[E-rundbrief] Info 2237 - Jelinek, Wecker: Lasst uns wieder das Hoffen lernen...

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Mo Sep 11 16:06:17 CEST 2023


E-Rundbrief Info 2237 - Jelinek, Wecker: Lasst uns wieder das Hoffen lernen und aus allen imperialen Kriegen desertieren
Bad Ischl, 11.9.2023

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

https://www.begegnungszentrum.at/
---------------------------------
Wir senden heute mit Bewilligung von Konstantin Wecker folgenden Aufruf:


  Lasst uns wieder das Hoffen lernen – und aus allen imperialen Kriegen
  desertieren

/von Elfriede Jelinek und Konstantin Wecker/

München/ Wien zum 1. September 2023

in Solidarität mit dem Internationalen Kurdischen Kulturfestival 2023

in Frankfurt am Main

/„Im Tornado des Krieges, der mit steigenden Rüstungsaktien drohend sich 
kündet, stürzt sich Europa in den Abgrund des Selbstmords./

/(…) Um ehrlich zu sein, muss man wissen. Um tapfer zu sein, muss man 
verstehen. Um gerecht zu sein, darf man nicht vergessen“, /schrieb der 
Schriftsteller Ernst Toller am Tag der Verbrennung seiner Bücher in 
Deutschland*. Nur sechs Jahre zuvor hatte er seinen Protagonisten /Karl 
Thomas/ in seinem Stück /„Hoppla, wir leben!“/ eine Geschichte erzählen 
lassen, /„die passiert ist, bei der ich dabei war“/ im 1. Weltkrieg:

„/Plötzlich, nachts, hörten wir Schreie, so, als wenn ein Mensch 
furchtbare Schmerzen leidet. Dann war´s still. Wird wohl einer zu Tode 
getroffen sein, dachten wir. Nach einer Stunde vernahmen wir wieder 
Schreie, und nun hörte es nicht mehr auf. Die ganze Nacht schrie ein 
Mensch. Den ganzen Tag schrie ein Mensch. Immer klagender, immer 
hilfloser. (…) Er schrie, wie ein Säugling schreit, nackt, ohne Worte. 
Vier Tage und vier Nächte schrie er. Für uns waren es vier Jahre. Wir 
stopften uns Papier in die Ohren. Es half nichts. Dann wurde es still./

/Nicht: der Feind. Der Mensch. Der Mensch schrie. (…) In solchen 
Stunden, in denen man, wie soll ich's sagen, hinabsteigt bis zum 
Grundwasser, fragt man sich: Warum das alles? Wofür das alles? Würdet 
ihr auch so fragen?/

/In allen Ländern grübelten die Menschen über die gleiche Frage. In 
allen Ländern gaben sich Menschen die gleiche Antwort. Für Gold, für 
Land, für Kohlen, für lauter tote Dinge, sterben, hungern, verzweifeln 
die Menschen, hieß die Antwort. Und dort und dort standen die Mutigsten 
des Volkes auf, riefen den Blinden zu ihr hartes Nein, wollten, daß 
dieser Krieg aufhörte und alle Kriege, kämpften für eine Welt, in der es 
alle Kinder gut hätten.“/Schon fast 20 Monate dauert der 
völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Täglich 
werden Menschen getötet und verstümmelt. So wie bei allen imperialen 
Kriegen wie dem des Nato-Staates Türkei gegen die Menschen in Kurdistan 
und in den selbstverwalteten Regionen Rojavas in Nordsyrien oder dem 
Krieg Saudi-Arabiens im Jemen sowie in den vergangenen Kriegen wie denen 
der Nato 1999 gegen die Republik Jugoslawien, 2001 gegen Afghanistan 
oder beim Krieg der US-geführten „Koalition der Willigen“ 2003 gegen Irak.


Die Aussichten auf ein baldiges Ende des Kriegs gegen die Ukraine stehen 
schlecht, der Krieg ist zu einem „Abnutzungskrieg“ geworden. Er wird 
nicht gewonnen werden, sondern wie so oft in der Weltgeschichte viel zu 
spät zu Ende gehen. Wir sollten verstehen, um zu handeln.


