Mitfinanzierung durch
Japan und USA verloren, wodurch sich die ohnehin enormen Kosten für die
Europäische Union nochmals erhöhen. "Österreich zahlt bereits seit Jahren
im Rahmen des aufgeblähten EU-Atomforschungsbudgets für die Entwicklung von
Kernfusions-reaktoren mit. Nun droht eine noch höhere finanzielle
Beteiligung an diesem Vorhaben, welches auch laut Betreiberangaben
bestenfalls in 40 bis 50 Jahren erstmals mehr Energie liefern soll, als es
selbst verbraucht", warnt Mag. Heinz Stockinger, Sprecher der
Überparteilichen Salzburger Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE).
Die PLAGE hat angesichts dieser Aussichten schon Mitte Oktober
Forschungs-Staatssekretär Eduard Mainoni (FPÖ) brieflich um ein Gespräch zu
dem ihrer Ansicht nach technisch, ökologisch und wirtschaftlich
hochproble-matischen "Kernschmelz-Ofen" ITER ersucht. Trotz wiederholtem
schriftlichem und telefonischem Nachstoßen wurde von Mainoni bis heute kein
einziger Termin angeboten, obwohl das PLAGE-Schreiben nachdrücklich auf die
im EU-Wettbewerbsrat am 25./26. November anstehende Grundsatzentscheidung
über den eventuellen sündteuren EU-Alleingang (ohne Japan und USA) hinwies.
Die Plattform gegen Atomgefahren macht nun die Bundesregierung und speziell
Staatssekretär Mainoni verantwortlich für eine Verschwendung
österreichischer Steuermillionen an das "voraussichtliche
ITER-Milliardengrab" (derzeit 4,5 Mrd. Euro Errichtungskosten
veran-schlagt). "Diese Beitragszahlungen drohen nicht nur für Jahre,
sondern auf Jahrzehnte hinaus: ITER soll selbst nicht kommerziell Strom
liefern. Ein Leistungsreaktor kommt, wenn überhaupt, frühestens in 40
Jahren. Bis dahin sind Bau, Betrieb und die mögliche Investitionsruine von
ITER zu finanzieren,"so Stockinger. Finanzminister Gras-ser,
Wirtschaftsminister Bartenstein und Bundeskanzler Schüssel sowie VK und
Infrastrukturminister Gorbach trügen Mitverantwortung für die daraus
resultierenden Belastungen, sollte sich Österreich an einer
EU-Allein-investition ohne USA und Japan beteiligen. Die Atomgegner fordern
daher Forschungs-Staatssekretär Eduard Mainoni und jegliche anderen
Vertreter Österreichs im bevorstehenden Wettbewerbsministerrat auf,
keinesfalls einer Erhöhung der Aufwendungen für das ITER-Projekt seitens
der EU bzw. Österreichs zuzustimmen.
Kontakt/Info: Heinz STOCKINGER, 0662 / 643 963, Uni: 8044-4499, PLAGE
*) Das vollständige Zitat aus dem renommierten frz. Wochenmagazin "Le
Nouvel Observateur" (18.11.04) lautet: "Er (ITER) ist davon, auf der Erde
die Energie der Sterne zu erzeugen, so weit entfernt wie Ben Hurs
Streitwagen von einem Formel-1-Boliden." Weitere Artikel zB in: "Japan
Times" 24.1.04 (jap. Nobelpreisträger und ehem. Vors. der Abteilung für
Korpusku-larphysik der Physikal. Gesellschaft der USA; "Le Monde" 24.10.04;
VDI-Nachrichten (Verein deutscher Ingenieure) 1.10.04.
PLAGE
Nonntaler Hauptstraße 86
A-5020 Salzburg
Telefon/Fax: +43-(0)662-643567
e-Mail: plage at aon.at
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Kernfusions-Projekt ITER im EU-Ministerrat: Gehrers Glaube an die "Energie
der Sterne"
Forschungsstaatssekretär Mainoni am "Nein" gehindert
Presseaussendung der P.L.A.G.E.
Die Österreichische Volkspartei bewegt sich neuerlich ein Stück weit zurück
zur Atompartei der 1970er Jahre. Wissenschaftsministerin Elisabeth Gehrer
fliegt Hals über Kopf nach Brüssel, um im letzten Augenblick
sicherzustellen, daß auch nicht ein Sandkörnchen Kontroverse die glatte
Abwicklung des größten - und teuersten - zivilen Atomforschungsvorhabens
aller Zeiten stört. Der von ihr gebetene Vertreter,
Forschungsstaatssekretär Mainoni, hatte solches anzukündigen gewagt.
Anstatt konsequent darauf hinzuarbeiten, daß zunächst die österreichische
Öffentlichkeit nicht bloß ein schöngefärbtes Bild vom Kernfusionsprojekt
ITER (International Thermonuclear Reactor) erhält, sondern auch von dessen
erheblichen "Pferdefüßen" erfährt, informiert die offizielle
österreichische "Anti"-Atom-Politik darüber so gut wie gar nicht. Anstatt
sodann nach Möglichkeit auf diplomatischem Weg eine Abwägung und Debatte
von Pro und Kontra zum "Kernschmelzofen" ITER unter atomkritischeren
EU-Partnern anzustoßen, buckelt Österreichs Wissenschaftsministerin auf
Kernenegie-Kuschelkurs eilenden Fußes nach Brüssel.
Es wäre interessant, das Sachwissen von Ministerin Gehrer über Kernfusion
und ITER im Augenblick dieser Abstimmung abzufragen, stichelt die
Überparteiliche Salzburger Plattform gegen Atomgefahren (PLAGE). Und ist
bereit, darauf Wetten abzuschließen. "Es dürfte Frau Ministerin Gehrer wohl
noch nicht zu Ohren gekommen sein, daß etwa in Frankreich Physiker der
weitverzweigten nationalen Wissenschaftsinstitution CNRS* das
Mammuthvorhaben ITER umfassend kritisieren", vermutet Mag. Heinz
Stockinger, Sprecher der PLAGE und Hochschullehrer für Frankreichkunde.
"Diese Physiker der Sonderklasse erheben nicht nur inhaltliche Einwände
gegen das Fusionsprojekt. Sie weisen auch auf den Schaden für ganze andere
Forschungsbereiche hin, wenn ITER auf Jahre ungeheuere Summen durch dieses
eine Forschungsvorhaben gebunden werden." Ein Mega-Energieprojekt, bei dem
etwa völlig unsicher ist, ob je - und zu vertretbaren Kosten - die
Werkstoffe entwickelt werden können, die seinen Betrtiebsbelastungen
standzuhalten vermögen. Diese Gewißheit enormer Kosten bei gleichzeitiger
großer Unsicherheit über die Machbarkeit habe zwangsläufig nicht nur in
Frankreich Auswirkungen, da alle EU-Staaten am Versuchsreaktor ITER
mitzahlen werden, so Atomkritiker Stockinger.
Die PLAGE fordert eine kontroverse Information zunächst der Volksvertreter
über die energiepolitischen Aussichten und die finanziellen wie
ökologischen Implikationen des Fusionsprojekts, etwa im Rahmen einer
parlamentarischen Enquête.
Heinz Stockinger, PLAGE-Sprecher (0662 / 643 567), www.plage.cc
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