[E-rundbrief] Info 254 - Treffen Alternativer Nobelpreistraeger

Matthias Reichl mareichl at ping.at
Di Jul 12 20:53:28 CEST 2005


E-Rundbrief - Info 254 - Right Livelihood Foundation: Tagung der 
Alternativ-Nobelpreisträger beendet. Matthias Reichl: Erfahrungen bei dem 
Treffen "25 Jahre Alternativer Nobelpreis" vom 8. - 13.6.2005 in Salzburg. 
Resolutionen, Initiativen, Petitionen, Unterschriftenlisten (in Deutsch und 
Englisch).

Bad Ischl, 12.7.2005

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Tagung der Alternativ-Nobelpreisträger beendet
Resolutionen, Initiativen, Petitionen, Unterschriftenlisten

Pressemeldung der Right Livelihood Foundation vom 13. Juni 2005

Der letzte Tag des Salzburger Treffens von 75 Trägern des Right Livelihood 
Award, bekannt als Alternativer Nobelpreis, war geprägt von 
Arbeitssitzungen, Gesprächen, Erfahrungsaustausch und Beschlüssen. Als 
konkrete Ergebnisse der Arbeitssitzungen lagen nach Abschluss mehrere 
Aufrufe und Unterschriftslisten vor, mit denen sich die 
Alternativ-Nobelpreisträger an die Weltöffentlichkeit, aber auch an 
konkrete Personen, Staatsmänner, Staaten oder Organisationen etc. richten. 
Die Anliegen machen mitunter deutlich, warum der Right Livelihood Award 
u.a. seinen internationalen Stellenwert auch als Preis für persönliche 
Courage hat.

(Resolutionen, Initiativen, Petitionen, Unterschriftenlisten - in Deutsch 
und Englisch - siehe weiter unten!)

Jakob von Uexküll dankte im Plenum den anwesenden Preisträgern des Right 
Livelihood Award für ihren "Enthusiasmus", den sie bei der Arbeit vorlegt 
hatten. Es sei ihm bestätigt worden, dass der Right Livelihood Award in den 
25 Jahren seines Bestehens der "weltbekannteste Preis für persönliche 
Courage und soziale Transformation" geworden sei. Uexküll prangerte an, 
dass die Erde "perversen Ideologien" ausgeliefert sei, dass angeblich 
Wirtschaftsregeln "wie in Stein gehauen" zu gelten haben. Aber: 
Wirtschaftsregeln sind keine Naturgesetze, so der Gründer des Alternativen 
Nobelpreises.

Kontakt:
Ole von Uexküll
RIGHT LIVELIHOOD AWARD FOUNDATION
PO Box 15072, 104 65 Stockholm, Sweden
Phone: +46 8 702 03 37, Fax: +46 8 702 03 38
ole at rightlivelihood.org
http://www.rightlivelihood.org

Presse-Informationen aus Salzburg auch in: www.rla2005.org

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Erfahrungen bei dem Treffen "25 Jahre Alternativer Nobelpreis" vom 8. - 
13.6.2005 in Salzburg:

Matthias Reichl

Um die unten angehängten Appelle auch für interessierte Initiativen und 
Einzelpersonen zu öffnen, hatten wir bei dem Salzburger Treffen einige 
Initiatoren unter den Alternativen Nobelpreisträgern gebeten, uns geeignete 
Versionen ihrer Texte zu senden (siehe unten). Bis jetzt sind bei uns keine 
eingelangt. Wir werden uns weiter darum bemühen. Leider werden in der 
Dokumentation der Right Livelihood Foundation 
(www.rightlivelihood.org/salzburg2005/finaldeclaration.html) keine 
Kontaktadressen angeführt. Nur bei den Preisträgerporträts ist meistens 
deren Adresse und Homepage vermerkt.

Eine separate Initiative des spanischen Preisträgers Juan Garcés gegen die 
Rufmordkampagne an Salvador Allende haben wir im E-Rundbrief Info 253 
dokumentiert.

Über die vielen öffentlichen Veranstaltungen bei dem "Tag der Begegnung" am 
10.6. gibt es nur teilweise Berichte von den lokal/ regionalen 
Organisatoren. Wichtig - auch für uns - waren die Kontakte und fallweise 
auch Kooperationen, die bei dieser Gelegenheit geknüpft bzw. weiter 
entwickelt wurden. Einige der Projekte - darunter eines von Lara 
Lutzenberger in Porto Alegre (Brasilien) - werden wir in weiteren Infos 
dokumentieren.

