[E-rundbrief] Info 159 - T�dliche Uranmunition im Irak-Krieg

Matthias Reichl mareichl at ping.at
Mo Nov 8 14:56:01 CET 2004


E-Rundbrief - Info 159 - Frieder Wagner: Der giftige Staub im Wüstenwind, 
Die tödliche Hinterlassenschaft der Alliierten: Wurde auch im jüngsten 
Irak-Krieg Uranmunition eingesetzt?

Bad Ischl, 8.11.2004

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Vorbemerkung:

Bei der militärischen "Rückeroberung" von Falludja (und anderen irakischen 
Orten) werden - von den Alliierten (USA, Grossbritannien, Italien usw.) mit 
Unterstützung durch die irakische Regierung udn ihrem Militär - mit 
Sicherheit wieder Urangeschoße eingesetzt, wie auch schon in den 
vorangegangenen Kriegen (Irak, Afghanistan, Balkan...)! Die Bewohner dieser 
Länder sind dazu verdammt, sich weiter der tödlichen Strahlung auszusetzen. 
Wer richtet die dafür verantwortlichen Kriegsverbrecher (inkl. 
Regierungsmitglieder)?

Matthias Reichl

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Der giftige Staub im Wüstenwind

Die tödliche Hinterlassenschaft der Alliierten:

Wurde auch im jüngsten Irak-Krieg Uranmunition eingesetzt?

Von Frieder Wagner

Tedd Weyman, der Vizedirektor des Medizinischen Uranforschungsinstituts in 
Toronto, sucht in der irakischen Hauptstadt Bagdad nach Beweisen. Dafür, 
dass die Alliierten auch im jüngsten Irak-Krieg tonnenweise Uranwaffen 
eingesetzt haben. Diese Waffen sind seiner Erfahrung nach verantwortlich 
für das Golfkriegssyndrom, an dem hunderttausende von Soldaten und 
Zivilisten inzwischen erkrankt sind.

An einem alten Stadttor, an dem im April 2003 heftige Panzergefechte 
stattfanden, entnimmt er Bodenproben. Ganz in der Nähe eines Rastplatzes 
schlägt der Geigerzähler heftig aus. Tedd Weyman misst eine Strahlung, die 
100 bis 150 Mal höher ist als normal. »Dieser Wert ist eindeutig zu hoch 
für Menschen, und ein Aufenthalt hier müsste verboten werden«, sagt der 
irakische Arzt, der ihn begleitet. Aber der Aufenthalt an solchen 
verseuchten Orten wird von den Alliierten weder verboten, noch weisen 
Schilder auf die Gefahr hin.

So genannte Urangeschosse haben die alliierten Kampfverbände von 
US-Amerikanern und Briten zum ersten Mal 1991 im Golfkrieg gegen Panzer 
eingesetzt. Der Soldat Kenny Duncan erinnert sich: »Wenn ein Panzer 
getroffen wurde, gab es eine Verzögerung von zwei oder drei Sekunden, und 
dann erst explodierte er.« Duncan reparierte im Irak Panzer. Auch solche, 
die versehentlich von den Uranwaffen der eigenen Armee getroffen worden 
waren. Schutzanzug oder Mundschutz trug er dabei nicht. »Wir haben den 
giftigen Staub über Monate eingeatmet.«

Urangeschosse bestehen aus »abgereichertem Uran«, einem radioaktiven 
Abfallprodukt der Atomindustrie. Seine Lagerung kostet viel Geld. Deshalb 
war die Atomindustrie froh, als sich die Militärs für die preiswerten 
Uranabfälle interessierten. Der Grund: Uran ist eines der schwersten 
Metalle, fast doppelt so schwer wie Blei. »Wenn ein Urangeschoss mit 
höchster Wucht auf eine Panzerung trifft, schweißt es sich wie durch Butter 
hindurch«, erläutert Paul Roth, Medizinphysiker des Instituts für 
Strahlenschutz des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit bei 
München. Dabei verdampft ein Teil des Urans, entzündet sich im Innern des 
Fahrzeugs und verbrennt mit sehr hohen Temperaturen. Die Munition im 
Fahrzeug explodiert, und die Besatzung verglüht.

Das Mineralogische Institut der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in 
Frankfurt am Main bestätigt Tedd Weymans Vermutung: Die Bodenproben, die er 
am Stadttor von Bagdad entnommen hat, sind hochgradig verseucht. »Wir haben 
fast reines abgereichertes Uran gefunden«, berichtet der Geologe Axel 
Gerdes. »Die Gefahr, dass die Leute, die dort leben, es einatmen, ist sehr 
groß  nicht nur am unmittelbaren Kriegsschauplatz, sondern auch in Gebieten 
weiter weg.«

Der deutsche Chemieprofessor Albrecht Schott hat die Gene von britischen 
Veteranen, die am so genannten Golfkriegssyndrom erkrankt sind, untersucht. 
In ihrem Blut fand er auffallend viele genetische Veränderungen. Diese 
Chromosomenbrüche sind ihm zufolge typische Auswirkungen von 
Radioaktivität. Welche Folgen sie haben, zeigt sich bei der Familie des 
Veteranen Kenny Duncan: Seine Frau bekam nach dem Golfkrieg drei Kinder von 
ihm, und alle drei Kinder sind genetisch schwer geschädigt. »Das Uran, das 
Kenny eingeatmet hat, ist bei der Explosion zu so kleinen Partikeln 
verbrannt, dass es im Körper überall hin gelangen konnte, nicht nur zu den 
Lymphozyten, zum Gehirn, zur Leber, auch zum Sperma. Deshalb sind die 
Kinder von Kenny genetisch krank«, erläutert Schott. Und weil die Kinder 
geschädigte Chromosomen haben, werden ihre Kinder ebenfalls mit hoher 
Wahrscheinlichkeit Schäden aufweisen.

