[E-rundbrief] Info 363 - RB 120 - Alternativen zum oder im EUropa

Matthias Reichl mareichl at ping.at
Sa Mär 4 15:54:06 CET 2006


E-Rundbrief - Info 363:  Matthias Reichl: Alternativen zum oder im EUropa, 
EU-Ministerkonferenzen in Bad Ischl, Salzburg, Bregenz; Netzwerk gegen ein 
EUropa der Konzerne und Militärs: Positionspapier zum Treffen der 
EU-AußenministerInnen 10. - 11. März 06 in Salzburg; Vaclav Havel (CZ) über 
ausländische Investoren.

Bad Ischl, 4.3.2006

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Alternativen zum oder im EUropa

In meiner Einleitung (Info 362) habe ich unser Engagement für alternative, 
gewaltfreie Informations- und Protestaktionen begründet. Bei zwei Anlässen 
sind wir direkt beteiligt. Über weitere Initiativen an anderen Orten 
informieren wir in den Veranstaltungshinweisen im Info 359. Die Liste der 
EU-Ministertreffen findet ihr im Info 336.

EU-Jugendminister vom 29. - 31.3.06 in Bad Ischl

In der "Sonntags-Rundschau" vom 26.2.06 wird berichtet, dass als einziger 
"Jugendvertreter" der österreichischen Bundesjugendvertretung Mario Lindner 
- Jugendsekretär im Österr. Gewerkschaftsbund - (neben 115 Delegierten aus 
EU-Ländern, den Beitrittskandidaten und auch Island, Liechtenstein, 
Norwegen u. Schweiz) zur EU-Konferenz eingeladen ist. Auf Wunsch der 
Sozialministerin Haubners dürfen auch einige Ischler Jugendliche am Rande 
mit dabei sein. Übrigens berichtet die oben genannte Zeitung auch über die 
prekäre Beschäftigungssituation in unserer Region und dass in einer Umfrage 
62% der Jugendlichen keine berufliche Zukunft in dieser Region sehen.

Der EU-Rat im März wird den europäischen Pakt für mehr Wachstum und 
Beschäftigung um einen Jugendpakt ergänzen. Mit 19 Prozent ist die 
Jugendarbeitslosenrate derzeit in Europa doppelt so hoch wie die 
durchschnittliche Arbeitslosenrate.

Das Motto lautet: "Jugend kann nicht warten - Youth can't wait!". Die 
Forderungen der Jugendvertreter konzentrieren sich auf drei Kernbereiche in 
der europäischen Jugendpolitik: "Arbeit, Bildung und Mitbestimmung in der 
Politik". Eine Studie des Österr. Instituts für Jugendforschung trägt den 
Titel "Die Jugend ist die Zukunft Europas - aber bitte noch nicht jetzt".

Die Schwerpunkte der jugendbewegten - außerparteilichen - Engagierten sind 
bekannt: "gegen Krieg und Bildungsabbau, für Umweltschutz". Doch diese 
Themen scheinen in der EU-Jugend-Konferenz nicht auf. So müssen eben wir am 
Freitag, 30. März im Stadtzentrum von Bad Ischl nachmittags außerhalb 
dieses illustren Treffens umso nachdrücklicher darauf hinweisen, welche 
politischen Entscheidungen und Prozesse in den EU-Gremien diese 
Grundbedürfnisse von jung und alt gefährden. Der bekannte Wiener 
Schauspieler und Regisseur Hubert Kramar will dazu eine "Brandrede" beisteuern.

Weitere Informationen dazu im Begegnungszentrum, Tel. 06132-24590, 
www.begegnungszentrum.at

EU-Außenminister am 10. und 11.März in Salzburg

Über die Details der alternativen Veranstaltungen zwischen 3. und 11.3. 
informieren wir im Info 359. Das Salzburger "Netzwerk gegen ein EUropa der 
Konzerne und Militärs" - in dem auch wir mitarbeiten - hat dazu ein 
Grundsatzpapier erarbeitet.

Positionspapier zum Treffen der EU-AußenministerInnen 10. - 11. März 06 in 
Salzburg

Aus Anlass der österreichischen EU-Präsidentschaft haben sich mehr als 20 
Nicht-Regierungs-Organisationen in Salzburg zu einem Netzwerk gegen ein 
EUropa der Konzerne und Militärs zusammengeschlossen.

