[E-rundbrief] Info 257 - Erstes deutsches Sozialforum 2005

Matthias Reichl mareichl at ping.at
Di Jul 26 12:48:29 CEST 2005


E-Rundbrief - Info 257 - Erstes deutsches Sozialforum  vom 22. - 24. Juli 
2005 in Erfurt. Erklärung der Versammlung sozialer Bewegungen  "Wir haben 
Alternativen – eine andere Welt ist möglich!", Erfurt, 24.7.2005; Peter 
Wolter: Aufruf zum Widerstand; Wolfgang Pomrehn: Zeit für Plan B; Zwei 
Berichte in "junge welt" vom 25.7.05.

Bad Ischl, 26.7.2005

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Wir haben Alternativen – eine andere Welt ist möglich!

Dokumentiert: Die Erklärung der Versammlung sozialer Bewegungen von Erfurt, 
24. Juli 2005.

Der Ausgang des Referendums zur EU-Verfassung in Frankreich und den 
Niederlanden ebenso wie die Regierungskrise in Deutschland beweisen: Immer 
weniger vertrauen die Bürgerinnen und Bürger auf Empfehlungen und Aussagen 
der herrschenden Politikerinnen und Politiker. Die neoliberale Politik der 
vergangenen Jahre steckt in einer tiefen Legitimationskrise. Es hat sich 
als falsch erwiesen, daß durch Sozialabbau die Erwerbslosigkeit gesenkt 
wird. Das Gegenteil ist eingetreten und wird durch das Festhalten an der 
Lissabon-Strategie weiter verschärft: die zunehmende Spaltung der 
Gesellschaft in Arm und Reich, Jung und Alt, Menschen mit und ohne genehmen 
Paß, in »Leistungserbringer« und »Alimentenbezieher«. Die Gewerkschaften 
und die abhängig Beschäftigten sehen sich einem Generalangriff auf 
Tarifautonomie, Mitbestimmungsrechte und Kündigungsschutz ausgesetzt. 
Demokratieabbau und steigende Repressionen gehen einher mit 
Militarisierung. Die Maßnahmen zum Schutz der natürlichen Umwelt sind 
völlig unzureichend. Die Kluft zwischen GlobalisierungsgewinnerInnen und 
-verliererInnen wird tiefer. All das erfüllt zahlreiche Menschen mit 
wachsender Sorge um eine lebenswerte Zukunft – global, in Europa und auch 
hier in Deutschland.

Als Teil der internationalen und globalisierungskritischen Bewegung trafen 
wir uns in Erfurt – nicht nur, um die politischen und sozialen Verhältnisse 
grundlegend zu kritisieren, sondern auch, um unsere Alternativen zu 
entwickeln für eine solidarische, demokratische, ökologische, 
nicht-patriarchale und sozial gerechte Gesellschaft.

Soziales und Arbeit neu denken. Wir fordern eine komplette Neuausrichtung 
der Sozial- und Arbeitspolitik. Wir brauchen ein existenzsicherndes 
Mindesteinkommen/ Grundeinkommen für jede und jeden jetzt als Alternative 
zu Hartz IV, einen gesetzlichen Mindestlohn, eine menschenwürdige Rente 
ohne Diskriminierung, massive Arbeitzeitverkürzung.

Wir treten ein für eine solidarische Gesellschaft, ohne Ausgrenzung und 
Massenerwerbslosigkeit, ohne Armut und soziale Spaltung, in der jeder und 
jede sich umfassend bilden und entwickeln und in unterschiedlichen Formen 
tätig werden kann, chronisch Kranke und behinderte Menschen gleichgestellt 
sind, jeder Mensch das Recht auf Zugang zu öffentlichen Gütern und 
Dienstleistungen hat. Die Privatisierungen in diesen Bereichen müssen 
gestoppt werden. Wir wollen eine Gesellschaft, in der jede und jeder am 
gesellschaftlichen Reichtum angemessen und sicher teilhat. Geld ist genug 
da! Solidarische Einfachsteuer jetzt!

