[E-rundbrief] Info 2143 -Rocio Ortiz - Paulo Freire - Solidarität in globaler Gesellschaft

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
So Dez 19 20:13:53 CET 2021


E-Rundbrief Info 2143 - Rocío Rueda Ortiz Bogota (Kolumbien): Zu Paulo 
Freires 100. Geburtstag. Solidarität in der globalen Gesellschaft.

Bad Ischl, 19.12.2021

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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100 JAHRE PAULO FREIRE: SOLIDARITÄT IN DER GLOBALEN GESELLSCHAFT

14. bis 16. Oktober 2021
an der Paris Lodron Universität Salzburg

Alternativen und Paradoxien einer (anderen) möglichen zukunftsfähigen 
Digitalisierung

Von: Rocío Rueda Ortiz

Professorin an der Universidad Pedagógica Nacional- Kolumbien
BtE Referentin- EPIZ, Reutlingen, Deutschland

Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, an dieser Konferenz 
teilnehmen zu können, und
danke vor allem dem Organisationsteam. Ich bin sehr begeistert und 
motiviert von den
Vorträgen, die ich in diesen Tagen gehört habe und ich freue mich auf 
den persönlichen
Austausch. Für mich ist es die erste Präsenz-Veranstaltung in diesen 
pandemischen Zeiten.

Ich habe meinen Vortrag in die folgenden Punkte gegliedert:

1. Mein Bezug zur Paulo Freires Arbeit. Die Position, aus der ich spreche.
2. Der Zusammenhang von Digitalisierung und Bildung aus dekolonialer 
Sicht.
3. Digitalisierung anhand von Bildungsprojekten von indigenen 
Gemeinden in Kolumbien (neu)
denken.
4. Überlegungen auf der Grundlage der Erfahrungen des globalen 
Nord-Süd-Dialogs: das
Globale Lernen und das Programm CdW

1. Mein Bezug zur Paulos Freire Arbeit

Als Student der Pädagogik an der Nationalen Pädagogischen Universität 
von Bogotá Mitte der
1980er Jahre lernte ich das Werk von Paulo Freire kennen. Er hat mich 
nicht nur im Rahmen
meiner Ausbildung zur Pädagogin inspiriert, sondern er war Teil der 
universitäre Atmosphäre
wegen der Politisierung der öffentlichen Bildung im Land (bei 
Studentenversammlungen,
Graffiti und Wandmalereien, Freire war ein „Motiv“). Das heißt, wir 
sahen unseren Beruf als
ein politisches Engagement für die Transformation/ Umgestaltung des 
Landes.

In den 1990er Jahren, mit dem Beginn des Neoliberalismus und der 
Privatisierung des
Bildungswesens, erlebten wir eine Phase der "Entpolitisierung" der 
Bildung. Aber in den
letzten Jahren erfahren wir mit dem Friedensabkommens Prozess und mit der
Widerstandsbewegung im ganzen Land eine Wiederbelebung der Freires 
Pädagogik durch die
Educación Popular (Volksbildung). Es gibt Hoffnung trotz der 
gewaltsamen Reaktion des
Staates und der bewaffneten Akteure. Als Studentin hat mich diese 
Hoffnung von Freire
überzeugt und ich sehe weiterhin diese Notwendigkeit von Hoffnung und 
Träume. Es ist nicht
einfach, in Kolumbien die Hoffnung aufrechtzuerhalten, da es viele 
problematische und
komplexe Faktoren gibt: die Unterdrückung seit der kolonialen Zeit und 
dem bewaffneten
Konflikt von verschiedenen Akteuren (Guerilla, Militärs, Paramilitärs, 
Drogenhändler, u.a.), die
Marktwirtschaft und seine Konsumlogik, und die Ineffizienz und 
Korruption des Staates, der
nicht für Gerechtigkeit sorgt.

