[E-rundbrief] Info 843 - Honduras - Proteste gegen Putsch
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Mo Jun 29 21:23:39 CEST 2009
E-Rundbrief - Info 843 - Federico Mahrer (A): Aufruf "Nein zum
Militärputsch in Honduras!", Mahnwache in Wien, 1.7.09, La Via Campesina
International: Unterstützungsaufruf; Fidel Castro Ruz (Kuba): Eine
selbstmörderische Verirrung (mit Schilderung der militärischen Gewalt
gegen Politiker und Botschafter in Honduras).
Bad Ischl, 29.6.2009
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Liebe Freunde, querid at s compañer at s !
Die Vorgänge in Honduras rufen nach schneller und solidarischer Reaktion
von uns allen. Ein Aufruf (siehe attachment), der heute von einem
Aktionskomitee ausgearbeitet wurde, soll nach Wunsch aller von einer
breiten Solidaritätsfront mitunterzeichnet werden, bzw. die Mahnwache am
Mittwoch (1.7.09, 18:00, Wien, Stephanspl.) mitgestaltet werden.
Bitte sendet Eure Unterstützungserklärung dazu bis spätestens Dienstag,
30. Juni, 18.00 Uhr an die email-Adresse:
fm at reflex.at
und versendet diesen Aufruf an alle Verteilerstrukturen Eurer Netzwerke.
Honduras braucht unsere Solidarität JETZT !
im Namen des Aktionskomitees
Federico Mahrer
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NEIN ZUM MILITAERPUTSCH IN HONDURAS!
In den Morgenstunden des 28.Juni ueberfiel honduranisches Militär die
Präsidentenresidenz in der Hauptstadt Tegucigalpa und entführte den
Präsidenten Manuel Zelaya unter Gewaltanwendung in eine Kaserne.
Anschließend wurde er in die Hauptstadt Costa Ricas geflogen und somit
deportiert.
Die Außenministerin Honduras, Patricia Rodas, wurde mit brutaler
Gewaltanwendung gemeinsam mit dem kubanischen Botschafter von vermummten
Militärs entführt, als auch die anwesenden, sie schuetzenden,
Botschafter Nicaraguas und Venezuelas attackiert, unter flagranter
Mißachtung internationaler Abkommen.
Militär patrulliert in den Straßen der Hauptstadt und anderen wichtigen
Städten, Militärflugzeuge und Hubschrauber sind am Himmel, das
staatliche TV wurde besetzt, die Privatmedien senden nur
Unterhaltungsprogramme, die Telefonleitungen und die
Elektrizitätversorgung wurde unterbrochen.
Das verfassungswidrige, ja kriminelle Vorgehen der Putschisten wird
dokumentiert durch die Vorlage einer gefaelschten Ruecktrittserklaerung
von Praesident Zelaya, die als Grundlage fuer die Abstimmung im
Parlament und zur Legitimation des so eingesetzten „neuen
Staatsoberhauptes“ gedient hat. Weiters wurde behauptet, dass Praesident
Zelaya durch ein Asylansuchen in Costa Rica seinen Ruecktritt bestaetigt
haette - dies ist eine infame Luege. In den Strassen der Hauptstadt und
im ganzen Land fordern die Menschen die Rueckkehr ihres demokratisch
gewaehlten Praesidenten Manuel Zelaya, den Rueckzug des Miltaers in die
Kasernen und damit ein Ende ihrer Gewalt, die bereits zur Ermordung
eines Abgeordneten gefuehrt hat.
Der Putsch richtet sich gegen den demokratisch gewaehlten Präsidenten
und seine Regierung, welcher nicht den Interessen der einheimischen
Machteliten und ihrer auslaendischen Unterstuetzer Folge leistet,
sondern erstmalig in der neueren Geschichte von Honduras für soziale
Gerechtigkeit arbeitet. Die unter Einhaltung aller ordnungsgemaessen
Bestimmungen anberaumte Volksbefragung haette unter Beobachtung von
internationalen Vertretern wie der Organisation Amerikanischer Staaten
(OAS) stattfinden sollen; schon dies bestaetigt ihren vollkommen
verfassungsgemaessen Charakter. Die Ausweitung der demokratischen Rechte
des Volkes, ein Prozess der mittlerweile in ganz Lateinamerika
stattfindet, ist nun der Anlaß für den Putsch des Militärs.
