[E-rundbrief] Info 624 - Agro-Sprit und Hunger
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Mo Dez 10 16:27:11 CET 2007
E-Rundbrief - Info 624 - Viktoria Thumann (Greenpeace Deutschland):
Agro-Sprit: Antriebsmittel für den Welthunger
Bad Ischl, 10.12.2007
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Agro-Sprit: Antriebsmittel für den Welthunger
Von Viktoria Thumann
Ein Hektar Getreide reicht, um ein Jahr lang entweder 18 Menschen zu
ernähren oder ein Auto mit durchschnittlichem Verbrauch und
durchschnittlicher Kilometerleistung zu betanken. “Lebensmittel gehören
auf den Teller und nicht in den Tank”, fordert Martin Hofstetter,
Landwirtschaftsexperte von Greenpeace. Der 16. Oktober 2007 ist
Welternährungstag. Er steht unter dem Motto “Recht auf Nahrung”.
Diesem Recht auf Nahrung widerspricht die Tatsache, dass bei uns immer
mehr Essen im Tank landet. Die Lebensmittelreserven sind weltweit auf
einem historischen Tiefstand, die Getreidelager der EU erschöpft. Alles
wird teurer - wieviel Wahrheit dieser oft dahingesagte Spruch enthält,
bekommen wir mittlerweile jeden Morgen beim Brötchenkauf zu spüren. Die
Getreidepreise haben sich in den letzten 20 Monaten verdoppelt. Und sie
steigen immer weiter.
Für uns ist diese Entwicklung eine unerwünschte Erscheinung, für
Menschen in ärmeren Ländern eine Katastrophe. Sie müssen einen Großteil
ihres Einkommens für Grundnahrungsmittel wie Maisgrieß und Getreidemehl
ausgeben.
Greenpeace-Lanwirtschaftexperte Martin Hofstetter sagt anlässlich des
Welternährungstages: “Es ist wirklich erschütternd. Weltweit gehen die
Getreidevorräte zurück und bei uns in Deutschland fördert die Politik
durch unsinnige Gesetze, dass immer mehr Getreide zu Kraftstoff für
mobile Spritfresser verarbeitet wird. Die Autoindustrie hofft, sich mit
Agro-Sprit ein grünes Mäntelchen umwerfen zu können. Und Umweltminister
Gabriel ist darauf reingefallen.”
Biosprit ist klimapolitischer Unfug
In Deutschland wurden erst vor kurzem drei Ethanolfabriken gebaut: in
Schwedt, Zeitz und Zörbig. Hier können jährlich 1,5 Tonnen Getreide
verarbeitet werden. Absurd: Mit diesem Getreide könnten jährlich 4,5
Millionen Menschen ernährt, jedoch gerade einmal ein Prozent des
deutschen Autospritbedarfs gedeckt werden. Sinnlos im Sinne des
Klimaschutzes dazu, denn die Erzeugung von Agro-Kraftstoffen aus Mais,
Raps und und Weizen ist klimaschädlicher als angenommen. Nach
Berechnungen des Mainzer Chemienobelpreisträgers Paul Crutzen wurden die
Lachgasemissionen aus der Stickstoffdüngung bisher massiv unterschätzt.
“Wir müssen in Deutschland ganz dringend umdenken. Kraftstoffe vom Acker
können weder unsere Energieversorgung retten noch wesentlich Klimagase
einsparen. Oft ist deren Einsatz klimapolitischer Unfug. Unsere
Regierung muss schnell handeln und sich vom unsinnigen
Biokraftstoffquotengesetz verabschieden. Getreide gehört auf den Teller
und nicht in den Tank”, sagt Hofstetter.
Greenpeace fordert andere Mobilitätskonzepte, Investitionen und
gesetzliche Regelungen zur Steigerung der Effizienz von Fahrzeugen. Das
SmILE-Auto von Greenpeace macht es vor! Biomasse muss schwerpunktmäßig
für die dezentrale Wärme- und Stromerzeugung verwendet werden.
Weltweit treibt die steigende Nachfrage nach Agrarrohstoffen für Sprit
immer schlimmere Blüten. Mehr und mehr Mais, Soja, Zuckerrohr und Palmöl
werden nur noch zur Umwandlung in Biosprit angebaut. 20 Prozent der
US-amerikanischen Maisernte wandern bereits in Ethanolanlagen. In
Brasilien wird der Amazonas-Urwald durch Soja- und Zuckerrohranbau immer
weiter dezimiert. Und in Indonesien wird Regenwald für Palmölplantagen
abgeholzt. Greenpeace demonstriert dort derzeit mit einem
Urwaldaktivisten-Camp gegen die Abholzung. Wir fordern ein Moratorium:
Für die Produktion von Biomasse und Agrosprit sowie anderen
landwirtschaftlichen Produkten darf kein Wald mehr zerstört werden.
Quelle: Greenpeace vom 16.10.2007.
Siehe auch Info 611 - Dr. Vandana Shiva (Indien): Food, Forests and Fuel
: From False to Real Solutions for the Climate Change.
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
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