[E-rundbrief] Info 1854 - EU-Kommission - Konflikt mit lokaler Daseinsvorsorge

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Fr Apr 26 18:16:19 CEST 2019


E-Rundbrief Info 1854 - Attac (A): EU-Kommission scheitert bei 
Veto-Recht für die lokale Daseinsvorsorge.

Bad Ischl, 26.4.2019

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

================================================

EU-Kommission scheitert bei Veto-Recht für die lokale Daseinsvorsorge

Attac: ”Eine gute Nachricht für die Demokratie in Europa”

Die EU-Kommission ist mit ihren Plänen gescheitert die 
EU-Dienstleistungsrichtlinie – auch bekannt als Bolkestein-Richtlinie 
- weiter zu verschärfen. Die Pläne sahen vor, dass Länder, Städte und 
Gemeinden neu geplante Dienstleistungsvorschriften in Bereichen wie 
Wasser- und Energieversorgung, Pflegeheime und Kindergärten bis zur 
Stadt- und Regionalplanung bereits vorab von der EU genehmigen lassen 
müssen. Schon lange fordern die Industrielobbys ein entsprehenden 
Veto-Recht der EU-Kommission. Es hätte eine weitere Schwächung der 
Daseinsvorsorge und erheblichen Demokratieabbau zur Folge gehabt. (1) 
"Länder und Kommunen wären zu ausführenden Organen der Kommission 
degradiert und das Subsidiaritätsprinzip komplett ausgehebelt worden. 
Das Scheitern des Vorschlags ist daher eine gute Nachricht für die 
Demokratie in Europa”, erklärt Elisabeth Klatzer von Attac Österreich.

Breiter Widerstand war erfolgreich

Der breite Widerstand von rund 160 zivilgesellschaftlichen 
Organisationen, Gewerkschaften  kommunalen und regionalen Parteien 
sowie BürgermeisterInnen war vorerst erfolgreich. Sie hatten 2018 und 
2019 unter anderem Protestbriefe an den österreichischen und 
rumänischen EU-Vorsitz geschrieben. (2) Auch der österreichische 
Bundesrat, der italienische Senat, sowie beide Kammern des 
französischen und deutschen Parlaments hatten erklärt, dass die Pläne 
gegen das Subsidiaritätsprinzip der EU verstoßen. Die EU-Regierungen 
konnten sich daher vergangene Woche nicht auf eine Verschärfung 
einigen. Somit kann es auch mit EU-Kommission und EU-Parlament in 
dieser Legislaturperiode zu keiner Übereinkunft mehr kommen.

Kommt ein neuer Anlauf nach der EU-Wahl?

Attac warnt jedoch davor, dass die Kommission ihre Pläne nach der 
Europawahl wiederaufnehmen könnte. Denn der Rat hat der Kommission 
bereits den Auftrag gegeben, bis März 2020 neue Vorschläge zur 
Liberalisierung des Dienstleistungssektors vorzulegen. Dies ist eine 
Gelegenheit, die Verschärfung erneut vorzuschlagen. ”Wir hoffen, dass 
die EU-Kommission aus diesem gescheiterten Versuch eine Lehre zieht, 
ihre Kompetenzen auf Kosten der Demokratie auszubauen", erklärt Klatzer.

Auch bestehende Eingriffe in die Daseinsvorsorge müssen zurückgedrängt 
werden

Doch selbst wenn die Verschärfung der EU-Dienstleistungsrichtlinie 
endgültig scheitern sollte, bleibt die hochproblematische Richtlinie 
weiter in Kraft. Um sie durchzusetzen, veranlasste die Kommission 
bereits zahlreiche Vertragsverletzungsverfahren gegen 
Mitgliedsstaaten, die den Spielraum für die Bereitstellung 
öffentlicher Dienstleistungen immer stärker einengen. (3) ”Wir werden 
weiterhin versuchen schädliche Eingriffe der EU in die Daseinsvorsorge 
zurückzudrängen. Kommunen brauchen politischen Spielraum, um im 
Interesse ihrer BürgerInnen handeln zu können”, erklärt Klatzer.

---

(1) Mehr Infos: Die neun wichtigsten Antworten, wie die EU‐Kommission 
versucht, lokale Entscheidungen im Bereich der Daseinsvorsorge 
auszuhebeln: http://bit.ly/2PtAx1t 


Zum Einfluss der Industrielobbys siehe: Veto power to please lobbyists 
– corporations behind Commission power grab over services. 
http://bit.ly/2UUX0Kt


(2) Siehe: http://bit.ly/2UDuuIi


(3) Die Bolkestein-Richtlinie zielt speziell darauf ab, Hindernisse 
der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit aus dem Weg zu 
räumen. Dazu versammelt sie ein ganzes Paket von Verboten, die Bund, 
Ländern und Kommunen beim Schutz der Daseinsvorsorge die Hände fesseln:

• Wirtschaftliche Bedarfstests, um Verdrängungskonkurrenz und 
Lohndumping zu vermeiden (etwa bei Paketdiensten)

• Rechtsformvorschriften, um die Daseinsvorsorge für 
Non-Profit-Unternehmen zu reservieren (z.B. Altenheime)


• Gesetzliche Personalvorgaben, um die Ausbeutung des Personals zu 
verhindern (etwa in Kindergärten oder der Pflege)


• Preisvorschriften für hochwertige und erschwingliche 
Dienstleistungen (z.B. Gebührendeckelungen)


• Genehmigungen für grenzüberschreitende Leistungen, um 
Qualifikationen und Sozialversicherungsbeiträge zu prüfen.

Für mehr Informationen siehe Analyse von Attac Deutschland: 
http://bit.ly/2vnJ9Ny

-- 
David Walch
Pressesprecher Attac Österreich
----------------------------
www.attac.at


-- 

     Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at


Mehr Informationen über die Mailingliste E-rundbrief