[E-rundbrief] Info 761 - Rb 131 - Austrian Social Forum 2008

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Mi Dez 3 19:26:54 CET 2008


E-Rundbrief - Info 761 - Rundbrief 131 - Matthias Reichl: 
Österreichisches Sozialforum 2008; 4. Austrian Social Forum (ASF): 
Erklärung von St. Peter in der Au (Pressetext)

Bad Ischl, 3.12.2008

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Österreichisches Sozialforum 2008

Das Österreichische Sozialforum in St. Peter bei Amstetten in 
Niederösterreich - bei dem ich Ende Oktober auch mitmachte - war geprägt 
von der Wirtschaftskrise und den Alternativen dazu, darunter auch die 
Versuche mit regionalen Währungen, einem sogenannten Alternativgeld. Ich 
war vorwiegend in den Workshops zu Friedensthemen beteiligt und machte 
mit Evangelos Pissias, einem Referenten aus Athen, ein längeres 
Interview. Er ist einer der Organisatoren der Peaceboats to Gaza, mit 
denen humanitäre Hilfslieferungen für die von den Israelis durch 
Grenzblockaden eingesperrten Palästinenser geholfen werden soll. Er 
berichtete mir - in Englisch - auch über die ökologischen Probleme im 
Mittelmeer und über die Möglichkeiten und Schwierigkeiten soziale und 
kulturelle Alternativprojekte zu organisieren. Wir haben das Interview 
in das CBA-Archiv zu unseren anderen Tondokumenten gestellt, die ihr 
dort lesen bzw. herunterladen könnt.

Matthias Reichl

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Erklärung von St. Peter in der Au (Pressetext)

4. Austrian Social Forum (ASF)

Das 4. Austrian Social Forum (ASF) ging am Sonntag, den 26. Oktober 2008 
erfolgreich zu Ende. Während drei Tagen bildete das historische Schloss 
von St. Peter, "einst Herrschaftssitz -- nun Haus für alle" den Rahmen 
für 78 Veranstaltungen, die zum überwiegenden Teil von 
zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Bewegungen selbst 
organisiert waren. Ein breiter Bogen von Themen spannte sich von 
ökologischen Fragestellungen über die Problematik von Geld- und 
Friedensthemen bis hin zu Überlegungen wie ein solidarisches, soziales, 
ökologisches und weltoffenes Europa aussehen könnte.

Noch nie in der Geschichte der österreichischen Sozialforumsbewegung war 
es gelungen, in einem derart hohen Masse die Bevölkerung der Region in 
die Diskussionen einzubeziehen. Ebenso aber gab es Gäste aus anderen 
Ländern wie Claudio Nascimento, den brasilianischen Cheforganisator 
solidarökonomischer Netzwerke der Regierung von Inácio Lula, den 
Vizepräsidenten der "Republican Sinn Féin" von Irland Des Dalton, den 
griechischen Koordinator des Bootsprojekts "Free Gaza" Evangelis Pissias 
und des Verantwortlichen für die Beziehungen zu sozialen Bewegungen in 
der bundesdeutschen MetallarbeiterInnengewerkschaft Horst Schmitthenner.

Angesichts der gegenwärtigen innenpolitischen Lage in Österreich, die 
sich durch einen massiven Rechtsruck bei den letzten Nationalratsahlen 
kennzeichnet sowie angesichts der Turbulenzen auf den internationalen 
Finanzmärkten, die jetzt zunehmend auf den kapitalistischen 
Produktionsprozess übergreifen, bot das ASF eine sehr gute Gelegenheit, 
die aktuelle Situation solidarisch zu reflektieren und gemeinsam 
praktische Schritte zur Überwindung der Krise anzupeilen.

Der drohende Zusammenbruch des Finanzsystems erfordert eine radikale 
Neuorientierung zu einem sozialen, ökologischen und 
geschlechtergerechten Europa. Den weiteren Privatisierungsplänen soll 
die Rückführung wichtiger Bereiche (Energie, Post, Bahn) sowie der 
Banken und Großkonzerne in öffentliches, demokratisch kontrolliertes 
Eigentum entgegengesetzt werden. Solidarische Ökonomie anstatt 
schrankenlosem Egoismus.

Beim ASF gab es lebhafte Diskussionen über Alternativen zum bestehenden 
Wirtschaftssystem. Zu diesem Thema wurde ein breites Spektrum an Ideen 
diskutiert, das von Entwicklung neuer wertstabiler und 
gemeinschaftsbildender Geldformen über Konzepte der Steuergerechtigkeit 
bis zu demokratisch kontrollierten sozialistischen Wirtschaftsmodellen 
reichte. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass das bestehende 
System auf rücksichtsloser Gewinnmaximierung, Ausbeutung von Mensch und 
natur und auf einem zerstörerischem, profitorientiertem Wachstumszwang 
beruht.

Es wurde festgestellt, dass das so genannte Ausländerproblem in 
Wirklichkeit eine Folge weltweiter sozialer und ökonomischer 
Ungerechtigkeit ist. Es müssen dringend Maßnahmen gegen die 
Diskriminierung von MigrantInnen am Arbeitsmarkt, bei Behörden und im 
Bildungssystem getroffen werden. Diskutiert wurde weiters die 
Anerkennung einer Wohnbürgerschaft, die den MigrantInnen gleiche Rechte 
zugesteht, und die Aufhebung aller so genannten Ausländergesetze.

Anstelle des von der Europäischen Union angestrebten "Reform"vertrags 
von Lissabon, sollen Konzepte Platz greifen, die ein soziales, 
ökologisches, geschlechtergerechtes und friedliches Europa 
verwirklichen. Das ASF spricht sich entschieden gegen ein Europa der 
Banken, Konzerne und Generäle aus. Ebenso weisen wir die rassistische 
Einwanderungspolitik durch die Festung Europa zurück. Vor allem die 
Rückkehrdirektive der EU hat die Situation von MigrantInnen und 
AsylwerberInnen enorm verschärft.

In den verschiedenen Arbeitskreisen sprachen sich die TeilnehmerInnen 
entschieden gegen Krieg und Besatzung aus. Anhand von Beispielen wie 
Palästina und Tibet wurde die Notwendigkeit von Friedensstrategien im 
Zusammenhang mit nationaler Unterdrückung diskutiert. Ebenso wurde eine 
aktive Solidarität mit den unterdrückten Völkern gefordert.

Das ASF hat einen guten Beitrag dazu geleistet, die unterschiedlichen 
Zugänge zu den einzelnen Problemstellungen zusammenzuführen und 
solidarische Diskussionen zu unterschiedlichen Themen gewährleistet. 
Weiters schließt sich das ASF dem Aufruf des Europäischen Sozialforums 
für eine Demonstration gegen das Militärbündnis NATO am 3./4. April 2009 
in Strassbourg ebenso an wie der Mobilisierung des für 6. Dezember 2008 
geplanten europäischen Aktionstags gegen Armut in Paris .

EINE ANDERE WELT IST MÖGLICH  UND AUCH NOTWENDIG!

(siehe auch Info 768) "Wir wollen für ihre Krise nicht zahlen", ESF

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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl,
Geschäftsstelle Pfandl
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