[E-rundbrief] Info 1973 - Tag der Arbeitslosen und der Arbeit

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Mi Apr 29 16:49:00 CEST 2020


E-Rundbrief Info 1973 - KSÖ (A): Anlässlich des „Tags der 
Arbeitslosen“ (30.4.) und des „Tags der Arbeit“ (1.5.) verlangt die 
Katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe) von der Bundesregierung 
verstärkte Anstrengungen, um die hunderttausenden Erwerbslosen und 
„working poor“ zu  unterstützen.

Bad Ischl, 30.4.2020

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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ksoe appelliert an Bundesregierung: Erwerbslosen und „working poor“ 
jetzt Perspektiven geben!


Die katholische Sozialakademie Österreichs (ksoe) fordert 
Bundesregierung zum raschen, solidarischen Handeln auf

(Wien, am 29.4.2020) Anlässlich des „Tags der Arbeitslosen“ (30.4.) 
und des „Tags der Arbeit“ (1.5.) verlangt die Katholische 
Sozialakademie Österreichs (ksoe) von der Bundesregierung verstärkte 
Anstrengungen, um die hunderttausenden Erwerbslosen und „working poor“ 
zu  unterstützen. Das AMS spricht von einem „extremen Anstieg“ der 
Zahlen und einer „enormen Herausforderung“ für die Betroffenen und 
deren Familien.

„Eine rasche Rückkehr der Beschäftigung auf den Stand vor der Pandemie 
ist nicht absehbar, darum braucht es jetzt umso mehr Perspektiven für 
alle, die erwerbslos sind bzw. noch ihre Arbeit verlieren werden, aber 
auch für diejenigen, die einer Erwerbsarbeit nachgehen und deren 
Einkommen nicht zum Leben reicht“, fordert ksoe-Direktorin und 
Armutsforscherin Magdalena Holztrattner.

Die Grenze für die Armutsgefährdung sinkt

Seit April 2019 liegt die Armutsgefährdungsgrenze für eine 
alleinstehende Person in Österreich bei  EUR 1.259,- pro Monat (2). 
„Drei Punkte sorgen uns besonders: Einkommen, die nicht zum Leben 
reichen, die drohende Langzeitarbeitslosigkeit und die Gefahr einer 
Individualisierung der Probleme am Arbeitsmarkt“, so Holztrattner.

Bereits der Sozialhirtenbrief der Österreichischen Bischöfe (1990) 
hatte festgestellt, dass Arbeitslosigkeit zu den „Geißeln der modernen 
Gesellschaft“ zählt. „Den von ihr Betroffenen schafft sie schwere, in 
Einzelfällen unerträgliche Belastungen“ (SHB 1990, 33). Die Aussagen 
der Bischöfe gelten heute umso mehr, da ein noch nie dagewesener 
sprunghafter Anstieg der Arbeitslosigkeit auf einen Rekordwert von 
504.345 (+199.934 Personen) verzeichnet wird. Die ksoe fordert 
solidarisches Handeln um der drohenden Individualisierung der 
derzeitigen Probleme auf dem Arbeitsmarkt gegenzusteuern. „Jetzt wird 
besonders offensichtlich, dass die Arbeitslosigkeit das Problem ist, 
und nicht die Arbeitslosen“, so Holztrattner.

Zentrale Aspekte für mehr soziale Sicherheit

Besonders wichtig ist es im Moment, für mehr soziale Sicherheit zu 
sorgen. Aus Sicht der ksoe sind dafür zentral:

