[E-rundbrief] Info 1660 - Israel zerstört palästinensiche Schulen in der Westbank

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Do Sep 7 19:03:07 CEST 2017


E-Rundbrief - Info 1660 - Ali Abunimah (Palästina): EU lässt Israel 
Schulen in der Westbank zerstören, die es selbst finanziert hat.

Bad Ischl, 7.9.2017

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Der deutsche SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz beschwört im TV-Duell 
die "deutsche Staatsräson" in Bezug auf Israel und verdächtigt 
pauschal junge, in Deutschland lebende Palästinenser, mit einem tief 
verwurzelten Antisemitismus erzogen worden zu sein. Es ist 
unerträglich, wie blind "verantwortliche" Politiker ausschließlich 
durch die Brille der deutschen Erfahrungen auf den Nahostkonflikt 
schauen und die jahrzehntelangen Erfahrungen der Palästinenser 
vollständig ignorieren.

I.R.

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EU lässt Israel Schulen in der Westbank zerstören, die es selbst 
finanziert hat.

Ali Abunimah -

28.08.2017 -

http://www.palaestina-portal.eu/

Dutzende palästinensische Kinder in Jubbet al Dhib, einem Dorf bei 
Bethlehem, sollten vergangene Woche mit dem Schulunterricht beginnen.

Aber am Abend des 22. August (2017) zerstörten israelische 
Besatzungskräfte ihre neue Schule. Sie hatte aus sechs vorgefertigten 
Gebäuden bestanden, die weitgehend von der EU und mehreren ihrer 
Regierungen finanziert worden waren. Während dem 5-stündigen Angriff 
erklärte die israelische Armee den Bereich zum gesperrten 
Militärgebiet und setzte Schallgranaten, Tränengas und Gummi 
ummantelte Stahlkugeln ein, um die Bewohner fernzuhalten, während sie 
die Gebäude abrissen und konfiszierten.

"Es war herzzerreißend zu sehen, wie die Kinder und ihre Lehrer unter 
der glühenden Sonne zu ihrem ersten Schultag erschienen, ohne 
Klassenraum oder irgendetwas anderes als Unterstand, während in der 
unmittelbaren Nachbarschaft die Bauarbeiten für die Erweiterung 
illegaler Siedlungen ohne Unterbrechung weitergehen", sagte Itay 
Epshtain vom Norwegischen Flüchtlingsrat nach einem Besuch in dem Dorf.

"Die Zerstörung eines Schulgebäudes in der Nacht vor Beginn des neuen 
Schuljahres verkörpert die administrative Grausamkeit und 
systematischen Schikanen durch die Behörden mit der Absicht 
Palästinenser von ihrem Land zu vertreiben", erklärte die israelische 
Menschenrechtsgruppe B'Tselem.

Ein Sprecher der EU sagte am Montag der Electronic Intifada, der Wert 
der von der israelischen Armee beschlagnahmten Gebäude und (ihrer) 
Ausstattung in Jubbet al Dhib und zuvor in der Gemeinde Abu Nuwar 
betrage 37.000 Dollar – und dass sie gemeinschaftlich von der EU, von 
Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Spanien und 
Schweden bezahlt worden waren.

Anfang August hatte die israelische Armee Solarpaneele konfisziert, 
die den Kindergarten der Gemeinde Abu Nuwar mit Strom versorgte; Abu 
Nuwar liegt in der Zone E1 der besetzten Westbank, wo Israel den 
Ausbau seiner Megasiedlung Maaleh Adumim plant.

Schwache Antwort der EU - In einem schwachen Statement äußerte die EU 
letzte Woche ihre "ernste Besorgnis" – nicht einmal Verurteilung – 
über diese und andere Zerstörungen. In dem Statement wurde nicht 
einmal erwähnt, dass die Gebäude von Steuerzahlern der EU finanziert 
worden waren. Die EU erwähnte allerdings, dass die israelische Politik 
"Land zum exklusiven israelischen Gebrauch ausweist und den 
Palästinensern Entwicklung verweigert" – eine indirekte Anerkennung 
dessen, was andere unverblümter und genauer als Apartheid bezeichnet 
haben.

