[E-rundbrief] Info 508 - Israels Krieg gegen Libanon, Syrien, Iran?

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Mo Feb 26 13:05:14 CET 2007


E-Rundbrief - Info 508 - Uri Avnery (Israel): Du 
und ich und der nächste Krieg (gegen den Libanon, Syrien und Iran).

Bad Ischl, 26.2.2007

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

=====================================================================

Du und ich und der nächste Krieg

von Uri Avnery

24.02.2007

uri-avnery.de / ZNet Deutschland

“WIR SIND bereit für den nächsten Krieg,” sagte 
ein Reservesoldat diese Woche zu einem 
Fernsehreporter, der über ein Brigademanöver auf den Golanhöhen berichtete.

Was für ein Krieg? Gegen wen? Aus welchem Grund? 
Das wurde nicht gesagt, ja, nicht einmal gefragt. 
Der Soldat sah es als selbstverständlich an, dass 
bald ein Krieg ausbrechen werde, und es scheint, 
dass es für ihn nicht besonders interessant war, 
gegen wen dieser gerichtet sein wird.

Politiker sind es gewohnt, sich vorsichtiger 
auszudrücken  z.B. mit Worten wie “Falls ein 
Krieg  Gott bewahre  ausbrechen sollte 
” Doch im 
öffentlichen Diskurs Israels wird der nächste 
Krieg wie ein Naturphänomen betrachtet so wie der 
Sonnenaufgang am nächsten Morgen. Natürlich wird 
der nächste Krieg ausbrechen. Die einzige Frage lautet: gegen wen?

UND TATSÄCHLICH  gegen wen? Vielleicht noch einmal gegen die Hisbollah?

Das ist möglich. In der Knesset und in den Medien 
gab es in dieser Woche eine lebhafte Debatte über 
die Frage, ob die Hisbollah wieder über dieselbe 
militärische Stärke verfüge, die sie vor dem 
zweiten Libanonkriegs hatte, oder nicht. In einem 
Knesset-Komitee gab es eine heftige 
Auseinandersetzung zwischen einem 
Nachrichtendienstchef der Armee, der darauf 
bestand, dass es so sei, und dem 
Verteidigungsminister, der sich dahingehend 
äußerste, dass die Hisbollah nur das “Potential” dazu habe.

Hassan Nasrallah, der ein wunderbares Talent hat, 
die Israelis an die Decke gehen zu lassen, goss 
bei einer öffentlichen Rede Öl in die Flammen, 
als er verkündigte, Waffen würden von Syrien 
geliefert, und man würde sie mit Stroh bedeckt 
auf LKWs in den Süden transportieren. Sollen sie das doch ruhig wissen.

Unsere Kommentatoren reagierten darauf, indem sie 
erklärten, dass “schon in diesem Sommer” die 
israelische Armee gezwungen sein werde, den 
Libanon anzugreifen, um die Gefahr zu bannen, und 
bei dieser Gelegenheit auch die Schande zu 
löschen und der Armee die “Abschreckungsmacht” 
zurückzugeben, die auf dem Schlachtfeld dieses 
unglücklichen Krieges verloren gegangen war.

ODER DIESES Mal vielleicht gegen Syrien?

Das ist auch möglich. Das Brigade-Manöver dieser 
Woche  das erste nach langer Zeit  war offensichtlich gegen Damaskus gerichtet.

Die Syrer haben zwar Frieden angeboten und tun 
alles, was möglich ist, um Israel dahin zu 
bringen, mit Verhandlungen zu beginnen. Aber das 
kommt nicht in Frage. Präsident Bush hat Israel 
verboten, auch nur den kleinsten Schritt in diese 
Richtung zu machen. Bush bedroht Syrien mit Krieg 
(s.u.), und es ist undenkbar, dass Israel, der 
treue Knappe, mit jemandem Frieden macht, den 
Amerika nicht liebt. Nein, Frieden mit Syrien 
steht nicht auf dem Plan. Vergiss es. Und wie die 
Römer es nicht sagten: “Si non vis pacem, para 
bellum”  “wenn du keinen Frieden willst, dann bereite dich für den Krieg vor.”

Vorbereitungen gehen über das Training der 
Bodentruppen weit hinaus. Sie haben auch eine 
psychologische Dimension. Vorvorgestern 
verkündete eine besonders große Schlagzeile auf 
der Vorderseite von Haaretz: “Syrisches 
Wettrüsten mit der Hilfe des Iran”. Die anderen 
Medien folgten auf dem Fuß. Man sagt, Russland 
rüste Syrien mit großen Mengen von 
Antipanzerraketen aus und zwar von der Art, die 
sogar die fortschrittlichsten israelischen Panzer 
des letzten Krieges durchdringen könnten. Und als 
ob das nicht genug wäre, rüstet Russland Syrien 
auch mit Langstreckenraketen aus, die eine wahre 
Bedrohung für unsere Marine wären und die jede Ecke Israels erreichen könnte.