Diese imperialen Kriege müssen sofort beendet werden: Der Krieg gegen 
die Menschen in der Ukraine genauso wie der gegen die Kurd*innen in der 
Türkei, in Nordsyrien, im Iran. Ebenso müssen die drohenden, noch viel 
größeren Kriege verhindert werden. Solange es die Menschen weltweit noch 
schaffen können. Wir haben nicht vergessen, was der österreichische 
Autor Karl Kraus geschrieben hat: /„Als zum erstenmal das Wort ,Friede‘ 
ausgesprochen wurde, entstand auf der Börse eine Panik. Sie schrien auf 
im Schmerz: Wir haben verdient! Lasst uns den Krieg! Wir haben den Krieg 
verdient!“/


Als Künstler*innen, als eine Literatin und ein Musiker bestehen wir 
darauf, was Ernst Bloch in seinem Werk „/Das Prinzip Hoffnung/“ 
formuliert hat/: „Es kommt darauf an, das Hoffen zu lernen. (…) Der 
Affekt des Hoffens geht aus sich heraus, macht die Menschen weit, statt 
sie zu verengen (…) Die Arbeit dieses Affekts verlangt Menschen, die 
sich ins Werdende tätig hineinwerfen, zu dem sie selber gehören. (…). 
Wie reich wurde allzeit geträumt, vom besseren Leben geträumt, das 
möglich wäre. (…)“/


Ein besseres Leben für alle Menschen auf unserer Welt ist möglich – 
davon zu träumen, darüber zu schreiben, davon zu singen, darauf zu 
bestehen und sich gemeinsam dafür zu engagieren, das wollen wir alle 
einzeln und zusammentun: Heute, hier beim kurdischen Kulturfestival in 
Frankfurt, und überall und jeden Tag weltweit.


Wir werden niemals aufhören, zu träumen von einer herrschaftsfreien Welt 
ohne Kriege, Faschismus, Rassismus, Patriarchat, ohne die zerstörerische 
Ausbeutung von Menschen und Natur. Die Aufstandsbewegung im Iran nach 
der Ermordung der iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini hat weltweit 
Hoffnung auf eine globale feministische Perspektive wachsen lassen: 
/Jin, Jian, Azadi – Frau,/ /Leben/, /Freiheit – woman live freedom/! 
Diese visionäre Position hat eine lange Geschichte in der kurdischen 
feministischen Bewegung für Geschlechtergerechtigkeit.


Unsere Träume können die Kriegsherren und Politiker*innen dieser Welt 
weder verbieten noch können sie unsere Versuche, diese Wirklichkeit 
werden zu lassen, auf Dauer verhindern. Weder in Ankara, noch in 
Teheran, weder in Moskau, in Washington, Peking oder Berlin.

/„Es ist unsere Verantwortung, als Intellektuelle oder einfach als 
nachdenkliche Menschen zu versuchen, zumindest zu überlegen, wie etwas 
Besseres aussehen könnte. Und wenn es Leute gibt, die tatsächlich 
versuchen, etwas Besseres zu schaffen, liegt es in unserer 
Verantwortung, ihnen dabei zu helfen/“, sagte David Graeber über die 
Bedeutung der „echten Revolution“ in Rojava in einem Gespräch mit der 
Journalistin Pinar Öğünç. Das spricht uns aus der Seele. Der 
Anthropologe, Anarchist und Antifaschist David Graeber ist am 2. 
September 2020 viel zu früh aus dem Leben gerissen worden. Er, der 
Denker, der Forscher und Occupy-Aktivist versichert seinen Leser*innen 
stets, dass wir die Probleme der Welt überwinden können, indem wir 
Alternativen schaffen. Darum sollten wir nie aufhören zu träumen, zu 
hoffen und uns auf die Suche machen.