2. Der Zusammenhang von Digitalisierung und Bildung aus dekolonialer 
Sicht.

In meiner Lehr- und Forschungstätigkeit habe ich mich in den letzten 
Jahrzehnten mit dem
Einsatz von IKT in formalen und nicht formalen Bildungsprozessen 
befasst. Meine
Ausgangsthese ist, dass Bildung als humanisierendes Projekt der 
Moderne ein unvollendetes
Projekt ist, das heute im Kontext der Digitalisierung vor enormen 
Herausforderungen steht.
Insbesondere erleben die Länder des Globalen Südens diesen Übergang 
auf komplexe Weise,
inmitten von Nachteilen und Paradoxien: Die alphabetische Kultur und 
ihre Versprechen von
Emanzipation und Demokratisierung hat sich noch nicht gefestigt. 
Obwohl die
Bildungsabdeckung groß ist, gibt es immer noch Bevölkerungsgruppen auf 
dem Land, Indigene
und Afroamerikaner, die von Ungleichheit und Ungerechtigkeit betroffen 
sind. Und nun muss
sich das Bildungssystem an die so genannten digitalen Gesellschaften 
anpassen. Die Staaten
dennoch sind in den Dienst globaler multinationaler Software- und 
Hardwarekonzerne, im
Rahmen einer neuen Tendenz zur Kolonisierung durch Unternehmen 
getreten. Die Frage ist
also, ob die Digitalisierung die alten modernen Versprechen von 
Gleichheit, Demokratisierung
und sozialer Gerechtigkeit begünstigen wird. Und darüber hinaus, ob 
die aktuellen
Versprechen der Nachhaltigkeit des Planeten dadurch realisierbar sind.

Die Lateinamerikanische Dekoloniale Perspektive kritisiert das 
postkoloniale Gesicht des
derzeitigen Globalisierungsprojekts das vom Globalen Norden geführt 
wird. Sie sehen das als
eine Kontinuität der Kolonialzeit in der die Machtdimensionen und die 
Ungleichheitsmuster

sich verbreiten und sich an die neue Zeit anpassen. Dazu sind „Die 
Anderen" (die früher
Unzivilisierten) als minderwertig, unterentwickelt und rückständig 
angesehen, so dass ihr
Wissen, ihre Sprachen und Kulturen unsichtbar oder vollständig 
eliminiert sind, was einige
Autoren wie Boaventura de Sousa Santos als "Epistemizid" bezeichnet haben.

Paradoxerweise handelte es sich dabei um ein "entmenschlichtes 
Humanisierungsprojekt",
das vom Norden in den Süden getragen wurde, und zwar unter der 
Vorstellung einer
europäischen kulturellen Überlegenheit, die auch von den 
Privilegiertesten in den Ländern des
Südens (Kreolen, Mestizen, Mittel- und Oberschicht) reproduziert und 
unterstützt wird. Die
Bildung diente damals in erster Linie diesen privilegierten Gruppen, 
so dass Bauern, Indigene
und Afroamerikaner von Marginalisierung, Ausgrenzung und Unwissenheit 
betroffen waren.
Sie waren und sie sind immer noch nicht gleichberechtigt.

Dieses ungleiche moderne Projekt wird nun durch ein neues 
zivilisatorisches Projekt auf der
Seite der Digitalisierung herausgefordert. Daraus ergibt sich der 
pharmakologische Charakter
dieses neuen Stadiums: als Heilmittel und Potential für die Entfaltung 
des Menschen, als
Möglichkeit zur Entfaltung kreativer Fähigkeiten und endlich eine 
Demokratisierung durch
Bildung zu ermöglichen. Gleichzeitig als Gift, als Verarmung und 
Bedrohung desselben
aufgrund seiner Verbindung mit dem Wirtschaftssystem, mit den neuen 
Formen der
Überwachung und Kontrolle durch Datifizierung und Algorithmisierung 
des sozialen Lebens
(Stiegler, Rueda) sowie mit den neuen Formen der Kolonialität. Das 
bedeutet, dass die
Unterdrückung sowohl im globalen Norden als auch im globalen Süden 
vorkommt, aber auf
beiden Seiten unterschiedliche Nuancen aufweist.

