[E-rundbrief] Info 902 - Europ Food Declaration

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Di Mär 16 12:42:08 CET 2010


E-Rundbrief - Info 902 - European Food Declaration: Für eine gesunde,
nachhaltige, gerechte und gegenseitig unterstützende Gemeinsame
Agrarpolitik.

Bad Ischl, 16.3.2010

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Für eine gesunde, nachhaltige, gerechte und gegenseitig unterstützende
Gemeinsame Agrarpolitik

Einführung

Wir sind eine breite Allianz von Organisationen - list in
http://www.europeanfooddeclaration.org/declaration - "who are we"-
besorgt über die Zukunft von Lebensmitteln und der Landwirtschaft in
Europa. Wie in anderen Regionen der Welt, so nimmt auch in Europa die
Zahl jener Menschen und Organisationen, die sich für ein gerechteres und
nachhaltigeres Lebensmittelsystem einsetzen, zu. Viele Menschen sind
aktiv am Aufbau von lokalen, zukunftsfähigen Alternativen gegenüber dem
gegenwärtigen System der Lebensmittelproduktion und -verteilung sowie
den aktuellen Konsummustern engagiert. Dieses neue Lebensmittel- und
Agrarsystem basiert auf den Prinzipien der Gerechtigkeit, dem
universellen Recht auf Nahrung, guter Regierungsführung und Transparenz.

Eine Vielzahl von Aktivitäten, wie z.B. die Stärkung von regionalen
Wirtschaftskreisläufen via lokaler Bauernmärkte, den Ankauf von lokal
produzierten Lebensmittel seitens öffentlicher Institutionen oder der
Tausch von Saatgut sind in den letzten Jahren überall in Europa
entstanden und erfahren zunehmende Ausweitung. Zusätzlich zeigen auch
neue Initiativen wie z.B. die Transition Town Bewegung, gentechnikfreie
Regionen und nationale sowie lokale Debatten über die aktuelle
Lebensmittelpolitik ein gestiegenes öffentliches Interesse für eine
andere Lebensmittel- und Agrarpolitik.

Lokale Initiativen und Bewegungen allein reichen jedoch nicht aus. Wir
sind der Meinung, es ist an der Zeit, eine breite europäische Allianz
zwischen all jenen Gruppen die sich für ein anderes Lebensmittelsystem
einsetzen, mit dem Ziel, der aktuellen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP)
sowie den Plänen der Europäischen Kommission und unserer Regierungen für
die Reform der GAP 2013 Alternativen entgegenzustellen, aufzubauen. Denn
die Vision der politisch Verantwortlichen ist, die GAP weiterhin rund um
das Ziel der „globalen Wettbewerbsfähigkeit“ der Europäischen
Lebensmittelindustrie zu reformieren. Die politische Auseinandersetzung
für die GAP 2013 beginnt bereits jetzt. Wir glauben, es braucht eine
klar sichtbare, alternative Vision für eine GAP, die den
Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gewachsen ist – für die politisch
Verantwortlichen auf der EU Ebene aber auch auf der Ebene der
Mitgliedsstaaten.

Dafür haben wir eine “European Food Declaration: für eine gesunde,
nachhaltige, gerechte und gegenseitig unterstützende Gemeinsame Agrar-
und Lebensmittelpolitik” erarbeitet. Darin haben wir die politischen
Ziele einer GAP für die nächsten Jahrzehnte aus unserer Sicht
formuliert. Wir laden alle Organisationen, Gruppen und Personen ein,
diese Erkärung zu unterschreiben und diese zur Förderung einer
Diskussion über welche Agrar- und Lebensmittelpolitik wir brauchen, zu
nutzen. Wir laden Euch auch ein, diese Erklärung anderen
zivilgesellschaftlichen Organisationen von denen Ihr wisst, dass sie
auch zu diesem Thema arbeiten, weiterzuschicken.

Unser Ziel ist es, bis Ende Februar eine möglichst grosse Anzahl an
Unterschriften innerhalb unserer Netzwerke zu sammeln. Am 16. März wird
dann diese Erklärung veröffentlicht. Jeder/jede wird sie online
unterschreiben können.

Diese Erklärung ist ein erster Schritt in unserem Bestreben eine breite
Bewegung für eine Veränderung der aktuellen Agrar- und
Lebensmittelpolitik und –praxis in Europa (inklusive der EU) in Richtung
Ernährungssouveränität, aufzubauen. Für 2011 planen wir ein europaweites
Forum für all jene Organisationen und Personen, die sich mit diesem
Thema beschäftigen und ein Interesse an einer gemeinsamen europäischen
Plattform zur Erreichung unserer gemeinsamen Ziele haben. Sofern Ihr
Interesse habt, Euch an der Vorbereitung und/oder der Organisation
dieses Forums zu beteiligen, meldet Euch bei uns.
Erklärung

Wir, die Unterzeichnenden, sind der Meinung, dass die Europäische Union
eine Antwort auf die dringenden Herausforderungen in Bezug auf
Lebensmittel und Landwirtschaft finden muss.

Die Industrialisierung der Landwirtschaft und der Lebensmittelproduktion
hat in mehr als einem halben Jahrhundert die Anzahl bäuerlicher Betriebe
in Europa erheblich reduziert. Auch die Vielfalt lokaler Esskulturen
wurde weniger. Unser Nahrungsmittelsystem ist heute abhängig von
billigem Erdöl, respektiert die natürlichen Grenzen der Verfügbarkeit
von Land und Wasser nicht und fördert eine ungesunde Ernährungsweise,
die reich an Kalorien, Fett und Salz, jedoch arm an Obst, Gemüse und
Getreide ist. Steigende Energiekosten, drastische Verluste an
Biodiversität, ein sich veränderndes Klima und rückläufige Wasser- und
Landressourcen bedrohen die zukünftige Nahrungsmittelproduktion. Während
auf der einen Seite eine wachsende Weltbevölkerung zunehmend mit weit
verbreitetem Hunger konfrontiert ist, gibt es immer mehr Menschen mit
chronischen Erkrankungen infolge des Überkonsums von Lebensmitteln.

