[E-rundbrief] Info 1302 - Ukraine - Appelle, Kritiken, Berichte...

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Di Mär 4 16:28:42 CET 2014


E-Rundbrief - Info 1302 - Ergänzungen zu Berichten über die Situation 
in der Ukraine und die weltpolitischen Folgen, 4.3.2014

Bad Ischl, 4.3.2014

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Ergänzungen zu Berichten über die Situation in der Ukraine, 4.3.2014:

1. Erklärung der (deutschen) Kooperation für den Frieden zur 
Kriegsgefahr in Europa

Ukraine: Deeskalation statt Marsch in einen heißen Krieg

Die Kooperation für den Frieden, ein Dachverband der (deutschen) 
Friedensbewegung, dem mehr als 50 friedenspolitische Organisationen 
und Initiativen angehören, fordert die Regierungen in Ost und West 
auf, alles zu vermeiden, was die Situation in der Ukraine weiter 
verschärft. Sowohl alle Truppenbewegungen als auch die verbale 
Kriegsrhetorik beider Seitenmüssen gestoppt werden. Die 
völkerrechtswidrigen Handlungen Russland in der unabhängigen Ukraine 
müssen sofort beendet werden. Schluss sein muss genau so mit der 
unverantwortlichen Instrumentalisierung der Ukraine durch den Westen, 
der aggressiven Rhetorik im Stile des Kalten Krieges. Es darf keine 
militärischen Maßnahmen der NATO, noch Waffenlieferungen in die Region 
geben.

Die ukrainische Regierung selbst ist aufgefordert, die 
nationalistische Rhetorik sowie alle Truppenbewegungen einzustellen. 
Dazu gehört auch die sofortige Demobilisierung der gezogenen 
Reservisten. Wir warnen: Das Paktieren mit Faschisten führt in den 
Krieg! Die durch die Oligarchie und die korrupte Politik 
herbeigeführte desolate ökonomische Situation mit ihren verheerenden 
sozialen Auswirkungen für die Menschen darf nicht Anlass sein, durch 
chauvinistische Hetze auf einen ?äußeren Feind? abzulenken. Statt der 
langfristigen Eingliederung der Ukraine in die EU muss der Westen 
umgehend ökonomische und soziale Hilfe ohne Vorbedingungen und ohne 
das neoliberale Diktat des IWF leisten.

Verhandlungen, Gespräche, Mediation und zivile Konfliktbearbeitung 
sind das Gebot der Stunde. Wir brauchen keinen Abbruch von Gesprächen, 
wie die unverantwortliche Unterbrechung der G8 Vorbereitung, sondern 
mehr Kontakte, gerade auch mit Russland. Wir treten ein für einen 
Sondergipfel der OSZE, auf der Maßnahme der zivilen 
Konfliktbearbeitung im Mittelpunkt stehen müssen.

Wir setzen uns darüber hinaus ein für eine internationale 
Mediatorengruppe bestehend aus Friedens- und alternativen 
Nobelpreisträgern wie Kofi Annan, Maquire, Esquivel, Judy Williams und 
Paul Walker, aber auch Organisationen wie IPB und IPPNW, die umgehend 
Gespräche mit allen aufnehmen und einen sofortigen Stopp aller 
militärischen Aktivitäten vereinbaren. Das Kalte Kriegs Gerede sowohl 
der USA als auch Russlands ist kontraproduktiv, einer von den 
europäischen Regierungen gewünschten diplomatischen Lösung zum 
Durchbruch zu verhelfen. Die NATO hat in der Ukraine nichts zu suchen. 
Die globale Zangenstrategie der NATO gen Osten muss ebenso gestoppt 
werden wie die Stationierung der westlichen Raketenabwehr.

Unsere Solidarität gilt allen Menschen, die Aktionen gegen den Krieg 
in Moskau, in Kiew auf der Krim und überall organisieren. Die 
Kriegsgegner in Russland und der Ukraine, deren Verfolgung und 
Kriminalisierung wir verurteilen, müssen durch vielfältige Aktionen 
und Proteste auch in unserem Land unterstützt werden.

Auch 100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg gilt: Frieden kann nur durch das 
Handeln der Menschen gesichert und erreicht werden. Gerade unsere 
Regierung ist aufgefordert, statt deutsche Großmachtinteressen in der 
Ukraine zu praktizieren und damit zur weiteren Verschärfung des 
Konfliktes beizutragen, in der Tradition von Gustav Heinemann und 
Willy Brandt alles zu tun, dass sich durch das Primat der Diplomatie, 
Ausgleich und Versöhnung, Verhandlungen und zivile Konfliktbearbeitung 
durchsetzen.