Die Mitglieder dieses Netzwerks stehen der Außenpolitik der Europäischen 
Union kritisch gegenüber. Diese besteht nicht aus einer aktiven globalen 
Friedens- und Entwicklungspolitik, sondern manifestiert sich in einer 
zunehmend aggressiven Einflussnahme rund um den Globus, um der Wirtschaft 
Märkte zu sichern und zu erschließen. Gleichzeitig rüstet die EU massiv auf.
Außenwirtschaftspolitik

Die im Jahr 2000 beschlossene "Lissabon-Strategie" will die EU "bis 2010 
zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum 
der Welt" machen. Was in keiner nationalen Verfassung bisher 
festgeschrieben wurde, nämlich die Wirtschaftsform einer Region, ist im 
EU-Verfassungsvertrag festgelegt. So geht schon aus Artikel I-3 (2) das 
neoliberale Credo hervor: "Die Union bietet ihren Bürgerinnen und Bürgern 
... einen Binnenmarkt mit freiem und unverfälschtem Wettbewerb." Artikel 
III-292 (2)e) verlangt: "die Integration aller Länder in die Weltwirtschaft 
zu fördern, unter anderem durch den schrittweisen Abbau internationaler 
Handelshemmnisse".

Damit wird die bisherige EU-Politik festgeschrieben, welche den Konzernen, 
landwirtschaftlichen Großbetrieben und Investmentfonds den ganzen Globus 
als so genannten "offenen Markt" zur Profitmaximierung zur Verfügung stellt.

Dies hat verheerende Folgen für die Arbeits- und Lebensverhältnisse der 
großen Mehrheit der Bevölkerung, und zwar nicht nur in 
"Entwicklungsländern"  auch in den "Industrienationen". Existenzgrundlagen 
wie Arbeitsplätze, Gesundheits- und Bildungswesen und die Umwelt werden in 
großem Maße gefährdet und vernichtet. Aufgrund dieser EU-Politik wächst 
weltweit die Kluft zwischen Arm und Reich; besonders Frauen leiden unter 
einer steigenden Verarmung.

"Verteidigungspolitik"

Das Wirtschaftsmodell der EU, in der nur ein kleiner Teil der 
Weltbevölkerung lebt, basiert auf einer überproportionalen Aneignung und 
Ausbeutung der globalen Ressourcen. Dabei ist die Beherrschung der Politik 
durch die Wirtschaft das entscheidende Problem, denn sie schwächt die 
demokratischen Mitbestimmungsmöglichkeiten der Menschen.

Die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) dient der militärischen 
Absicherung der ökonomischen Interessen der EU. Zur Sicherung von 
Ressourcen für die Produktion, vor allem strategischer Rohstoffe wie Erdöl, 
als auch zum Schutz der bestehenden und neuen Märkte wird bis zur vollen 
Kriegsbefähigung aufgerüstet. Die Instrumentarien der GASP/GSVP (Gemeinsame 
Sicherheits- und Verteidigungspolitik) sind die hoch dotierte 
Rüstungsagentur sowie die sich im Aufbau befindende EU-Armee - deren 
vorderste Front die Schlachtgruppen (battle-groups) bilden  welche bis 2010 
ihr Leitziel (headline goal), nämlich die weltweite Kriegstauglichkeit 
erreicht haben soll.

Entwicklungspolitik

Entwicklungspolitik ist in ihrer Verknüpfung mit dem Außenhandel zu sehen. 
Folgende Aufgabe wäre zu erfüllen: "Es kommt nicht darauf an, den Menschen 
der Dritten Welt mehr zu geben, sondern ihnen weniger zu stehlen." (Jean 
Ziegler)

Die derzeitige Entwicklungspolitik ist aber der Außen- und 
Sicherheitspolitik untergeordnet. Marktliberalisierung, günstiges 
Investitionsklima für transnationale Konzerne, wirtschaftliche 
"Partnerschafts"-Verträge, Abschaffung der Einfuhrzölle usw. Der Umgang mit 
der Verschuldung wird im Sinne der neoliberalen Bedingungen von 
Welthandelsorganisation und Weltbank abgewickelt, was den ‚armen' Ländern 
oft jede Entscheidungsfreiheit nimmt und die betroffenen Menschen immer 
mehr in die Armut treibt.

Insbesonders Frauen werden durch die globalisierte Konkurrenzwirtschaft 
massiv benachteiligt und sind in ihren Lebensgrundlagen bedroht. 
Ursprüngliche Wirtschaftsformen (Subsistenzwirtschaft, Gemeinschaftsbesitz, 
Solidarökonomien) werden zerstört.
Forderungen an die EU-AußenministerInnen

Wir fordern eine Politik der globalen Solidarität.