Diese Herausforderungen werden wir nur dann erfolgreich bewältigen, wenn
wir gänzlich andere Lebensmittel- und Agrarpolitiken und –praxen
entwickeln und umsetzen. Die Europäische Union muss die zentrale Rolle
nachhaltiger, bäuerlicher Landwirtschaft für die Versorgung der Menschen
in Europa mit gesunden und verschiedenen Lebensmitteln anerkennen und
unterstützen. Alle Menschen müssen Zugang zu gesunden, sicheren und
nahrhaften Lebensmitteln haben. Die Art und Weise, wie wir
Nahrungsmittel anbauen, verteilen, zubereiten und essen, muss Europas
kulturelle Vielfalt würdigen, und zugleich sicherstellen, dass wir unser
Überleben in einer gerechten und nachhaltigen Weise sicherstellen.

Bereits jetzt werden Vorschläge für die Reform der Gemeinsame
Europäische Agrarpolitik (GAP), die mit 2013 verändert werden sollen,
diskutiert. Nachdem in den letzten Jahrzehnten transnationale Konzerne
und die Welthandelsorganisation (WTO) die Lebensmittel- und
Landwirtschaftspolitik dominiert haben, ist es jetzt an der Zeit, dass
die Menschen in Europa wieder selbst über die Landwirtschafts- und
Nahrungsmittelpolitik bestimmen: es ist Zeit für Ernährungsouveräntität.
Wir sind der Meinung, dass eine neue Gemeinsame Lebensmittel- und
Agrarpolitik den Menschen der Mitgliedsländer der EU ebenso wie jenen
der Beitrittskandidaten die Möglichkeit und das Recht garantieren muss,
über die Art und Weise, wie sie Nahrungsmittel anbauen, verteilen und
konsumieren wollen – entlang der nachstehenden Prinizpien – selbst zu
bestimmen.

Die neue Gemeinsame Lebensmittel- und Agrarpolitik:

1. Versteht Nahrung als ein universales Menschenrecht und Lebensmittel
nicht lediglich als eine Ware.

2. Gibt dem Anbau von Lebens- und Futtermitteln in und für Europa den
Vorzug und verändert internationalen Agrarhandel auf der Basis der
Prinzipien von Gleichheit, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer
Nachhaltigkeit. Die GAP darf dabei die Lebensmittel- und Agrarsysteme
anderer Länder nicht schädigen oder zerstören.

3. Fördert gesunde Essgewohnheiten sowie Ernährungsformen, die vor allem
auf pflanzlicher Basis beruhen und die den Konsum von Fleisch, von
energie-intensiven, hochverarbeiteten Nahrungsmitteln sowie von
gesättigten Fetten reduzieren. Dabei werden weiterhin kulturell
verschiedenen Essgewohnheiten und regionale Traditionen respektiert.

4. Priorisiert die Erhaltung von landwirtschaftlicher Produktion durch
eine Vielzahl von Bauern und Bäuerinnen in ganz Europa, die Lebensmittel
erzeugen und Kulturlandschaften erhalten. Dieses Ziel ist ohne gerechte
und sichere Preise für landwirtschaftliche Produkte, die Bauern und
Bäuerinnen und LandarbeiterInnen ein gerechtes Einkommen bzw. einen
gerechten Lohn ermöglichen, bei gleichzeitig leistbaren Preisen für
KonsumentInnen, nicht machbar.

5. Stellt faire, nicht diskriminierende Rahmenbedingungen für
landwirtschaftliche ProduzentInnen und LandarbeiterInnen in Zentral- und
Osteuropa sicher und fördert den fairen und gleichen Zugang zu Land.

6. Respektiert die lokale und globale Umwelt, schützt die endlichen
Boden- und Wasserresourcen, erweitert die Biodiversität und respektiert
Tierwohlfahrt.

7. Garantiert, dass Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion frei von
Gentechnik bleibt und stärkt die Kontrolle von Bauern und Bäuerinnen
über Saatgut und die Diversität lokaler Vielfalt.

8. Stoppt die Förderung des Anbaus und der Verwendung von industriell
produzierten Agrotreibstoffen und priorisiert die Reduktion von Transporten.

9. Stellt Transparenz entlang der gesamten Nahrungsmittelkette sicher,
sodass BürgerInnen darüber Bescheid wissen, wie ihre Nahrungsmittel
produziert wurden, woher sie kommen, woraus sie bestehen und was im
Endverbraucherpreis enthalten ist.

10. Reduziert die Machtkonzentration und den Einfluss der
lebensmittelverarbeitenden Industrie sowie des Einzelhandels im Hinblick
auf das, was produziert und konsumiert wird und fördert ein
Lebensmittelsystem, in dem die Distanzen zwischen den ProduzentInnen und
KonsumentInnen verringert werden.

11. Fördert den Anbau und Konsum von hoch qualitativen lokalen und
saisonalen Lebensmitteln und unterstützt damit eine engere Verbindung
zwischen Bauern/Bäuerinnen und KonsumentInnen.

12. Stellt Ressourcen für die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten
über die Lebensmittelproduktion, die Verarbeitung und den Genuss von
gesunden und nahrhaften Lebensmitteln an Kinder bereit.

Text auch in:

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http://www.europeanfooddeclaration.org/declaration/de

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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
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fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
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