[E-rundbrief] Info 1610 - C. Ronnefeldt, IVB-D - Ostermarschrede 15.4.2017

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Sa Apr 15 20:27:10 CEST 2017


E-Rundbrief - Info 1610 - Clemens Ronnefeldt (Internationaler 
Versöhnungsbund - D): Ostermarschrede in Ellwangen am 15. April 2017.

Bad Ischl, 15.4.2017

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Ostermarschrede in Ellwangen am 15. April 2017

von Clemens Ronnefeldt,

Referent für Friedensfragen beim deutschen
Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes


Liebe Friedensbewegte,

der Ostermarsch in diesem Jahr fällt in eine besondere Zeit: Nach der
neuerlichen Freisetzung von Giftgas in Syrien gibt es eine westliche
und eine syrisch-russische Erklärung, die sich widersprechen.

Der US-amerikanische Politikwechsel in Syrien hin zu einem Angriff mit
59 Marschflugkörpern hat zum vermutlich höchsten Spannungsgrad der
us-amerikanisch-russischen Beziehungen seit 1989 geführt.

Dass die Bundesregierung und auch andere europäische Staaten den
völkerrechtswidrigen US-Raketenangriff ohne Klarheit bezüglich der
Verantwortlichkeiten für den Austritt des Giftgases in Syrien und noch
vor Abschluss eines internationalen Untersuchungsberichtes
gerechtfertigt haben, ist für mich ein Skandal.

Zwischen Nordkorea und den USA wächst die Eskalationsgefahr, weil
Nordkorea sich offenbar auf einen neuen Atomtest vorbereitet und die
USA mit einem Flottenverband samt Flugzeugträger Stellung bezogen
haben - bereit zum Angriff.

Die größte konventionelle 10-Tonnen-Bombe im US-Arsenal wurde am
vergangenen Donnerstag über Afghanistan auf einen Tunnel-Komplex des
sogenannten Islamischen Staates abgeworfen. Am gleichen Tag wurde in
den USA die auch für Büchel in der Eifel vorgesehene modernisierte
Version der Atombombe B61-12 bei einem Abwurf ohne Sprengkopf
getestet.

Während in westlichen Medien wochenlang die zu verurteilende massive
Gewalt russischer und syrischer Bomben auf Aleppo gezeigt wurde,
erfahren wir von der ebenso zu verurteilenden massiven Gewalt der
US-geführten Koalition und deren Bomben auf Mossul relativ wenig.

Terroranschläge in Stockholm mit einem LKW und in Dortmund mit
Sprengsätzen verbreiten Angst und Schrecken.

Nicht vorenthalten möchte ich Ihnen eine Auflistung von Schlagzeilen,
die es nicht auf die Titelseiten geschafft haben, z.B.:

- In Sudan, Somalia und anderen afrikanischen Nachbarstaaten droht
rund 20 Millionen Menschen der Hungertod.

- Bombardierungen vor allem des westlichen Verbündeten Saudi-Arabien
in Jemen stürzen mehr als die Hälfte der Bevölkerung Jemens ins Elend.

- Nato-Partner Türkei bombardiert kurdische Zivilbevölkerung - 500 000
Menschen wurden in der Osttürkei bereits zu Flüchtlingen.

- Im März 2017 sind in Syrien und Irak 3417 Zivilisten durch
US-geführte Militäraktionen getötet worden - etwa doppelt so viele wie im
Februar 2017 (vgl. Südd. Zeitung, 15./16./17.4.2017, S. 9).

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

jenseits aller kurzlebiger Schlagzeilen der letzten Wochen möchte ich
unseren Blick heute schärfen für das, was an grundlegenden Vorgängen
der letzten Jahre hinter diesen aktuellen Ereignissen steckt - und wo
es für uns hinzuschauen und anzupacken gilt.

Die westlichen Militärinterventionen seit 2001 in Afghanistan, Irak
und Libyen haben mehr als eine Millionen Tote nach sich gezogen, dazu
Millionen Verletzte an Leib und Seele, unzählige Flüchtlinge und
weithin zerstörte Länder.

