[E-rundbrief] Info 1692 - WTO-Konferenz 2017 - 12 - Attac-Kritik

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Di Dez 12 10:30:43 CET 2017


E-Rundbrief - Info 1692 - Alexandra Strickner, Attac (A): WTO: Noch 
mehr Macht für Amazon, Google & Co. Menschenrechte, 
Ernährungssouveränität und Klimaschutz müssen Vorrang vor WTO-Regeln 
haben.

Bad Ischl, 12.12.2017

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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WTO: Noch mehr Macht für Amazon, Google & Co.

Attac: Menschenrechte, Ernährungssouveränität und Klimaschutz müssen 
Vorrang vor WTO-Regeln haben

Attac kritisiert die Agenda der Welthandelsorganisation WTO bei der 
Ministerkonferenz von 10. bis 13. Dezember in Buenos Aires. „Diese 
Agenda wird von den Interessen der Konzerne in den Industrie- und 
Schwellenländern dominiert. Sie verschärft die globale Ungleichheit 
innerhalb und zwischen den Ländern ebenso wie den Klimawandel. Deshalb 
brauchen wir eine grundlegende Umgestaltung der internationalen 
Handels- und Investitionspolitik. Menschenrechte, 
Ernährungssouveränität und Klimaschutz müssen Vorrang vor WTO Regeln 
haben“, fordert Alexandra Strickner von Attac Österreich. Das 
europäische Attac-Netzwerk kritisiert gleichzeitig den Ausschluss und 
die Kriminalisierung von NGOs im Vorfeld der WTO-Konferenz.

Eine Agenda für die Internet-Riesen

Obwohl es im Rahmen der WTO-Doha Runde dafür kein Mandat gibt, drängen 
unter anderem die EU, die USA und Japan auf neue globale Regeln für 
den Internet-Handel. Sie wollen, dass Unternehmen weltweit Daten ohne 
Einschränkungen übertragen dürfen sollen. So könnten Technologieriesen 
und Steuertrickser wie Amazon, Apple, Facebook, Google oder Microsoft 
ihre Monopolmacht noch weiter ausbauen. Prekäre und unsichere 
Beschäftigungsverhältnisse würden weiter zunehmen und lokale Klein- 
und Mittelbetriebe noch stärker unter die Räder kommen.  „Was in den 
WTO-Vorschlägen als "lokale Barrieren" bezeichnet wird, sind 
Instrumente, mit denen Staaten angemessenen Datenschutz- und 
Verbraucherschutz für ihre BürgerInnen sichern können. Diese 
grundlegenden Menschenrechte dürfen nicht im Interesse der 
Internet-Giganten aufgegeben werden“, kritisiert Strickner.

Öffentliche Dienstleistungen: Regulierungshoheit von Staaten wird 
eingeschränkt

Im Bereich der öffentlichen Dienstleistungen wollen Industrieländer 
wie die EU, Australien oder Kanada (im Rahmen des GATS-Abkommens) ein 
Rahmenwerk durchsetzen, dass im Bereich technischer Standards, 
Konzessionsvergaben und Qualifikationsvorgaben sogenannte 
„Notwendigkeitserfordernisse“ einführt. Neue Vorgaben oder Standards 
für ausländische Dienstleistungserbringer sollen „vernünftig“, 
„objektiv“, „transparent“ und „nicht belastender als nötig“ sein. 
Damit würde ein Rechtsrahmen geschaffen werden, bei dem die WTO 
darüber entscheidet, welche Gesetze für ausländische 
Dienstleistungskonzerne zumutbar sind. „Die demokratisch legitimierte 
Regulierungshoheit der Staaten würde dadurch massiv eingeschränkt 
werden“, kritisiert Strickner.