Unabhaengig voneinander haben internationale Organisationen wie die UNO,
die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), die Europaeísche Union,
sowie auch die USA und viele andere Nationen weltweit sich eindeutig
gegen diesen Militaerputsch ausgesprochen.
Wir verurteilen entschieden den Militärputsch. Wir wissen zu viel über
die zahlreichen Militärputsche und deren Folgen, sei es in Chile (1973),
in Argentinien (1976) oder anderswo. Der jetzige Ablauf aehnelt frappant
dem Putschversuch in Venezuela von 2002.
Als in Oesterreich lebende Menschen verurteilen wir die verzerrende,
unrichtige und den Putsch rechtfertigende und verharmlosende Darstellung
der Ereignisse in Honduras im oesterreichischen staatlichen Fernsehen
und Radio sowie in den oesterreichischen Privatmedien.
Wir fordern den österreichischen Bundespräsidenten, die österreichische
Bundesregierung und alle entsprechenden Instanzen dazu auf, den
Militärputsch in Honduras unmißverständlich zu verurteilen und alles in
ihrer Macht stehende zu unternehmen, um durch Wiedereinsetzung des
demokratisch gewaehlten Praesidenten Manuel Zelaya zur Wiederherstellung
der verfassungsgemaessen Ordnung in Honduras beizutragen.
Die schrecklichen Zeiten der Militärputsche und anschließender
Putschisten- Regime in Lateinamerika und der ganzen Welt muß endgültig
vorbei sein!
Unsere Solidarität gilt dem Volk von Honduras und seinem von ihm
demokratisch gewählten Präsidenten Manuel Zelaya.
NO PASARAN!
Wien, am 28. Juni 2009
Die Unterzeichner zeigen ihre Solidaritaet mit dem honduranischen Volk
und ihrem gewaehlten Praesidenten durch eine
MAHNWACHE
am Mittwoch, 1. Juli 2009
Um 18.00 Uhr
am Stephansplatz/Graben
Bitte bringt selbstgefertigte Transparente und Tafeln mit !!!
UNTERSTUETZENDE ORGANISATIONEN:
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Das internationale Netzwerk der Basisbewegungen La Via Campesina ruft
zur Solidarität mit ihrer Bewegung in Honduras - vor allem mit ihren
Koordinatoren Rafael Alegria und Carlos Reyes - auf, die den gewählten
Präsidenten Manuel Zelaya aktiv unterstützen.
Infos: www.viacampesina.org
Matthias Reichl
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Reflexionen des Genossen Fidel
EINE SELBSTMÖRDERISCHE VERIRRUNG
In meiner am Donnerstagabend, dem 25., d.h. vor drei Tagen, verfassten
Reflexion sagte ich Folgendes: „Wir wissen nicht, was heute Abend oder
morgen in Honduras geschehen wird, aber die tapfere Haltung von Zelaya
wird in die Geschichte eingehen.“
Zwei Absätze vorher hatte ich aufgezeigt: „…Mit dem, was dort demnächst
geschieht, werden die OAS und die jetzige Regierung der Vereinigten
Staaten auf die Probe gestellt werden.“
Die prähistorische interamerikanische Institution war am darauf
folgenden Tag in Washington zusammengetreten, und versprach in einer
gedämpften und lauen Resolution, sofort die angemessenen Schritte zu
unternehmen, um eine Harmonie zwischen den beiden in Konflikt
befindlichen Seiten herzustellen. Das heißt eine Verhandlung zwischen
den Putschisten und dem verfassungsmäßigen Präsidenten von Honduras.
Der hohe militärische Befehlshaber, der weiter den honduranischen
Streitkräften vorstand, gab öffentliche Erklärungen in Diskrepanz mit
der Haltung des Präsidenten ab, während er nur rein formell dessen
Autorität anerkannte.