Der Plan der Regierung von US-Präsident George W. Bush, auch im Iran,
das von ihm zusammen mit Irak und Nordkorea auf der "Achse des Bösen"
verortet wurde, einen Regime-Wechsel durchzuführen, scheiterte.

Von rund 17 Billionen Dollar Staatsverschuldung in den USA entfallen
rund die Hälfte auf die Kriegskosten seit 2001 in Afghanistan und
Irak. Eine neue größere Militärintervention mit US-Bodentruppen z.B.
in Syrien wäre für Präsident Obama allein aus Kostengründen nicht
infrage gekommen.

In das entstandene Machtvakuum nach dem Abzug eines Großteils der
US-Truppen im Mittleren Osten sind nun neue Akteure gestoßen, die um
die Vorherrschaft in der Region kämpfen: Allen voran Saudi-Arabien und
Iran mit ihren jeweiligen Verbündeten.

Ohne die Schwäche der US-Politik hätte Russland es vermutlich nicht
gewagt, in Syrien seine Interessen in dieser massiven Form
wahrzunehmen und sich - zuvor von US-Seite als "Regionalmacht"
gedemütigt - zum ersten Mal seit 1989 wieder als "Weltmacht"
einzumischen.

Bis neue Machtbalancen im Mittleren Osten sich ausgependelt haben,
wird es vermutlich noch einige Zeit dauern. Den Preis zahlen derzeit
die leidenden Menschen in Syrien, Irak und Jemen, aber auch mehrere
Millionen Flüchtlinge im Libanon, in Jordanien, der Türkei und in
Europa - so auch bei uns in Deutschland.

Dass es im Jahr 2016 in Deutschland mehr als 1000 Angriffe auf
Asylheime gab und das ganze Land nach rechts rückte, ist Besorgnis
erregend. Auf der anderen Seite haben sich noch nie so viele Menschen
für Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Sprachkursen oder bei der
Beschaffung von Wohnungen und Arbeitsplätzen engagiert.

Der Konflikt um Syrien begann im Frühjahr 2011 als lokaler Kampf der
syrischen Bevölkerung um mehr Freiheit angesichts der massiven
Unterdrückung durch die Regierung Assad.

Zum regionalen Kampf zwischen dem mehrheitlich schiitischen Iran und
dem mehrheitlich sunnitischen Saudi-Arabien kam bald die
internationale Dimension hinzu: Zwischen Europa und den USA auf der
einen Seite sowie Russland und China auf der anderen Seite.

Wegen der geostrategischen Lage Syriens an der Pforte zu Europa und
u.a. auch der Tatsache, dass nahezu alle möglichen Erdgas- oder
Erdöl-Pipelines von der arabischen Halbinsel oder Iran nach Europa
durch Syrien und die Türkei führen, erhielt der Krieg in Syrien auch
noch weltpolitische Dimensionen.

Was bräuchte Syrien vordringlich?

1. Den Stopp aller Waffenlieferungen an die Kriegsakteure in Syrien
durch ihre jeweiligen Verbündeten, ebenso aller Unterstützungsleistungen.

2. Die Ausweitung lokaler Waffenstillstände zu einem landesweiten
Waffenstillstand.

3. Die Einrichtung von sicheren Korridoren am Boden durch
UN-Blauhelme.

4. Der Zugang für Hilfsorganisationen zu den Hungernden und
Verwundeten.

5. Die Stabilisierung der Nachbarländer durch Unterstützung der dort
lebenden Flüchtlinge.


Unterstützen wir die Petition:  „NEIN zum Bundeswehreinsatz in Syrien
– JA zu zivilen Lösungen“. Die Aufklärungs-Tornados der Bundeswehr
haben unlängst Bilder geliefert, die bei der nachfolgenden
Bombardierung zu zivilen Todesopfern führten. Fordern wir die
Bundestagsabgeordneten auf: Stimmen Sie beim nächsten Mal gegen die
Verlängerung des deutschen Bundeswehreinsatzes in Syrien und für die
Ausweitung humanitärer Hilfe.

