[E-rundbrief] Info 1433 - Israels Unterdrueckungstechnik in Brasilien
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Mo Mai 11 17:03:46 CEST 2015
E-Rundbrief - Info 1433 - Maren Mantovani (Stop the Wall) und Henrique
Sanchez (MOPAT - Movimento Palestina para Tod at s): Der Fall Brasilien:
Die Erfahrung Israels mit der Unterdrückung des palästinensischen
Volkes wird global.
Bad Ischl, 11.5.2015
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Der Fall Brasilien: Die Erfahrung Israels mit der Unterdrückung des
palästinensischen Volkes wird global
29 Apr 2015 – Elisa
Das zerbrochene Gewehr, April 2015, No. 102 (WRI)
Von: Maren Mantovani (Stop the Wall) und Henrique Sanchez (MOPAT -
Movimento Palestina para Tod at s).
In einer globalisierten Welt muss jede Analyse von Militarisierung und
repressiven Ideologien, Methodologien und Technologien auch die
Dynamik von grenzüberschreitendem Import und Export dieser Konzepte
und Werkzeuge mit einbeziehen. Einer der bedeutendsten Exporteure von
Unterdrückungs-Ideologie und -Technologie der Welt ist zweifelsohne
Israel. Mit über sechzigjähriger Erfahrung in der Unterdrückung des
palästinensischen Volkes und dessen Vertreibung aus ihren Gebieten
vermarktet Israel stolz seine Waffen für Krieg und
„Aufstandskontrolle“ als „einsatzerprobt“ – entweder durch wiederholte
intensive militärische Aggressionen gegen das palästinensische Gebiet
oder arabische Länder oder während der täglichen Unterjochung eines
Volkes unter Besatzung.
Es ist daher keine Überraschung, dass israelische Firmen unter den
Hauptakteuren für die Ausschreibungen über riesige Beträge an
„Sicherheits“-Ausgaben sind, die mit sogenannten Groß-Veranstaltungen
wie Weltmeisterschaften und Olympiaden zusammenhängen. Diese
Veranstaltungen sind zu einem der effektivsten Mittel geworden, große
Märkte für Kontroll- und Unterdrückungsmaßnahmen zu öffnen, da
Bedenken hinsichtlich Privatsphäre, Meinungsfreiheit und anderer
grundlegender Rechte im Hinblick auf die „Ausnahmesituationen“ solcher
Veranstaltungen beiseitegeschoben werden.
Die Gastgeberschaft für die Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen
Spiele 2016 ist in diesem Sinne beispielhaft: sie hat den israelischen
Militär- und Sicherheitsfirmen einen riesigen Raum für das Eindringen
in die brasilianischen Militär-, Polizei- und öffentlichen
Institutionen gegeben, mit langfristigen negativen Auswirkungen auf
das palästinensische sowie das brasilianische Volk.
Diese „Sicherheits“-Zusammenarbeit trägt zu dem Multimillardengeschäft
zwischen dem brasilianischen und israelischen Militär bei, das sich
über die letzten Jahrzehnte entwickelt hat und – im klaren Widerspruch
zu der diplomatischen Unterstützungsrhetorik für palästinensische
Rechte – Brasilien zum weltfünft größten Importeur von israelischen
Waffen gemacht hat.
Das hat eine wachsende Opposition innerhalb der brasilianischen
Sozial-Bewegungen erzeugt, und das Nationale Netzwerk der
Volkskomitees der Weltmeisterschaft, geschaffen zum Schutz der
Menschen vor Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der
Weltmeisterschaft, prangerte nicht nur den negativen Einfluss der
militärischen Kooperation mit Israel auf die brasilianische
Bevölkerung an, sondern erachtete das palästinensische Volk als eines
der direkt von den Spielen 2014 in Brasilien betroffenen Völker, durch
den enormen Geldfluss, den die „Sicherheits-„Ausgaben stellten, um die
israelische Militärindustrie zu unterstützen. Die olympischen Spiele
wiederholen ein ähnliches Szenario: das beste Beispiel ist die
Entscheidung des örtlichen Olympia-Komitees, die israelische Firma,
International Security & Defence Systems (ISDS) für die Koordination
des gesamten Sicherheitseinsatzes während der Spiele (mit
Gesamtausgaben von 2,2 Milliarden Dollar) einschließlich des Trainings
der brasilianischen Polizisten und Bereitstellung der Ausrüstung
anzuheuern. Zusätzlich wird ISDS Werbemöglichkeiten im Wert von 20
Millionen bekommen. ISDS hat bereits verschiedene Verträge für
„Sicherheit“ gehabt, einschließlich Athen (2004), Südafrika (2010) und
die panmerikanischen Spiele (2007). Dieses Mal hat jedoch die
Zivilgesellschaft eine Kampagne gestartet, um „diesen schändlichen
Vertrag zu stoppen“ 1.
