[E-rundbrief] Info 1864 - Manifest zur kritischen Erwachsenenbildung
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Mi Jun 5 11:52:07 CEST 2019
E-Rundbrief Info 1864 - Manifest zur kritischen Erwachsenenbildung.
Bad Ischl, 5.6.2019
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Manifest zur kritischen Erwachsenenbildung
http://kritische-eb.at/wordpress/manifest/
St. Wolfgang, Strobl, Wien und Graz, Mai 2019
Diese Thesen richten sich an alle, die sich „nicht derart regieren
lassen wollen“ und den Auftrag und die Möglichkeit der
Erwachsenenbildung ernst nehmen, zu einer Gesellschaft beizutragen,
die ein gutes Leben für alle ermöglicht.
In den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen bestimmt die
kapitalistische Ökonomie durchgehend das gesellschaftliche Leben.
Markt- und Steigerungslogik sowie Leistungsorientierung durchdringen
alle Lebensbereiche. Wir leben in Zeiten, in denen Regierungen Angst
verbreiten, sich vom globalisierten Kapital abhängig und Menschen zum
Objekt der Wirtschaftsverhältnisse machen. Wir sind mit einem
Schwinden des solidarischen Zusammenhalts und einer Zunahme der
systematischen Aushöhlung humanistischer und sozialer Werte
konfrontiert. Verantwortungen werden individualisiert und zunehmende
Konkurrenzen prägen das soziale Leben und damit auch die Bedingungen
von Bildung, Lernen und Lehren.
Auf Basis der skizzierten Ausgangslage benennen wir unser
Grundverständnis kritischer Erwachsenenbildung:
1. Wir teilen eine Grundhaltung, die die Menschen in den Mittelpunkt
stellt und statt Ausgrenzung und Konkurrenz, gemeinschaftliches Lernen
und Handeln sowie globale Solidarität ermöglicht.
2. Wir stehen für eine Erwachsenenbildung, die der Entfaltung der
kritischen Potenziale aller und der Entwicklung einer solidarischen
Gesellschaft dient.
3. Wir vertreten eine Erwachsenenbildung, die Menschen befähigt, das
eigene Leben und die gesellschaftlichen Verhältnisse bewusst zu gestalten.
4. Wir kämpfen für eine Erwachsenenbildung, die kreative, kulturelle
und politische Bildung vorantreibt und nicht an ökonomischer
Verwertbarkeit ausgerichtet ist.
Im Sinne einer so verstandenen kritischen Erwachsenenbildung
orientieren wir uns an handlungsleitenden Prinzipien:
5. Wir verfolgen die Idee einer Erwachsenenbildung, die Menschen
ermutigt, die Zumutungen gesellschaftlicher Machtverhältnisse zu
erkennen, zu hinterfragen, bewusst Stellung zu nehmen und sich zur
Wehr zu setzen. Dazu braucht es Angebote zur Entwicklung von Selbst-
und Mitbestimmung sowie reflexive und gesellschaftskritische
Bildungsinhalte, die Zusammenhänge offenlegen und global solidarisches
Denken und Handeln stärken.
6. Wir wollen einen Beitrag zu lebendiger Demokratie und gutem Leben
für alle leisten, dazu gehört insbesondere der aktive Einsatz für
gesellschaftlich benachteiligte Menschen und Gruppen. Beispielsweise
sind (selbst-)reflexive Auseinandersetzungen mit
geschlechterhierarchisch und rassistisch begründeten
Machtverhältnissen zentrale Elemente einer kritischen Erwachsenenbildung.
7. Wir treten für eine Verschränkung von Wissenschaft und Praxis ein,
um die Autonomie des Handlungsfeldes Erwachsenenbildung insgesamt zu
sichern und um die notwendige Schlagkraft zur Durchsetzung unserer
Anliegen zu erreichen.
8. Wir gehen davon aus, dass kritische Erwachsenenbildung mit
Unsicherheiten, Diskontinuitäten und Widersprüchen umgehen und diese
aushalten muss. Die darin liegenden Risse und Brüche eröffnen Denk-
und Handlungsräume für notwendige Visionen, Utopien und Alternativen,
die es der Erwachsenenbildung ermöglichen, sich den immer wieder an
die Verhältnisse anpassenden Herrschaftsstrategien zu widersetzen.
Als kritische Erwachsenenbildung beziehen wir Stellung:
9. Wir wehren uns dagegen, uns als verlängerter Arm staatlicher
Repressionen missbrauchen zu lassen. Individueller Bildungserfolg oder
Nicht-Erfolg darf nicht Grundlage von staatlichen Sanktionen sein.
10. Wir wehren uns gegen jede Art des Aushungerns kritischer Bildung,
aktuell insbesondere gegen die finanziellen Kürzungen feministischer
und genderreflektierter Bildungs- und Forschungsarbeit.
11. Wir werden sichtbar und laut sein und einen Anstoß für eine
„Bildungsbewegung“ geben, die der neoliberalen Aushöhlung von
Bildungsinhalten und der Reduktion von Bildung auf eine Ware kraftvoll
entgegensteht.
Wer immer diesem Manifest zustimmen kann und es mittragen möchte, möge
es sich zu eigen machen und verbreiten.
Dieses Manifest wurde im Rahmen der 10. Veranstaltung der Reihe „The
dark side of adult education“ angestoßen und in weiterer Folge in
einer Aktionsgruppe fertig ausformuliert.
St. Wolfgang, Strobl, Wien und Graz, Mai 2019
Weitere Informationen: http://kritische-eb.at/wordpress/kritik/
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
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Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
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