Über die Airbase Ramstein in der Pfalz läuft die gesamte Drohnen-
Kommunikation in Afrika sowie im Nahen und Mittleren Osten.
Es sind völkerrechtswidrige Tötungen, bei denen regelmäßig eine
große Zahl von Zivilisten umgebracht wird. Es wird Zeit, dass
die Bundesregierung endlich verhindert, dass von deutschem
Boden regelmäßig Mordkommandos durchgeführt werden.


Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Was mir neben Syrien große Sorge bereitet, ist der wieder entflammte
Ost-West-Konflikt. Trotz gegenteiliger Zusagen der beiden
Außenminister James Baker und Hans-Dietrich Genscher 1990 an die
russische Seite, dass die Nato keine Osterweiterung vornehmen wird,
stehen heute Nato-Panzer im Baltikum an der Grenze zu Russland.

Was haben im Jahre 2017 deutsche Panzer an der Grenze zu Russland
verloren - gerade einmal acht Jahrzehnte nach all dem Leid, das der
deutsche Nationalsozialismus über Russland gebracht hat?

Mit der Aufnahme von Estland, Lettland, Litauen, Polen, Slowakei,
Ungarn, Rumänien und Bulgarien als Vollmitglieder in die Nato ist es
einigen US-Strategen gelungen, einen Keil insbesondere zwischen das
rohstoffreiche Russland und das wirtschaftlich starke Deutschland zu
treiben, wobei die Ukraine in den letzten Jahren als zusätzlicher
Spaltpilz diente.

Gegenseitige Spannungen oder gar Sanktionen und daraus resultierende
Wirtschaftseinbußen sind weder im Interesse Moskaus noch Berlins.

Im Interesse Washingtons sind sie sehr wohl, weil sie die eurasische
Konkurrenz schwächen, den wirtschaftlichen Niedergang der USA abfedern
und zusätzlich der US-Rüstungsindustrie neue Aufträge verschaffen.

Nach den verlorenen Kriegen in Afghanistan und Irak "leidet" die
US-Rüstungsindustrie an einer Auftragsnachfrage, weil seit dem Abzug
eines Großteils des US-Militärs aus diesen beiden Ländern weniger
Waffen und Militärgeräte verbraucht werden.

Deutschland gibt derzeit 1,2% seiner Wirtschaftsleistung (BIP) für
Rüstung aus, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen möchte der
US-Forderung nach einer Erhöhung auf 2% bis zum Jahre 2024 nachkommen.
2017 lag der Rüstungshaushalt bei rund 37 Milliarden Euro, 2024 würde
er bei 70,6 Milliarden Euro liegen.

Zum Vergleich: Der Rüstungsetat Russlands lag 2015 umgerechnet bei ca.
66 Milliarden US-Dollar, die US-Rüstungsausgaben bei ca. 596
Milliarden US-Dollar - und sollen nach den Plänen von US-Präsident
Trump um weitere 54 Milliarden US-Dollar erhöht werden.

Welchen Grund gäbe es vor dem Hintergrund dieses eklatanten
Ost-West-Gefälles für Deutschland, noch weiter aufzurüsten und damit
einen neuen Rüstungswettlauf anzutreiben?

Wäre es nicht gerade das Gebot der Stunde, aus der aktuellen
Ost-West-Konfrontationsspirale auszusteigen und zur Kooperation durch
Dialog, Abrüstung und vertrauensbildende Maßnahmen zurück zu finden?

"Kommt endlich zur Vernunft - Nie wieder Krieg!" lautet der
programmatische Buchtitel von Michail Gorbatschow.

Rund 150 Familien - von mehr als 320 Millionen Menschen in den USA -
haben rund 5 Milliarden Dollar für die Wahlkämpfe von Hillary Clinton
und Donald Trump bereit gestellt.

Herausgekommen ist eine Regierung aus Milliardären und Millionären,
die zuvor größtenteils in der Wirtschaft tätig waren - und nun
offenbar die Interessen ihrer ehemaligen Konzerne über alle Grenzen
des Umweltschutzes, der sozialen Verantwortung und der Vernunft hinaus
bedienen.