Die Zeitungsgeschichten fügten drei Länder 
zusammen  Syrien, Russland und den Iran  die ganz 
zufällig die drei Mitglieder von Bushs neuer “Achse des Bösen” sind.

Diese Medienkampagne war deutlich mit den 
Armeechefs abgesprochen und mit dem Manöver 
verknüpft. Tatsächlich war es der erste Akt des 
neuen Generalstabschef Gaby Ashkenazi, der das 
Manöver in Begleitung des Verteidigungsministers 
beobachtete (Ein flinker Photograph machte einen 
Schnappschuss von Peretz, als er mit einem 
Fernglas die Kämpfe beobachten wollte, wohl aber 
nur schwarz sah, da er vergessen hatte, die 
Schutzkappen von den Linsen zu nehmen).

Wahr ist, dass aus dieser Richtung keine Gefahr 
droht. Es gibt nicht die geringste 
Wahrscheinlichkeit, dass Syrien Israel angreifen 
würde. Die militärischen Fähigkeiten 
Syriens  selbst mit all den russischen Waffen, 
die sie angeblich bekommen haben  sind bei weitem 
denen der israelischen Armee unterlegen. Dies ist 
die Ansicht der gesamten israelischen 
Nachrichtendienste. Falls Syrien aufrüstet, dann 
nur zu Verteidigungszwecken. Es fürchtet sich zu 
Recht vor Israel und den Vereinigten Staaten.

Doch wenn man Krieg will, ist das doch egal.

UND VIELLEICHT sind dies alles nur 
Ablenkungsmanöver, um die Aufmerksamkeit vom 
wirklichen Ziel des nächsten Krieges  dem Iran  abzulenken?

Seit mehreren Monaten strahlen unsere Medien 
täglich dunkle Warnungen über den Iran aus. 
Innerhalb weniger Jahre sei er in der Lage, einen 
“zweiten Holocaust” auszuführen und habe auch den 
Willen, dieses zu tun. Wir sehen das Bild eines 
wahnsinnigen Landes, an dessen Spitze ein zweiter 
Hitler steht, der zur Auslöschung des eigenen 
Landes bereit sei, wenn dies der Preis dafür ist, 
Israel von der Landkarte zu löschen.

Gegen solch einen Feind gilt natürlich das alte 
hebräische Sprichwort: “Derjenige, der aufsteht, 
dich zu töten, den töte zuerst.”

NACH DEM Sechs-Tage-Krieg trug eine pazifistische 
Satire den Titel: “Du und ich und der nächste 
Krieg.” Vielleicht sollte diese wieder aufgeführt werden.

In den letzten Tagen erschien in den Zeitungen 
ein sehr großes Inserat, das von einer Gruppe 
unterzeichnet worden war, die sich “Die 
Reservesoldaten” nennt und die für sich in 
Anspruch nimmt, die enttäuschten Reservisten des 
letzten Krieges zu vertreten. Das Inserat zählte 
die Gründe auf, weshalb Olmert von seinem Posten 
gejagt werden sollte. Der Höhepunkt war die 
ernste Warnung: “Wenn er auf seinem Posten 
bleibt, wird er den nächsten Krieg leiten.”

Vielleicht ist es genau das, was er im Sinne hat. 
Wir hatten nie einen Ministerpräsidenten, der so 
tief in der Patsche saß wie er. In wenigen Wochen 
wird die Untersuchungskommission des 2. 
Libanonkrieges ihre Ergebnisse veröffentlichen. 
Olmert hat zwar selbst die Kommission ernannt und 
die Mitglieder handverlesen bestimmt, um ja nicht 
in die Hände einer juristischen 
Untersuchungsbehörde zu geraten, deren Mitglieder 
vom Obersten Gerichtshof bestimmt worden waren, 
und die weniger rücksichtsvoll mit ihm umgegangen 
wären. Aber selbst jetzt wird er nur mit knapper 
Müh und Not den Untersuchungsergebnissen 
entkommen. Zugleich werden mehrere gegen ihn 
gerichtete Korruptionsvorwürfe von der Polizei untersucht.

Olmert gelang es zwar letzte Woche, nicht nur 
neue Polizeichefs zu bestimmen (einschließlich 
eines persönlichen Freundes), sondern auch einen 
neuen Justizminister  nach seinem Geschmack zu 
bestimmen  aber auch das garantiert ihm nicht volle Immunität.

In der Zwischenzeit demonstriert er eine alte 
Wahrheit: eine schlaue Person weiß, wie sie sich 
aus einer Falle ziehen kann, in die eine kluge 
Person gar nicht erst hinein geraten wäre.

Er hat keine Agenda  sagt er selbst. Er ist der 
Chef einer amorphen Partei, ohne Mitglieder oder 
Institutionen und ohne wirkliche Wurzeln im Volk. 
Die öffentlichen Meinungsumfragen zeigen, dass 
seine Bewertung nahe Null sind (nur der 
Verteidigungsminister hat eine noch niedrigere 
Bewertung). Olmert bleibt nur deshalb an der 
Macht, weil man befürchtet, dass jede andere 
verfügbare Alternative noch schlimmer sein würde.

