[E-rundbrief] Info 637 - 3. Alternativengipfel in Lima/Peru 5/2008
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Di Jan 1 17:16:01 CET 2008
E-Rundbrief - Info 637 - Maria Reichl: Veranstaltungen im
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit, Bad Ischl, Januar 2008:
Erfahrungsaustausch und Übungen zum EFT (mit Maria Reichl); Lesungen und
Diskussionen zu "Die Selbstheilungkräfte der Psyche" und "Der
GottTeufel. Innenansicht einer Psychose" (mit Alfred Hausotter).
Bad Ischl, 1.1.2008
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Aufruf zum 3. Alternativengipfel Enlazando Alternativas in Lima, Peru,
Mai 2008
Zum dritten Mal seit 2004 werden wir in Lima/Peru im Mai 2008 den
Alternativengipfel "Enlazando Alternativas 3" (Alternativen verknüpfen)
durchführen, der von verschiedenen sozialen Bewegungen und
Nichtregierungsorganisationen aus Europa, Lateinamerika und der Karibik
getragen wird. Dieses Treffen begreift sich als ein Gipfeltreffen der
Völker beider Kontinente. Es wird parallel zum fünften Gipfeltreffen der
Staats- und Regierungschefs Lateinamerikas und der Karibik (LAC) und der
Europäischen Union (EU) stattfinden, welches das wichtigste Forum für
die Vertiefung der politischen Beziehungen zwischen den Regierungen
beider Kontinente darstellt. Die aktuellen politischen
Rahmenbedingungen, vor deren Hintergrund diese beiden Aktivitäten
stattfinden, sind zweifellos von herausragender Bedeutung für die
Zukunft der Menschen in unseren beiden Regionen.
In Lateinamerika und der Karibik haben es die sozialen Bewegungen - u.a.
indigene Gemeinschaften, Gewerkschaften, MigrantInnen-, Jugend- und
Frauenorganisationen, afrolateinamerikanische Gemeinden,
UmweltaktivistInnen und viele andere - geschafft, in verschiedenen
Ländern die (schlimmsten) Auswirkungen der in den neunziger Jahren
angewandten Wirtschafts- und Sozialpolitiken zu bremsen. Diese als
Umsetzung des 'Washington Consensus' bekannten so genannten "Reformen"
hatten Krisen, Armut, sowie die Privatisierung und Transnationalisierung
unserer Gesellschaften zur Folge.
In den letzten Jahren haben sich die breitgefächerten sozialen
Bewegungen des lateinamerikanischen Kontinents auf verschiedenste Art
und Weise gefestigt und gestärkt. Gleichzeitig haben sie eine Vielzahl
verschiedener alternativer Erfahrungen gemacht und Projekte
vorangebracht. Beispiele dafür sind die Kämpfe der ländlichen Bewegungen
um Ernährungssouveränität, die der indigenen Bevölkerung um Land und
natürliche Ressourcen, die der ArbeiterInnen für gerechte Löhne und
soziale Rechte, die der Frauen, die Kämpfe gegen Straflosigkeit oder die
der lateinamerikanischen MigrantInnen in den USA um die Anerkennung
ihrer Rechte. Neben weiteren Errungenschaften, hat dies in verschiedenen
Ländern dazu geführt, dass politische VertreterInnen, die in
verschiedenen Ausmaßen mit dem Streben nach einem sozialen Wandel
identifiziert werden, an die Regierung gekommen sind. Demgegenüber ist
der Kampf gegen die Kriminalisierung von sozialen Protesten seitens
einiger Regierungen der Region verstärkt als weiteres Konfliktfeld
hinzugekommen.
In der EU ist die gegenwärtige Situation durch einen Frontalangriff
gegen die Gesamtheit an Rechten und Errungenschaften im
wirtschaftlichen, politischen, sozialen und Umweltbereich geprägt, die
die Bevölkerung des "alten Kontinents" in jahrelangen Kämpfen
durchgesetzt hat.
Speerspitze dieser Offensive ist eine vom Großkapital (den
transnationalen Unternehmen, dem Finanzkapital und den europäischen
Regierungen) verfolgte Strategie, die in einem ersten Schritt im
Verfassungsvertrag der EU - der ja 2005 als Ergebnis der
Volksabstimmungen in Frankreich und Holland verworfen wurde - ihren
Niederschlag gefunden hatte. Heute wird versucht, diese Strategie durch
einen neuen EU-Reformvertrag (`Vertrag über die Arbeitsweise der Union')
und die in der so genannten `Lissabon-Agenda' festgeschriebenen
Orientierungen voranzutreiben.
Auch in dem EU-Strategiepapier "Ein wettbewerbsfähiges Europa in einer
globalen Welt" werden die Zielsetzungen und Ausrichtungen einer neuen
EU-Handelsstrategie deutlich benannt: zur Stärkung der globalen
Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Konzerne wird in Verbindung mit
einer Binnenmarktoffensive auf eine agressive Außenhandelspolitik
gesetzt - auf Kosten der Bevölkerung und der Umwelt in Europa und im
Globalen Süden.