Eine nach innen und außen friedliche Gesellschaft, die auf militärische 
Gewalt verzichtet und auch ökonomisch auf der Basis von Gleichberechtigung 
und Solidarität mit anderen Ländern und Weltregionen zusammenarbeitet. Wir 
lehnen den »Krieg gegen den Terror« ab – er wird zum Vorwand genommen, um 
demokratische Rechte einzuschränken und Musliminnen und Muslime zu 
stigmatisieren. Wir fordern die Rücknahme der Antiterrorgesetze und des 
Zuwanderungsgesetzes sowie den sofortigen Stopp aller Deportationen von 
Flüchtlingen! Wir brauchen keine weltweit einsatzfähige Interventionsarmee, 
sondern Krisenprävention und zivile Konfliktbearbeitung. Stoppt die 
milliardenschweren Aufrüstungsprogramme! Die außerhalb Deutschlands 
stationierten Bundeswehrtruppen müssen abgezogen werden. Die faktische 
Unterstützung der Besatzungsherrschaft und der US-Kriegsführung im Irak muß 
beendet werden. Für einen gerechten Frieden in Palästina! Wir bleiben bei 
unserem konsequenten Nein zur EU-Verfassung!

Eine ökologische zukunftsfähige Gesellschaft, die den Ausstoß von 
Klimagasen und umweltbelastenden Stoffen sowie den Verbrauch nicht 
erneuerbarer Ressourcen auf ein international verträgliches Maß senkt. Das 
bedeutet bei uns eine ökologisch konsequente Landwirtschaft-, eine 
Siedlungs-, Energie- und Verkehrspolitik auf der Basis regenerativer 
Energien und den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie.

Eine geschlechtergerechte Gesellschaft, in der alle Menschen 
gleichberechtigt leben und in der Männer nicht über die Köpfe der Frauen 
entscheiden. Dies ist zur Zeit in Politik, Gesetzgebung sowie in der 
Arbeitswelt immer noch die diskriminierende Realität.

Eine demokratische Gesellschaft – mit weit über Wahlkämpfe und Wahltage 
hinausgehender demokratischer Teilhabe und aktiver Partizipation sowie 
Entscheidungskompetenz für alle Einwohnerinnen und Einwohner auf allen 
Ebenen: von der unmittelbaren Interessenvertretung über ökonomische 
Entscheidungsprozesse, betriebliche Mitbestimmung bis hin zu allgemeinen 
politischen und gesellschaftlichen Fragen – von der kommunalen Ebene bis 
zur europäischen und globalen. Wege dahin sind die Ausweitung von 
BürgerInnenbegehren und BürgerInnenentscheiden auf allen Ebenen sowie 
Beteiligungshaushalte.

Eine andere Welt ist möglich, wenn wir gemeinsam die totale Vermarktung der 
Menschen und ihrer Umwelt stoppen und globales Zusammenleben neu gestalten. 
Dazu brauchen wir Austausch und Begegnung wie bei diesem Sozialforum in Erfurt:

Verstärkte Vernetzung der sozialen Bewegungen vor Ort, nicht zuletzt in 
Form der lokalen Sozialforen, um die Menschen zu befähigen, Akteure 
direkter Demokratie zu werden. Dazu gehört auch die Verknüpfung zu 
überregionalem Austausch und gemeinsamer Aktion.

Globalisierung von unten: Kommunikation und Kooperation unabhängig von 
Kultur, Religion, Geschlecht und Hautfarbe. Der gemeinsame Kampf weltweit 
für globale soziale Rechte für alle ist unsere Aufgabe. Wir fordern 
Schuldenstreichung und das Ende der neoliberalen Strukturanpassungsprogramme.

Ob es gelingt, weiteren neoliberalen Umbau zu verhindern, hängt 
entscheidend von den Protesten der sozialen Bewegungen vor und nach den 
Bundestagswahlen ab. Wer auch immer regieren wird und weiteren Sozialabbau 
betreibt, er muß mit unserem massiven Widerstand rechnen.

Als gemeinsame Aktionen der nächsten Monate schlagen wir vor:

– Einen dezentralen bundesweiten Aktionstag am 5. September: Soziale 
Bewegungen melden sich zum Wahlkampf zu Wort!

– Eine Aktions- und Strategiekonferenz der sozialen Bewegungen am 19./20. 
November 2005.

– Die Mobilisierung zum europäischen Aktionstag für ein soziales Europa am 
15. Dezember 2005 in Brüssel sowie die Fortsetzung der Kampagne gegen die 
EU-Verfassung und die Proteste gegen die EU-Richtlinien zu Dienstleistung, 
Arbeitszeit und Militarisierung.

– Bundesweite globalisierungskritische Aktionstage im Zusammenhang mit der 
Fußball-Weltmeisterschaft im Sommer 2006: Gegen Überwachungswahn, gegen die 
ausbeuterische Poduktionsweise von Nike und Co. sowie gegen Rassismus.

– Eine Kampagne gegen die Politik der G 8 anläßlich ihres Gipfels im Juli 
2007 in Heiligendamm.

Wir laden im Herbst 2007 zu einem zweiten Sozialforum in Deutschland ein.

