[E-rundbrief] Info 1000 - Kriegsfolgen in Libyen

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Di Apr 5 22:33:15 CEST 2011


E-Rundbrief - Info 1000 - Matthias Reichl: Kriegsfolgen in Libyen - 
und anderswo. Nicht oder wenig beachtete Auswirkungen. Einige 
unvollständige und zu aktualisierende Schlaglichter.

Bad Ischl, 5.4.2011

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Kriegsfolgen in Libyen - und anderswo

Nicht oder wenig beachtete Auswirkungen

Einige unvollständige und zu aktualisierende Schlaglichter

Matthias Reichl

5.3.2011

Selbst wenn eine politische Regelung der innerlibyschen Konflikte 
erreicht werden könnte, bleiben noch eine Reihe von Kriegsfolgen als 
„Hypotheken“ ungelöst. (Dies gilt - bedingt - auch für andere Länder 
mit ähnlichen Konflikten.)

Um das Land so bald als möglich - auch für ausländische Investoren - 
wieder ökonomisch nutzbar zu machen (z.B. für den Tourismus) werden 
die Umweltgefahren verschwiegen. Psychologisch ist die Verdrängung 
durch die Bewohner des Landes auch verständlich, denn sie sind 
gezwungen, dort weiter zu leben.

1. Umwelt:

Der schmale bewohnbare und landwirtschaftlich nutzbare Küstenstreifen 
(und die Oasen) machen nur ca. 10% des Landesfläche aus. (Der Rest ist 
Wüste bzw. wüstenähnlich.)

Schon bisher haben die extensive Nutzung, Industrialisierung (v.a. 
Petrochemie) und mangelnde ökologische Sorgfalt weit verbreitet lang 
anhaltende Schäden angerichtet.

2. Zerstörungen durch kämpfende Einheiten:
Solche Kampfzonen werden meist auch als Testgelände für neu 
entwickelte Waffen und auch Strategien missbraucht.

a) Konventionelle Techniken:
Durch die Kampfhandlungen haben beide libyschen Kontrahenten durch 
Bomben, Geschoße und auch durch Panzer und andere Fahrzeuge den 
sensiblen Boden streckenweise schwer geschädigt. V.a. auch in Brand 
geratene Fabriken, Lager u.a. Orte emittieren gelagerte gefährliche 
Materialien in die Atmosphäre und auf die Böden und kontaminieren 
diese z.T. für lange Zeit - auch den Wüstensand, der durch Stürme 
verweht wird. Diese Kontaminationen wirken sich auch auf Nachbarländer 
aus.

b) Bomben und DU-Geschosse

Seit den 70er Jahren wurden u.a. von den USA und England z.B. 
uranhaltige DU-Geschosse auf dem Balkan, im Irak, Libanon, Gaza und 
anderen Gebieten erprobt und massiv eingesetzt. Die Folgen daraus: 
radioaktiver Feinstaub verbreitete sich weit über die Region hinaus, 
schließlich über die Atmosphäre über Kontinente hinweg und richtet 
auch genetische Schäden an. (Siehe Frieder Wagners Film "Tödlicher 
Staub"/ "Deadly Dust").

Ob und welche Regionen in Nordafrika davon betroffen sind können erst 
spezielle Messungen feststellen. Von der Weltgesundheitsorganisation 
WHO, die unter dem Diktat der Internationalen Atomenergieorganisation 
IAEA steht, ist keine Unterstützung zu erwarten, wie die Atomgegner in 
der Vergangenheit feststellen mussten.

Links dazu:
Stop-the-War-Coalition, 24.3.2011: 
http://www.stopwar.org.uk/content/view/2321/27/

CND-Text, 31.3.2011: 
http://counterfire.org/index.php/news/news/11682-are-british-and-us-forces-using-depleted-uranium-munitions-in-libya

US denies depleted uranium use in Libya, but refuses to rule out 
future use
http://www.bandepleteduranium.org/en/a/402.html

3. Kosten des Krieges:
US-Experten haben für die ersten 11 Kriegstage in Libyen die Kosten 
für das US-Militär allein auf 550 Mill. bis 1 Mrd. $ geschätzt. Dazu 
kommen noch jene der Libyer und auch der NATO. Nicht inbegriffen sind 
die „zivilen“ (Kollateral)Schäden - zum „Schutz der Zivilbevölkerung“.

Egal wie der Krieg verläuft, er wird viele Milliarden kosten und die 
Verschuldung der USA und der teilnehmenden Länder weiter in die Höhe 
treiben. Geld das sie gar nicht haben und für das der Steuerzahler 
wieder gerade stehen muss. Dafür heißt es dann, der Staat hat kein 
Geld z.B. für Schulen, Kindergärten und Spitäler, er muss bei den 
Ausgaben sparen und die Steuern erhöhen.

http://alles-schallundrauch.blogspot.com/2011/03/der-krieg-gegen-libyen-wird-milliarden.html

4. Militärische und politische „Berater“:
Bekannt wurde, dass US-Geheimdienstleute die libyschen Rebellen 
unterstützen und ausbilden. Ob sich auch andere NATO-Staaten - oder 
auch Israel - daran beteiligen, ist - noch - nicht bekannt.

Regierungs- und Wirtschaftsberater scharren schon in ihren 
Startlöchern in den Think-Tanks und Lobbyinstitutionen um in das 
politische/ ökonomische Vakuum ihre „Patentrezepte und -modelle“ 
gewinnträchtig zu platzieren. Der ausgestiegene und bekehrte John 
Perkins schildert seine früheren „Missionen“ - auch im arabischen Raum 
- in seinem Buch „Erkenntnisse eines Economic Hit-Man“ (Goldmann TB). 
Kürzlich hat mir Rabab el Mahdi - eine ägyptische Politologin und 
Basissktivistin   von „kefaya“, als ich sie in Wien dazu befragte, 
bestätigt, dass ihre Mitstreiter solche kolonialistische 
Interventionen ablehnen. Perkins' Buch dient - ins Arabische übersetzt 
- dabei als Augen öffnende Argumentationshilfe.

Walther Schütz - aus Kärnten - stellt fest: „... In den im Abstieg 
befindlichen Zentren (USA,Westeuropa...) haben ... Revolutionen die 
alle möglichen Farben haben - nur nicht die Farbe Rot – einen enormen 
ideologischen Mehrwert, spiegeln sie doch das exportierte liberale 
Idealbild von 'freedom and democracy' auf die Ursprungsregionen 
zurück. Und das in einer Zeit, in der mit der kapitalistischen Krise 
tendenziell klassisch bürgerliche Freiheiten abgebaut werden...“ 
(Walther Schütz: „Flieg, Maikäfer, flieg!“, 24.3.2011, 
http://www.kaernoel.at/cgi-bin/kaernoel/comax.pl?page=page.std;job=CENTER:articles.single_article;ID=2997 
)

Wir arbeiten seit den 70er Jahren mit WRI - Internationale 
Kriegsgegner - zusammen und unterstützen auch ihre Stellungnahme gegen 
Militärinterventionen (April 2011): „Sick and tired of the warmakers! 
A statement by War Resisters' International on the intervention in 
Libya“; http://wri-irg.org/de/node/12632 . Siehe auch E-Rundbrief Info 
1001.

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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
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fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl,
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