Die Plenumsberichte über die öffentlichen Arbeitskreise am 11.6. zeigten, 
dass die meisten Themen zu breit angelegt waren, um sie in den wenigen 
Stunden befriedigend zu diskutieren und um auch konkrete Aktionen daraus zu 
entwickeln. So hatte z.B. Pat Mooney im Arbeitskreis "Naturschutz und 
biologische Vielfalt" nur jeweils 5 Minuten Zeit um die aktuellen Probleme 
mit Gentechnik und Nanotechnologie zu erläutern. Er versprach übrigens, bei 
nächster Gelegenheit in Salzburg darüber einen längeren Vortrag zu halten. 
Im Plenum erwähnte die berichtende Moderatorin "Gentechnik" überhaupt nicht 
und andere heiße Probleme nur vage. Wenigstens nützte der österreichische 
Umweltexperte Bernd Lötsch bei seinem Arbeitsgruppenbericht "Nachhaltiges 
Leben" gekonnt die Gelegenheit, um unsere Erfahrungen und Kampagnen mit 
jenen aus anderen Kontinenten zu verknüpfen.

Trotz der über 70 anwesenden Preisträger war doch das Fehlen bekannter 
Experten und Basisaktivisten wie Vandana Shiva, Wangari Matthai, Walden 
Bello, Bill Mollison, Wes Jackson, Hermann Scheer, Johan Galtung und 
anderer spürbar.

Jenen von euch, die mich am 8.6. abends im Bericht des ORF Fernsehens 
gesehen haben liefere ich die Erklärung dafür. Mit dem Inder Sunderlal 
Bahuguna, Vater der "Chipko-Bewegung" zum Schutz der Bäume und 
Staudammgegner bin ich seit dem - von uns mitorganisierten - Treffen von 
1999 befreundet. Bei der Eröffnungspressekonferenz setzte er sich zu mir 
und nützte die Gelegenheit für ein Gespräch über unsere Aktivitäten. Der 
Anblick der zwei bärtigen Männer war offenbar für Kameraleute und 
Fotografen so reizvoll, dass sie uns ins Bild rückten. Die Folge war, dass 
mich viele Leute interessiert darauf ansprachen. Einige der Salzburger 
Organisatoren reagierten eher verärgert, offenbar weil sie im Bericht nicht 
sichtbar waren.

Jene, die sich erhofft hatten, mit der "Schirmherrin" der Konferenz, der 
EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner Lobbyinggespräche zu führen, wurden 
enttäuscht. Sie und ihr Team musste sich wegen des "Nein" der Franzosen und 
Niederländer zur EU-Verfassung in Krisensitzungen um Schadensbegrenzung 
bemühen. Für viele der Basisbewegten waren sowieso die Vernetzungen der 
"Davids" gegen die "Goliaths" wichtiger als die x-ten Reformgespräche mit 
den Mächtigen. Entsprechend wenig hielten sie davon, das Treffen vorwiegend 
zur Repräsentation, zum Lobbying und zum gemütlichen Beisammensein zu nützen.

Jakob von Uexküll, der Initiator des "Right Livelihood Award" 
("Alternativer Nobelpreis") hat zwar auch sehr Kritisches über die 
herrschenden Verhältnisse gesagt (siehe oben), hofft aber andererseits mit 
seinem - in Aufbau begriffenen - "Weltzukunftsrat" eine einflußreiche 
internationale Lobby für alternative Modelle und Strategien zu schaffen. 
Demnächst will er mit Salzburger Politikern darüber verhandeln, dass in 
Salzburg die Sektion "Kultur" etabliert wird.

Kaum waren die Preisträger abgereist, hatten die Politiker aus Stadt und 
Land Salzburg Leopold Kohrs Maxime "Klein sein oder nicht sein" (entschärft 
heißt das "Small is beautiful") vergessen. Sie ignorierten die 62% der 
Stimmbürger in der Stadt Salzburg, die aus verschiedenen stichhaltigen 
Gründen "Nein" zur geplanten Winterolympiade 2014 sagten. Allein in der 
Vorbereitung zur Bewerbung wurden und werden Millionen Euro verschwendet, 
die zunehmend bei den Subventionen für Basisinitiativen sowie sozialen und 
anderen Organisationen fehlen. Sollte die Olympiade - wie in anderen 
Austragungsorten - mit einem Defizit von hunderte Millionen Euro enden, 
hätten nicht nur in Salzburg sondern wegen der Ausfallshaftung Steuerzahler 
in ganz Österreich die Folgen zu tragen.