Außerdem unterstützen wir folgende Veranstaltungen und Aktionen:

– Die Aktionen gegen Gentechnik in der Landwirtschaft »Tanz in den Mais« am 
30./31. Juli 2005.

– Die Aktionen der Friedensbewegung am Hiroshimatag und Antikriegstag.

– Das Aktionswochenende gegen Lager und für Bewegungsfreiheit am 24./25. 
September.

– Die Aktionen der Friedensbewegung gegen die Verlängerung des 
Afghanistan-Mandats der Bundeswehr im Oktober 2005.

– Den Kongreß »Grundeinkommen. In Freiheit tätig sein« in Wien, 7.–9. 
Oktober 2005.

– Die landesweiten Aktionen in Baden-Württemberg gegen Wohnungsnot und 
Armut am 12. Oktober 2005

– Die Demonstration gegen Atomkraft und für erneuerbare Energien am 5. 
November in Lüneburg sowie die nachfolgenden Aktionen gegen die 
Castor-Transporte.

– Den Bürgerkonvent »Für ein anderes Europa« in Rom am 12./13. November 2005.

– Den weltweiten Aktionstag am 10. Dezember gegen die WTO-Ministerkonferenz 
in Hongkong: »Stoppt die WTO-Konzern-Agenda«!

– Das internationale Symposium über Isolation von Gefangenen vom 17. bis 
20. Dezember in Paris.

– Die Proteste gegen die Einführung von Studiengebühren und Abschaffung der 
Lehrmittelfreiheit im Herbst 2005 und Frühjahr 2006.

– Gegenaktionen zur NATO-Sicherheitskonferenz vom 3.–5. Februar 2006 in 
München.

– Einen bundesweiten Aktionstag der lokalen Sozialforen für ein 
lebenswertes Europa im Zusammenhang mit einer europäischen Initiative am 4. 
März 2006.

– Die Beteiligung am nächsten Europäischen Sozialforum in Athen im April 2006.

– Die Ostermärsche der Friedensbewegung im Frühjahr 2006.

– Europäische Märsche für ein soziales, demokratisches und friedliches 
Europa zum EU-Gipfel nach Wien im Juni 2006.

Aus: http://www.jungewelt.de/2005/07-25/013.php

Weitere Informationen: http://www.sozialforum2005.de

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Peter Wolter

Aufruf zum Widerstand

junge welt, 25.7.2005

Knapp 5000 Teilnehmer beim ersten deutschen Sozialforum in Erfurt. Weitere 
Aktionen gegen Sozialabbau vereinbart. Am 5. September Aktionstag gegen 
»Hartz IV«-Gesetze

Auch in Deutschland hat jetzt ein landesweites Sozialforum stattgefunden. 
Mitglieder zahlreicher Initiativen von Erwerbslosen, der Friedensbewegung, 
der Flüchtlingshilfe, der Gewerkschaften sowie politischer Gruppierungen 
beschlossen am Wochenende in Erfurt, enger zusammenzuarbeiten und sich zu 
vernetzen. An dem Treffen, das von Donnerstag bis Sonntag etwa 250 
Veranstaltungen zu den unterschiedlichsten Themen bot, nahmen nach Angaben 
des Vorbereitungskreises etwa 3500 registrierte Besucher teil. 
Einschließlich der interessierten Erfurter Bürger habe die Gesamtzahl der 
Teilnehmer bei knapp 5000 gelegen.

Die Veranstaltungen des ersten deutschen Sozialforums umfaßten politische 
Diskussionen und Vorträge, Theater-, Kabarett- sowie Filmaufführungen. Zu 
den Teilnehmern zählten auch christliche Gruppen, hier und da bot sich 
Gelegenheit zur Meditation. Höhepunkt war ein Sternmarsch am Samstag, der 
durch die Erfurter Innenstadt zum Veranstaltungsort führte. Die 
Abschlußkundgebung zählte schätzungsweise 1500 Teilnehmer.

Seinem Selbstverständnis entsprechend faßte das Forum keine Beschlüsse. Das 
blieb der »Versammlung sozialer Bewegungen« vorbehalten, die weitgehend 
identisch mit dem Teilnehmerkreis ist und sich aus Vertretern verschiedener 
Netzwerke, Organisationen und Initiativen zusammensetzt. Sie rief die 
Bevölkerung für den Herbst zu massiven Aktionen gegen den Sozialkahlschlag 
auf. Unter anderem ist der 5. September als ein weiterer Aktionstag gegen 
die »Hartz IV«-Gesetze vorgesehen. Am 21. November soll außerdem eine 
Aktions- und Strategiekonferenz der sozialen Bewegungen stattfinden. Das 
zweite deutsche Sozialforum ist für den Herbst 2007 geplant.

