[E-rundbrief] Info 426 - Toedliches Modewort - Krieg gegen Terror

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Sa Jul 22 11:19:51 CEST 2006


E-Rundbrief - Info 426 - Bettina Röder: Das tödliche Modewort - Krieg 
gegen den Terror.

Bad Ischl, 22.7.2006

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Das tödliche Modewort

Krieg gegen den Terror

Bettina Röder

Publik-Forum, Nr. 12/2006, 30.6.2006

Krieg kurbelt bekanntlich die Wirtschaft an. Und wenn es dann noch 
ein "Krieg gegen den Terror" ist, scheint alles in bester Ordnung. So 
auch jüngst, als Mitte Juni der US-Kongress weitere 66 Milliarden 
Dollar für Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan freigab. Die 
Aufwendungen allein für den Irak- Krieg stiegen damit auf über 320 
Milliarden Dollar. Was aber passiert dort, wo angeblich Terror 
bekämpft wird, ganz konkret?

Schon 2004 veröffentlichte die britische Ärzte- Fachzeitschrift The 
Lancet eine im wahrsten Sinne des Wortes erschlagende Studie. 
Amerikanische und irakische Gesundheitsexperten hatten nachgewiesen: 
Seit Beginn des Irak-Krieges sind mehr als 100 000 Zivilisten ums 
Leben gekommen. Die meisten sind Frauen und Kinder. Bis heute sollen 
es doppelt so viele sein. Genau weiß das keiner. Denn die 
Besatzungsmächte weigern sich, die Zahlen zu veröffentlichen. Obwohl 
sie dazu durch die Genfer Konvention verpflichtet sind. Wer aber 
fragt im Krieg gegen den Terror überhaupt nach Verpflichtungen, die 
die internationale Gemeinschaft eingegangen ist?

Für Lancet-Chefredakteur Richard Horton war das vor zwei Jahren schon 
Anlass genug, eine politische Reaktion zu fordern. Doch weithin 
Schweigen im Walde. Und zwar bis heute. Kritische Stimmen, die das 
tödliche Modewort vom Krieg gegen den Terror hinterfragen, sind 
selten. Und so waltet und schaltet er unkontrolliert im Nahen und 
Mittleren Osten bis hin nach Tschetschenien. Und das, obwohl er sich 
täglich als untaugliches Mittel gegen den Terror erweist. Zudem ist 
offensichtlich, dass der "Krieg gegen den Terror" kräftig missbraucht 
wird. So wird beispielsweise getestet, was auf Truppenübungsplätzen 
nicht geht: Wie Uran oder Napalm auf Menschen wirkt. Und die Welt, 
einschließlich Teile Europas, schaut nicht nur zu, sondern macht sogar mit.

So hat das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI jüngst 
berechnet, dass erstmals für Rüstung und Verteidigung mehr ausgegeben 
wird als auf der Höhe des Kalten Krieges im Jahr 1987/88. Allein auf 
die USA entfallen 48 Prozent. So viel also, wie auf den Rest der Welt 
zusammen. Mit großem Abstand folgen Großbritannien, Frankreich, Japan 
und China mit jeweils vier Prozent. Deutschland liegt an Stelle 
sechs. Und passend zum SIPRI-Bericht erschien am gleichen Tag in 
London eine Studie der unabhängigen Oxford Research Group, die Bushs 
so genannten Krieg gegen den Terror scharf verurteilt. Die Experten 
der Uni Oxford sind überzeugt: Der verschlingt nicht nur Milliarden, 
sondern hat mehr Unterstützer in der Terrorszene geschaffen als 
ausgeschaltet. Die Anti-Terror-Strategie der USA und Großbritanniens 
erhöht die Gefahr, dass sich der 11. September wiederholt, schreiben sie.

Wie könnte es auch anders sein? Wussten wir nicht längst, dass Gewalt 
immer neue Gewalt hervorbringt? Wenn das Völkerrecht gebrochen wird 
zumal. Denn das heißt ja, den Terror mit den gleichen Mitteln zu 
bekämpfen, die er selbst anwendet. Und so dreht sie sich weiter, die 
tödliche Spirale. Und zwar nicht nur im Irak. In Europa wurden 
bekanntlich CIA-Flüge mit vermeintlichen Terroristen zugelassen, von 
Lagern ganz zu schweigen. Wie wäre es da, wenn all das Geld dafür 
ausgegeben würde, die wirklichen Ursachen für den Terror zu 
untersuchen? Die untauglichen Kriege verstellen den Blick auf die 
wirklich großen Bedrohungen der Weltsicherheit. Der Klimawandel 
gehört dazu. Oder der immer härtere Kampf um die Energievorräte der 
Welt. Doch damit lässt sich ja schon wieder Geld verdienen. Und zwar 
mit der Behauptung, dass es ja "nur" um Terroristen geht.

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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
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