Die Putschisten brauchten nichts weiter von der OAS. Die Anwesenheit
einer großen Anzahl von internationalen Beobachtern, die in jenes Land
gereist waren, um eine Volksbefragung zu bestätigen, und zu denen Zelaya
bis spät in die Nacht sprach, scherte sie keinen Deut. Vor Anbruch des
heutigen Tages lancierten sie circa 200 gut trainierte und bewaffnete
Berufssoldaten gegen die Präsidentenresidenz, die - nachdem sie schroff
den Trupp der Ehrengarde beiseite geschoben hatten - Zelaya entführten,
der zu jenem Zeitpunkt schlief. Sie führten ihn zum Luftstützpunkt,
brachten ihn mit Gewalt in ein Flugzeug und beförderten ihn zu einem
Flughafen in Costa Rica.
Morgens um 8:30 Uhr erfuhren wir über Telesur die Nachricht bezüglich
der Erstürmung des Präsidentenwohnsitzes und der Entführung. Der
Präsident konnte nicht an der Eröffnungsveranstaltung der Volksbefragung
teilnehmen, die an diesem Sonntag stattfinden sollte. Es war nicht
bekannt, was sie mit ihm gemacht hatten.
Der offizielle Fernsehsender wurde zum Schweigen gebracht. Sie wollten
die vorzeitige Veröffentlichung der verräterischen Handlung über Telesur
und Cubavisión Internacional verhindern, welche über die Ereignisse
berichteten. So unterbrachen sie deshalb die Übertragungsstationen und
schalteten schließlich den Strom im ganzen Land ab. Noch hatten der
Kongress und die hohen Gerichte, die in die Konspiration verwickelt
sind, nicht jene Entscheidungen veröffentlicht, welche die Verschwörung
rechtfertigten. Erst haben sie den schmählichen Putsch durchgeführt und
ihn dann legalisiert.
Als die Bevölkerung aufwachte, stand sie vor vollendeten Tatschen, und
begann mit wachsender Empörung zu reagieren. Das Schicksal von Zelaya
war unbekannt. Drei Stunden später war die Reaktion der Bevölkerung
soweit fortgeschritten, dass man Frauen beobachten konnte, die mit den
Fäusten auf die Soldaten einschlugen, denen die Gewehre aus reiner
Verblüffung und Nervosität fast aus der Hand fielen. Anfänglich schienen
ihre Bewegungen die eines merkwürdigen Kampfes gegen Phantome, später
versuchten sie, die Kameras von Telesur mit den Händen abzudecken,
richteten zittrig ihre Gewehre auf die Reporter und manchmal, wenn die
Leute auf sie zugingen, wichen die Soldaten zurück. Die Putschisten
schickten Panzerfahrzeuge mit Geschützen und Maschinengewehren. Die
Bevölkerung diskutierte ohne Angst mit den Besatzungen der Panzerwagen;
ihre Reaktion war überraschend.
Gegen 14 Uhr setzte eine domestizierte Mehrheit des Kongresses in
Koordination mit den Putschisten Zelaya, den verfassungsmäßigen
Präsidenten von Honduras, ab und ernannte einen neuen Staatschef, wobei
sie der Welt gegenüber behaupteten, dass jener abgedankt hatte, indem
sie eine gefälschte Unterschrift vorlegten. Ein paar Minuten später
informierte Zelaya von einem Flughafen in Costa Rica aus über das ganze
Geschehen und dementierte kategorisch die Nachricht bezüglich seiner
Amtsniederlegung. Die Verschwörer machten sich vor der ganzen Welt
lächerlich.
Viele andere Dinge sind heute passiert. Cubavisión hat sich vollkommen
der Aufgabe gewidmet, den Putsch aufzudecken, und die ganze Zeit unsere
Bevölkerung zu informieren.
Es haben Ereignisse von eindeutig faschistischem Charakter
stattgefunden, die, trotzdem sie zu erwarten waren, nichtsdestoweniger
in Erstaunen versetzen.