Unerträglich ist dagegen die Tatsache, dass die deutsche Regierung, die 
deutschen Konzerne und die deutsche Rüstungsindustrie bis heute das 
verbrecherische und rassistische Erdogan-Regime unterstützen: Damit 
machen sich die regierenden Politiker*innen mitschuldig an einem 
völkerrechtswidrigen Angriffskrieg – denn die türkische Nato-Armee 
begeht ihre Kriegsverbrechen auch mit deutschen Waffen und mit deutschen 
Panzern wie bei der völkerrechtswidrigen Besetzung des nordsyrischen 
Kantons Efrin 2018 und der Vertreibung der dortigen kurdischen und 
ezidischen Bevölkerung.

So ist auch der Händedruck der deutschen Innenministerin in Ankara mit 
ihrem türkischen Kollegen 2023 empörend und erhellend zugleich: Nichts 
an der deutschen (Außen-)Politik ist feministisch, sie ist verlogen und 
heuchlerisch. Der Angriffskrieg des türkischen Erdogan-Regimes gegen die 
Menschen in Rojava in Nordsyrien und in Südkurdistan im Nordirak ist 
völkerrechtswidrig und ein Verbrechen gegen die Menschheit. Er muss 
sofort gestoppt werden. Doch die deutsche Regierung schweigt und 
besiegelt damit erneut ihren schmutzigen Deal mit dem Nato-Partner 
Türkei gegen Geflüchtete. Dieser Pakt ist tödlich für sehr viele 
Menschen. Sie sterben im Mittelmehr, an den Außengrenzen der Festung 
Europa und in den Folterkellern der „Verbündeten“.


Rojava und Kurdistan gehen uns alle an: Die Menschen von Rojava brauchen 
jetzt unsere weltweite Solidarität. Und wir brauchen die Utopie von 
Rojava: Dieses gesellschaftliche Experiment einer basis- und 
rätedemokratischen, feministischen, ökologischen und sozial gerechten, 
multiethnischen und multireligiösen Gesellschaft in einer Region 
patriarchaler Autokraten, von Gewalt und Kriegen. Seit Jahren ist das 
selbstverwaltete Projekt in Rojava der einzige Hoffnungsschimmer für 
viele Menschen in der gesamten Region für Frieden und eine 
antirassistische Solidarität gegen Hass und Zerstörung.


Deshalb wünschen wir uns, dass sich auf der ganzen Welt viele Menschen 
engagieren und auf die Straßen gehen für Rojava und gegen die Kriege: 
Wir brauchen eine weltweite Welle des zivilen Ungehorsams, damit wir 
alle Waffenlieferungen stoppen! Gestoppt werden muss endlich auch der 
tödliche EU-Türkei-Deal gegen alle Menschen, die vor Krieg, Hunger, Not 
und Zerstörung flüchten müssen. Er war der Auftakt für die Abschaffung 
des Asylrechts im Juni dieses Jahres und die EU-Politik gegen 
Geflüchtete. Es geht um die Menschen und die Menschlichkeit! Stoppen wir 
die Kriege jetzt!


In ihrem Text für die Initiative „/Schriftsteller bitten Russen, 
sprechen Sie die Wahrheit aus“ /hat Elfriede Jelinek 2022 geschrieben/: /


/„Klar gesagt: Was Ihnen gezeigt wird, stimmt nicht. Die Bilder lügen, 
es fehlen ihnen die Worte. (…) Ein großes Kulturvolk wie das russische, 
dessen Literatur ich immer bewundert habe, darf nicht in diesen plumpen 
Unwahrheiten erstarren, es muß die Wahrheit sprechen. So wie Ihre 
wunderbaren Dichterinnen und Dichter, Ihre Schriftsteller und Denker, 
die Wahrheit gesagt haben und damit zum Eigentum der Menschheit geworden 
sind. Lassen Sie sich aus dieser Gemeinschaft nicht ausschließen, sagen 
auch Sie jedem die Wahrheit, der Ihnen zuhört, daß dieser Angriffskrieg 
gegen einen souveränen Staat wie die Ukraine beendet werden muß, sofort.“/