Die Sprecher der Kooperation für den Frieden: Reiner Braun, Jens-Peter 
Steffen, Lucas Wirl

Berlin, 3.3.2014

www.koop-frieden.de

IALANA Marienstr. 19/20, 10117 Berlin 030-20654857, www.ialana.de

2. Ein Internet-Appell von Jürgen Todenhöfer, früher einmal 
CDU-Bundestagsabgeordneter und entwicklungspolitischer Sprecher der 
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, heute Buchautor und Friedensaktivist (vor 
allem im Hinblick auf die islamische Welt). Solche besonnenen Stimmen 
fehlen leider in der offiziellen EU-Politik:

Liebe Freunde, die Lage in der Ukraine ist dramatisch. Es droht Krieg 
in unmittelbarer Nachbarschaft der EU. Ich appelliere an die Führung 
Russlands und des Westens, von allen militärischen Aktionen abzusehen 
und eine friedliche Lösung zu finden. Gefragt ist Staatskunst, nicht 
Kriegskunst.

Manche europäische Politiker sollten sich fragen, wie nahe sie in 
Zukunft Russland "auf die Pelle rücken" wollen. Wie würden sie 
reagieren, wenn Moskau versuchen würde, Ungarn oder Österreich aus der 
EU herauszubrechen. Wir sind nicht die Herren der Welt.

Langfristig sollten wir Russland nicht als Feind, sondern als Partner 
behandeln. In unserem gemeinsamen Haus Europa. Mit einer fairen 
Partnerschaft würden wir strategisch, wirtschaftlich und 
menschenrechtlich viel mehr erreichen als mit den in Mode gekommenen 
Provokationen gegen Moskau. Mit dem russischen Bären spielt man nicht. 
Euer JT

3. FÜR EINEN UKRAINEGIPFEL

Jürgen Todenhöfer

Krieg ist ein Verbrechen, egal wer ihn beginnt oder provoziert. Es ist 
die verdammte Pflicht von Putin, Obama, der EU und den ukrainischen 
Konfliktparteien, Krieg zu vermeiden. Zum Beispiel durch 
Wiederbelebung der vor einer Woche von beiden Seiten akzeptierten 
Friedensvereinbarung, die vorgezogene Wahlen vorsah. Sie war am Tag 
danach durch radikale Kräfte gekippt worden. Auf einer Gipfelkonferenz 
könnte sie aktualisiert und international garantiert werden.

Gleichzeitig sollten die USA und die EU ihr Verhältnis zu Russland neu 
definieren. Es ist Mode geworden, Russland und Putin zu dämonisieren. 
Nicht erst seit Kiew oder Sotschi. Westliche Politiker gefallen sich 
darin, in Macho-Manier vor der Nase Moskaus die Herren der Welt zu 
spielen. Das ist nicht nur dumm, sondern, wie man sieht, auch 
gefährlich. Jede zündelnde Zockerei muss jetzt aufhören.

Ich habe mich als Bundestagsabgeordneter 18 Jahr lang kritischer als 
die meisten meiner Kollegen mit der Sowjetunion auseinandergesetzt. 
Die sowjetische Führung erklärte nach meinem heimlichen Marsch ins 
russisch besetzte Afghanistan öffentlich, sie werde mich "auspeitschen 
und erschießen lassen", wenn sie mich erwische.

Doch das ist Vergangenheit. Auch wenn einige westliche Politiker es 
noch immer nicht merken. Heute sollten wir im Interesse unseres 
Landes, Europas und des gesamten Westens Russland als PARTNER 
behandeln. Dieses Russland, das den Sowjetkommunismus abgeschüttelt 
hat und das Deutschland die friedliche Wiedervereinigung ermöglichte.

Wir sollten über den Tellerrand westlicher Selbstgefälligkeit und 
Selbstüberschätzung blicken. Eine Partnerschaft mit Russland - unter 
Beibehaltung des europäisch-amerikanischen Bündnisses - hätte 
geostrategisch nur Vorteile. Nicht nur in Asien - gegenüber China. 
Auch im Mittleren Osten. Ohne die aggressive Politik des Westens 
könnte Russland seinen Nachbarn gegenüber viel gelassener auftreten. 
Zum Beispiel gegenüber der Ukraine und hoffentlich auch gegenüber 
Tschetschenien,

Wirtschaftlich wäre ein Freihandelsabkommen mit Russland eine 
Riesenchance für beide Seiten. Russland ist an Bodenschätzen 
wahrscheinlich das reichste Land der Welt.

Russland ist kein lupenreiner Rechtsstaat. Das darf uns nicht 
gleichgültig sein. Aber sind die USA nach Guantanamo und dem 
NSA-Skandal noch ein lupenreiner Rechtsstaat?

Könnten wir gegenüber Russland nicht auf "Wandel durch Annäherung" 
setzen, wie wir das in den 70er Jahren mit Erfolg taten? Könnten wir 
Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte zur Abwechslung nicht einfach 
mal vorleben, statt unseren Gegnern ständig den erhobenen Zeigefinger 
unter die Nase zu halten? Wir kämen dadurch wahrscheinlich viel weiter 
als durch Konfrontation oder pharisäerhafte moralische Belehrungen. 
Die nimmt dem Westen nach seinen mörderischen Lügenkriegen in 
Afghanistan und Irak ohnehin niemand mehr ab.

