[E-rundbrief] Info 1794 - Solidarität mit sozialen Bewegungen in Brasilien - Alptraum Bolsonaro

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Di Okt 30 13:15:19 CET 2018


E-Rundbrief Info 1794 - Attac(D) und weitere Netzwerke: Attac 
bekräftigt Solidarität mit sozialen Bewegungen in Brasilien. Alptraum 
Bolsonaro: Rechte Politiker weltweit schüren Abstiegsängste und 
Konkurrenz unter sozial Schwachen.

Bad Ischl, 30.10.2018

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Alptraum Bolsonaro: Rechte Politiker weltweit schüren Abstiegsängste 
und Konkurrenz unter sozial Schwachen

Attac bekräftigt Solidarität mit sozialen Bewegungen in Brasilien

29.10.2018

https://www.attac.de/startseite/detailansicht/news/attac-bekraeftigt-solidaritaet-mit-sozialen-bewegungen-in-brasilien/

Attac ist zutiefst bestürzt über die Wahl des Rassisten, Sexisten und 
homophoben Rechtsextremisten Jair Messias Bolsonaro zum 
brasilianischen Staatspräsidenten. "Unsere Solidarität und 
Unterstützung gilt allen Bewegungen, Aktivist*innen und ausgegrenzten 
Bevölkerungsgruppen, die heute Morgen in Brasilien im Alptraum der 
Präsidentschaft von Jair Bolsonaro erwacht sind", heißt es in einer 
gemeinsam mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen 
verfassten Erklärung des Europäischen Attac-Netzwerks.

"Wir sehen mit großer Sorge, dass in vielen Ländern rechte Politiker 
Wahlen gewinnen, indem sie die Ursachen gesellschaftlicher Probleme 
verkürzen, auf den Kopf stellen und einfache Lösungen anbieten, die 
die Probleme verstärken, statt sie zu lösen. In einer unübersichtlich 
gewordenen globalisierten Welt werden dabei gezielt Abstiegsängste von 
Mittelschichten und Konkurrenz unter sozial Schwachen geschürt", sagt 
Achim Heier von Attac.

Bolsonaro hat die Wahl mit dem Slogan "Sicherheit und Kampf der 
Korruption" in einem Land gewonnen, in dem Gewalt verzweifelter 
Ausdruck der riesigen sozialen Ungleichheit ist und in dem Korruption 
und Bereicherung in hohem Maße von Unternehmern und ihnen verbundenen 
Politiker*innen ausgeht. Bolsonaro will und wird daran nichts ändern.

"Bolsonaro als Präsident wird nicht nur zur Bedrohung für die 
Menschen- und Bürgerrechte in Brasilien. Seine Politik wird die Armen 
weiter verarmen lassen und die Ungleichheit in einem Land mit nach wie 
vor sehr großer Ungleichheit noch weiter verstärken. Sie wird die 
Umwelt zerstören und verhindern, dass die im Weg stehenden Personen 
sich zu Wort melden", warnt Hugo Braun, Vertreter von Attac 
Deutschland im Europäischen Attac-Netzwerk.

Judith Amler vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis ergänzt: "Wir 
fühlen uns den emanzipatorischen Kräften in Brasilien seit dem ersten 
Weltsozialforum in Porto Alegre eng verbunden. Gemeinsam haben wir ein 
weltweites Bewusstsein für die Ungerechtigkeiten der neoliberalen 
Globalisierung geschaffen. Wir werden soziale und 
zivilgesellschaftliche Bewegungen in Brasilien verstärkt darin 
unterstützen, sich gegen die drohende Repression zu wehren, die 
Ursachen der brasilianischen Misere zu benennen und einen 
sozial-ökologischen Umbau einzuleiten."

Im Kampf gegen den Rechtsruck weltweit und im eigenen Land beteiligt 
sich Attac aktiv an Bündnissen wie "Aufstehen gegen Rassismus", "We'll 
Come United" oder "Unteilbar".

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Die Erklärung des europäischen Attac-Netzwerks im Wortlaut

Nicht ER, nicht jetzt, niemals.

Erklärung des Europäischen Attac-Netzwerks zur Wahl von Jair Bolsonaro

Unsere Solidarität und Unterstützung gilt allen Bewegungen, 
Aktivist*innen und ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen, die heute Morgen 
in Brasilien im Alptraum der Präsidentschaft von Jair Bolsonaro 
erwacht sind.

Es stellt keinen akzeptablen oder demokratischen Akt dar, durch die 
aggressive Dämonisierung von Gegner*innen an die Macht zu kommen, 
soziale Bewegungen als „Terroristen“ zu bezeichnen oder die Rechte und 
Freiheiten derjenigen Bürger*innen zu bedrohen, die zum Sündenbock für 
die Probleme der Weltwirtschaft erklärt werden. Diejenigen, die eine 
solche Politik betreiben, sind für einige der abscheulichsten 
Verbrechen des zwanzigsten Jahrhunderts verantwortlich.