Konstantin Wecker hat in seinem Antikriegsmanifest am 3. März 2022 
geschrieben: /„Lasst uns unsere FriedensfreundInnen in Russland 
unterstützen: Es braucht dort eine Massenmobilisierung gegen den 
Aggressionskrieg, eine Aufforderung an alle russischen Soldaten, sofort 
den Befehl zu verweigern und zu desertieren. Nur eine Revolte unter den 
russischen Soldaten kann diesen Krieg sofort stoppen! Und die Älteren 
unter uns werden sich erinnern: So war es auch in Vietnam – der Anfang 
vom Ende des US-Angriffskrieges damals war die massenhafte Desertion und 
die Revolten der einfachen US-Soldaten gegen ihre Offiziere und Generäle.“/


Wir wollen von einem weiteren Kriegsverbrechen erzählen: Einem Massaker, 
das in den Bergen Kurdistans von Offizieren und Soldaten des 
Nato-Mitglieds Türkei begangen worden ist. Die Täter sind bis heute 
nicht zur Rechenschaft gezogen worden und weil es sich in wenigen Wochen 
zum 25. Mal jährt. Es ist ein Beispiel von vielen: Die Münchnerin Andrea 
Wolf / Ronahi sowie der kurdische Musiker Hoznan Hogir und mindestens 
eine weitere Person sind am 23. Oktober 1998 als unbewaffnete Gefangene 
von Offizieren und Soldaten der türkischen Armee in den Bergen der 
kurdischen Region Wan (türk. Van) nach ihrer Festnahme gefoltert und 
hingerichtet worden. Erst 15 Jahre später konnte im September 2013 ein 
Friedhof in den Bergen von Keleh bei Catak in der Nähe des Massakers 
eröffnet werden, doch die Angehörigen der Getöteten konnten physisch vor 
Ort nur kurze Zeit an ihre Liebsten erinnern. Nur zwei Jahren später, am 
Sonntag, den 29. November 2015, wenige Wochen nachdem Angela Merkel in 
Ankara den „EU-Türkei-Deal“ gegen Geflüchtete besiegelt hatte, hat das 
türkische Militär mit Helikoptern, Kampfflugzeugen und Granaten den nach 
der deutschen Internationalistin, Feministin und Antifaschistin Andrea 
Wolf benannten Friedhof sowie die Gedenkstätte und das 
Dokumentationszentrum bombardiert und zerstört. So wie sie viele andere 
Friedhöfe in Kurdistan bombardiert und zerstört hat. Übrigens ist auch 
das ein Kriegsverbrechen nach internationalem Völkerrecht.


Sie bomben nicht nur die Lebenden, sie bomben auch die Getöteten und 
Ermordeten, weil sie die Erinnerung an ihre Ideen und ihre Träume 
auslöschen wollen. Doch das wird ihnen nicht gelingen. Wir sollten uns 
an die Ideen und Utopien der Getöteten erinnern, damit sie niemals 
vergessen werden, weder die Ideen, noch die Menschen: /„Ich würde mir 
wünschen, dass es in den Metropolen Bewegungen gäbe, die diesen Krieg 
angreifen, unmöglich machen würden. Einfach den Nachschub kappen. Ich 
weiß, es ist angesichts des Zustands in den Metropolen utopisch (...) 
Auch auf längere Zeit wird es so bleiben. Schade, das wäre was. Eine 
militante Bewegung, die die Kriegsmaschine lahmlegt.“ /Andrea Wolf 
schrieb diese Sätze mit 32 Jahren am 1. Mai 1997 in den Bergen 
Kurdistans, knapp 17 Monate vor ihrer Ermordung.


/„Um gerecht zu sein, darf man nicht vergessen“,/ schrieb der 
Schriftsteller Ernst Toller am Tag der Verbrennung seiner Bücher in 
Deutschland. Und so wollen wir analog zu unserem Aufruf an die Menschen 
in Russland, die Menschen in Deutschland heute am internationalen 
Antikriegstag dazu aufrufen, endlich ihr Schweigen zu beenden und die 
Wahrheit auszusprechen: Die deutsche Regierung liefert bis heute Waffen 
u.a. an ihren Nato-Partner Türkei und mit diesen Waffen werden täglich 
Menschen getötet und völkerrechtswidrige Angriffskriege geführt. Die 
Abkommen der EU und der deutschen Regierung mit der Türkei sind 
mitverantwortlich für das Massensterben von Geflüchteten im Mittelmeer 
und den EU-Außengrenzen.