Die amerikanische und britische Armeeführung wusste frühzeitig von den 
Gefahren der Uranmunition. Das beweist ein Trainingsvideo, das die Soldaten 
vor dem Einatmen von Uranstaub warnt. Die US-Armee ließ es 1995 herstellen. 
Es entstand nach einem Handbuch, das es schon im Golfkrieg 1991 gab, das 
aber nicht verteilt wurde.

In beiden Golfkriegen war die 500.000-Einwohner-Stadt Basra heiß umkämpft. 
Heute wird sie von der britischen Besatzungsmacht kontrolliert. Im Vorort 
Abu Khasib, wo im jüngsten Irak-Krieg eine heftige Panzerschlacht tobte, 
findet Tedd Weyman dutzende von Panzern, die von Urangeschossen getroffen 
wurden. Bei einigen misst er eine im Vergleich mit der natürlichen 
Strahlung um das 20.000-Fache erhöhte Radioaktivität. Der Geigerzähler gibt 
an diesen besonders stark verstrahlten Stellen einen schrillen Dauerton von 
sich. In der Bedienungsanleitung des Messgeräts heißt es, dass solche Orte 
sofort verlassen werden sollten.

Der Frankfurter Wissenschaftler Axel Gerdes hat außer den Bodenproben auch 
den Urin von neun Soldaten, die aus dem jüngsten Irak-Krieg zurückgekehrt 
sind, auf abgereichertes Uran analysiert. Bei vier von ihnen fand er den 
gefährlichen Stoff. Dieses Ergebnis bezweifelt der Medizinphysiker Paul 
Roth. Er hatte im Auftrag der Bundesregierung 1999 im Kosovo sowohl 
Soldaten untersucht als auch Kinder, die auf kontaminierten Panzern 
gespielt hatten. Auch dort waren von den Alliierten Urangeschosse 
eingesetzt worden. »Wir haben weit über tausend solcher Untersuchungen 
durchgeführt und konnten bei niemandem dort abgereichertes Uran im Urin 
nachweisen«, behauptet er.

Nach wie vor ist umstritten, welche gesundheitlichen Auswirkungen die 
abgereicherte Uranmunition hat. Und ob das Uran im Urin nachweisbar ist 
oder nicht, hängt auch davon ab, wie grob oder wie fein die Messungen sind. 
So kritisiert der Frankfurter Geologe Gerdes, Roth habe nur nach stark 
erhöhten Konzentrationen gesucht. »Wenn sich aber Partikelchen 
abgereicherten Urans beispielsweise in der Lunge festgesetzt haben, werden 
von dort über das Blut auch nur kleinste Teile ausgeschieden. Das heißt, 
man findet auch nur niedrigste Konzentrationen im Urin.« In der Lunge könne 
die Konzentration leicht um das Tausendfache höher sein. Und entsprechend 
stark strahlen. Eine neuere Untersuchung hat inzwischen auch den Skeptiker 
Roth umdenken lassen. Im Laborversuch hat er untersucht, wie sich Partikel 
abgereicherten Urans in simulierter Lungenflüssigkeit verhalten. Das 
Ergebnis nennt er »etwas überraschend«: Während sich ein Drittel des 
Uranmaterials rasch auflöste und ausgeschieden werden konnte, blieben die 
anderen zwei Drittel in der Lunge. »Dort strahlen sie natürlich weiter, und 
die daraus resultierende Strahlendosis ist entsprechend hoch«, urteilt Roth.

Beunruhigend ist zudem, dass in fast allen untersuchten Boden- und 
Urinproben auch das hoch radioaktive Uran 236 in winzigen Mengen 
nachgewiesen werden konnte. Da dieses Isotop in der Natur nicht vorkommt, 
kann es nur aus dem Wiederaufbereitungsprozess der Atomkraftwerke stammen. 
Außerdem wurden Spuren von Plutonium gefunden, dem giftigsten Stoff überhaupt.

In der Kinderklinik von Basra begegnete Tedd Weyman Kindern, die immer 
wieder auf den zerschossenen Panzern gespielt hatten. Viele von ihnen sind 
an Krebs erkrankt. Zehnmal mehr Patienten als vor dem Krieg 1991 litten an 
Krebs, berichtet die Ärztin Jenan Hassan. Und 20-mal mehr Babys kämen mit 
schweren Missbildungen zur Welt.

In den USA haben hunderte von Golfkriegsveteranen, die in den vergangenen 
Jahren schwer missgebildete Kinder bekommen haben, eine Sammelklage 
eingereicht. Sie fordern vom Staat Wiedergutmachung in Milliardenhöhe. 
Sollte diese Klage Erfolg haben  und der Zusammenhang zwischen Uranmunition 
und Chromosomenschäden vom Gericht anerkannt werden , müssen die USA und 
Großbritannien befürchten, dass eine Flut von weiteren Klagen aus der 
ganzen Welt auf sie zukommt.

Für den Chemiker Albrecht Schott sind die schwer wiegenden gesundheitlichen 
Schädigungen durch Uranmunition längst bewiesen: »Unsere Chromosomenstudie 
hat eindeutig belegt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von 
Uranmuni?tion und schweren Krebserkrankungen gibt. Wir haben damit aber 
auch gezeigt, dass die Anwendung von Uranwaffen ein Kriegsverbrechen ist.«

Aus: "Publik-Forum" Nr. 21/2004 v. 5.11.2004

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Matthias Reichl

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