[E-rundbrief] Info 2172 - 2 Appelle zum Ukraine-Krieg - Friedenslogik statt Kriegslogik
Matthias Reichl
matthias at begegnungszentrum.at
Sa Apr 23 21:48:27 CEST 2022
E-Rundbrief Info 2172 - Ukraine-Krieg: Österreichische Soziale
Bewegungen veröffentlichen gemeinsame Forderungen,
Offener Brief gegen Waffenlieferungen an die Ukraine (Deutschland).
Bad Ischl, 23.4.2022
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Ukraine-Krieg: Soziale Bewegungen veröffentlichen gemeinsame Forderungen
32 Organisationen sparen nicht mit Kritik an der (österreichischen)
Regierung
https://www.attac.at/news/details/ukraine-krieg-klima-und-fluechtlingsbewegung-veroeffentlicht-gemeinsame-forderungen
32 österreichische Organisationen und soziale Bewegungen veröffentlichen
heute, 11. April, ein *gemeinsames Statement mit vier Forderungen
<https://nl.attac.at/link/c/YT0xOTIzODI2NDEyODM0MjYyMTc2JmM9dDRtNCZlPTIxMDc0NjcxJmI9OTU0MzkwMTA1JmQ9eTh2NHEyZg==.BSUX6aBTJj8FNTRlafclsyrsFyrOfGm6zroRmgBUWQU>*
zum Ukraine-Krieg: Sie sprechen sich darin klar und deutlich gegen alle
weltweiten Kriege und aktuell gegen den Krieg in der Ukraine aus.
Verschiedene Krisen dürfen aber nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Unter den Organisationen sind unter anderem: Attac Österreich, Aufstehn,
Fridays For Future Wien, GLOBAL 2000, ÖBV-Via Campesina Austria, die
Plattform für eine menschliche Asylpolitik, System Change Not Climate
Change, u.v.a.
Klimapolitik ist Friedenspolitik
Verstärkte Aufrüstung führe zu weiterer Eskalation und beschleunige den
Klimawandel, kritisieren die Organisationen. Die Waffenindustrie ist für
etwa zwei Prozent der globalen Treibhausgase verantwortlich. Die
Organisationen kritisieren daher auch die geplante Aufstockung des
Heeresbudgets in Österreich. Diese entziehe der dringend nötigen
Energie- und Mobilitätswende finanzielle Mittel. Anstelle von
Militärbündnissen müssen diplomatische Lösungen und humanitäre Hilfe im
Zentrum stehen. Österreichs Neutralität dürfe nicht zur Diskussion stehen.
Energie- und Mobilitätswende jetzt!
Österreichs enorme Abhängigkeit von russischem Gas wurde unter anderem
von der OMV und der Wirtschaftskammer vorangetrieben, kritisieren die
Organisationen. Statt nun teures Flüssiggas von woanders zu importieren,
müsse die Energie- und Mobilitätswende oberste Priorität haben.
Maßnahmen wie die Erhöhung der Pendlerpauschale hingegen zementieren
lediglich die Abhängigkeit vom Verbrennungsmotor und entlasten vor allem
hohe Einkommen. Die Organisationen vermissen zudem Anreize zum
Energiesparen. Ein System, das auf Wachstum und Ausbeutung von fossilen
Ressourcen beruht verursache zudem immer neue geopolitische Konflikte.
Keine rassistische Diskriminierung von Geflüchteten
Die Organisationen begrüßen, dass flüchtenden Menschen aus der Ukraine
rasch und unbürokratisch geholfen werden soll. Zugleich verurteilen sie
die Trennung in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete.
Drittstaatsangehörige aus afrikanischen Ländern oder Asien genießen auch
in Österreich nicht die gleichen Rechte wie Ukrainer*innen. Sie sind von
Abschiebung in ihre „Heimatländer“ bedroht. Die Klima- und
Flüchtlingsbewegung fordert gleiches Recht auf Schutz vor Verfolgung für
alle. Nachhaltige Klimapolitik vermindere zudem Fluchtursachen, indem
sie Lebensgrundlagen schützt.
Agrar- und Ernährungswende jetzt!
Mindestens 50 Länder sind bei der Versorgung mit Weizen zu 30 Prozent
oder mehr von Russland und der Ukraine abhängig. Russland zählt zudem
weltweit zu den größten Exporteuren von synthetischen Düngemitteln. Der
Krieg offenbart, wie abhängig das weltweite Ernährungssystem von
globalisierten Lieferketten und fossilen Brennstoffen ist. Es ist auf
gewinnbringende Exporte statt auf nachhaltige Versorgung ausgerichtet.
Agrarprodukte, Nahrungs- und Futtermittel werden als Tierfutter oder für
Agrartreibstoffe verschwendet und dienen als Spekulationsobjekt.