Gerade jene, die bei dem "Tag der Begegnung" von Politikern als modellhaft 
präsentiert wurden und werden damit in ihrer Existenz gefährdet. Die 
Solidarität im Kampf für das Überleben, aber auch dafür, dass noch genügend 
Energien frei werden, um eine gemeinschaftliche Kultur zu entwickeln und zu 
leben, wurde auch durch dieses Treffen erneuert und gefestigt.

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Resolutionen, Initiativen, Petitionen, Unterschriftenlisten

Einstimmig angenommen wurden vom Plenum der Alternativen Nobelpreisträger 
zwei Petitionen:

1. Bestrafung der Schuldigen am Tode Munirs: Die Preisträger des Right 
Livelihood Award unterzeichneten einen Brief an den Staatspräsidenten von 
Indonesien, in dem die Regierung von Indonesien aufgefordert wird, die von 
einer unabhängigen Kommission festgestellte Verschwörung von Geheimdienst 
und Fluglinie, die zum Tode des Alternativ-Nobelpreisträgers Munir am 7. 
September 2004 auf dem Flug von Djakarta nach Amsterdam führte, aufzudecken 
und die Schuldigen zu bestrafen.

2. Mayors for Peace: Der Bürgermeister von Salzburg, Heinz Schaden, wird 
aufgefordert, dem internationalen Netzwerk "Mayors for Peace" beizutreten. 
Diesem Netzwerk gegen Nuklearwaffen und für Abrüstung stehen die 
Bürgermeister von Nagasaki und Hiroshima als Präsidenten vor, unterstützt 
wird das Netzwerk u.a. durch die Bürgermeister von London, Berlin und Wien 
sowie weiteren rund 1.000 Bürgermeistern in aller Welt.

Sechzehn weitere Aktionen drücken die Sorge der Alternativen 
Nobelpreisträger um Menschenrechte und Umwelt aus. Sie wurden jeweils von 
einer großen Zahl von Preisträgern unterzeichnet und unterstützt.

3. Weltkoalition gegen Folterer: Eine Arbeitsgruppe von Preisträgern aus 
neun Ländern hat jeweils konkrete Fälle von Folterungen aus ihren Ländern 
gesammelt. Diese konkreten Fälle  Stichwort "Internationale 
Schurkengalerie"  sollen verfolgt werden und  die Folterer bestraft werden, 
seien es politische Machthaber oder Auftraggeber. International soll sich 
eine Koalition zum Kampf gegen Folterer bilden.

4. Gegen Folter durch die USA: Bianca Jagger, Alternativ-Nobelpreisträgerin 
2004, kämpft mit einer Unterschriftenaktion auf der Seite von Amnesty 
International gegen Folter in Guantanamo, Irak, Afghanistan und an anderen 
Orten. Amnesty International und die Alternativ-Preisträger stellen sich 
mit einer 12-Punkte-Forderung "gegen Folter durch die USA".

5. Verhinderung von Kriegen: Die Arbeitsgruppe zur "Verhinderung von 
Kriegen" stellte die von den Preisträgern unterstützte Forderung auf nach 
Abzug der Besatzungs-Armeen aus dem Irak. Gleichzeitig wird gefordert, auf 
Angriffe auf die Staaten Nordkorea und den Iran zu verzichten.

6. Frauen in Konflikten: Frauen seien nicht nur Opfer in Kriegen, sondern 
die wichtigsten gesellschaftlichen Kräfte beim Wiederaufbau von Demokratie 
und Frieden. Eine Initiative zur Hilfe für Frauen in Konflikten, ausgehend 
von der Arbeitsgruppe, will in Krisenregionen aktiv werden.

7. Das Völkerrecht muss für alle gleich gelten: Die 
Alternativ-Nobelpreisträger unterstützen die Forderung, dass das 
Völkerrecht für alle ungeteilt gelten muss und verlangen, dass Verbrecher 
gegen das Völkerrecht verfolgt und belangt werden. Namentlich genannt 
werden Georg W. Bush, Tony Blair, Ariel Sharon und Wladimir Putin.

8. UN-Sondersitzung zum Atomwaffen-Sperrvertrag: Die Preisträger fordern 
eine Sondersitzung der Generalversammlung der UNO nach dem Scheitern der 
Review-Konferenz in New York.

