[E-rundbrief] Info 961 - Wecker zu Stuttgart 21 und Politik

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Fr Okt 29 09:27:55 CEST 2010


E-Rundbrief - Info 961 - Konstantin Wecker (D): Beim Kampf
in Stuttgart geht es um die Frage: In was für einer Republik
wollen wir leben. Rede bei Massendemo gegen Stuttgart 21 am
16. Oktober 2010.

Bad Ischl, 29.10.2010

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Vorbemerkung

Die Österreich-Variante

Ca. 30 Milliarden Euro für den Koralm-Tunnel, die in den
kommenden Jahren den Steuerzahlenden  abgepresst werden. Die
der Verbesserung des bestehenden Bahnnetzes entzogen werden-
bis hin zu Streckenstilllegungen.

Nur - leider fehlen bei uns in Österreich - vorerst - die
gewaltfreien Proteste gegen dieses - und weitere -
Wahnsinnsprojekte.

Matthias Reichl

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Konstantin Wecker: Beim Kampf in Stuttgart geht es um die
Frage: In was für einer Republik wollen wir leben

Rede bei Massendemo gegen Stuttgart 21 am 16. Oktober 2010

Liebe Freunde,

ich bin heute hier, weil ich mich mit Eurem zutiefst
demokratischen, bewundernswert gewaltfreien Widerstand
solidarisch erkläre und Euch vielleicht mit meinen Liedern
etwas Mut machen kann.

Ich muss Euch keine Argumente mehr nennen, warum man endlich
etwas tun muss gegen diese mafiöse Verfilzung aus Politik
und Wirtschaft, gegen die Mauscheleien mit
Aufsichtsratsposten, gegen die Schmiergelder, die zur
üblichen Geschäftspraxis mancher Firmen zu gehören scheinen
- Ihr kennt die Argumente alle, sonst wärt Ihr nicht hier.

In den letzten Tagen bin ich von den Stuttgart
21-Befürwortern hauptsächlich mit dem Argument beschimpft
worden, ich solle mich als Bayer nicht in die Belange der
Stuttgarter einmischen. Und das wollte ich eigentlich auch
anfangs nicht.

Aber spätestens seit dem brutalen Polizeieinsatz geht
Stuttgart 21 alle an. Herr Mappus wollte Macht demonstrieren
und ist ein Stück ohnmächtiger geworden dabei. In einer
Demokratie ist für Polizeieinsätze dieser Art nun mal die
Politik verantwortlich: Das heißt Herr Mappus soll
gefälligst zurücktreten und sich bei den Opfern
entschuldigen! Wir sind doch nicht im Iran!

Der Kampf hier in Stuttgart ist symbolhaft für viel mehr.
Auch im Bund haben wir es mit großen Lobbys von großen
Konzernen zu tun, die die Politik diktieren. Auch weltweit
bestimmen große Konzerne und die Finanzmärkte die Geschicke
der Politik. Es geht immer mehr nur um ihre Profite - und
nicht um Menschen und Umwelt.

Und hier geht es um mehr als einen Bahnhof - hier geht es um
die Frage: In was für einer Republik wollen wir leben!

Euer Erfolg wird die Demokratie in diesem Land beflügeln.

Den ganzen Sommer haben wir erlebt, wie Teile der Eliten in
Diskussionen über Migration, Religion, Kultur die
Bevölkerung spalten wollen, damit keine Solidarität entsteht.

Sie wollen das Land spalten - Ihr eint es in gutem Sinne.

Und es gibt noch einen Grund, warum ich als Münchner
gekommen bin: Wir haben bereits ein ähnlich törichtes
Projekt gekippt in München: Der Transrapid ist weg!

Also mit Hartnäckigkeit ist was zu erreichen - den
Transrapid gibt es nur noch auf youtube - in Form einer
kabarettreifen Rede Edmund Stoibers.

Vielleicht kann man ja Herrn Mappus auch dazu bewegen uns zu
erklären wie man in 10 Minuten vom Hauptbahnhof zum
Flughafen kommen wird….

Und Herr Grube - kümmern Sie sich doch erst mal im
Allgemeinen um eine viel zu teure, schlecht gewartete
Deutsche Bahn, bevor Sie Stuttgart unterwandern. Wir wollen
kein Baustöpple sondern einen sofortigen wirklichen Baustopp
dieses gigantischen Immobilienprojekts. Und letztlich muss
die Entscheidung in die Hand der Bevölkerung gelegt werden -
durch einen Volksentscheid.

Dies ist nur möglich, wenn wir weiter in Bewegung bleiben,
aufklären, Interessen aufdecken, uns einmischen - dann wird
Demokratie lebendig! Eine neue politische Kultur wächst
dann, wenn wir unsere Stimme nicht nur bei Wahlen abgeben,
sondern sie vor allem dann erheben, wenn über unsre Köpfe
hinweg regiert wird.

Vielleicht stellt sich hier die Frage, ob die sogenannten
Volksvertreter noch das Volk vertreten. Oder sollen sie
einem Vorschlag von Bert Brecht folgen: "Wenn der Regierung
das Volk nicht mehr passt, soll es doch das Volk auflösen
und ein neues wählen."

Machen wir es aber bei der nächsten Wahl doch lieber
andersherum.

Stuttgart 21 soll ein großes Zukunftsprojekt sein? Ein
Projekt für die Zukunft des Kontostandes des Tunnelbohrers
Herrenknecht und seiner Spezis ganz sicher.

Aber ich denke mal, wir brauchen eine andere Zukunft. Eine
menschliche, solidarische, eine Zukunft nicht gegen die
Natur, sondern im Einklang mit der Natur, eine Zukunft in
der auch die Reichen einsehen, dass Schluss sein muss mit
dieser unersättlichen Gier, eine weibliche Zukunft, eine
Zukunft des Miteinander, eine Zukunft, in der einfache, hart
arbeitende Menschen ordentlich bezahlt werden. Eine Zukunft,
in der sich jeder Politiker schämen muss, in Stuttgart
Milliarden rauszuschmeißen und Hartz IV - Empfängern das
Elterngeld zu streichen.Eine inwendig warme Zukunft.

Quelle:  www.wecker.de - 16.10.2010.

-- 

Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
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