[E-rundbrief] Info 2048 - attac_A: Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag.
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Do Dez 17 18:29:53 CET 2020
E-Rundbrief Info 2048 - attac-A: Von Kromp-Kolb bis Piketty:
Wissenschaftler*innen fordern Ausstieg aus dem Energiecharta-Vertrag.
Bad Ischl, 17.12.2020
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Von Kromp-Kolb bis Piketty: Wissenschaftler*innen fordern Ausstieg aus
dem Energiecharta-Vertrag
Der Vertrag ist ein mächtiges Instrument, um die Energiewende zu
blockieren
In einem – in zahlreichen internationalen Medien veröffentlichten -
offenen Brief fordern mehr als 200 Wissenschaftler*innen und
Klimaschützer*innen die Regierungen auf, aus dem sogenannten
Energiecharta-Vertrag auszusteigen.
Der Vertrag behindert den Übergang zu sauberer Energie. Er ermöglicht
fossilen Energieunternehmen, Staaten via Paralleljustiz für
klimafreundliche Gesetze abzustrafen wenn diese ihren Profit
schmälern. Der Vertrag steht damit im Widerspruch zum Pariser
Klimaabkommen sowie dem Green Deal der EU. Aktuelle Fälle sind die
Klage von UNIPER gegen den Kohleausstieg der Niederlande oder die
Klage des Fracking-Konzerns Ascent Resources gegen Slowenien.
Unter den Unterzeichnenden des Briefes sind:
Sandrine Dixson-Declève, Ko-Präsidentin des Club of Rome
Connie Hedegaard, ehemalige EU-Kommissarin für Klimawandel
James K. Galbraith, Ökonom
Helga Kromp-Kolb, Klimaforscherin
Rachel Kyte, ehemalige Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs
für nachhaltige Energie
Thomas Piketty, Ökonom
Olivier de Schutter, UN-Sonderberichterstatter für extreme Armut
und Menschenrechte
Jean-Pascal van Ypersele, ehemaliger stellvertretender
Vorsitzender des Weltklimarates IPC
Zur Webseite mit der vollständigen Liste der Unterzeichnenden:
http://www.endfossilprotection.org/
Der offene Brief im Wortlaut (Übersetzung Attac Österreich)
Treten wir aus dem Energiecharta-Vertrag aus!
Wir fordern den Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag, weil er den
Übergang zu sauberer Energie behindert. Fossile Brennstoffe machen 72
Prozent der europäischen Energieversorgung aus – um eine
Klimakatastrophe zu vermeiden, muss diese Art der Energieversorgung so
schnell wie möglich beendet werden. Ein rascher Übergang zu einem
erneuerbaren Energiesystem ist dringend erforderlich.
Der Energiecharta-Vertrag stellt ein großes Hindernis für diesen
Übergang dar: Er schützt Investitionen in die Energieversorgung,
einschließlich Kohlebergwerke, Öl- und Gasförderung, Pipelines,
Raffinerien und Kraftwerke. Der Vertrag erlaubt es Energieunternehmen,
fast jede staatliche Maßnahme anzufechten, die sich auf den erwarteten
Gewinn des Investors auswirken kann. Rechtsstreitigkeiten dieser Art
werden nicht von nationalen Gerichten, sondern in undurchsichtigen
privaten Schiedsgerichtsverfahren entschieden. Gegen Regierungen
werden Schiedssprüche in Milliardenhöhe verhängt – und mit
Steuergeldern bezahlt. Die Investoren können sogar für entgangene
Gewinne Schadenersatz einfordern.
Energieunternehmen nutzen den ECT, um den Ausstieg aus fossilen
Brennstoffen zu verlangsamen. Zum Beispiel verklagt der britische
Ölkonzern Rockhopper Italien wegen des Verbots der Ölförderung in den
Küstengewässern des Landes und fordert das Siebenfache der Summe, die
das Unternehmen ursprünglich investiert hat. Der britische
Energiekonzern Ascent Resources verklagt Slowenien, weil es von dem
Unternehmen eine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangt, bevor es mit
der Erdgasexploration durch Fracking beginnt. In den Niederlanden hat
der Betreiber eines Kohlekraftwerks ein Schiedsgerichtsverfahren gegen
das Kohleausstiegsgesetz der niederländischen Regierung eingeleitet,
in dem er laut Medienberichten 1 Milliarde Euro Entschädigung fordert.
Die bloße Androhung solcher Klagen kann schon ausreichen, um
Regierungen von einer Gesetzgebung im öffentlichen Interesse
abzubringen. Daher sehen die Unterzeichner*innen dieses Briefes den
Energiecharta-Vertrag als ein großes Hindernis für die Umsetzung des
Pariser Abkommens und des europäischen Green Deals.
Wir fordern die Europäische Union und die 53 unterzeichnenden Staaten
des ECT auf, folgende Schritte unverzüglich einzuleiten:
Austritt aus dem Energiecharta-Vertrag. Der ECT ist überholt. Der
laufende Reformprozess des Vertrags (der als "Modernisierung"
bezeichnet wird) sollte nicht als Entschuldigung für einen Aufschub
des Austritts benutzt werden, da er den ECT nicht mit dem Pariser
Klimaabkommen in Einklang bringen wird. Ein Ende des Schutzes
ausländischer Investitionen in fossile Brennstoffe steht noch nicht
einmal auf der Verhandlungsagenda, zudem müssten alle Unterzeichnenden
den Reformvorschlägen einstimmig zustimmen, was eine Einigung massiv
erschwert.
Gemeinsames Abkommen zur Beendigung der "Sunset Clause". Diese
Klausel ermöglicht es Investoren, Regierungen bis zu 20 Jahre nach
Austritt aus dem ECT zu verklagen. Um diese Gefahr zu entschärfen,
fordern wir die Länder auf, gemeinsam aus dem ECT auszutreten und ein
Abkommen zu schließen, das Schiedsklagen von Investoren innerhalb
dieser Ländergruppe ausschließt.
Stopp der internationalen Erweiterung des ECT. Derzeit werden
Dutzende von Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommensniveau in
Afrika, Asien und Lateinamerika ermutigt, dem ECT beizutreten. Die EU
finanziert diesen Erweiterungsprozess mit öffentlichen Mitteln. Die
Expansion muss gestoppt werden.
Der Klimanotstand erlaubt keine weitere Verzögerung. Wenn Regierungen
als Vorreiter beim Klimaschutz gesehen werden wollen, dann müssen sie
von Investitionsabkommen Abstand nehmen, die ihnen die Hände binden
und fossile Brennstoffe auf Kosten der Steuerzahler*innen schützen.
Der Rückzug aus dem Energiecharta-Vertrag ist ein wesentlicher erster
Schritt auf dem Weg zu einem erneuerbaren Energiesystem.
Rückfragen:
David Walch
Pressesprecher, Attac Österreich
presse at attac.at
0650 544 00 10
--
Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
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