[E-rundbrief] Info 1522 - Leonardo Boff: ...die Macht mit illegalen Mitteln ergreifen
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
So Mai 15 11:27:31 CEST 2016
E-Rundbrief - Info 1522 - Leonardo Boff (BR): Die an der Wahlurne
scheiterten, wollen die Macht mit illegalen Mitteln ergreifen.
Bad Ischl, 15.5.2016
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
================================================
Die an der Wahlurne scheiterten, wollen die Macht mit illegalen
Mitteln ergreifen
Leonardo Boff
14/05/2016
Mitten in der aktuellen Diskussion über Korruption müssen wir
aufdecken, was vor dem unkritischen Auge verborgen oder übersehen
wird. Was ist verborgen? Der anhaltende Wille der beherrschenden
Gruppen, die nicht akzeptieren, dass es den Volksmassen immer mehr
gelingt, sich die minimalen Bürgerrechte anzueignen, und die diese am
liebsten dort behalten würden, wo sie schon immer gehielten wurden: am
Rand der Gesellschaft als billige Reservearmee zu ihren Diensten.
Die Ermittlung der Petrobras-Verbrechen durch die Rechtspolizei
schließt große Unternehmen ein, die PT (Arbeiterpartei) sowie viele
andere Parteien, die PPS, PMDB und die PSDB, die von Subventionen und
Beiträgen für ihre Kampagnen profitierten. Warum werden die
Ermittlungen in einer solchen Art und Weise durchgeführt, dass sie
sich nur auf PT-Mitglieder konzentrieren? Der Hauptzweck scheint nicht
in der Verurteilung der Verbrechen zu beruhen, die selbsverständlich
untersucht, verurteilt und bestraft werden müssen. Doch nicht nur die
PT allein ist darin verwickelt. Die Mehrheit der großen politischen
Parteien ist tief darin verstrickt. Wer von ihnen erhielt nicht
Millionen von Petrobras und anderen Unternehmen für ihre
Wahlkampagnen? Warum ermittelt das Öffentliche Ministerium, die
Bundespolizei und Sergio Moro nicht gegen sie, da sie vorgeben, das
Land säubern zu wollen? Hat auch nur einer von ihnen seinen Landsitz
oder irgendein anderes Besitztum veräußert, um damit ihre politischen
Millionen-Dollar-Kampagnen zu finanzieren? Sie wurden finanziert aus
Schwarzen Kassen, was zwar illegal ist, aber als geläufige Praxis in
unserer Low-Level-Demokratie angesehen wird.
Es ist verlogen und irreführend zu denken, dass diese Institutionen,
einschließlich der diversen Branchen des Justizsystems bis zu den
obersten Abteilungen, nicht voll von Voreingenommenheit und Ideologie
wären. Lassen wir uns das von den Kennern der Ideologie sagen. Unter
ihnen zeigten Jürgen Habermas und Michel Foucault, dass kein
öffentlicher Raum immun ist gegen gewisse Interessen, und daher auch
nicht gegen ideologischen Diskurs, und sich nicht zweckfrei bewegt.
Die Erzählungen der “golpistas” betonen die vorgebliche Unabhängigkeit
dieser Instanzen und deren vermeintliche Neutralität. Die Realität
sowohl der Vergangenheit als auch der Gegenwart lehren uns etwas ganz
anderes.
Ein fester ideologischer Zweck der Machtorgane, die mit der Polizei,
der richterlichen Gewalt und den Obersten Gerichten verbunden sind,
ausgeführt mit privaten Mittel der Massenkommunikation nationaler
Tragweite durch einen weithin bekannten Konservativen von wenn nicht
reaktionärem, so doch volksfeindlichem Charakter, würde als eine
Verbindung all dieser dienen, um eine gewisse Art von Ordnung
sicherzustellen, die ihnen schon immer genützt hat, und die jetzt die
PT und ihre Verbündeten beschränkt haben.
