[E-rundbrief] Info 964 - UN-Moratorium zu Geoengineering

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Mi Nov 10 17:19:05 CET 2010


E-Rundbrief - Info 964 - Christian Mihatsch und Sarah 
Messina (D): Die Welt will kein Geoengineering. Moratorium 
für umstrittene Geoengineering-Experimente bei 
UN-Biodiversitäts-Konferenz in Nagoja (Japan) beschlossen.

Bad Ischl, 10.11.2010

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Die Welt will kein Geoengineering

Christian Mihatsch und Sarah Messina

1. November 2010

Schwefelimpfungen für die Atmosphäre, Eisendünger für die 
Meere und gigantische Spiegel für die Erdumlaufbahn: In 
Nagoya haben die UN-Länder ein Moratorium für umstrittene 
Geoengineering-Experimente beschlossen. Für Umweltschützer 
ein "Meilenstein".

Eines der gigantischsten Experimente der Menschheit mit 
ihrer Umwelt läuft bereits: Der massenhafte Ausstoß von 
Treibhausgasen und die massenhafte Ausrottung von Tier- und 
Pflanzenarten sind Eingriffe in den Kreislauf der Natur, 
deren Folgen heute noch kaum abzusehen sind. Auf der 
Biodiversitäts-Konferenz im japanischen Nagoya haben die 
UN-Länder mit dem Nagoya-Protokoll nicht nur den 
ausgeweiteten Schutz von Ökosystemen an Land und in den 
Ozeanen auf den Weg gebracht, sondern auch großtechnischen 
Experimenten unter dem Stichwort Geoengineering eine Absage 
erteilt.


Als Antwort auf den Klimawandel werden immer wieder auch 
"Lösungen" wie Schwefelimpfungen für die Atmosphäre, 
gigantische Sonnenreflektoren in der Erdumlaufbahn, 
Meeresdüngung durch Eisensulfate propagiert - scheinbar 
simple Ideen, die jedoch radikale Eingriffe in natürliche 
Prozesse bedeuten. Auf Geoengineering-Versuche, die "einen 
Effekt auf die Artenvielfalt haben könnten", haben die 
UN-Länder nun ein Moratorium verabschiedet. Für 
Umweltorganisationen wie die renommierte ETC Group und 
dessen Vorsitzenden und Träger des alternativen Nobelpreises 
Pat Mooney ein "Meilenstein".

Kein Geoengineering auf Kosten der Artenvielfalt

Mit dem Moratorium will die UN sicherstellen, dass keine 
Geoengineering-Aktivitäten stattfinden, bis die Folgen für 
Umwelt und Artenschutz und die damit verbundenen auch 
ökonomischen Folgen untersucht wurden. Das CBD-Sekretariat 
soll außerdem über verschiedene Geoengineering-Vorschläge 
und potenzielle Regulierungs-Maßnahmen Bericht erstatten. 
"Jeder private oder öffentliche abenteuerliche Versuch, am 
Thermostat der Erde zu drehen, wird damit zur Verletzung des 
Moratoriums", sagt Silvia Ribeiro von der ETC Group 
Lateinamerika. Ausgenommen von dem Moratorium sind 
allerdings wissenschaftliche Versuche im kleinen Maßstab.

Damit knüpft die UN an das bereits 2008 auf der 
Biodiversitäts-Konferenz in Bonn beschlossene Moratorium auf 
die Düngung der Ozeane an: Das Antreiben des Algenwachstums 
durch die Meeresdüngung mit Eisensulfaten hatte zuletzt beim 
deutsch-indischen Experiment Lohafex für Aufruhr gesorgt. 
Das Ergebnis des umstrittenen wissenschaftlichen Versuchs 
zur verstärkten Aufnahme von Kohlenstoff durch gedüngte 
Algenfelder war jedoch vor allem die Erkenntnis, dass die 
Manipulation oder Simulation natürlicher ökologischer 
Prozesse auch unvorhersehbare Folgen nach sich ziehen kann. 
Im Falle des Lohafex-Experiments kam der Eisendünger etwa 
erst gar nicht im Algenmagen an, sondern wurde von 
Krebstieren dankbar verspeist.

Ein weiterer Kritikpunkt an Geoengineering-Ansätzen: Durch 
das Drehen an den Stellschrauben der Welt würden nicht die 
Ursachen, sondern nur die Symptome des Klimawandels 
bekämpft. "Regierungen, die Jahrzehnte damit verbracht 
haben, Klimaprobbleme zu ignorieren und nicht einmal den 
minimalen Kyoto-Zielen gerecht werden, sollten die Hand 
nicht an das globale Thermostat legen dürfen", sagt deshalb 
Pat Mooney. Das Ergebnis von Nagoya kann sich demnach "als 
Sieg der Vernunft" sehen lassen: "Geoengineering darf nicht 
von einzelnen Wissenschaftler- oder Lobbygruppen entschieden 
werden, sondern gehört auf den Tisch der UN", sagt Mooney.

"Die Entscheidung ist wichtig, aber nicht perfekt", sagt 
seine Kollegin Neth Dano von der ETC Group von den 
Phillippinen. Einige Experten seien besorgt, weil sich das 
Moratorium sich etwa nicht auf die umstrittene Technologie 
zur Kohlendioxid-Abscheidung und Verpressung (CCS) bezieht. 
Auf der nächsten UN-Biodiversitätskonferenz soll weiter 
darüber diskutiert werden. Eindeutiger Erfolg sei, dass 
"Geoengineering als Thema nun fest in der UN-Agenda 
verankert ist", so Dano.

http://www.klimaretter.info/forschung/hintergrund/7217-nagoya-nachtrag-geoengineering

Originaltext in Englisch:

www.etcgroup.org


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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
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