Dieser Offensive setzen die sozialen Bewegungen und Organisationen
verschiedenste Widerstandsformen entgegen. Beispiele dafür sind der
Widerstand gegen die Bolkestein-Richtlinie, die eine besondere Gefahr
für öffentliche Dienstleistungen und Arbeitsrechte darstellt, die Kämpfe
gegen den Krieg, gegen den wachsenden Militarismus, gegen die Festung
Europa, die ImmigrantInnen die Türe verschliesst oder gegen den
Klimawandel. Besonders genannt werden müssen an dieser Stelle auch die
Demonstrationen gegen die zunehmende Prekarisierung der Arbeitswelt und
die Politik der sozialen Ausgrenzung in ganz Europa.
Wir alle in Europa, Lateinamerika und der Karibik sind von den
Auswirkungen des so genannten globalen Kapitalismus betroffen. Dieser
findet insbesondere in den vielen Abkommen zur Liberalisierung des
Handels und von Investitionen seinen Ausdruck -- Instrumente, die der
Festigung und Vertiefung der Privilegien des Kapitals gegenüber den
Rechten der Bevölkerung dienen. Das Europa des Kapitals und seine
Regierungen verfolgen hiermit eine Politik der 'reconquista'
(Wiedereroberung) Lateinamerikas, genau zwei Jahrhunderte nach dem
Beginn der lateinamerikanischen Unabhängigkeitskriege.
Unter dem beschönigenden Titel "Assoziationsabkommen über Wirtschaft und
Zusammenarbeit" verhandelt die EU gegenwärtig neue Freihandels- und
Investitionsschutzabkommen mit der Andengemeinschaft, mit Zentralamerika
und mit der Karibik. Gleichzeitig möchte sie die diesbezüglichen
Verhandlungen mit dem Mercosur wieder aufnehmen. Wie mit den bereits
abgeschlossenen Abkommen mit Mexiko und Chile praktiziert, will die EU
auf diese Weise die Vormachtsstellung ihrer transnationalen Unternehmen
in der Region ausweiten.
Angesichts dessen setzen wir, wie schon in Guadalajara, Mexiko (2004),
und Wien, Österreich (2006), auf neue solidarische Bündnisse zwischen
den Menschen in Lateinamerika und der Karibik und in Europa. Wir wollen
einen gemeinsamen Raum des politischen Austausches und der Mobilisierung
beider Regionen aufbauen und vertiefen, der die gegenwärtigen Kämpfe und
alternativen Ansätze verbindet, gleichzeitig die soziale Unzufriedenheit
sichtbar macht und damit öffentlichen Druck von Unten schafft. Wir
verbinden die Kraft unseres Widerstandes mit der anderer Bewegungen, die
versuchen, die neoliberale Politik, die in beiden Kontinenten angewandt
wird, abzuschaffen.
Wir schlagen vor, eine Agenda aus gemeinsamen Projekten und Alternativen
zu formulieren, die die besten Vorschläge der sozialen Bewegungen
aufnimmt. Wir setzen auf eine hohe Beteiligung der Bevölkerung bei der
Verbreitung und Diskussion der Themenbereiche, die der offizielle Gipfel
ansprechen wird, um diesem eine kritische Stimme entgegenzusetzen.
Im Mai 2008 wird es in Lima nicht nur viel Raum für eine kritische
Analyse der Beziehungen zwischen Lateinamerika und der EU,
einschließlich der Assoziationsabkommen, des Verhaltens multinationaler
Konzerne, des Militarismus und der Kriminalisierung von sozialen
Bewegungen in beiden Kontinenten geben. Darüber hinaus wird gleichzeitig
ein Tribunal durchgeführt werden, um das Machtsystem der europäischen
transnationalen Konzerne in Lateinamerika und der Karibik, sowie in
Europa selbst, zu analysieren, anzuklagen und zu verurteilen.
Die untenstehenden OrganisatorInnen des Alternativengipfels 'Enlazando
Alternativas 3' laden alle Mitglieder sozialer Netze und Bewegungen ein,
nach Lima zu kommen, um dort aktiv und solidarisch an den Diskussionen
über eine neue Form einer transatlantischen Allianz, die auf den
Menschenrechten, dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, der
partizipativen Demokratie, der sozialen Gerechtigkeit und dem Frieden
basiert, teilzunehmen.
Infos:
Christian Russau
FDCL-Projektkoordination
tel.: ++49 - (0)30 - 693 40 29
fax.: ++49 - (0)30 - 692 65 90
info[at]fdcl-berlin.de oder info[at]fdcl.org
www.fdcl-berlin.de oder www.fdcl.org
FDCL - Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V.
Gneisenaustr.2a * Im Mehringhof * D-10961 Berlin
--
Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
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