Darunter verstehen wir eine EUropapolitik, die zur Verbesserung der 
Arbeits- und Lebensverhältnisse der bisher benachteiligten Mehrheit der 
(Welt-)Bevölkerung führt.

Dazu gehören: Friedenspolitik, die auf Dialog, gewaltfreier Konfliktlösung 
und der Entmilitarisierung der Internationalen Beziehungen basiert.

Die EUropäische Entwicklungspolitik darf nicht, wie im "Europäischen 
Konsens" im November 2005 beschlossen, der Außen- und Wirtschaftspolitik 
untergeordnet werden, sondern muss diese vielmehr bestimmen, um das oberste 
Ziel, die Armutsbekämpfung zu erfüllen. Ein wesentlicher Schritt dazu ist 
ein wirkungsvoller Schuldenerlaß.

Die EU soll an einer Spirale der Abrüstung drehen und friedliche Lösungen 
für den Globus entwickeln. Statt einer Rüstungsagentur fordern wir eine 
Friedensagentur.

Wir fordern auch eine Menschenrechtsagentur, die dafür Sorge trägt, dass 
Menschenrechtsverletzungen in Europa und weltweit zurückgedrängt werden.

Wir stellen der herrschenden Praxis des Neoliberalismus und den Interessen 
des militärisch-industriellen Komplexes menschenwürdige Alternativen entgegen.

Wir wollen kein EUropa der Konzerne und Militärs!

Wir wollen ein EUropa des Friedens, der globalen Solidarität und der 
Menschenrechte!

Salzburger "Netzwerk gegen ein EUropa der Konzerne und Militärs", 
www.netzwerkEUkritik.at.

Weitere Texte zur EU-Politik u.a. von Werkstatt Frieden & Solidarität Linz, 
www.werkstatt.or.at  und GewerkschafterInnen gegen Atomenergie und Krieg, 
Schlüsselg. 11/34, 1040 Wien.


EU-Verkehrsminister-Konferenz in Bregenz (Vorarlberg) v. 2. - 3.3.06

GLOBAL 2000 hängt Stopp-Schild für LKW auf Tagungsgebäude - 
Sicherheitsverbesserungen für die Opfer abseits der Straße gefordert  Neue 
Tagesordnung überreicht

Bregenz (2.3.2006). Die österreichische Umweltorganisation GLOBAL 2000 
kritisiert anlässlich des heute beginnenden Verkehrsministerrats die 
Verkehrspolitik der EU und überreicht den EU-Verkehrsministern eine 
ökologisch und gesundheitsorientierte Tagesordnung für das Gipfeltreffen. 
"Die EU-Verkehrspolitik steckt in der Sackgasse und weiß keinen Ausweg aus 
der zunehmende Belastung der Umwelt und Gesundheit durch den 
Straßenverkehr. Es ist bezeichnend, wenn die Verkehrsminister jetzt über 
Sicherheitsverbesserungen auf der Straße streiten, aber für die Opfer 
abseits der Straße keinen Finger rühren. Deshalb fordern wir mit unserer 
Aktion, dass die negativen Umwelteffekte des Straßenverkehrs umgehend auf 
die Tagesordnung des EU-Gipfels gesetzt werden".

GLOBAL 2000 hat das Tagungsgebäude mit Kletterern bestiegen und mit einem 
40 Quadratmeter großen Stopp-Schild für LKW versehen. Die Aktion wurde 
mittlerweile von der Polizei gewaltfrei beendet.

aus: www.global2000.at

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Vaclav Havel über ausländische Investoren.

Der frühere tschechische Präsident Vaclav Havel hat auf dem "Forum für 
junge Eliten" in Prag die "fieberhafte Jagd" der mitteleuropäischen Länder 
auf Investoren kritisiert. "Unsere Städte sind umzingelt von 
Gewerbegebieten, die wir den Ausländern wie eine Prostituierte anbieten. 
Wenn der Investor dann nach fünf Jahren wegen niedrigerer Löhne nach 
Pakistan zieht, ist kein Feld mehr übrig, keine Wiese, kein Wald, kein 
Dorf, keine Stadt. Als Erbe unserer Kurzsichtigkeit bleibt dort nur ein 
postmodernes Nichts."

Zeitung "Pravo", Prag, www.pravo.cz

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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl, 
Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305    BIC: SKBIAT21XXX




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