Eine engere Partnerschaft mit Russland wäre die sicherste aller 
denkbaren Friedensgarantien für Europa. Alle größenwahnsinnigen 
Herrscher, die das vergaßen - von Napoleon bis Hitler- sind kläglich 
gescheitert. Es ist richtig: Russland gehört nicht zur EU, aber es 
gehört zu Europa.

Euer JT

PS: Eigentlich waren wir schon einmal fast so weit. Vor 13 Jahren 
erhob sich der Deutsche Bundestag nach einer Rede Putins und spendete 
ihm lang anhaltenden Beifall. Beide Seiten haben viel Zeit verloren. 
Und viel nachzuholen.

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4. Offener Brief von Johannes Voggenhuber (ehem. österr. grüner MEP) 
an den österreichischen Außenminister Sebastian Kurz

Sehr geehrter Herr Aussenminister Kurz!

Wenn Deutschland, Frankreich, Polen u. A. anstelle einer gemeinsamen 
europäischen Außenpolitik die aggressive Einschnürungspolitik der USA 
gegen Russland verfolgen, sollte sich Österreich dann nicht 
schleunigst auf seine nach der Verfassung gebotene Neutralität und 
eine Vermittlerrolle besinnen, anstatt die Aussendungen des deutschen 
Außenamts nachzubeten?

(Kommentar dazu von Matthias Reichl, 4.3.2014:
Auf den Hompages des Außenministers und des Bundespräsidenten finde 
ich dominierend die Forderungen nach Sanktionen, aber keine Initativen 
für deeskalierende Vermittlungsversuche. Die - österr. - Massenmedien 
gehorchen überwiegend dem eskalierenden, konfliktverschärfenden 
westlichen Medien-Mainstream. Beispiel: "Salzburger Naachrichten" v. 
4.3.14: "Putin zündelt weiter. Nur wenn die USA und die EU geschlossen 
handeln, kann ihre Reaktion auf diesen Wahnsinn effektiv sein." Helmut 
Müller, Redakteur Außenpolitik
Eine erschreckend ähnliche Rhetorik wie vor 100 Jahren! Die medialen 
"Gehirnwäscher" haben nichts aus dem Ersten Weltkrieg und den 
folgenden Kriegen gelernt!)

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5. Alles für den Umsturz

Orangen, Tulpen und Kornblumen: Die Designer-»Revolutionen« der 
US-Regierung und ihrer Verbündeten

Von Knut Mellenthin

junge welt, 03.03.2014 / Schwerpunkt / Seite 3
http://www.jungewelt.de/2014/03-03/048.php

(Auszug)

Der »Euromaidan« in der Ukraine ist der jüngste Vorgang in einer 
langen Kette sorgfältig inszenierter, reichlich subventionierter 
Umstürze in Osteuropa und im Bereich der früheren Sowjetunion. 
Gemeinsam ist ihnen bisher allen, daß sie weder zur dauerhaften 
Installierung völlig zuverlässiger Marionettenregierungen noch zur 
Herstellung stabiler Verhältnisse und schon ganz und gar nicht zu dem 
versprochenen wirtschaftlichen Aufschwung geführt haben. Keine der 
»Revolutionen« verdiente diese Bezeichnung, die ihr von westlichen 
Medien verliehen wurde...

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6. Über hochproblematische Unterstützer des Aufstandes in der Ukraine 
hat auch die israelische Zeitung "Haaretz" recherchiert. Dazu Auszüge 
aus einem anonymen Blogger-Kommentar:

From: madams12

"Delta, a Ukraine-born former soldier in the Israel Defense Forces, 
spoke to JTA Thursday on condition of anonymity. He explained how he 
came to use combat skills he acquired in the Shu’alei Shimshon 
reconnaissance battalion of the Givati infantry brigade to rise 
through the ranks of Kiev’s street fighters. He has headed a force of 
40 men and women — including several fellow IDF veterans — in violent 
clashes with government forces."

The variety of groups on the barricades in Kiev,  confirmed by BBC and 
other 'freedom loving' media...  as Haaretz informs us a coterie of 
IDF veterans leading from the front. Trained by world's most efficient 
'citizen' army / experienced in keeping the designated 'other' under 
their boots...

"Haaretz"-Artikel:
The ex-Israeli soldier who led a Kiev fighting unit 'Delta' has headed 
'the Blue Helmets of Maidan' of 40 men and women - including several 
IDF veterans - in violent clashes with government forces.
By JTA    | Feb. 28, 2014 | 10:43 PM    |  3
http://www.haaretz.com/news/world/1.577114

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7. Ein unabhängiger russischer Politologe kritisiert die am Konflikt 
beteiligten politschen Kräfte in der Ukraine und in Russland:

Boris Kagarlitsky on Ukraine: ‘A quadrille of monsters’ and ‘Smashing 
the feed trough’. Links International Journal of Socialist Renewal 
http://links.org.au/node/3734

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8. Die Linke Opposition meldet sich zu Wort
http://www.sozonline.de/2014/03/die-linke-opposition-meldet-sich-zu-wort/#more-9448


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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Salzkammergut,
Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305 BIC: SKBIAT21XXX

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