Im Jahre 2016 hatten nach Recherchen der Organisation "Oxfam" acht
Einzelpersonen auf dieser einen gemeinsamen Welt soviel Reichtum
angehäuft wie die gesamte ärmere Hälfte der Menschheit - rund 3,6
Milliarden Menschen.

"Diese Wirtschaft tötet" - dieser Satz von Papst Franziskus trifft
m.E. den Kern vieler aktueller Probleme. Zu Ostern, dem Fest des
Lebens über den Tod, passt auch die Formulierung des Papstes, der
Rüstungsunternehmen als "Händler des Todes" bezeichnet hat und dieser
Branche vorwarf, sie verewige den Krieg, um Gewinn zu machen (1).

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Was machen wir mit all dem Wissen um die drohenden Gefahren?

Keine der großen Herausforderungen, vor denen die Menschheit steht -
u.a. Klimawandel, Wasser- und Lebensmittelknappheit, Ressourcenmangel,
die Kluft zwischen Arm-Reich, Flüchtlinge - lässt sich militärisch
lösen. Im Gegenteil: Militär zählt zu den größten Verbrauchern von
fossilen Rohstoffen und verschärfte Krisen, wo immer in den letzten
Jahren interveniert wurde.

Notwendig wäre der Ausbau von zivilen
Konfliktbearbeitungsmöglichkeiten, die Stärkung der OSZE und der
Vereinten Nationen.

Die Milliardenbeträge, die nun zusätzlich für Kriegsgerät ausgegeben
werden sollen, erfreuen die Rüstungsindustrie und deren Lobbyisten,
fehlen aber dringend sowohl bei den Sozialausgaben in Deutschland wie
auch bei der Mitfinanzierung eines Planes, mit dessen Unterstützung
Menschen auf der südlichen Erdhalbkugel zukünftig ihre
lebensnotwendigen Grundbedürfnisse sichern könnten.

Vielen Menschen ist bewusst, dass das 2-Grad-Erderwärmungsziel bis zum
Jahre 2050 nur eingehalten werden kann, wenn 80 Prozent aller weltweit
bekannten Vorräte an Öl, Gas und Kohle in der Erde verbleiben. Lassen
wir nicht zu, dass die großen Energiekonzerne die Energiewende hin zu
erneuerbaren Energien durch Druck auf die Bundesregierung weiter
ausbremsen!

Konzepte wie Postwachstums- und Gemeinwohlökonomien, Bioregionalismus
und das "Lassen" jener Handlungen, welche die Lebenschancen anderer
Menschen und zukünftiger Generationen mindern, sind überzeugend - aber
noch wenig umgesetzt.

Einfach leben, damit andere einfach überleben, Teilen statt Töten, den
mit Überfluss gefüllten Tisch länger statt Zäune höher machen - diese
Botschaften bei immer enger werdenden Spielräumen umzusetzen, wird
eine politische und geistige Herausforderung werden.

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

Welche Friedens-Hoffnungszeichen gibt es derzeit, die uns Mut machen
können?

- Nach Protesten von Friedensbewegten in Köln sagte die Messeleitung
Köln die Militär- und Waffentechnik-Messe Itec für das Jahr 2018 ab.
Auf der letzten Itec-Messe im Jahre 2014 hatten noch 110
Rüstungsunternehmen ihre todbringenden Produkte ausgestellt (2).

- Durch massive Proteste aus der Zivilbevölkerung - u.a. von der
Kampagne "Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel" - sind bis heute keine
neuen Panzer an Saudi-Arabien ausgeliefert worden.

- Die Europäische Investitionsbank (EIB) erteilte Ende letzten Jahres
den Vorschlägen der EU-Kommission zur Finanzierung von
EU-Rüstungsprojekten eine Absage. Begründung: Sie müsse sich
refinanzieren bei Anlegern, die ganz klar die Finanzierung von Rüstung
aus ethischen Gründen ausgeschlossen haben (3).

- Private und institutionelle Anleger, die sich der globalen
Divestment-Bewegung angeschlos-sen haben und aus Investitionen mit
Verbindungen zu fossilen Energien aussteigen, verfügen mittlerweile
über ein Gesamtvermögen von mehr als 5 Billionen US-Dollar (4).