9. Internationales Gericht 20 Jahre nach Tschernobyl: Zwei Jahrzehnte nach 
der Reaktorkatastrophe soll nach Vorbild der Nürnberger Prozesse ein 
Internationales Gericht die Verantwortlichen einem Urteil zuführen.

10. Ratifizieren der ILO-Konvention zum Schutz indigener Völker: Bisher 
haben nur die Niederlande und Norwegen die Konvention 169 der 
"International Labour Organisation" zum Schutz indigener Völker 
ratifiziert. Die Preisträger fordern alle Staaten zur Ratifizierung auf.

11. Förderung der Armen und ihrer politischen Mitsprache: Von indischen 
Trägern des Right Livelihood Award geht die Initiative aus, die arme 
Bevölkerung in Entwicklungsländern gezielt zu fördern und ihr zu 
politischer Mitsprache zu verhelfen.

12. Von global zu lokal: Die lokale Selbstorganisation, lokales Wissen und 
Produktionssysteme sollen gestärkt werden zur Unabhängigkeit von der 
zentralisierten Macht und Konzernen.

13. Solidarität mit der Bevölkerung von Plachimada: Unterstützung der 
Bevölkerung in der indischen Region im Kampf gegen die Errichtung einer 
Coca-Cola-Fabrik, welche die Trinkwasserreserven der Region bedroht oder 
gar zerstört.

14. Ölkonzerne müssen sich an internationale Standards halten: Ein Aufruf 
richtet sich an die internationalen Ölkonzerne, sich in Dritte-Welt-Ländern 
an internationale Standards zu halten.

15. Von Bauer zu Bauer: "Farmer to Farmer" soll ein Netzwerk bilden von 
erfolgreichen Modellen biologischer Landwirtschaft, die bereits auf Kuba, 
in Ägypten, Indien, Malaysia und Kanada bestehen. Detail am Rande: Die 
Namensgebung "Farmer to Farmer" wurde in Salzburg inspiriert von der 
Organisation "Bauern helfen Bauern" von Doraja Eberle.

16. Erstes kontinentales Netzwerk: Die Träger des Alternativ-Nobelpreises 
aus Südamerika beschlossen auf der Konferenz in Salzburg, ein kontinentales 
Netzwerk zu schaffen und so die Zusammenarbeit aller RLA-Preisträger 
Lateinamerikas zu ermöglichen und zu fördern.

17. Initiative für religiöse Toleranz: Religion soll eine Quelle für 
Gerechtigkeit und Frieden sein und nicht eine Quelle für Konflikte und 
Kriege. In diesem Sinn soll die neue Initiative wirksam werden.

18. Gegen Goldabbau und Waldrodungen auf Gebieten indigener Völker: An die 
Staaten Chile und Argentinien wird appelliert, den Goldabbau und die 
Waldrodungen auf den Gebieten indigener Bevölkerung sofort einzustellen und 
zu verbieten.

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Joint initiatives

The Right Livelihood Award recipients developed joint initiatives at the 
conference. The following two letters were adopted by consensus by all 
recipients:

1 Letter to the President of Indonesia demanding to bring the murderers of 
RLA recipient Munir to justice

2a Letter calling upon the Mayor of Salzburg to join the "Mayors for Peace"
2b Letter calling upon the mayors of the world to join the "Mayors for Peace"

The following initiatives were developed by groups of recipients and 
supported by many recipients with their signatures. For detailed lists of 
signatories, please contact the RLA Foundation.

3 World Coalition against Torturers

4 Support for Amnesty International recommendations opposing US Government 
use of torture

5 The prevention of war

6 Peace and security for all

7 Joint declaration on the impartial use of international law

8 Statement on the failure of the 2005 Non-Proliferation Treaty Review 
Conference

9 Big Lie. Chernobyl 20 years later

10 Public campaign for tribal peoples' rights

11 New concepts of labour and economy

12 Global-to-Local initiative

13 Solidarity with the people of Plachimada against Coca-Cola

14 A call on multinational oil companies to adopt international standards 
in oil exploration in Third World countries

15 The RLA laureates' Farmer-to-Farmer-Network

16 Declaration of the recipients from Latin America and the Caribbean

17 Joint initiative for peace between religions

18 Declaration against the Barrick Gold mining complex of Pascua Lama-Veladero

19 Demand to the company Mocona Forestal to stop logging in indigenous land 
in Argentina and Chile

Volltext/ complete texts: 
http://www.rightlivelihood.org/salzburg2005/finaldeclaration.html

(RLA-Adresse siehe oben/ see above)

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    Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl, 
Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305    BIC: SKBIAT21XXX




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