Katastrophale Bilanz bei Ernährung und Klima

Die WTO-Abkommen haben schon bisher eine katastrophale Bilanz 
vorzuweisen. Sie sind eine der zentralen Ursachen der Verteilungs- und 
Klimakrisen. Dennoch soll weiterhin das Handelsvolumen mit 
Lebensmitteln erhöht werden, während die Länder des globalen Südens 
ihre Maßnahmen zur Sicherung der Ernährungssouveränität abschaffen 
sollen. Kleinbäuerliche und ökologisch nachhaltige Landwirtschaft wird 
so zerstört. Somit können EU- und US-Agrarkonzerne Märkte mit billigen 
industriellen Nahrungsmitteln überschwemmen. (Das indische 
Lebensmittelsicherungsprogramm etwa ist für 75 Prozent der ländlichen 
Bevölkerung von enormer Bedeutung. Es steht in der WTO seit Jahren 
unter Beschuss der EU und anderer Agrarexporteure.) Das 
exportorientierte Produktions- und Konsummodell ist auch eine zentrale 
Ursache der Klimakrise. Zudem können Klimaschutzmaßnahmen, die den 
Welthandel einschränken, auf Basis der WTO-Abkommen verhindert werden.

Attac: Menschenrechte, Ernährungssouveränität und Klimaschutz müssen 
Vorrang vor WTO Regeln haben

Attac fordert eine grundlegende Umgestaltung der internationalen 
Handels- und Investitionspolitik. Handel muss Mittel zum Zweck werden, 
nicht das Ziel an sich. Die WTO muss Kompetenzen verlieren, Abkommen 
müssen grundlegend umgestaltet werden. Konkret bedeutet das:

• Menschenrechte und andere Abkommen wie das Pariser 
Klimaschutzabkommen müssen über Handels- und Investitionsabkommen und 
somit auch über WTO-Regeln stehen. Konzerne, die Menschenrechte 
verletzen, Arbeitskräfte ausbeuten und die Umwelt schädigen müssen im 
Rahmen eines - bereits geplanten - verbindlichen UN Vertrages zu 
Rechenschaft gezogen werden können.
• Handelsabkommen müssen so gestaltet sein, dass sie lokalem Handel 
und regionaler Integration den Vorrang gegenüber globalem Handel geben 
und auf Kooperation basieren. Eine Wirtschaft der kurzen bzw. kürzeren 
Wege ist ein wichtiger Beitrag zur radikalen Reduktion von 
Kohlenstoffemissionen und damit zur Erreichung der UN-Klimaziele.
• Ernährungssouveränität muss Vorrang gegenüber der Liberalisierung 
des Agrarhandels bekommen.
• Öffentliche Güter und Dienstleistungen müssen aus Handelsabkommen 
zur Gänze ausgenommen werden.
• Die Einhaltung von hohen Arbeitsstandards und internationalen 
Umweltnormen muss ebenso zwingende Voraussetzung für den Abschluss von 
Handelsabkommen sein wie Instrumente, mit denen diese durchsetzbar werden.
• Der Schutz geistiger Eigentumsrechte muss abgeschwächt werden – etwa 
bei Medikamenten und Saatgut.
• Die Handelspolitik muss demokratisiert werden: Parlamente auf 
nationaler und EU-Ebene müssen in die Erarbeitung von Handelsverträgen 
von Anfang bis zum Ende mitentscheiden können, zivilgesellschaftliche 
Akteure müssen involviert werden.

Attac kritisiert Ausschluss und Kriminalisierung von NGOs

Das Europäische Attac-Netzwerk verurteilt den Ausschluss und die 
Kriminalisierung sozialer Bewegungen im Vorfeld des WTO-Gipfels. Über 
60 NGO-VertreterInnen wurde kurz vor dem Gipfel die Akkreditierung 
entzogen. Erst nach Protesten der Zivilgesellschaft und mehrerer 
Regierungen war die argentinische Regierung gezwungen, einige 
Einreiseverweigerungen zurückzunehmen - darunter auch jene von Petter 
Slaatrem Titland, Präsident von Attac Norwegen.

„Das Vorgehen Argentiniens ist ein Akt polizeistaatlicher Willkür und 
Teil einer neuen Strategie auf der ganzen Welt: Um neoliberale Politik 
durchzusetzen, wird der Raum für die Zivilgesellschaft und 
demokratische Partizipation immer stärker eingeengt. Dazu gehören die 
Kriminalisierung und Einschüchterung von AktivistInnen. Wenn wir die 
WTO oder andere Handels- und Investitionsabkommen nicht mehr in Frage 
stellen und nicht mehr dagegen protestieren können, ist das globale 
Wirtschaftssystem endgültig autoritär geworden", erklärt Strickner.

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David Walch

Pressesprecher Attac Österreich

www.attac.at


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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
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