Der Gründer und Vorstandsvorsitzende von ISDS, Leo Gleser, arbeitet
schon lange mit dem israelischen Militär und Geheimdienst zusammen.
Seine Firma basiert auf dieser Erfahrung mit Unterdrückung und
Massaker an dem palästinensischen Volk, die er gegen die Leute in ganz
Lateinamerika gerichtet hat. Lt. vorhandener Dokumentation war die
Firma seit ihrer Gründung im Jahre 1982 in Diktaturen und
Staatsstreiche in Honduras, Guatemala, El Salvador involviert und in
das Training der „Contras“ in Nicaragua. In Guatemala bot sie zur Zeit
des Völkermords offen Arten von „selektivem Terror“ an. In Honduras
trainierte sie während der Diktatur in den 80ern das militärische
Personal und lieferte Waffen, die bei dem Überfall auf die
brasilianische Botschaft verwendet wurden, in der Präsident Zelaya
nach seinem Sturz im Jahre 2009 Zuflucht gefunden hatte. Die Firma
spielt eine Schlüsselrolle in dem israelischen
Militärinterventionssystem, wie der israelische Journalist Yossi
Melman erklärt: „Das Verteidigungsministerium, das Außenministerium
oder die Mossad bekommen eine Anfrage auf Sicherheitsberatung oder
Training von Armee- oder Sicherheitsdiensten für den Machthaber eines
Landes – normalerweise ein Tyrann. Da die Autoritäten dem Machthaber
nicht direkt helfen können oder wollen, obgleich sie seine Anfrage für
die Förderung von Sicherheit oder politischen Interessen für wichtig
halten, beauftragen sie eine private Firma, die erbetenen Dienste zu
leisten." 2
Leider ist dieser schändliche Vertrag nur der Gipfel der
Infiltration des israelischen Militär- und Heimatschutzkomplexes in
Brasilien.
Im November 2009, einen Monat nachdem Brasilien als Gastgeber der
Weltmeisterschaft und der Olympiade gewählt worden war, kam der
frühere israelische Staatspräsident, Shimon Peres, mit einer
Delegation israelischer Geschäftsleute und versicherte Brasilien, dass
“bei allem, was Sie wünschen, sind wir bereit, Ihnen mit allen in
unserer Macht stehenden Mitteln zu helfen“ 3. Drei Monate später
organisierte die israelische Regierung ein Seminar über öffentliche
Sicherheit ausschließlich für die 8 brasilianischen Staatsbehörden,
die als Gastgeber der Weltmeisterschaft ausgewählt waren4. In diesem
Workshop wurden israelische Erfahrungen und Vorschläge hinsichtlich
Sicherheit bei Großereignissen, Antiterroraktionen besprochen und das
Konzept der „sicheren Stadt“ auf der Basis der israelischen
Überwachung aller Telefongespräche und Netzverbindungen im Gaza
vorgestellt. Zufälligerweise begannen brasilianische Politiker während
diesem Workshop öffentlich die Verabschiedung von
Antiterrorismusgesetzen zu verteidigen, durch die legal
Unterdrückungsaktionen während der Großereignisse unterstützen werden
könnten.
Später im gleichen Jahr wurde die in Tel Aviv stattfindende 1.
Internationale Konferenz zu öffentlicher Sicherheit 5 von ca. 90
brasilianischen Behörden, Sicherheitsmanagern und Geschäftsleuten
besucht, einschließlich Hilary Medeiros, Generaldirektor der
Sicherheit des örtlichen Weltmeisterschafts-Organisatorenkomitees. Ein
paar Tage nach dieser Konferenz kam es zu dem gefährlichsten Schritt.