Ein zynischer Ministerpräsident, der in solch 
einer Situation gefangen sitzt, könnte versucht 
sein, noch ein weiteres militärisches Abenteuer 
zu beginnen in der Hoffnung, dass es ihm die 
verlorene Popularität zurückgeben und von seinen 
privaten und politischen Problemen ablenken 
würde. Falls dies das Ziel ist, dann ist es 
völlig gleichgültig, gegen wen der Krieg gehen 
wird  gegen die Palästinenser, Libanesen, die 
Syrer oder die Iraner. Hauptsache ist, dass es so 
bald wie möglich geschieht. Möglichst schon in 
diesem Sommer. Man muss die Öffentlichkeit nur 
von der Existenz einer wirklichen Gefahr 
überzeugen; aber das ist nicht so schwierig.

ALL DIES lässt natürlich an einen anderen 
hervorragenden Führer denken, an George W. Bush. 
Bemerkenswert, wie sich die Situationen ähneln, 
denen die beiden sich ausgesetzt sehen.

Das politische System Amerikas wird von vielen in 
Israel bewundert, und von Zeit zu Zeit wird 
verlangt, dass dieses doch auch von uns 
übernommen werden sollte. Ein starker Führer, 
direkt vom Volk gewählt, der kompetente Minister 
beruft  was könnte besser sein?

Aber es scheint, dass das amerikanische System 
eine erschreckende Situation geschaffen hat. 
Präsident Bush hat noch zwei Jahre in seinem Amt, 
und in dieser Zeit kann er noch jeden 
x-beliebigen Krieg starten, obwohl ihm die 
amerikanische Öffentlichkeit bei den 
Kongresswahlen klar gezeigt hat, dass es den 
Irakkrieg verabscheut. Als oberster Kommandeur 
der mächtigsten Militärmacht der Welt kann er den 
Krieg im Irak erweitern und vertiefen und 
gleichzeitig einen neuen Krieg gegen den Iran oder Syrien beginnen.

Die beiden Häuser des Kongresses können ihn 
theoretisch stoppen, indem sie ihm die Gelder für 
die Armee streichen, aber die meisten Mitglieder 
dieser beiden hehren Häuser sind Schwätzer, die 
allein schon bei dem Gedanken an diese 
Möglichkeit zu Tode erschrecken. Jeder Soldat in 
Bagdad hat mehr Mut als diese ganze Klicke der 
Senatoren und Kongressleute zusammen. Sie würden 
nicht einmal daran denken, ein Verfahren gegen den Präsidenten anzustrengen.

Auf diese Weise kann eine einzige Person eine 
weltweite Katastrophe verursachen. Er hat keine 
Bremsen, sondern einen starken Drang zum Krieg: 
Seine “Vision” zu erfüllen (die ihm von Gott 
persönlich im privaten Gespräch diktiert wurde) 
und so sein Image in der Geschichte zu überarbeiten.

Ist das praktisch durchführbar? Die amerikanische 
Armee ist zu klein, um noch einen größeren Krieg 
zu Lande durchzuführen. Aber Bush und seine 
Berater glauben, dass dies auch gar nicht 
notwendig sei. Sie sind die Nachfolger des 
amerikanischen Generals, der seinerzeit davon 
sprach, “Vietnam in die Steinzeit 
zurückzubomben”. Es funktionierte doch in Serbien und Afghanistan auch.

Die Neo-Kons, die noch immer in Washington das 
Sagen haben, sind davon überzeugt, dass ein Regen 
von vielen hundert der modernsten Bomben (“smart 
bombs”), die auf all die nuklearen, 
militärischen, Regierungs- und öffentlichen 
Gebäude im Iran geworfen werden, “den Job 
erledigen wird”. Ihre Freunde in Israel werden 
applaudieren; denn dies wird Israel davon 
befreien, etwas Ähnliches  wenn auch in kleinerem Ausmaße  zu tun.

Aber ein amerikanisches und/oder ein israelisches 
Abenteuer würde eine Katastrophe bedeuten. Bomben 
können ein Land zerstören, aber nicht ein Volk 
wie das iranische. Nur in unseren wildesten 
Träumen können wir uns ausmalen, wie mehr als 
eine Milliarde Muslime in vielen 
Ländern  einschließlich unserer Nachbarn  auf die 
Zerstörung eines muslimischen Landes (selbst 
eines schiitischen) reagieren würde. Dies heißt 
mit einem Feuer spielen, das in einen weltweiten Brand ausarten kann.

Bush und Olmert und der nächste Krieg  HILFE!

===========================================================

Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) 
Sparkasse Bad Ischl, Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305    BIC: SKBIAT21XXX 




Mehr Informationen über die Mailingliste E-rundbrief