- Zweidrittel aller Staaten der Erde haben am 27. März 2017 bei der
UN-Vollversammlung die Abschaffung sämtlicher Atomwaffen gefordert -
leider ohne Anwesenheit eines Vertreters der Bundesregierung.

Liebe Friedensbewegte,

wie könnte unser Friedenshandeln konkret aussehen?

- Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall will in der Türkei eine
Panzerfabrik bauen – zur Bewaffnung von Präsident Erdogans Armee.
Diese setzt besonders im Osten des Landes Panzer ein, wodurch die
kurdische Zivilbevölkerung vertrieben wird.  Der Bundestag kann den
Panzer-Deal noch stoppen. Die Organisation "Campact" hat zu einer
entsprechenden Unterschriften-Kampagne aufgerufen.

- In der Nähe von Magdeburg engagieren sich Friedensbewegte in der
ersten August-Woche, um mit der Kampagne "Krieg beginnt hier" darauf
hinzuweisen, dass auf dem nahe gelegenen Gefechts-Übungszentrum
Altmark von deutschem Boden aus Kriege eingeübt und vorbereitet
werden.

- In Büchel protestieren 45 verschiedene Gruppen vom 26. März bis 9.
August 2017 gegen die Modernisierung und für den Abzug der letzten
Atomwaffen auf deutschem Boden.

- Rund um die Rüstungsregion Bodensee haben Gruppen am 4. März 2017
einen Internationalen Bodensee-Friedensweg gestartet, der am 17. April
mit einem Friedenslauf um den Bodensee endet. Statt
Rüstungsarbeitsplätze braucht die Region einen umfassenden
Konversionplan und einen Rüstungskonversions-Fonds wie in Thüringen,
um auf zivile Produktion umzustellen.

Liebe Friedensbewegte,

am morgigen Sonntag entscheidet sich in der Türkei, welche Richtung
das Land einschlägt: Wird es zur Einführung des Präsidialsystems
kommen - oder nicht? Was wird aus den beiden im Bau befindlichen
Atomkraftwerken? Verfolgt die Türkei ausschließlich zivile
Atomambitionen - oder gibt es auch ein bisher nicht öffentlich
gemachtes Atomwaffenprogramm?

Am 23. April und am 7. Mai 2017 sind Präsidentschaftswahlen in
Frankreich - bei denen Marine Le Pen Chancen eingeräumt werden. Sollte
sie gewinnen und Frankreich aus der EU führen, würde dieser Schlag die
Europäische Union vermutlich noch härter treffen als der Brexit, weil
Frankreich gemeinsam mit Deutschland als "Motor" der EU gilt.

Im Juni 2017 jährt sich der 50. Jahrestag der Besatzung des
palästinensischen Westjordanlandes und der syrischen Golanhöhen.
Menschen im Gazastreifen leiden noch immer unter den letzten
israelischen Kriegseinsätzen und werden wegen der Verschlechterung des
Trinkwassers dort bald nicht mehr überleben können.

Der ungelöste Nahost-Konflikt steht derzeit im Schatten des
Syrien-Krieges.  Eine Lösung zwischen Israel und Palästina würde weit
in die gesamte Region hinein positiv hineinstrahlen, ist aber beim
geplanten Gipfeltreffen im Sommer 2017 auf Einladung von Präsident
Donald Trump nicht zu erwarten.

Am 7. und 8. Juli 2017 findet in Hamburg der G 20-Gipfel statt, zu dem
US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin
erwartet werden. Schon jetzt bereiten sich Friedens- und
Solidaritätsgruppen aus ganz Europa auf dieses Ereignis vor, auf dem
vermutlich Entscheidungen mit globalen Auswirkungen getroffen werden.

Im September 2017 stehen Bundestagswahlen an. Wird unser Land weiter
von einer die politische Kultur lähmenden großen Koalition regiert
werden - oder wird es einen Wechsel hin zu einer sozialeren Politik
geben, die eine Vermögenssteuer einführt, die Agenda 2010 - und auch
Auslandseinsätze der Bundeswehr beendet?