Doch schon am Montag bestätigte die EU, sie sei zufrieden, dass sie 
die Zerstörung vorübergehen ließ, ohne Israel mit einer konkreten 
Aktion zur Rechenschaft zu ziehen. Gefragt, was die EU geplant habe, 
um Schadensersatz und Rechenschaft von Israel zu verlangen, sagte der 
Sprecher: "Die EU hat diese Angelegenheiten öffentlich und ebenso 
privat in ihrem Dialog mit den israelischen Behörden zur Sprache 
gebracht." Das ist die diplomatische Sprache für: Wir haben alles 
getan, was wir tun werden, was so viel heißt, wie 'nichts'.

Angriffsserie  - Die Zerstörung von Jubbet al Dhib war eine von 
mehreren israelischen Angriffen auf palästinensische Schulen in der 
letzten Zeit.

Am 21. August stürmten Besatzunsgkräfte die palästinensische 
Beduinengemeinde Jabal al-Baba nahe dem Dorf al-Eizariya im Umland von 
Jerusalem und zerstörten ein vorgefertigtes Gebäude, das als 
Kindergarten für 25 Kinder dienen sollte, die keine andere Schule 
haben. Laut B'Tselem nahm die israelische Armee Tische, Stühle und 
eine Tafel mit – eine Ausstattung im Wert von 2.800 Dollar, eine 
riesige Summe für eine so kleine Gemeinde.

"Die jüngste Reihe von Zerstörungen von Schulen und Konfiszierungen in 
der Westbank sind Teil eines größeren Angriffs auf (Schul-)Bildung in 
Palästina", stellte der Norwegische Flüchtlingsrat fest. Nach dieser 
Organisation sind derzeit etwa 55 Schulen in der Westbank von 
Anordnungen der Besatzungsmacht zur Zerstörung oder dem sogenannten 
"Baustopp" bedroht. Viele liegen in der Zone C, den ungefähr 60% der 
Westbank, die nach den von Israel und der PLO Anfang der 1990-er Jahre 
unterzeichneten Osloabkommen sich unter voller israelischer Kontrolle 
befinden.

Viele dieser Schulen sind mit Spenden finanziert worden, 
einschließlich von Regierungen von EU-Mitgliedsländern.

"Israel verweigert den meisten Palästinensern in der Zone C 
Baugenehmigungen und lässt damit Palästinensern keine andere Wahl als 
ohne Genehmigungen zu bauen und zu entwickeln, während sich in der 
Nachbarschaft israelische Siedlungen, die in Verletzung des 
Völkerrechts errichtet wurden, weiterhin ausdehnen", stellte der 
Norwegische Flüchtlingsrat fest.

Massive Zerstörungen  - Die Zerstörung palästinensischer Infrastruktur 
durch Israel, die von internationalen Gebern finanziert wurde, erfolgt 
unablässig und systematisch. In den letzten Jahren hat Israel 
EU-finanzierte Projekte wie Schulen, Spielplätze und 
landwirtschaftliche Initiativen im Wert von mindestens 74 Millionen 
Dollar zerstört. Analysten nehmen an, dass die EU das ganze Ausmaß der 
Zerstörungen durch Israel herunterspielt, um Schwierigkeiten zu vermeiden.

Die iraelische Zeitung Haaretz berichtete letztes Jahr, dass es 
wachsenden Druck von Mitgliedern des Europäischen Parlaments auf die 
EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini gab, Israel in dieser 
Angelegenheit energischer zur Rede zu stellen. Aber statt dessen 
scheint die EU ihre bedingungslose Unterstützung für Israel zu 
verstärken. En hochrangiger Beamter versprach kürzlich Unterstützung 
der EU für die israelischen Bemühungen Kritik an ihrer Politik zum 
Schweigen zu bringen, unter dem Deckmantel des Kampfs gegen 
Antisemitismus. Auch fahren EU-Beamte fort die gewaltfreie 
BDS-Bewegung mit der Behauptung schlecht zu machen, die EU könne nicht 
sicher beweisen, dass BDS-Aktivitäten (nicht) zu einem Anstieg von 
antisemitischen Vorfällen geführt hätten.