Soforthilfen müssen daher mit einer umfassenden Agrar- und
Ernährungswende einhergehen, fordern die Organisationen. Das bedeutet
eine Landwirtschaft, die von fossilen Brennstoffen unabhängig ist,
Massentierhaltung reduziert und auf Agrarökologie sowie auf
kleinbäuerlichen Agrar- und Ernährungssystemen basiert. Stattdessen
erwägen die EU-Agrarminister*innen sogar, wichtige Green Deal Ziele
aufzuschieben oder gar zurückzunehmen, kritisieren die Organisationen.
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Den gestern veröffentlichten Offenen Brief gegen Waffenlieferungen an
die Ukraine kann man sich auch vorlesen lassen:
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/offener-brief-fordert-von-scholz-stopp-der-waffenlieferungen-an-die-ukraine-li.223704
Abgedruckt ist er auch in der heutigen "Jungen Welt":
https://www.jungewelt.de/artikel/425124.kriegslogik-durch-mutige-friedenslogik-ersetzen.html
Aus: Ausgabe vom 23.04.2022
<https://www.jungewelt.de/2022/04-23/index.php>, Seite 6 / Abgeschrieben
Kriegslogik durch mutige Friedenslogik ersetzen!
*Bekannte Persönlichkeiten – unter anderem der Musiker Konstantin
Wecker, die Journalistin Luc Jochimsen, Jürgen Grässlin, Bundessprecher
der DFG-VK, und die frühere Vizepräsidentin des Bundestages Antje
Vollmer (Bündnis 90/Die Grünen) – haben am Freitag einen offenen Brief
an Kanzler Olaf Scholz veröffentlicht, in dem sie eine
Verhandlungslösung im Ukraine-Krieg fordern. Darin heißt es:*
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler Scholz,
wir sind Menschen unterschiedlicher Herkunft, politischer Einstellungen
und Positionen gegenüber der Politik der NATO, Russlands und der
Bundesregierung. Wir alle verurteilen zutiefst diesen durch nichts zu
rechtfertigenden Krieg Russlands in der Ukraine. Uns eint, dass wir
gemeinsam vor einer unbeherrschbaren Ausweitung des Krieges mit
unabsehbaren Folgen für die gesamte Welt warnen und uns gegen eine
Verlängerung des Krieges und Blutvergießens mit Waffenlieferungen einsetzen.
Mit der Lieferung von Waffen haben sich Deutschland und weitere
NATO-Staaten de facto zur Kriegspartei gemacht. Und somit ist die
Ukraine auch zum Schlachtfeld für den sich seit Jahren zuspitzenden
Konflikt zwischen der NATO und Russland über die Sicherheitsordnung in
Europa geworden.
Dieser brutale Krieg mitten in Europa wird auf dem Rücken der
ukrainischen Bevölkerung ausgetragen. Der nun entfesselte
Wirtschaftskrieg gefährdet gleichzeitig die Versorgung der Menschen in
Russland und vieler armer Länder weltweit.
Berichte über Kriegsverbrechen häufen sich. Auch wenn sie unter den
herrschenden Bedingungen schwer zu verifizieren sind, so ist davon
auszugehen, dass in diesem Krieg, wie in anderen zuvor, Greueltaten
begangen werden und die Brutalität mit seiner Dauer zunimmt. Ein Grund
mehr, ihn rasch zu beenden.
Der Krieg birgt die reale Gefahr einer Ausweitung und nicht mehr zu
kontrollierenden militärischen Eskalation – ähnlich der im Ersten
Weltkrieg. Es werden Rote Linien gezogen, die dann von Akteuren und
Hasardeuren auf beiden Seiten übertreten werden, und die Spirale ist
wieder eine Stufe weiter. Wenn Verantwortung tragende Menschen wie Sie,
sehr geehrter Herr Bundeskanzler, diese Entwicklung nicht stoppen, steht
am Ende wieder der ganz große Krieg. Nur diesmal mit Atomwaffen,
weitreichender Verwüstung und dem Ende der menschlichen Zivilisation.
Die Vermeidung von immer mehr Opfern, Zerstörungen und einer weiteren
gefährlichen Eskalation muss daher absoluten Vorrang haben.
Trotz zwischenzeitlicher Erfolgsmeldungen der ukrainischen Armee: Sie
ist der russischen weit unterlegen und hat kaum eine Chance, diesen
Krieg zu gewinnen. Der Preis eines längeren militärischen Widerstands
werden – unabhängig von einem möglichen Erfolg – noch mehr zerstörte
Städte und Dörfer und noch größere Opfer unter der ukrainischen
Bevölkerung sein. Waffenlieferungen und militärische Unterstützung durch
die NATO verlängern den Krieg und rücken eine diplomatische Lösung in
weite Ferne.