Die Rhetorik über Technologien neigt dazu, alles auf das Problem der 
digitalen Kluft
und den daraus resultierenden Zugang zu Technologien zu reduzieren. 
Aber wir brauchen
ein mehrdimensionales Verständnis, indem Alter, Familienstand, 
Geschlecht, ethnische
Zugehörigkeit, Herkunft, Geografie (Stadt/Land) eine große Rolle 
spielen. Diese Kategorien
haben zu verschiedenen Arten der sozialen Kluft geführt.

Trotz der Probleme mit der technologischen Infrastruktur und der 
Konnektivität sind
die Länder des Südens bereits Teil der weltweiten Digitalisierung. 
Einerseits als Daten, Profile
und Verhaltens- und Konsummuster, die von digitalen 
Social-Media-Plattformen erfasst
werden. Andererseits durch den Rohstoff, der wie bei der ersten 
Kolonisierung für die
Herstellung digitaler Technologien benötigt wird, die unter oft 
halblegalen Bedingungen vor
allem von europäischen, nordamerikanischen und asiatischen 
multinationalen Unternehmen in den Ländern des globalen Südens 
ausgebeutet werden. Im Falle Kolumbiens ist das mit Plünderungen, 
Zwangsvertreibungen, Enteignung und Gewalt verbunden.

Darüber hinaus bieten große multinationale Software- und 
Hardwareunternehmen IKT in Lateinamerika Arbeitsplätze (von 
Call-Centern über Videospielprogrammierer bis hin zur
Beschäftigung von Frauen und jungen Menschen im technologischen 
Recycling) im Rahmen
prekärer Verträge ohne soziale Absicherung an. Dazu sind diese Länder 
auch zum Ziel von
IKT-Exporten aus asiatischen Ländern sowie aus Europa und Nordamerika 
geworden. Das
heißt, nicht als partizipative Subjekte, sondern als potenzieller 
Markt. Durch den Import
dieser Technologien entstehen auch Werte, in einer neuen Form des 
digitalen Kolonialismus
(Shopp et al., 2019).

3.

Digitalisierung anhand von Bildungsprojekten in indigenen Gemeinden in 
Kolumbien

„Was sein muss, existiert noch nicht, außer in unserem Engagement, in 
der Erinnerung an
alles Lebendige und in dem, was wir selbst erfinden müssen, um zu 
sehen und zu schützen,
um den Weg zu öffnen“. Indigenes und Volksmandat - NASA-ACIN Gemeinschaft

In Kolumbien, wie auch in anderen lateinamerikanischen Ländern, wurde 
die Digitalisierung
im Bildungssystem durch Hardware- und Softwareunternehmen eingeführt. 
In den Schulen
wurde das Modell der Bildungsinformatik eingeführt, das im 
Wesentlichen die Verwendung
des Windows Office-Pakets lehrt. Dies war in dem nationalen Lehrplan, 
der mehr als zwei
Jahrzehnte lang beibehalten wurde. Aber in der Zwischenzeit dachten 
unsere Ureinwohner
anders über die Integration von Technologien.

Die NASA-ACIN Indigenen befinden sich im Süden des Landes im 
Bundesland Cauca, in
Santander de Quilichao (sie sind circa 180.000 Einwohner). Sie 
entwerfen ihre eigenen
Lehrpläne, sodass die digitalen Technologien nicht nur für den Zugang 
zum nationalen
Lehrplan in Spanisch sind, sondern auch für Sichtbarmachung ihrer 
Sprache und Kultur (Nasa
Yuwe) sowie für die Einrichtung von Kooperationsprojekten mit anderen 
indigenen
Gemeinschaften in der Region und der Welt. Auf unterschiedliche Weise 
leisten sie
Widerstand gegen die hegemonialen und homogenisierenden Modelle des 
Marktes der
Digitalisierung und auch gegen die Unterdrückung der zentralen 
Regierung des Landes.

