[E-rundbrief] Info 1129 - Ueberlebensinsel Gaviotas in Kolumbien
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Fr Aug 24 16:13:30 CEST 2012
E-Rundbrief - Info 1129 - Matthias Reichl: Überlebensinsel Gaviotas?
Buchbesprechung zu Alan Weisman: Gaviotas. Ein Dorf erfindet die Welt
neu, Piper Verlag, 2012.
Bad Ischl, 24.8.2012
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Überlebensinsel Gaviotas?
Eine Buchbesprechung
Matthias Reichl
24.8.2012
Der US-Buchautor Alan Weisman beschreibt Gaviotas als „der
zukunftsfähigste Ort, den ich je gesehen habe“ (S. 14). Ein
kolumbianisches Ökodorf mit biologischer Landwirtschaft auf einer
kargen Hochebene östlich von Bogota entwickelte sich seit den 70er
Jahren - mit Unterstützung durch US-Wissenschaftern - zu einem
technologischen und sozialen Vorzeigemodell. Es widerstand mit
gewaltfreien Mitteln auch den Bedrohungen durch kolumbianischen
Militärs, Paramilitärs und Guerillas. Wird dies ebenso gegen die
neoliberalen Zwänge und Eroberungszüge transnationaler Konzerne schaffen?
Weismans Gesprächspartner Paolo Lugari, der Gründer von Gaviotas,
schildert auf 370 Seiten wortgewaltig sein Aufbauwerk. Er offenbart
allerdings auch seine problematischen egozentrischen Überzeugungen:
„Weißt du ... ich wollte nie, dass Gaviotas eine Art Öko-Puppenhaus
wird oder ein Pilotprojekt oder ein Spielzeug für
Nichtregierungsorganisationen. Ich wollte der Welt zeigen, wie man ein
Ökosystem aufbaut und erhält. (S. 374)“
Das Wundermittel Biodiesel, das unseren Energiehunger stillen könnte
ist seiner Meinung nach „der einzige Weg, um die Chemie der Atmosphäre
im Gleichgewicht und die globale Erwärmung unter Kontrolle zu halten.
(S. 375)“ Hier folgt er möglicherweise seinen US-Beratern, deren
Hybris sich im Untertitel „Ein Dorf erfindet die Welt neu“ ausdrückt.
Kann in weltweit zusammenhängenden Ökosystemen eine (relativ) autarke
Ökoinsel ohne eine Einbindung in global kooperierende, solidarische
Netzwerke und politische Bewegungen auf längere Sicht überleben?
Wie können sich z.B. die Indios in Nordkolumbien gegen die - legalen
und illegalen - Goldminen wehren? Beim Abbau wird Quecksilber
eingesetzt, das die Quellen und Flüsse in eine Giftbrühe verwandelt
(26.10.11, www.taz.de/!80660/). Schadenersatzprozesse gegen
Bergbaukonzerne sind kostspielig und langdauernd, gegen die armen
„Illegalen“ chancenlos. In ähnlichen Beispielen zeigt sich weltweit,
dass die Kontamination des Landes und die Zerstörung der
Lebensgrundlagen oft irreparabel ist. Dazu kommt noch der rasant
zunehmende „Landraub“ durch Agrokonzerne und Landspekulanten mit der
damit verbundenen Vertreibung der (indigenen) bäuerlichen Bevölkerung
(www.viacampesina.org , www.oaklandinstitute.org ).
Weitere Informationen zu Gaviotas bei: www.friendsofgaviotas.org und
www.centrolasgaviotas.org
Alan Weisman: Gaviotas. Ein Dorf erfindet die Welt neu. 2012, Piper
Verlag, ISBN 978-3-492-05507-9, EUR 19,99
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
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