In dem Aufruf „/Die Katastrophe verhindern/“ forderte Elfriede Jelinek 
mit weiteren Intellektuellen bereits 2019: „/Statt Erdogans Diffamierung 
der Kurden und überhaupt aller Oppositionellen als ,Terroristen‘ zu 
flankieren, sollte die EU die Kooperation überprüfen, die sie in der 
Migrationspolitik mit Ankara eingegangen ist. Dies richtet sich 
insbesondere an die deutsche Regierung, die bereits das Zeigen 
kurdischer Symbole verbietet. Im Gegenzug ist das Recht von Menschen aus 
Syrien, in Deutschland und Europa Schutz vor ihren Verfolgern zu finden, 
ausdrücklich zu garantieren. Das läge auch im eigenen Interesse: Wer 
demokratische Prozesse schwächt oder gar zerstört, indem er autoritären 
Regimes freie Hand lässt, wird diese Welt für niemanden sicherer machen 
können.“/


An dieser Stelle wollen wir die sofortige Freilassung von Abdullah 
Öcalan fordern, der seit 1999, also seit 24 Jahren in Isolationshaft auf 
der Gefängnisinsel Imrali festgehalten wird. In seinem Buch „/Jenseits 
von Staat, Macht und Gewalt“/ schreibt der kurdische Politiker, 
Repräsentant und bedeutende Theoretiker:

/„Attraktiv finde ich ethisch-politische Menschen, die Freundschaft mit 
Tieren pflegen, in Eintracht mit der Natur leben, auf einem 
Gleichgewicht der Geschlechter aufbauen, in Freiheit, Gleichheit und 
Liebe leben und die Kraft der Wissenschaft und der Technik davor 
bewahren, Spielzeug für Krieger und Mächtige zu sein. Ich rede definitiv 
nicht von einer Sehnsucht, die durch die Haft in einem 
Ein-Personen-Gefängnis hervorgerufen wird! Ich rede von einem 
geistig-seelischen Paradigma. Kategorisch sage ich: das Anbeten von 
Kraft und Macht, das funkelnde und glitzernde Leben aller blutbesudelten 
Zivilisationen, ich habe es wirklich satt und hasse es. /

/(… Der Bruch mit der hierarchischen, etatistischen Klassenzivilisation 
ist die stärkste Selbstkritik. Ich glaube daran, dass ich ihn 
erfolgreich vollziehen werde. Die Kindheit der Menschheit, die ins 
Vergessen gestoßene Geschichte der Werktätigen und der Völker, die 
Welten der Freiheit und der Gleichheit in den Utopien der Frauen, der 
Kinder und der Kind gebliebenen Greise – ich will mich lieber an ihnen 
beteiligen, dort einen Erfolg erzielen./

/All das ist Utopie. Aber manchmal sind Utopien die einzig rettende 
Inspiration. Aus den heutigen Bauten, die schlimmer sind als Gräber, 
wird man natürlich durch Utopien ausbrechen. (…)“/


Eine gerechte und friedliche Lösung für die Menschen in Kurdistan setzt 
die Freilassung von Abdullah Öcalan und die Aufhebung des Verbotes der 
PKK in Deutschland voraus.

/„Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen!“/ Mit diesem 
Satz hat Martin Löwenberg (1925 – 2018) auf vielen gemeinsamen 
Demonstrationen Menschen zur Zivilcourage ermutigt, zum Beispiel 
Nazi-Aufmärsche durch Blockaden zu verhindern, Menschenleben zu retten 
und Geflüchtete zu verstecken. „/Es kann legitim sein, was nicht legal 
ist/“, sagt der frühere KZ-Häftling und Widerstandskämpfer Martin 
Löwenberg in dem gleichnamigen Dokumentarfilm von Petra Gerschner und 
Michael Backmund über /sein Leben gegen Faschismus, Unterdrückung und 
Krieg. /