Eingeboren im Territorium, aber global vernetzt

Zu diesem Zweck haben sie u.a. das „Chiva-Netz“ geschaffen, um jene 
Orte zu
erreichen, die keinen Internetanschluss haben, indem sie Disketten im 
Chiva (ein alter
bunter Bus) von Ort zu Ort fahren. Sie veröffentlichen 
(Gegen-)Informationen über die
verschiedenen Aktionen der Nasa-Gemeinschaft und die indigene Bewegung 
im Land. Ihre
Webseite enthält Texte in den Sprachen Nasa, Spanisch, und ab und zu 
auf Englisch,
Französisch und Deutsch.
Die jungen Indigenen veröffentlichen Artikel politischer und 
kultureller Art über die
aktuelle Situation der Nasa-Gemeinschaft, aber auch über andere 
Ereignisse im Land, die
mit Ungerechtigkeiten, Ungleichheiten und der Missachtung der 
Menschenrechte
zusammenhängen; sie drehen Videos über La Minga (indigene 
Widerstandsbewegung),
die sie dann auf YouTube hochladen; sie koordinieren Aktionen in 
Echtzeit über E-Mails
und Mobiltelefone und aktualisieren ihre Webseite. Sie haben den 
Umgang mit diesen
Technologien gelernt, zunächst in Kursen an einem Telecentro, später 
durch Erkundung
und autodidaktisches Lernen. Der Einsatz von Technologien und 
Bildungspraktiken ist
immer eine Antwort auf die politischen Bestrebungen der Organisation 
(Kämpfe um die
Anerkennung von Rechten, Erhöhung der Sichtbarkeit, moralische 
Sensibilisierung,
Aufrufe zu Mobilisierungen im öffentlichen Raum, usw.) und nicht 
umgekehrt.

Das NASA-ACIN Kollektiv hat eine „patriarchale“ Struktur aber die 
ältere Generation hat
gelernt, mit dem Wissen der jüngeren Frauen zu lernen und zu 
verhandeln. Das Motto „do
it together“ "Gemeinsam tun“ ist ganz wichtig für sie, "weil wir alle 
gemeinsam mehr
lernen". Dieser Wert steht im Gegensatz zu dem Wert „do it yourself“ des
individualistischen Konsums, der in den neuen Technologien eingebettet 
ist.

Eine Paradoxe daran ist, vor allem bei einigen jungen Indigenen, die 
permanent Kontakt
mit Städten haben, der "Versuchung" des heutigen Kapitalismus und 
seiner Logik
entgegen zu steuern (Konsum, "die neueste Marke haben zu wollen", 
usw.). Genau darin
liegt die pädagogische Aufgabe, Grenzen zu überschreiten und uns diese 
Paradoxen
bewusst zu machen und dabei unsere "Menschwerdung" anders zu sehen. Es 
nützt uns
nichts, wenn wir uns aus der Unterdrückung befreien und sie dann auf 
andere oder auf die
Natur ausüben.

4. Überlegungen auf der Grundlage der Erfahrungen des globalen 
Nord-Süd-Dialogs:
das Globale Lernen.

Der Mensch ist unfertig, wir brauchen andere, um "mehr zu sein". Freire

Als Referentin des Globalen Lernen sehe ich eine Brücke zwischen 
meiner Arbeit in Kolumbien
und Deutschland, denn wir haben gemeinsam das Ziel die kritische 
Reflexion, die es
ermöglicht, Machtverhältnisse zu erkennen und vor allem die 
Bedingungen von
Ungerechtigkeit und Ungleichheit sichtbar zu machen. Das heißt, eine 
permanente
Auseinandersetzung mit "komplexen globalen Systemen und ihren 
Auswirkungen auf das
Leben des Einzelnen und die Nachhaltigkeit der Erde" (Büker und 
Schell-Straub, 2017:71). Ich
möchte euch/Ihnen über das Projekt CHAT der Welten erzählen, indem ich 
in Deutschland als
Bildungsreferentin tätig bin.