     Arbeitslosengeld und Notstandshilfe: Die Nettoersatzraten müssen 
erhöht werden, da diese Versicherungsleistungen anhand des 
vorhergehenden Einkommens berechnet werden und keine Mindesthöhe 
vorsehen. Auch bei den sehr niedrigen Familienzuschlägen besteht 
sozialer Gestaltungsspielraum.
     Sozialhilfe und Mindestsicherung: Die Sätze sichern nicht die 
Existenz und sind weit davon entfernt, gesellschaftliche Teilhabe zu 
sichern. Sie sind haushaltsbezogen und orientieren sich an der Höhe 
der Ausgleichszulage. Deshalb muss die Ausgleichszulage rasch auf ein 
Existenz und Teilhabe sicherndes Niveau angehoben werden. Die 
Verwertung von „Vermögen“ der Haushalte soll dabei ausgesetzt werden. 
Eine sanktionsfreie Auszahlung von Arbeitslosengeld/Notstandshilfe wie 
auch von Sozialhilfe/Mindestsicherung muss jetzt realisiert werden.

     Möglichkeiten, „sinnvoll tätig zu sein“ ausweiten: Erwerbsarbeit 
kann eine Quelle von Sinnstiftung und sozialer Integration sein, doch 
es gibt viele andere (unbezahlte) Tätigkeiten, die Menschen Sinn 
vermitteln und ihrer Würde entsprechen. Gerade in Zeiten von 
Massenarbeitslosigkeit und verstärkter Langzeitarbeitslosigkeit macht 
zusätzlicher Druck auf Erwerbslose, irgendeinen Job – egal um welchen 
Preis – anzunehmen, wenig Sinn. Stattdessen wäre es besser, auch 
unbezahlte Tätigkeiten anzuerkennen. Das AMS-finanzierte 
Grundeinkommens-Projekt „Sinnvoll tätig sein“ im Oberen Waldviertel 
ist dafür ein gelungenes Beispiel.

Erwerbslosen und „working poor“ Perspektiven und Handlungsspielräume 
zu geben, ist nicht nur eine Frage von Humanität und Christsein, 
sondern auch aus volkswirtschaftlichen Gründen sinnvoll. Personen und 
Haushalte mit niedrigen Einkommen würden das Geld, das sie zusätzlich 
einnehmen für ihre verbesserte Versorgung erfahrungsgemäß fast 
vollständig ausgeben. Dadurch wird die Binnennachfrage gestärkt, was 
wiederum ein wichtiger Impuls für die heimische Wirtschaft wäre.

"Die dramatische Krise des Arbeitsmarktes zeigt uns deutlich, dass es 
notwendig ist, neue Wege in Politik und Wirtschaft zu beschreiten. 
Jetzt haben wir die Möglichkeit, auch andere Szenarien anzudenken, 
über Lösungswege wie ein Bedingungsloses Grundeinkommen, eine neue 
Form der Vermögens- oder Finanztransaktionsbesteuerung öffentlich und 
mit einem weiteren Horizont nachzudenken. Und wir sehen heute 
deutlich, wie wichtig ein starker Sozialstaat für unser Leben ist“, so 
Holztrattner.

Die ksoe begrüßt außerdem gestern noch vom Nationalrat beschlossene 
temporäre Angleichung der Höhe der Notstandshilfe an die Höhe des 
Arbeitslosengeldes – ein Schritt in die richtige Richtung.

Hintergrund:
Die ksoe (Katholische Sozialakademie Österreichs) ist eine Akademie 
für Bildung und Beratung und eine Einrichtung der österreichischen 
Bischofskonferenz. Seit über 60 Jahren sind  sozialethisches Denken 
und Handeln für die Organisation leitend.

Pressefoto Dr.in Magdalena Holztrattner zum Download hier: 
https://www.ksoe.at/holztrattner

Rückfragehinweis:
Kath. Sozialakademie Österreichs – ksoe
Kommunikationsabteilung: kommunikation at ksoe.at oder 0677/61143690



ksoe - Katholische Sozialakademie Österreichs
Catholic Social Academy of Austria
A-1010 Wien, Schottenring 35/DG

T:  +43 1 310 51 59-82
office at ksoe.at
https://blog.ksoe.at · www.ksoe.at


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     Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at


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