[E-rundbrief] Info 1705 - Palästinensische Schule von Israel zerstört

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Di Feb 6 11:57:57 CET 2018


E-Rundbrief - Info 1705 - Palästina Nachrichten (PN): Israelische 
Einsatzkräfte zerstören von EU finanzierte Schule für palästinensische 
Grundschüler.

Bad Ischl, 5.2.2018

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

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Israel zerstört EU finanzierte Schule für palästinensische Grundschüler

von PN - https://palaestina-nachrichten.de/author/jmlpressblog/

(PN) 05.02.2018 – Der Hilferuf, den die Direktorin der NGO "Save the 
Children", Jennifer Moorehead, Ende Januar an die Welt richtete, war 
deutlich: "Wir appellieren dringend an die internationale 
Gemeinschaft, den diplomatischen Druck auf die israelische Regierung 
zu erhöhen, um das Recht palästinensischer Kinder auf Bildung zu 
schützen und den Abriss der schulischen Infrastruktur zu verhindern."

Abu Nawar school children
Kinder gestern vor den Trümmern der in den frühen Morgenstunden von 
israelischen Einsatzkräften zerstörten Grundschule in Abu Nuwar. 
(Foto: WAFA/Tamer Bana)

Gemeint war der Plan, die Schule für Grundschüler im Beduinendorf Al 
Muntar, südlich von Jerusalem in der Westbank, gewaltsam abzureißen. 
Drei Wochen hatte die israelische Zivilbehörde der Beduinengemeinde 
gegeben, die Sachen zu packen. Anderenfalls würden die Bulldozer 
kommen, und das von der EU mitfinanzierte Gebäude zerstören. Noch 
steht das Gebäude. Doch gestern Morgen zur frühen Stunde wurde der für 
Al Muntar angekündigte Albtraum nur wenige Kilometer weiter südlich im 
Beduinendorf Abu Nuwar zur Realität. Israelische Bulldozer rückten an 
und machten in der dortigen Schule zwei Gebäude mit Klassenräumen dem 
Erdboden gleich. Als die Kinder morgens zur Schule kamen, war dort, wo 
sie lernen sollten, nur noch Schutt und Geröll. Und ein verbogenes 
Schild, auf dem deutlich das Logo der EU und mitfinanzierender 
EU-Partner zu sehen war.

Destroyed school funded by EU 02

Die beiden Gebäude waren erst im vergangenen September gebaut worden 
und dienten 25 Kindern der 3. und 4. Klasse als Unterrichtsräume. 
Finanziert war der Bau durch Mittel der EU und der Palästinensischen 
Autonomiebehörde. Keine Woche nach Fertigstellung, am 7. Oktober 2017, 
tauchten Vertreter der israelischen Ziviladministration zusammen mit 
israelischen Einsatzkräfte auf dem Schulgelände auf und konfiszierten 
die Türen der beiden Klassenzimmer.

Am 13. Dezember wurde von der israelischen Behörde im Gebäude eine 
Abrissverfügung angebracht, gegen die von der Beduinengemeinschaft 
Rechtsmittel eingelegt wurde. Der Rechtsstreit ist noch nicht 
entschieden. Trotzdem schaffte Israel gestern Morgen um 5 Uhr in der 
Früh rechtswidrig Tatsachen, tauchte mit schwerem Gerät an der Schule 
auf und riss die beiden neuen Gebäude der Schule ein. Das alte Gebäude 
mit dem Kindergarten ließen sie stehen.
UN Vertreter: Menschenrechte werden verletzt

In einer ersten Reaktion verurteilte das Palästinensische 
Bildungsministerium die Zerstörung der Klassenzimmer scharf und sprach 
von einem "schrecklichen Verbrechen". Die israelische 
Menschenrechtsorganisation B'Tselem erklärte, die Zerstörung von 
Bildungseinrichtungen diente dazu, die palästinensischen 
Beduinengemeinden aus ihrem Gebiet zu vertreiben, um sie anderswo in 
Enklaven unterzubringen und so das Gelände für die eigenen Zwecke 
freizubekommen.

Der für die UN zuständige Humanitäre Koordinator für die besetzten 
palästinensischen Gebiete, Roberto Valent, äußerte sich "zutiefst 
besorgt über die Zerstörung der zwei von der EU finanzierten 
Klassenräume." Die Zerstörung basiere auf fehlenden Baugenehmigungen 
durch Israel, die, so Valent "praktisch nicht zu bekommen sind". Abu 
Nuwar sei eine besonders fragile Gemeinde, die dringend auf humanitäre 
Hilfe angewiesen sei. "Eine Kombination aus israelischer Politik und 
Vorgehensweise – inklusive Gebäudezerstörungen und beschränkter Zugang 
zu fundamentalen Leistungen wie Bildung – hat ein zwanghaftes Umfeld 
geschaffen, welches die Menschenrechte der Einwohner verletzt und sie 
dem Risiko der Vertreibung aussetzt."

