[E-rundbrief] Info 2077 - NATO-Kriegsübung Defender 21

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Sa Mär 20 15:38:28 CET 2021


E-Rundbrief Info 2077 - Solidarwerkstatt (A): „Defender Europe 21“: 
NATO-Kriegsübung trotz Pandemie.

Bad Ischl, 20.3.2021

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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„Defender 21“: NATO-Kriegsübung trotz Pandemie

Solidarwerkstatt

https://www.solidarwerkstatt.at/frieden-neutralitaet/defender-21-nato-kriegsuebung-trotz-pandemie

Die NATO-Staaten bereiten trotz Pandemie das militärische Großmanöver 
Defender Europe 21 vor - gegen Russland. Auch Österreich könnte dabei 
miteinbezogen werden.

Die NATO-Staaten bereiten sich auf ein zweites "Defender 
Europe"-Großmanöver vor. Mit ersten Aktivitäten ist voraussichtlich im 
Mai 2021 zu rechnen. Die letztjährige Kriegsübung Defender Europe 20 
wäre in ihrer ursprünglich geplanten Form das größte US-geführte 
Manöver in Europa seit dem Ende des Kalten Kriegs gewesen. Aufgrund 
der Pandemie wurde dieses Militärmanöver zwar nicht in geplantem 
Ausmaß durchgeführt, aber immerhin 6.000 US-Soldaten führten trotz 
Lockdown Kriegsübungen durch.

Militärischer Aufmarsch gegen Osten

Defender Europe ist als Manöverserie konzipiert und soll jedes Jahr 
stattfinden, um das neue Level der Militarisierung Europas 
aufrechtzuerhalten und auszubauen. Im Kern geht es bei „Defender 
Europe“ darum, die Militärs mit einer Vielzahl von Verlegerouten aus 
den USA quer durch Europa bis zur russischen Grenze vertraut zu 
machen; ergänzend sollten in verschiedenen Ländern von der Ostsee bis 
zum Schwarzen Meer in einem simulierten "Schlachtfeldnetzwerk" 
zahlreiche Kriegsübungen durchgeführt werden. In seiner Planung griff 
das Militärbündnis auf Übungsformate zurück, die es in der Region 
schon seit Jahren regelmäßig durchführt (1).

Ein besonderer Wert wird dabei auf die militärischen 
Transportinfrastrukturen gelegt. Die EU hat dafür mittlerweile einen 
eigenen Rüstungsfonds („Militärische Mobilität“) eingerichtet, mit der 
das „Panzerfitmachen“ von Transportwegen kofinanziert werden soll. Das 
Projekt „Militärische Mobilität“ ist auch ein Projekt der „Ständig 
Strukturierten Zusammenarbeit“ (EU-SSZ), bei dem Österreich mit an 
Bord ist.

Auch 2021 soll trotz der Covod-Pandemie „Defender Europe 21“ ist in 
einem vergleichbaren Maßstab geplant wie die Übung im vergangenen 
Jahr; es richtet sich erneut gegen Russland. Nach Angaben der 
deutschen Bundesregierung ist das Manöver für den Zeitraum zwischen 
dem 1. Mai und dem 14. Juni 2021 geplant - mit rund 31.000 Soldaten, 
hat allerdings einen anderen regionalen Schwerpunkt. Im Vorjahr lag 
der Schwerpunkt auf der Ostseeregion, weshalb auch Österreich als 
Transitland für die Waffen- und Truppentransporte keine Rolle spielte. 
Doch diesmal liegt der Schwerpunkt in der Region am Schwarzen Meer, 
insbesondere in Bulgarien und Rumänien. Es ist daher nicht 
auszuschließen, dass Kriegsmaterial und Truppen von „Defender 21“ über 
österreichisches Territorium verlaufen werden.

Aufmarsch über Österreich?

Schon in der Vergangenheit ist Österreich immer wieder für 
Militärmanöver aber auch für NATO- und EU-Kriegseinsätze als 
Durchzugsgebiet benutzt werden. So ergab zum Beispiel eine 
Parlamentarische Anfrage im Jahr 2015, dass zwischen 2011 und 2015 
5.593 Militärtransporte durch Österreich genehmigt und durchgeführt 
wurden. Darunter auch die Transporte von Kriegsgerät in den 
Libyenkrieg. Ermöglicht werden diese Kriegsmaterialtransporte durch 
zweimalige Novellierungen des Kriegsmaterialgesetzes bzw. des 
Truppenaufenthaltsgesetzes. Die erste Novellierung erfolgte Anfang 
1991 durch die damalige rot-schwarze Regierung, um den Transport von 
Kriegsgerät durch und über Österreich für den Golfkrieg zu 
ermöglichen. „Wir müssen uns auf die Pflichten eines EG-Mitglieds 
vorbereiten“ (2), erläuterte der damalige Europa-Staatssekretär 
Jankowitsch diese Beihilfe zum Massenmorden am Golf lakonisch. Die 
Änderung des Kriegsmaterialgesetzes 1991 erlaubte den Transport von 
Waffen aus und über Österreich für UN-mandatierte Kriegseinsätze.

Die zweite Novellierung erfolgte im Jahr 2001 durch schwarz-blau, um 
die Tür für die Teilnahme Österreichs an den kurz zuvor aus der Taufe 
gehobene EU-Interventionstruppe zu sichern. Diese Änderung des 
Kriegsmaterialgesetzes eliminierte den Neutralitätsvorbehalt gänzlich 
und ermöglichte den Transport von Waffen nicht nur für UN-mandatierte 
Kriege, sondern für alle Militäreinsätze, die von der EU durchgeführt 
bzw. unterstützt werden.

Wachsam sein!

Dass die türkis-grüne Regierung nun Widerstand gegen diese 
neutralitätswidrigen Militärtransporte leisten wird, ist 
unwahrscheinlich. Ein Blick in das türkis-grüne Regierungsprogramm 
zeigt, dass die derzeitige Regierung zum maximalen Angriff auf die 
österreichische Neutralität bereit ist: zur Abschaffung des 
Einstimmigkeitsprinzips in der Außen- und Sicherheitspolitik. Damit 
würde Österreich jeglicher Eigenständigkeit und Unabhängigkeit in der 
Außen- und Sicherheitspolitik beraubt und völlig der Politik der 
EU-Großmächte einverleibt und untergeordnet. Gerade diese 
Eigenständigkeit und Unabhängigkeit ist aber Grundvoraussetzung für 
eine aktive Friedens- und Neutralitätspolitik. Dazu gehört, sich nicht 
als Aufmarschgebiet für Kriegsübungen gegen Russland 
instrumentalisieren zu lassen. Wir treten für eine Politik des Dialogs 
und der Aussöhnung gegenüber Russland ein - anstelle von Säbelrasseln 
und Hochrüstung. Während USA und EU ihre Rüstungsbudgets zwischen 2016 
und 2019 kräftig erhöhten, senkte Russland diese in diesem Zeitraum um 
19%. Die NATO-Staaten geben zusammen mehr als 15-Mal so viel für das 
Militär aus wie Russland.

Es ist daher wichtig, wachsam zu sein, und Friedensaktionen gegen 
dieses Säbelrasseln gegen Osten namens „Defender 21“ vorzubereiten.

Quellen:
(1) www.german-foreign-policy.com (10.3.2021)
(2) zit. nach Lorenz Glatz, Notizen zur Demontage der österreichischen 
Neutralität, in: Streifzüge, Wien, 23.4.2001

© 2021 Solidarwerkstatt

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     Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
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