Seit 2002 richtet sich Der CHAT der WELTEN 1 an Schüler*innen ab 10 
Jahre. Ziel des CHAT der
WELTEN in Baden-Württemberg ist die Begegnung auf Augenhöhe. Im Fokus 
steht die
Auseinandersetzung mit den globalen Veränderungen unter dem Aspekt 
einer nachhaltigen
Entwicklung. Der Austausch findet online statt und schafft einen Raum 
der Begegnung, des
Dialogs und des voneinander und miteinander Lernen. Während des CHATs 
werden einerseits
die Lebenswelten der Teilnehmenden im Norden und Süden diskutiert, 
andererseits globale
Herausforderungen, wie zum Beispiel der Klimawandel und seine 
Auswirkungen erörtet.

Seit 2018 habe ich mit anderen Kollegen und Kolleginnen (Michelle 
Camila Pérez, Saron
Cabero, Margarita Ocampo, Paul Ávila) ein CdW zwischen Studierenden 
der Uni Tübingen und
der National Universität in Bogotá durchgeführt. Die Themen haben mit 
zeitgenössischen
sozialen Problemen zu tun, wie z.B. Interkulturalität, der 
Entwicklungsdiskurs und
CdW ist eine Programmlinie von "Bildung trifft Entwicklung" Träger des 
Programms in Baden-Württemberg ist das EPiZ Reutlingen

Bergbauprojekte, Migration und Vertreibung, „Buen Vivir“ und 
Widerstands Projekte, sowie
alternative Initiativen auf globaler Ebene. In CdW nutzen wir 
Technologien als Bildungs- und
Kommunikationsumgebung, aber sie sind auch ein Gegenstand der 
Reflexion. Wir erörtern
auch die Rolle, die die Digitalisierung bei diesen Problemen spielt, 
z. B. bei der Gewinnung von
Gold in Kolumbien für Mobiltelefone und den damit verbundenen sozialen 
und kulturellen
Problemen. So haben wir auch einen Dialog mit Indigenen aus Kolumbien 
über ihr Wissen und
ihre Erfahrungen zu verschiedenen Themen, einschließlich der Nutzung 
digitaler Technologien
in ihren Gemeinschaften gehabt.

Für das CdW ist der Dialog ein wichtiges Mittel und Ziel unserer 
pädagogischen Arbeit, eine
horizontale, kommunikative Interaktion, die auf Hoffnung beruht. 
Dieses pädagogische
Prinzip versucht ein solidarisches Wissen und kulturelle Ökologien zu 
kreieren, die die
interkulturelle Kommunikation und Interdependenz fördern. Im Gegensatz 
zur Idee der
Individualität und Autonomie der modernen Pädagogik, sieht das GL die 
Bedeutung der
Interdependenz als zentralen Wert der heutigen Zeit.

In diesem Sinne ist einerseits kritisches Denken und Selbstreflexion 
ganz wichtig im CdW. Wir
versuchen genügend Raum für eine kritische Auseinandersetzung und 
Selbstreflexion
anzubieten. Vor allem in Bezug auf das Hinterfragen eigener Werte und 
Haltungen im GN und
GS, die koloniale Kontinuitäten und dem Streben nach Gerechtigkeit und 
dem eigenen
Handeln. Anderseits fördern wir die Reflektion über das globale 
Wirtschaftssystem, das auf
Wachstum beruht und die Ausbeutung von Menschen und Natur als 
Unterwerfung unter das
Prinzip der Gewinnmaximierung toleriert.