General Jorge Felix, leitender Minister des institutionellen
Sicherheitskabinetts der brasilianischen Präsidentschaft,
unterzeichnete ein geheimes Militärkooperationsabkommen, worin auch
stand „Einzelheiten hinsichtlich Akkreditierung von Leuten,
Organisationen und Firmen zur Handhabung vertraulicher Angelegenheiten
und hinsichtlich bilateralem Transit geheimer Dokumente“. Diese
Abmachung spornte die israelische Regierung und Militärindustrie noch
mehr an, weitere Geheimdienst- und Heimatschutzverträge in Brasilien
zu gewinnen.
Zwischen 2010 und 2013 organisierte das israelische Konsulat in
Brasilien zahlreiche Treffen mit föderalen Behörden und örtlichen
Regierungen, um Methoden und Technologie der Unterdrückung und
vorgeschlagene Partnerschaften im „Sicherheitsbereich“ vorzustellen.
Diese Treffen konsolidierten institutionelle Verbindungen und
resultierten in einer Anzahl von Trainingskursen für Zivil- und
Militärpolizei. Viele Vorträge, Workshops und Foren, organisiert durch
örtliche und föderale Regierungsagenturen und Unternehmer, hatten
israelische Sicherheitsexperten (in den meisten Fällen ehemalige
Soldaten, die zu Unternehmern und Sicherheitsberatern wurden) als
Hauptforisten. In einigen Staaten hatte die Militärpolizei die
Aufgabe, Polizei und israelische Sicherheitsexperten zu Kursen zu bringen.
Die Israel-Connection ist sicher nicht an der Wurzel des endemischen
Ausmaßes an Menschenrechtsverletzungen durch die brasilianische
Polizei besonders gegen arme und schwarze Menschen. Als Amnesty
International jedoch letzte Woche die „Logik der Konfrontation mit dem
Feind“ innerhalb der Polizei als einen der Hauptgründe für die
zunehmende Polizeigewalt nannte, wurde klar, dass der israelische
Einfluss die Situation verschlimmert hat.
Für die Menschen in Brasilien ist das Erstarken militärischer
Beziehungen zwischen Brasilien und Israel eine ernsthafte Bedrohung,
da das militärische Hi-Tech-Material aus Israel vor allem gegen
schwarze und arme Jugendliche und soziale Bewegungen eingesetzt wird
und da das Polizeitraining und die Militärkooperationen ein
autoritäres, auf Strafe basierendes – und gescheitertes – Modell für
öffentliche Sicherheit konsolidiert, das dazu beiträgt, vorhandene
Gewalt durch den Staat auf ein noch dramatischeres Niveau zu bringen.
Die internationale Kampagne Boycott, Divestment and Sanctions (BDS)
against Israel, die im Jahre 2005 durch palästinensische Zivilisten
gestartet wurde, hat wachsende Unterstützung von sozialen Bewegungen
und der Zivilgesellschaft erfahren und erfolgreich Regierungen,
öffentliche Institutionen und Firmen unter Druck gesetzt, um deren
Zusammenarbeit und Komplizenschaft mit der israelischen Apartheid zu
stoppen. In Brasilien stärken Kampagnen für ein Militärembargo gegen
Israel – welches bereits zur Annullierung eines Regierungsprojektes
zur Unterstützung der israelischen Militärfirma Elbit Systems beim Bau
eines gesamten Luftfahrt-Technologie-Parks im Süden Brasiliens führte
– auch den Kampf um Entmilitarisierung der Polizei und für ein radikal
demokratisches Modell für öffentliche Sicherheit.
1
http://www.stopthewall.org/pt-br/2014/12/22/pelo-fim-do-contrato-que-nos...
2 http://www.haaretz.com/jewish-cowboy-1.184214
3 http://goo.gl/sjjnQ2
4 http://goo.gl/7oTY7p
5 http://goo.gl/YymdDr
Veröffentlicht in Das zerbrochene Gewehr, April 2015, No. 102
http://www.wri-irg.org/de/node/24556
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
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