Bolsonaros ekelhafter Rassismus, Sexismus, seine Homophobie und seine 
Begeisterung für die Militärdiktatur Brasiliens sind international 
ausführlich kommentiert worden. Aber Bolsonaro ist nicht nur eine 
Bedrohung für die Menschen- und Bürgerrechte der brasilianischen 
Bürger*innen. Seine Politik wird, wenn sie umgesetzt wird, die Armen 
Brasiliens weiter verarmen lassen und die Ungleichheit in einem Land 
mit nach wie vor sehr großer Ungleichheit noch weiter verstärken. Sie 
wird die Umwelt zerstören und verhindern, dass jene zu Wort kommen, 
die dagegen Widerstand leisten.

Als Donald Trump im November 2016 zum US-Präsidenten gewählt wurde, 
befürchteten wir, dass dies denjenigen, die Fremdenfeindlichkeit, 
Nationalismus und Autoritarismus in der ganzen Welt propagieren, 
Auftrieb geben würde. Die Wahl von Bolsonaro ist nur das jüngste 
Beispiel. Wir müssen dringend eine weltweite Opposition zu dieser 
Politik des Hasses aufbauen und den Internationalismus wiederbeleben, 
den unsere Bewegungen in ihrem Widerstand gegen Krieg, Neoliberalismus 
und Unmenschlichkeit so erfolgreich aufgebaut haben. Wir können es 
nicht zulassen, dass sich der Aufstieg zur Macht von autoritären 
Nationalist*innen wie Bolsonaro und Trump weiter normalisiert.

Diese neue Form des Faschismus taucht nicht aus dem Nichts auf. Die 
von Unternehmen getriebene Hyperglobalisierung der vergangenen 
Jahrzehnte hat das soziale Gefüge von Gesellschaften auf der ganzen 
Welt zerrissen. Indem sie das Streben nach Profit zum obersten Ziel 
der Menschheit erklärt hat, werden große Teile der Weltbevölkerung 
nicht repräsentiert und ausgegrenzt. Auch hat die Hyperglobalisierung 
große Teile unseres Planeten verwüstet. Es ist besonders widerlich, 
dass viele von denen, die dieses Projekt der Hyperglobalisierung 
vorangetrieben haben, jetzt Politiker wie Bolsonaro und Trump 
unterstützen – um die Macht des weltweit reichsten einen Prozents der 
Menschheit zu erhalten.

Wir fordern eine radikale Transformation des globalen Systems: Die 
Menschen und der Planet sind über die Gewinne der Reichen zu stellen. 
Wir fordern eine Welt, die auf Gleichheit, vollständiger Anerkennung 
der Menschenrechte und ökologischer Nachhaltigkeit basiert. Dies ist 
unser internationaler Kampf – die wichtigste Herausforderung, vor der 
wir als Bürger*innen, Gemeinschaften und Bewegungen stehen. Er wird 
nicht leicht zu gewinnen sein, aber die Geschichte zeigt uns, dass wir 
gewinnen KÖNNEN, wenn wir Hoffnung und Solidarität bewahren.

Eine andere Welt ist möglich.

Unterzeichner*innen:

Globale Justice Now, Latin America Bureau, Momentum, Women’s Strike 
Assemly – UK, Another Europe is Possible, Campaign for Nuclear 
Dismissions (CND), Stop Trump Coalition, War on Want, das europäische 
Attac-Netzwerk

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Bad Ischl, 30.10.2018, 11:55

Meine erste Reaktion auf das brasilianische Wahlergebnis  und seine 
fatalen Folgen - sprach-los und un-begreifbar.

Bolsonaros Drohungen gegen "Linke" - darunter auch politisch-ethische 
Aktive in der Tradition von Paulo Freires Pädagogik der Unterdrückten 
- werden sie mit Zwangsexil vertrieben oder schlimmstenfalls physisch 
kaltgestellt? So nebenbei erfährt man, dass auch Indigene ähnlich 
liquidiert werden sollen.

Wie in den 60er Jahren und danach sind wir wieder herausgefordert, die 
um ihre  - politische und physische - Existenz Kämpfenden mit 
solidarischen, gewaltfreien Kampagnen zu unterstützen.

Übrigens - Paulo Freire, mit dem ich seit 1975 befreundet war - 
ermahnte uns bei seinem letzten Treffen mit Münchner Aktivisten: "Bei 
uns im 'Süden' gehts schon ganz gut - aber der 'Norden' (v.a. die USA) 
macht mir große Sorgen. Ich muss mich mehr darum kümmern". Eine 
prophetische Warnung auch an uns die Interventionen des 'Nordens' im 
'Süden' nicht zu unterschätzen! Die unheilig-unheilsame Allianz 
zwischen evangelikal-fundamentalistischen Missionaren und den 
rechtsextrem-neoliberalen Think-Tanks - v.a. aus den USA - hat den 
faktischen Staatsstreich vorbereitet und ihn medial-finanziell gefördert.

Ich schließe mich daher auch der Erklärung des Europäischen 
Attac-Netzwerks (und anderer Netzwerke) zur Wahl von Jair Bolsonaro an 
(siehe oben!) Wir müssen den gewaltfreien Widerstand gegen diese - 
weltweiten - Bedrohungen unterstützen!

Mit solidarischen, besorgten Grüßen

Matthias Reichl

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     Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, 4820 Bad Ischl, Austria,
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