Patricia Rodas, die Außenministerin von Honduras, war nach Zelaya das
Hauptziel der Putschisten. Eine andere Truppeneinheit wurde an ihren
Wohnsitz geschickt. Sie hat sich mutig und entschlossen schnell geregt
und hat keine Sekunde Zeit verloren, um auf allen Wegen den Putsch
anzuprangern. Unser Botschafter hatte Kontakt zu Patricia aufgenommen,
um sich über die Situation zu informieren, wie es andere Botschafter
auch taten. Zu einem bestimmten Zeitpunkt wurden die diplomatischen
Vertreter von Venezuela, Nikaragua und Kuba gebeten, zu ihr zu kommen,
da sie, gewalttätig bedrängt, diplomatischen Schutzes bedurfte. Unser
Botschafter, der vom ersten Augenblick an die Genehmigung besaß, der
verfassungs- und rechtmäßigen Ministerin die größtmögliche Unterstützung
zu geben, fuhr los, sie an ihrem eigenen Wohnsitz aufzusuchen.
Als die diplomatischen Vertreter schon bei ihr zuhause waren, schickten
die Befehlshaber der Putschisten Major Oceguera, um sie festzunehmen.
Jene stellten sich vor die Frau und sagten zu ihm, dass sie unter
diplomatischem Schutz stehe und sich nur in Begleitung der Botschafter
bewegen könne. Oceguera diskutiert mit ihnen und zwar auf respektvolle
Art und Weise. Ein paar Minuten später dringen 12 bis 15 uniformierte
und vermummte Männer in das Haus ein. Die drei Botschafter umfassen
Patricia; die Vermummten handeln brutal und es gelingt ihnen, die
Botschafter von Venezuela und Nikaragua von ihr zu trennen. Hernández
hält sie so sehr an einem Arm fest, dass die Vermummten beide bis zu
einem Kleintransporter schleifen. Sie werden in den Luftstützpunkt
gebracht, wo es jenen gelingt, beide zu trennen und so nehmen sie
Patricia mit. Während er dort festgehalten wird, ruft Bruno, der
Mitteilungen über die Entführung hatte, ihn auf dem Handy an und einer
der Vermummten versucht grob, ihm das Telefon zu entreißen. Der
kubanische Botschafter, der schon im Haus von Patricia geschlagen worden
war, schreit ihn an: „Stoß mich nicht, zum Teufel noch mal!“ Ich weiß
nicht, ob das von ihm verwendete Wort (auf Spanisch: cojones) irgendwann
einmal von Cervantes benutzt worden ist, aber ohne Zweifel hat
Botschafter Juan Carlos Hernández unsere Sprache bereichert.
Anschließend lud man ihn auf einer weit von der diplomatischen
Vertretung entfernten Landstraße ab und bevor sie ihn verließen, sagten
sie zu ihm, dass ihm das Schlimmste zustoßen könne, wenn er reden würde.
Er antwortete ihnen voller Würde: „Nichts ist schlimmer, als der Tod!
Aber nichtsdestoweniger habe ich Angst vor euch.” Die Ortsansässigen
haben ihm geholfen, in die Botschaft zurückzukehren, von wo aus er
sofort erneut Kontakt zu Bruno aufnahm.
Mit jenem Oberbefehlsstab der Putschisten kann nicht verhandelt werden,
von ihm muss die Abdankung verlangt werden, und andere jüngere
Offiziere, die nicht politisch mit der Oligarchie engagiert sind, müssen
das militärische Kommando übernehmen, sonst wird es in Honduras niemals
eine Regierung „des Volkes, durch das Volk und für das Volk“ geben.
Für die Putschisten gibt es, so bedrängt und isoliert wie sie sind,
keine mögliche Rettung, wenn das Problem hartnäckig angegangen wird.
Selbst Frau Clinton hat -schon in den Nachmittagsstunden- erklärt, dass
Zelaya der einzige Präsident von Honduras ist, und die honduranischen
Putschisten können ohne die Unterstützung der Vereinigten Staaten nicht
einmal atmen.
Zelaya, bis vor wenigen Stunden im Schlafanzug, wird in wenigen Stunden
von der Welt als der einzige verfassungsmäßige Präsident von Honduras
anerkannt werden.
Fidel Castro Ruz
28. Juni 2009, 18:14 Uhr
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
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