Warum dieser systematische Versuch, die Figur von Luiz Inacio Lula da
Silva zu zerstören, der gewaltsam dazu gebracht wurde, eine Erklärung
bei der Bundespolizei abzulegen, nachdem er dies bereits dreimal getan
hatte? Es ist der perverse Wille, ihn als Referenzpunkt für alle zu
zerstören, die in ihm den Politiker sehen, der wirklich von ganz unten
aus dem Volk kam, ein Überlebender des Hungers, der schließlich dank
seines Charismas an die Zentrale der Macht kam. Lula erreichte das
Höchste, das jemand erringen kann: seine Würde. Für die Machthaber war
das Volk immer nutzlos, unwissend und ein überflüssiges Pack. Nachdem
er lange darunter litt, wurde Lula es müde, seine Hoffnung auf
minimale Verbesserungen enttäuscht zu sehen. Die Versöhnung der
Klassen untereinander, der Grundton unserer politischen Klassen, wurde
immer vorgenommen, um den Weg für die mächtigen Gruppen des Landes zu
ebnen und um dem Volk den Wohlstand zu verwehren. Mit der PT wurde
diese Logik des Ausschlusses beendet.
Jetzt sehen wir das Ziel dieser Klassen, die nicht akzeptieren können,
dass sie eins die Macht verloren. Sie wollen die Macht um jeden Preis
zurück. Ihnen wurde klar, dass ihnen dies durch Wahlen nicht gelingen
würde. Ihre Anführer sind einfach zu mittelmäßig und es fehlt ihnen
ein Projekt, das dem Volk Hoffnung versprechen könnte, diese Lakaien
der globalisierten Herrschaftsmacht. Sie wollen ihr Ziel erreichen,
indem sie das Gesetz manipulieren, Hass und Intoleranz säen, wie es
sie nie zuvor in unserer Geschichte in diesem Ausmaß gegeben hat. Ja,
dies ist ein Klassenkampf. Dieses Thema ist noch nicht abgeschlossen.
Es ist keine Erfindung. Es ist Realität.
Es reicht schon aus zu sehen, was in den sozialen Medien gesagt wird.
Es scheint, das Tor zur Hölle hätte sich geöffnet, um laute,
schmutzige Rede herauszulassen, Respektlosigkeit und den Willen,
andere zu verteufeln.
Politik in Brasilien besteht nicht aus ideologischen Konfrontationen
oder unterschiedlichen politischen Projekten und verschiedenen
Lesarten unserer kritischen Situation, die nicht nur die unsere ist,
sonder die der ganzen Welt. Es ist etwas Perverseres: der Wille, Lula
zu zerstören oder die PT, und das ganze Volk gegen sie aufzubringen.
Sie haben Angst, dass Lula zurückkommt, um die Politik zu vollenden,
die für den Großteil der Bevölkerung von Vorteil war und ihm
Bewusstsein und Würde verlieh. Was die Machthaber am meisten fürchten
ist ein denkendes Volk. Sie möchten lieber unwissende Brasilianer, um
sie ideologisch und politisch beherrschen zu können und auf diese
Weise ihre eigenen Privilegien zu sichern.
Doch das wird ihnen nicht gelingen. Sie sind so begriffsstutzig und
einfallslos in ihrem Machthunger, dass sie dieselbe Taktik benutzen,
die 1954 gegen Getulio Vargas angwandt wurde, oder die Taktik von 1964
gegen João “Jango” Goulart. Sie werden nicht erfolgreich sein, denn es
gibt bereits ein gesteigertes Bewusstsein und einen Druck vom Volk
kommend, sodass sie sich nur lächerlich machen werden trotz ihrer
Sprachrohre in den Massenmedien, wahre “Mistkäfer” , die das
Schlimmste aufsammeln, das sie finden können, um weiterhin zu lügen,
zu verdrehen und um dramatische Szenarien zu erfinden, um die Hoffnung
des Volkes zu zerstören und so eher gewaltsam an die Macht
zurückkehren als durch demokratische Rechte.
Aber nein… “No pasarán”
Ubersetzt von Bettina Gold-Hartnack
https://leonardoboff.wordpress.com/2016/05/14/die-an-der-wahlurne-scheiterten-wollen-die-macht-mit-illegalen-mitteln-ergreifen/
--
Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Salzkammergut,
Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305 BIC: SKBIAT21XXX
--
Ausgezeichnet mit dem (österr.) "Journalismus-Preis von unten 2010"
Honoured by the (Austrian) "Journalism-Award from below 2010"
Mehr Informationen über die Mailingliste E-rundbrief