In einer Abschlußerklärung der sozialen Bewegungen heißt es, die 
Verhinderung des neoliberalen Umbaus unserer Gesellschaft hänge 
entscheidend von den Protesten vor und nach den Bundestagswahlen ab. »Wer 
auch immer regieren wird und weiteren Sozialabbau betreibt, er muß mit 
unserem massiven Widerstand rechnen.«  (siehe unten)

Das Sozialforum sei ein »wichtiger Schritt zur Formierung einer breiten 
Front gegen den neoliberalen Großangriff auf die sozialen und 
demokratischen Rechte«, faßte Hugo Braun vom Vorbereitungskreis zusammen. 
Es habe »eindrucksvoll die Gemeinsamkeit von Gewerkschaften, sozialen 
Bewegungen und anderen gesellschaftlichen Gruppen in dieser 
Auseinandersetzung mit den Vertretern von Kapitalinteressen unterstrichen.«

Zum Linksbündnis gebe es zwar eine gewisse politische Affinität, räumte 
Braun vor Journalisten ein. Dennoch habe das Sozialforum keine Aussage zur 
Bundestagswahl getroffen. Ein großer Teil der beteiligten Gewerkschafter 
sei immer noch auf die gegenwärtigen Regierungsparteien fixiert – 
andererseits wollten viele der an der Sozialforumsbewegung Interessierten 
nichts mit Parteien zu tun haben. »Eine große Mehrheit bringt der 
Linkspartei sicherlich große Sympathien entgegen«, sagte Braun. »Diese neue 
Partei braucht aber ein kritisches Korrektiv aus den sozialen Bewegungen 
heraus, damit sie nicht den Anpassungsweg der Grünen geht.«

http://www.jungewelt.de/2005/07-25/001.php

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Wolfgang Pomrehn

»Zeit für Plan B«

Dreieinhalb Tage Veranstaltungen und Dikussionen beim Sozialforum in 
Erfurt: Die Devise heißt, sich selbst in Bewegung zu setzen

Manche Leute sind mutig, oder sie haben schlechte Redenschreiber: »Hartz IV 
muß nachgebessert werden«, forderte der DGB-Chef des Bezirks 
Hessen-Thüringen, Stefan Körzell, am Samstag in Erfurt und erntete ein 
gellendes Pfeifkonzert. So etwas hörte man auf dem ersten deutschen 
Sozialforum gar nicht gern, auch nicht unter den zahlreichen 
Gewerkschaftern, die in Thüringens Hauptstadt gekommen waren.

Gegen die Reformagenda

Dreieinhalb Tage lang hatte man diskutiert. Über Mindestlohn und 
Grundeinkommen, über Gentechnik und zivilen Ungehorsam, über 
Weltwirtschaftspolitik und die Besatzung in Irak und Palästina über die 
Kommunebewegung und Montagsdemonstrationen. Wer die europäischen 
Sozialforen in Florenz, Paris und London mit ihren Zehntausenden 
Teilnehmern erlebt hat, könnte ein bißchen enttäuscht gewesen sein. Die 
Teilnehmerzahlen blieben mit vielleicht 3500 – die Veranstalter sprechen 
von 5000 – hinter manchen Erwartungen zurück. Auch die Breite der 
vertretenen Bewegungen ließ etwas zu wünschen übrig. Die Umweltbewegung 
fehlte fast vollständig, Studenten wurden nur wenige gesichtet, und die 
Einwanderer, Hauptbetroffene der sozialen Ausgrenzung und der 
Hartz-Gesetze, waren deutlich unterrepräsentiert. »Warum«, so fragte 
Abdullah Ates von der Anatolischen Förderation, »sitzen eigentlich so wenig 
Migranten auf den Podien?« Bei sechs sogenannten Themenkonferenzen hatte 
lediglich ein Vertreter einer Einwandererorganisation mitdiskutieren können.