Es ist richtig, die Forderung »Die Waffen nieder!« in erster Linie an
die russische Seite zu stellen. Doch müssen gleichzeitig weitere
Schritte unternommen werden, das Blutvergießen und die Vertreibung der
Menschen so schnell wie möglich zu beenden.
So bitter das Zurückweichen vor völkerrechtswidriger Gewalt auch ist, es
ist die einzig realistische und humane Alternative zu einem langen
zermürbenden Krieg. Der erste und wichtigste Schritt dazu wäre ein Stopp
aller Waffenlieferungen in die Ukraine, verbunden mit einem
auszuhandelnden sofortigen Waffenstillstand.
Wir fordern daher die Bundesregierung, die EU- und NATO-Staaten auf, die
Waffenlieferungen an die ukrainischen Truppen einzustellen und die
Regierung in Kiew zu ermutigen, den militärischen Widerstand – gegen die
Zusicherung von Verhandlungen über einen Waffenstillstand und eine
politische Lösung – zu beenden. Die bereits von Präsident Selenskij ins
Gespräch gebrachten Angebote an Moskau – mögliche Neutralität, Einigung
über die Anerkennung der Krim und Referenden über den zukünftigen Status
der Donbass-Republiken– bieten dazu eine reelle Chance.
Verhandlungen über den raschen Rückzug der russischen Truppen und die
Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine sollten durch
eigene Vorschläge der NATO-Staaten bezüglich berechtigter
Sicherheitsinteressen Russlands und seinen Nachbarstaaten unterstützt
werden.
Um jetzt weitere massive Zerstörungen der Städte so schnell wie möglich
zu stoppen und Waffenstillstandsverhandlungen zu beschleunigen, sollte
die Bundesregierung anregen, dass sich die derzeit belagerten, am
meisten gefährdeten und bisher weitgehend unzerstörten Städte, wie Kiew,
Charkiw und Odessa zu »unverteidigten Städten« gemäß dem I.
Zusatzprotokoll des Genfer Abkommens von 1949 erklären. Durch das
bereits in der Haager Landkriegsordnung definierte Konzept konnten im
Zweiten Weltkrieg zahlreiche Städte ihre Verwüstung verhindern/./
Die vorherrschende Kriegslogik muss durch eine mutige Friedenslogik
ersetzt und eine neue europäische und globale Friedensarchitektur unter
Einschluss Russlands und Chinas geschaffen werden. Unser Land darf hier
nicht am Rand stehen, sondern muss eine aktive Rolle einnehmen.
**
Die Unterzeichnungen stehen in der "Berliner Zeitung", über deren
Website man auf Wunsch den Offenen Brief auch vorgelesen bekommt:
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/offener-brief-fordert-von-scholz-stopp-der-waffenlieferungen-an-die-ukraine-li.223704
(...)
Hochachtungsvoll,
*PD Dr. Johannes M. Becker*, Politologe, ehem. Geschäftsführer des
Zentrums für
Konfliktforschung in Marburg
*Daniela Dahn*, Journalistin, Schriftstellerin und Publizistin, Pen-Mitglied
*Dr. Rolf Gössner,* Rechtsanwalt und Publizist, Internationale Liga für
Menschenrechte
*Jürgen Grässlin, *Bundessprecher DFG-VK und Aktion Aufschrei ‒ Stoppt
den Waffenhandel!
*Joachim Guilliard, *Publizist
*Dr. Luc Jochimsen*, Journalistin, Fernsehredakteurin, MdB 2005-2013
*Christoph Krämer,* Chirurg, Internationale Ärzte für die Verhütung des
Atomkrieges IPPNW (deutsche Sektion)
*Prof. Dr. Karin Kulow*, Politikwissenschaftlerin
*Dr. Helmut Lohrer, *Arzt*, *International Councilor, IPPNW (deutsche
Sektion)
*Prof. Dr. Mohssen Massarrat*, Politik- und Wirtschaftswissenschaftler
*Dr. Hans Misselwitz*, Grundwertekommission der SPD
*Ruth Misselwitz, *evangelische Theologin, ehem. Vorsitzende von Aktion
Sühnezeichen
Friedensdienste
*Prof. Dr. Norman Paech*, Völkerrechtler, ehem. Mitglied des Deutschen
Bundestages
*Prof. Dr. Werner Ruf*, Politikwissenschaftler und Soziologe
*Prof. Dr. Gert Sommer, *Psychologe, ehem. Direktoriummitglied des
Zentrums für
Konfliktforschung in Marburg
*Hans Christoph Graf von Sponeck*, ehem. Beigeordneter Generalsekretär
der UNO
*Dr. Antje Vollmer*, ehem. Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages
*Konstantin Wecker*, Musiker, Komponist und Autor
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kristine karch
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www.no-to-nato.de <https://www.no-to-nato.org/de/aktuelles/>
www.abruesten.jetzt <https://www.abruesten.jetzt>
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in:http://www.begegnungszentrum.at
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