Liebe Friedensfreundinnen und Friedensfreunde,

es braucht den Einsatz vieler Menschen, die sich aktiv für Demokratie,
gegen Ungerechtigkeit, weiteren Sozialabbau und für den Erhalt des
Friedens einsetzen.

Die Delegitimierung jeder Form von Gewalt, ganz besonders des Krieges,
die Verbreitung der Grundsätze gewaltfreien Handels und die Schaffung
einer Kultur des Friedens durch konsequente Friedenserziehung stehen
als Aufgaben vor uns.

Besonders junge Männer sind gefährdet, dem Mythos, dass Gewalt retten
und vom jeweiligen Bösen erlösen könnte, zu erliegen - weil sie ihm
ständig und auf allen Kanälen ausgesetzt sind. Junge Menschen brauchen
- gerade auch in Syrien, Irak oder Afghanistan - berufliche und
private Perspektiven, wo sie ihre Kraft konstruktiv im Dienst am Leben
einsetzen können - statt in Kriege zu ziehen.

Statt einer Personalisierung der Politik und dem Irrglauben, Personen
wie die Präsidenten Trump, Putin, Erdogan oder Assad seien allein
verantwortlich für Fragen von Krieg und Frieden, scheint mir immer
wichtiger, die hinter den Gewalt-Entscheidungen stehenden
wirtschaftlichen Strukturen und Rüstungslobby-Tätigkeiten zu
delegitimieren, um künftige Kriege zu vermeiden.

Für die große Politik im Kampf gegen den so genannten Islamischen
Staat oder Terroristen wie auch für das Engagement der
Friedensbewegung gilt die Warnung des Philosophen Friedrich Nietzsche:
"'Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum
Ungeheuer wird".

Carl Gustav Jung schrieb: "Man wird immer zu dem, was man am stärksten
bekämpft".

Und Martin Luther King sagte: "Die größte Schwäche der Gewalt ist,
dass sie in eine Abwärtsspirale führt, die genau das, was sie
zerstören will, erzeugt" (5).

Initiativen zu mehr Gerechtigkeit und Frieden sind noch selten von
denen ausgegangen, die von ungerechten Privilegien profitiert haben.
Daher sehe ich es als Aufgabe der Zivilgesellschaft - und damit von
uns allen - an, von unten her Unrechtsstrukturen die bisherige
Unterstützung zu entziehen und z.B. fossilen Stromanbieter und Rüstung
finanzierenden Banken zu kündigen.

Gleichzeitig brauchen wir aber auch eine jetzt schon gelebte "Kultur
des Friedens" mit Mehrgenerationen-Häusern, Repair-Cafes und
Treffpunkten zum Feiern mit Menschen, die vor Gewalt und Krieg zu uns
geflohen sind.

Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! - der alte Slogan aus der
Zeit nach dem 2. Weltkrieg ist wieder höchst aktuell geworden.

Die Zeit drängt zu besonnenem Friedens-Handeln. Wer den gegenwärtigen
Entwicklungen passiv zuschaut, bleibt m.E. ein Teil des Problems.

Daher: Lasst uns gemeinsam für Frieden, Gerechtigkeit und die
Bewahrung dieses Planeten eintreten, wo jede einzelne Person an ihrem
Platz Einfluss und Gewicht hat.

Danke für ihr und euer Interesse an meiner Rede!

Clemens Ronnefeldt, Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig
des Internationalen Versöhnungsbundes



(1) http://www.spiegel.de/panorama/papst-franziskus-kritisiert-
waffenbranche-a-1040023.html

(2) Kölner Stadtanzeiger vom 30.11.2016, S. 24
http://www.ksta.de/koeln/-itec-bei-koeln-messe-protest-gegen-
ruestungsmesse-1927434

(3)
http://www.sueddeutsche.de/politik/europaeische-verteidigung-die-bank-
spielt-nicht-mit-1.3273463

(4) Neue Energie, Ausgabe 02/2017, S. 21.

(5) Die Zitate von Nietzsche bis M. L. King verdanke ich Walter Wink,
Verwandlung der Mächte. Eine Theologie der Gewaltfreiheit.  Regensburg
2014,  S. 109f.



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