[E-rundbrief] Info 1115 - Atomgefahren aus Tschechien - Protestbrief
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Do Mai 23 15:22:45 CEST 2013
E-Rundbrief - Info 1115 - Forum Wissenschaft & Umwelt (A):
Atomgefahren aus Tschechien - Protestbrief an den österreichischen
Bundespräsenten Dr. Franz Fischer.
Bad Ischl, 23.5.2013
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Forum Wissenschaft & Umwelt
22.5.2013
Sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Medienberichte über Ihr Treffen mit Ihrem tschechischen Amtskollegen
Milos Zeman nehmen wir zum Anlass, uns mit einem offenen Brief an Sie
zu wenden. Sowohl in österreichischen als auch tschechischen Berichten
ist die Rede davon, dass die „Sicherheit“ von Atomkraftwerken als
gemeinsames Interesse hervorgehoben wurde, und des Weiteren, dass Sie,
Herr Dr. Fischer, versichert haben, jedes Land könne selbst
entscheiden, auf welche Weise Energie produziert werde.
An diesem Punkt melden wir jedoch entschieden Widerspruch an. Die
„Freiheit“, mit Atomanlagen ein grenzüberschreitendes
Bedrohungspotential zu schaffen, ist seit Tschernobyl, spätestens aber
nach Fukushima nicht mehr akzeptabel. Während bei Nachbarländern, die
beide Atomanlagen betreiben, eine wechselseitige Bedrohung vorliegt,
bei der wechselseitige Vorwürfe diskutabel sein mögen, ist die
Österreich betreffende Situation fundamental anders. Wir bedrohen
niemanden und müssen uns daher eine Bedrohung aus einem Nachbarland
auch nicht gefallen lassen.
Mit dem europäischen Stresstest für Kernkraftwerke ist in Europa de
facto anerkannt worden, dass auch bislang für „hypothetisch“, d. h.
nicht berücksichtigungswert gehaltene Unfallszenarien in der Tat
eintreten können. Schlimmer noch: Es treten immer neue Unfallabläufe
ein, die zuvor überhaupt nicht bedacht wurden. Angesichts der
dramatischen Gefahren und des mehr als fragwürdigen „Nutzens“ –
Atomenergie ist bekanntlich weder sicher noch sauber noch billig noch
auf Dauer verfügbar noch klimaschonend – ist der Ausstieg aus der
Nukleartechnologie nach wie vor das Gebot der Stunde.
Da weder die Ressourcenlage noch die Klimaproblematik ein Zurück zu
fossilen Brennstoffen zulassen, ist die Energiewende hin zu deutlich
gesteigerter Effizienz und erneuerbaren Energien überfällig.
Von unseren politischen Vertretern erwarten wir daher, dass sie diese
Strategie in den Vordergrund stellen und im Übrigen der
oberflächlichen und längst überholten Sicherheitsrhetorik mit klaren
Argumenten entgegentreten. Im Zusammenhang mit der Atomkraft sind
kurz- und mittelfristig zu lösende Kernfragen, wie
grenzüberschreitende Alarm-, und Katastrophenpläne, unmissverständlich
anzusprechen. Wie sollen diese überhaupt realistisch funktionieren?
Können Notfallmaßnahmen und Evakuierungen mit ganz Budweis oder Prag
vorexerziert werden? Übernehmen Tschechien und die
Atombetreiberstaaten insgesamt die volle Schadenshaftung?
Der Widerstand gegen die Atomenergie, der Österreich 1978 zum
Vorreiter eines qualifizierten Ausstiegs aus der Atomkraft werden
ließ, liegt daher nicht zuletzt auch im Interesse der Bevölkerung
unserer Nachbarstaaten.
Prof. Dr. Reinhold Christian, Doz. Dr. Peter Weish für das Forum
Wissenschaft & Umwelt
Patricia Lorenz für Global 2000
Maria Urban für die Wiener Plattform Atomkraftfrei
Christiane Schmutterer für die ARGE ja zur Umwelt, nein zur Atomenergie
DI Manfred Doppler für das Das Anti Atom Komitee
Hildegard Breiner für den Österreichischen Naturschutzbund Vorarlberg
Hans Kutil für den Österreichischen Naturschutzbund Salzburg
Roland Egger für atomstopp-atomkraftfrei leben!
Isolde Schönstein für die ARGE Schöpfungsverantwortung
Mag. Heinz Stockinger für die Plattform gegen Atomgefahren
Wilfried Leisch für die GewerkschafterInnen gegen Atomenergie und Krieg
Gottfried Brandner, Bernhard Riepl für Gemeinsam für Sonne und
Freiheit sowie Waldviertler Energiestammtisch
Matthias Reichl für das Begegnungszentrum für Gewaltlosigkeit
Hermann Ölberg für die Arbeitsgemeinschaft für Atomkraftfreie Zukunft
(AFAZ)
Mathilde Halla für SENECA
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Ergänzungen von Matthias Reichl:
Zwar steht im Brief "Atomanlagen" als genereller Begriff. Er müsste
eigentlich die atomare Kette vom Uranabbau *) bis zur Atomülllagerung
**) umfassen - die sich auch in Tschechien manifestiert. Darauf sollte
explizit hingewiesen werden - auch wenn AKWs das derzeit sichtbarste
Bedrohungspotential darstellen.
*) Tschechien fördert wieder Uran... Etwa 180 km östlich von Prag
liegt die Gemeinde Dolni Rozinka mit dem gleichnamigen Bergwerk. Dort
wurde vor kurzer Zeit die 23. Ebene, im Bergbau Sohle genannt,
geöffnet. Man entdeckte dort ein riesiges Vorkommen an Uran, das nun
gefördert wird. Zuständig für die Förderung ist der tschechische
Staat, der hier ein Uranlager im Wert von ca. 10 Millionen Euro
vermutet...
BuzzNews, 28.1.2012,
http://www.infokreis-kernenergie.org/news/tschechien-fordert-wieder-uran.html
**) Atommüll-Endlager in Tschechien: Standort nahe Oberösterreich
möglich Truppenübungsplatz Boletice - 18 Kilometer von Grenze
entfernt. (Westlich von Cesky Krumlov/ Krumau).
der standard 16. Juli 2012,
http://derstandard.at/1342139200993/Atommuell-Endlager-in-Tschechien-Standort-nahe-Oberoesterreich-moeglich
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
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Geschäftsstelle Pfandl
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