Valent wies darauf hin, dass dies bereits die sechste Schulzerstörung 
und Konfiszierung von schulischen Mitteln in Abu Nuwar durch die 
israelischen Behörden seit Februar 2016 sei.
Israel erklärt Schulgelände zu militärischem Sperrgebiet

So hatte unter anderem im Sommer 2017 Israel das Schulgelände 
urplötzlich zum militärischen Sperrgebiet erklärt und die Solarpanele, 
über die die Schule mit Elektrizität versorgt wurde, abgebaut und 
konfisziert. Die Einsatzkräfte brachen auch eine Tür zu einem Zimmer 
auf und konfiszierten Batterien und zwei Schutzschalterpanele. Und 
das, obwohl ein Richter am israelischen Obersten Gericht eine 
einstweilige Anordnung erlassen hatte, wonach das Zerstören und 
Konfiszieren der Solarpanele durch israelische Kräfte bis auf Weiteres 
nicht gestattet war. Nicht zum erstenmal ignorierte die israelische 
Ziviladministration die richterliche Anordnung und schuf durch die 
Konfiszierung der Solarpanele vollendete Tatsachen.
201710_abu_nuwar_school_before_demolition
Schulgebäude in Abu Nuwar vor der gestrigen Zerstörung durch Israel. 
(Foto: B'Tselem)

UN Koordinator Valent zeigte sich gestern entsprechend besorgt, was 
das Schicksal Hunderter weiterer Schulkinder in der Westbank und 
Ost-Jerusalem angehe, die ebenfalls von Abrissverfügungen bedroht 
seien. Diese Kinder "leben in Instabilität, mit dem Gespenst der 
Schulzerstörung ständig präsent, das ihren Zugang zu Bildung bedroht. 
Andere Kinder in der Zone C haben oft keine Grundschule und müssen 
lange Wege und Entfernungen auf sich nehmen, um ihre Schule zu 
erreichen. Dabei sind sie den Belästigungen der Siedler und 
Durchsuchungen an den Kontrollpunkten ausgesetzt. Diese 
Einschränkungen unterminieren die Qualität von Bildung und begünstigen 
das frühzeitige Ausscheiden."

Valent forderte Israel auf, sich an die Verpflichtungen aus 
internationalem humanitärem Recht und Menschenrechtsgesetzen zu halten 
und umgehend alle Vorgehensweisen einzustellen, die direkt oder 
indirekt ein Risiko für die Kinder darstellten, inklusive die 
Zerstörung von Schulen und zugehörigem Eigentum.
Die EU schweigt

Obwohl die EU die gestern zerstörten Unterrichtsräume mitfinanziert 
hat, gab es weder aus Brüssel noch von der EU Delegation in Israel 
gestern oder heute eine Erklärung zu dem neuerlichen Abriss in Abu 
Nuwar. Vor wenigen Monaten klang das noch anders. Im Oktober 2017 
hatten, als Reaktion auf die Konfiszierung der Solarpanele, acht 
EU-Länder – Frankreich, Belgien, Spanien, Schweden, Luxemburg, 
Italien, Irland und Dänemark – zum ersten Mal in einem gemeinsamen 
Brief Israel zu Schadensersatz für die Zerstörung und Konfiszierungen 
aufgefordert. Sie verlangten namens der EU Entschädigung in Höhe von 
mehr als 30.000 Euro. Gleichzeitig forderten sie die Herausgabe der 
beschlagnahmten Solarpanele nebst elektrischen Komponenten.

Israel lehnte jede Schadensersatzforderung kategorisch ab. Die EU 
würde nicht humanitäre Hilfe gewähren, hieß es seitens der 
israelischen Regierung, sondern illegale Bauten unterstützen mit dem 
Ziel, die Palästinenser in der Zone C zu stärken. Die EU vertritt 
demgegenüber die Ansicht, dass Israel nach internationalem Recht als 
Besatzungsmacht für die täglichen Bedürfnisse der Palästinenser 
verantwortlich ist und dieser Verantwortung nicht nachkommt. Daher ist 
Europa gehalten, mit humanitärer Hilfe einzugreifen.

Eine Rücknahme der Solarpanele hat es bisher ebensowenig gegeben, wie 
eine Schadensersatzzahlung. Auch die Appelle, die rechtswidrigen 
Abrisse von Schulgebäuden der Beduinengemeinschaften einzustellen, 
haben Israel nicht davon abgehalten, gestern erneut mit schwerem Gerät 
gegen eine palästinensische Grundschule vorzugehen und die 
Klassenräume zu zerstören. Und der dringlichen Aufforderung der 
Direktorin von "Save the Children", den diplomatischen Druck auf 
Israel zum Schutz von Schulen zu erhöhen, ist die internationale 
Gemeinschaft nicht nachgekommen.

Im Gegenteil. Die EU hat zu der gestrigen Zerstörung der von ihr 
mitfinanzierten Unterrichtsräume in Abu Nuwar keine Stellungnahme 
abgegeben. Und die Erst- bis Sechstklässler in der Beduinengemeinde Al 
Muntar warten jetzt täglich darauf, dass sie dasselbe Schicksal 
ereilt, wie die 25 Grundschulkinder in Abu Nuwar.

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PN | 5. Februar 2018 um 23:53 | Tags: Abriss, Abu Nuwar, Al Muntar, 
B'Tselem, Beduinen, Grundschule, Israelische Ziviladministration, 
Oberstes Gericht, Roberto Valent, UN, Westbank | Kategorien: Allgemein 
| URL: https://wp.me/p9jHPv-ea



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     Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
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