Wir wollen unseren Beitrag mit dem Gedicht „/Am Ende der Zeit/“ der 
Lyrikerin /Rose Ausländer (1901-1988) schließen. /1941 sperrten die 
Faschisten Rose Ausländer ins Ghetto 
<https://de.wikipedia.org/wiki/Ghetto> Czernowitz. Dort lernte sie den 
Lyriker Paul Celan kennen, beide verband eine lebenslange Freundschaft 
und ihre Liebe zur Poesie. Auch nach der Auflösung des Ghettos durfte 
Rose Ausländer die Stadt nicht verlassen, entzog sich aber Zwangsarbeit 
und Deportation und überlebte in einem Kellerversteck Holocaust und 
Krieg./Dieses Gedicht ist voller Liebe zu den Menschen und voller 
Sehnsucht und Hoffnung auf ein Leben nach dem Krieg. Und das ist es, was 
wir von Herzen besonders auch den Menschen in allen Teilen Kurdistans 
wünschen, die seit über 100 Jahren unter kolonialer Unterdrückung und 
Krieg leiden, dass der Krieg, der stets „Terror der Mächtigen“ ist, 
endlich endet:/


/Am Ende der Zeit/


/Wenn der Krieg beendet ist/ /am Ende der Zeit/


/gehn wir wieder spazieren/ /in der Muschelallee/ /einverstanden/ /mit 
Mensch und Mensch/


/Es wird schön sein/ /wenn es sein wird/


/am Ende der Zeit/


/(Rose Ausländer)/



*/„Die Barbarei triumphiert, Nationalismus und Rassenhass und 
Staatsvergottung blenden die Augen, die Sinne, die Herzen. Viele haben 
gewarnt, seit Jahren gewarnt. Daß unsere Stimmen verhallten, ist unsere 
Schuld, unsere größte Schuld“, /schreibt Ernst Toller im Exil am 10. Mai 
1933 in seinem Text „Blick 1933“. Diesen Text stellt er als Vorwort 
seinem beeindruckenden Werk „/Eine Jugend in Deutschland/“ voran. Als 
Antimilitarist schwer verletzt aus den Schützengräben des 1. Weltkrieges 
zurückgekehrt, beteiligte sich Toller seit 1917 mit Kurt Eisner, /Sarah 
Sonja Lerch, geb. Rabinowitz/, Erich und Zenzl Mühsam und vielen anderen 
in München an den Vorbereitungen der Revolution: Beim Streik der 
Munitionsarbeiter*innen im Januar 1918 wird Toller verhaftet, im 
November 1918 ist er beim Sturz der Monarchie und der Räterevolution 
aktiv dabei. Nach der blutigen Niederschlagung der Münchner Räterepublik 
durch die Truppen des SPD-Bluthundes Noske und seiner Verbündeten, den 
präfaschistischen Freikorps, wird Toller wegen Hochverrates zu fünf 
Jahren Festungshaft verurteilt. /„Nein, ich war nie allein in diesen 
fünf Jahren, in der trostlosesten Verlassenheit nie allein. Die Sonne 
hat mich getröstet und der Mond, Wind, der über eine Pfütze strich und 
sie wellte zu fliehenden Kreisen, Gras, das im Frühjahr wuchs zwischen 
Steinen des Hofes, ein guter Blick, ein Gruß geliebter Menschen, 
Freundschaft der Kameraden, der Glaube an eine Welt der Gerechtigkeit, 
der Freiheit, der Menschlichkeit, an eine Welt ohne Angst und ohne 
Hunger“/, schreibt Toller am Ende seines Werkes „/Eine Jugend in 
Deutschland/“. Bis zu seinem Tod am 22. Mai 1939 im New Yorker Exil 
schreibt und kämpfte er weiter gegen Kapitalismus und Krieg und den 
immer stärker werdenden deutschen Faschismus an. Seine literarischen 
Werke und Dramen sind Ermutigung und Mahnung zugleich.


© Elfriede Jelinek/ Konstantin Wecker 2023


-- 

     Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in:https://www.begegnungszentrum.at
-------------- nächster Teil --------------
Ein Dateianhang mit HTML-Daten wurde abgetrennt...
URL: <http://lists.horus.com/pipermail/e-rundbrief/attachments/20230911/0a85da1c/attachment-0001.htm>


Mehr Informationen über die Mailingliste E-rundbrief