Gut vertreten waren hingegen die Friedensbewegung, lokale Sozialforen und 
Bündnisse gegen Sozialabbau. Auch linke Gewerkschafter waren zahlreich 
gekommen, und viele Diskussionen drehten sich um den Widerstand gegen die 
Reformagenda der Noch-Bundesregierung und den Zumutungen, die man von der 
nächsten erwartet. Besonders schön brachte ein Transparent einer 
ver.di-Arbeitslosengruppe aus Oldenburg die Stimmung auf den Punkt: «Unsere 
Agenda 3010: 30 Stundenwoche bei vollem Lohn- und Personalausgleich, 10 
Euro pro Stunde Mindestlohn.«

Anders, als man es in einem solchen Zusammenhang vielleicht erwarten würde, 
spielte »Die Linkspartei.« nur am Rande eine Rolle. Viel Beifall gab es auf 
einem von etlichen hundert Menschen besuchten Podium über die Zukunft der 
sozialen Bewegungen, als Peter Grottian von der Initiative für ein Berliner 
Sozialforum aufforderte, nicht auf das neue Linksbündnis zu schielen. Sich 
selbst in Bewegung zu setzen, sei die Devise. Auch Hagen Kopp vom Netzwerk 
»Kein Mensch ist illegal« erntete reichlich Beifall, als er die Rolle Oskar 
Lafontaines bedenklich nannte, da dieser einer der ersten gewesen sei, die 
Ende der 1980er Jahre die Abschaffung des Asylrechts gefordert hatten.

Plädoyer für Aufklärung

Einen breiten Raum nahm in den Diskussionen hingegen der 
EU-Verfassungsvertrag und die Krise ein, in die die Europäische Union nach 
den Volksabstimmungen in Frankreich und den Niederlanden geraten ist. 
Verschiedene Redner wiesen darauf hin, daß vermutlich im ersten Halbjahr 
2006 die österreichische EU-Ratspräsidentschaft den Vertrag wiederbeleben 
will. Er sei keineswegs vom Tisch. Vor allem würde versucht, so Claudia 
Haydt von der Informationsstelle Militarisierung in Tübingen, seine 
militärischen Komponenten auch ohne Ratifizierung umzusetzen. Es sei daher 
»Zeit für unseren Plan B«, so Haydt, die für weitere Aufklärung und 
europaweit vernetzen Widerstand plädierte.

Das paßte ganz gut zu Vorschlägen, wie sie von Mitgliedern des Euromarsch 
Netzwerks diskutiert wurden. Im Juni 2006 findet in Wien ein EU-Gipfel 
statt, und Österreichs Hauptstadt drängt sich aufgrund ihrer Lage im 
Zentrum des Kontinents förmlich für große internationale Demonstrationen 
auf. Deshalb schlagen die Euromarschierer einen europaweiten Sternmarsch in 
die Donaumetropole vor. Inhalt: Gegen die Ausgrenzung der Arbeitslosen, für 
ein bedingungsloses Grundeinkommen, für ein soziales Europa.

Daten und Fakten

Teilnehmer:

3 500 zahlende Gäste haben die Veranstalter gezählt. Der Teilnahmebeitrag 
betrug 50 Euro, ermäßigt 20 Euro.

Veranstaltungen:

Alle Organisationen, die auf der Charta von Porto Alegre stehen, das heißt 
gegen Neoliberalismus und imperialistische Kriege sind, konnten Seminare 
anmelden. Rund 250 davon fanden statt. Hinzu kamen sechs sogenannte 
Themenkonferenzen, an denen meist mehrere hundert Menschen teilnahmen. 
Darüber hinaus: Jede Menge Diskussionen, Vorträge, Theater- und 
Kabarettaufführungen

Internationale Gäste:

Auf den Podien der Themenkonferenzen und als Sprecher in Seminaren saßen 
unter anderem Gäste aus Rußland, Ungarn, Rumänien, Frankreich, Belgien, 
Brasilien und Uruguay.


Abschlußerklärung:

Zum Ende des Forums traf sich die Versammlung der sozialen Bewegungen und 
verabschiedete einen Aktionsplan. Dieser gilt wie üblich nicht als 
Erklärung des ganzen Forums, sondern nur der beteiligten Netzwerke und 
Organisationen. Die Versammlung war allerdings mit rund 1000 Teilnehmern 
sehr gut besucht.

Ausblick:

Das nächste deutsche Sozialforum ist für den Herbst 2007 geplant. Das 
nächste Europäische Sozialforum tagt im Frühjahr 2006 in Athen. Das 
Weltsozialforum wird Ende Januar 2006 dezentral abgehalten, und zwar in 
Caracas, Venezuela, in Karatschi, Pakistan, und in Bamko, Mali. 2007 soll 
es wieder ein zentrales Weltforum geben, und zwar in einem afrikanischen Land.

G-8-Gipfel:

Im Sommer 2007 wird der G-8-Gipfel an der deutschen Ostseeküste in 
Mecklenburg-Vorpommern stattfinden. Die Vorbereitungen für die 
entsprechendem Proteste wurden auf dem Erfurter Forum begonnen.

http://www.jungewelt.de/2005/07-25/012.php

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    Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl, 
Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305    BIC: SKBIAT21XXX




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