Die EU fährt auch fort, israelische Folterer und Rüstungsproduzenten 
finanziell zu unterstützen.

Leere Worte - Im Juni konfiszierte Israel eine Solaranlage und einen 
Dieelgenerator in Jubbet al Dhib, die von den Niederlangen gespendet 
worden waren und auf einen Wert von hunderttausenden Dollar geschätzt 
werden.

Die niederländische Regierung sandte Israel einen Brief, in dem es 
gegen die Entfernung protestierte und sagte, "sie würde derzeit 
prüfen, welche weiteren Schritte unternommen werden können". Haaretz 
berichtete, "diese  sanft formulierten Statements verbergen die 
kochende Wut in der Regierung der Niederlande, einem engen Freund 
Israels, über den Schaden an dem humanitären Projekt".

Und über die Zerstörung in Jubbet al Dhib im August hat die belgische 
Regierung ihre Verärgerung wissen lassen. "Diese neuen Zerstörungen 
und Konfiszierungen von unverzichtbarer Infrastruktur ist 
inakzeptabel", sagten der Außenminister des Landes Didiers Reynders 
und Entwicklungsminister Alexander De Croo in einem gemeinsamen 
Statement. "Durch das Unterminieren solcher humanitärer Projekte 
verstößt Israel gegen seine internationalen Verpflichtungen als 
Besatzungsmacht, insbesonders gegen die Vierte Genfer Konvention, die 
sich auf den Schutz der zivilen Bevölkerung in Kriegszeiten bezieht", 
fügte die belgische Regierung hinzu. Starke Worte in der Tat, aber mit 
beruhigenden Zusicherungen, sodass Israel keine Konsequenzen fürchten 
muss.

"Von der israelischen Regierung werden Erklärungen und Schadensersatz 
verlangt", sagten die Minister. "Belgien ist nicht der einzige 
internationale Geber, der durch diese Art von Zerstörungen betroffen 
wurde. Es wird gemeinsam mit seinen Partnern fortfahren wie in der 
Vergangenheit daran zu arbeiten, die israelische Regierung zu 
ersuchen, diese Zerstörungen zu beenden."

Es gibt nicht den leisesten Hinweis darauf, was Belgien machen würde, 
wenn Israel seine höflichen Bitten ignoriert, aber wenn man die 
Vergangenheit betrachtet, wird es – wie die EU – absolut gar nichts tun.

Schlag uns noch einmal - "Die Zerstörung von Bildungsinfrastruktur, 
die mit europäischem Geld finanziert worden ist, ist nicht nur eine 
Verletzung des Völkerrechts", sagt Hanibal Abiy Worku, der Direktor 
des Norwegischen Flüchtlingsrates-Palästina. "Es ist auch ein Schlag 
ins Gesicht der internationalen Gemeinschaft, die Hilfe für die 
besetzte palästinensische Bevölkerung zur Verfügung stellt, um für die 
Kinder für sichere Orte zum Lernen zu sorgen."

Mit ihrer Untätigkeit haben die EU und Regierungen ihrer Mitglieder 
Israel wieder einmal eine klare Botschaft gesandt: bitte, schlag uns 
und unsere Steuer zahlenden Bürger noch einmal und bleib dabei Schulen 
und Leben der Palästinenser zu zerstören.

Übersetzung: K. Nebauer

Quelle:
https://electronicintifada.net/blogs/ali-abunimah/eu-lets-israel-destroy-west-bank-schools-it-funded


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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
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fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
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