Herausforderungen:

  Im Falle dieses Chats sind wir immer noch im universitären Modell eines
Seminars verhaftet und es müssen mehr Schritte auf der Handlungsebene 
unternommen
werden. Dennoch ist es uns gelungen, einen Wissensdialog zwischen 
Studierenden im GN und
Vertretern der indigenen und sozialen Bewegungen des GS zu initiieren. 
Dazu ist es auch
notwendig, weitere Organisationen und soziale Bewegungen oder 
Kollektiven in Deutschland
und in der Stadt Tübingen, zu kontaktieren, die in die 
Seminardiskussionen integriert werden
können. Dies würde es ermöglichen, bei der gemeinsamen Durchführung 
von Aktionen auf
lokaler und internationaler Ebene voranzukommen, bei denen die 
Studenten eine wichtigere
Rolle spielen können.

Schlussfolgerungen

Angesichts der Ungeheuerlichkeiten des monolithischen Denkens und der 
Praktiken und
Theorien, die uns verstümmeln, trennen und uns glauben machen, dass 
wir nur immer
weniger tun können, brauchen wir, wie Freie und Boaventura de Sousa 
(2003) sagen, eine
Hoffnung, die nicht in einem absoluten Prinzip besteht, das für eine 
Zukunft im Allgemeinen
eintritt, sondern in der Möglichkeit, Felder sozialer 
Transformationen, Heterotopien,
vernetzter Räumlichkeiten zu schaffen. Gleichzeitig muss man jedoch, 
wie wir hier dargelegt
haben, wachsam sein gegenüber den Paradoxien und Widersprüchen. Im 
Namen einer
Transformation können diese Projekte in Schubladen gesteckt werden und 
im schlimmsten
Fall als Innovationsmodelle vermarktet werden, ohne zu bemerken, dass 
sie jene
modernen/kolonialen Merkmale in sich tragen (bewusst oder unbewusst), 
die auch in den
kreativsten und neuartigsten Vorschlägen noch vorhanden sind.

Es gibt keine pädagogische Praxis, die nicht politisch ist. Es gibt 
keine pädagogische Praxis, die
nicht mit Träumen zu tun hat; es gibt keine pädagogische Praxis, die 
nicht mit Werten,
Projekten und Utopien zu tun hat. Es gibt also keine pädagogische 
Praxis ohne Ethik.
( Freire. El Grito Manso, 2003, pp. 50-51).


Referenzen

Büker, G. and Schell-Straub, S. (2017) ‘Global how? – Linking practice 
to theory: A competency
model for training global learning facilitators’. International 
Journal of Development Education and Global Learning, 9 (2): 71–83. 
DOI https://doi.org/10.18546/IJDEGL.09.2.02

Escobar, A (2014). Sentipensar con la Tierra. Nuevas lecturas sobre 
desarrollo, territorio y diferencia. Medellín: UNAULA. (Introducción) 
En línea: 
http://biblioteca.clacso.edu.ar/Colombia/escpos-unaula/20170802050253/pdf_460.pdf 
(Última consulta 19.05.2020).

González-Terreros, M. I. y Torres-Carrillo, A. (2020). Educación 
popular y educación propia:
diálogos desde experiencias educativas en Cauca. Revista Colombiana de 
Educación, 1(80),
335-354.

Sow Paíno, Jadicha (2014). Ciudadanía global en el sistema educativo 
formal e investigación
cooperativa: una experiencia entre docentes y ongs. En: Revista 
internacional sobre
investigación en educación global y para el desarrollo ,No. 4, pp. 61-93.

Torres, Alfonso (2020). Presentación del libro: SIMÓN RODRÍGUEZ Oficio 
Maestro Pionero de
la Pedagogía Popular. https://www.youtube.com/watch?v=Vc1BRttzMgU (01. 
07. 2020)


-- 

     Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at


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