[E-rundbrief] Info 695 - Rb 129 - Wangari Maathai unbeugsam
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Di Jul 1 18:13:25 CEST 2008
E-Rundbrief - Info 695 - Rb. 129 - Wangari Maathai (Kenia): Erinnerungen
einer Unbeugsamen.
Bad Ischl, 1.7.2008
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Wangari Maathai
Erinnerungen einer Unbeugsamen
Wangari Maathai berichtet in ihrem Buch "Afrika, mein Leben.
Erinnerungen einer Unbeugsamen" (Buchtipp 2801) über ihr
außergewöhnliches Leben. 1940 in einem Kikuyu-Dorf am Fuße des Mount
Kenya geboren, ergreift sie die Chance in den USA und München Biologie
und Veterinärmedizin zu studieren. Zurück in Kenia wird sie die erste
Professorin des Landes und die erste grüne Politikerin Afrikas. Sie
gründete das Umweltschutzprogramm "Green Belt Movement", das über die
Jahrzehnte zu einer Afrika umspannenden Bewegung wird.
Doch ihr Engagement bringt ihr nicht nur Zustimmung ein. Der damalige
Präsident arap Moi lässt sie mehrmals verhaften, schickt seine
Polizisten, wenn sie und ihre Mitarbeiterinnen sich schützend vor den
Regenwald stellen. Die Frauenverbände beschimpfen sie, weil sie ihre
Auflehnung gegen die Männer ungehörig finden, und ihr Ehemann verlässt
sie und ihre drei Kinder, weil sie "zu gebildet, zu stark, zu
erfolgreich, zu eigensinnig und zu schwer zu kontrollieren" sei.
Sie wurde u.a. 1984 mit dem Alternativen Nobelpreis und 2004 als erste
afrikanische Frau mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Sie wurde Ende 2002
bei den ersten freien Wahlen ins Parlament gewählt und war von Jänner
2003 bis November 2005 stellvertretende Umweltministerin Kenias. Als
Mitorganisatoren der 20-Jahr-Feier der Alternativen Novelpreisträger
1999 in Salzburg waren Maria und ich beeindruckt von ihrem Engagement
und wir freuten uns über diese Gelegenheit zu einem freundschaftlichen
Erfahrungsaustausch.
Matthias Reichl
Weitere Informationen: http://www.wangarimaathai.or.ke/
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Zitate aus Wangari Maathai "Afrika, mein Leben."
... In letzter Zeit ist in Nyeri, wie in den meisten anderen Städten
Kenias, die Zahl der Abwanderer aus ländlichen Regionen regelrecht
explodiert. Durch die Geldwirtschaft und die rein für den Verkauf
produzierten Feldfrüchte (die nicht die erhofften Gewinne brachten) ist
das Leben in den Dörfern relativ gesehen ärmer geworden als in meiner
Kindheit, und deswegen ziehen die Menschen in die Stadt, in der Hoffnung
auf ein besseres Leben. In Nyeri versuchen die Einheimischen auf jede
nur denkbare Weise, sich einen Lebensunterhalt zu verdienen -- sie
schlagen Metall, bieten Obst und Gemüse feil, bauen Pflanzen an, kaufen
und verkaufen Waren aus erster und zweiter Hand.
Wenn ich mir Nyeri heute betrachte, muss ich an meine Kindheit denken,
als die Menschen ihre Waren in schöne, bunte Körbe verschiedener Größen
und Formen packten, um sie zum Markt und wieder nach Hause zu bringen.
Diese Körbe, die aus Sisal und anderen Naturfasern bestanden, waren Teil
der dörflichen Handwerkskultur. Heute werden sie kaum noch verwendet und
vorwiegend für Touristen hergestellt. Die Einheimischen bevorzugen dünne
Plastiktüten, die in den Parks und auf den Straßen herumliegen, in die
Bäume und Büsche geweht werden, Haustiere töten (die sie aus Versehen
fressen) und den Moskitos als Brutplatz dienen. Die Stadt ist derart
zugemüllt, dass man sich fast nirgendwo zum Ausruhen hinsetzen kann,
ohne von Plastiktüten umgeben zu sein. ...
... Da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Die Umweltzerstörung
stellte nicht nur eine Bedrohung für die Viehzucht dar, nein, ich, meine
Kinder, meine Studenten, meine Mitmenschen, mein ganzes Land, wir alle
würden den Preis dafür bezahlen. Der Zusammenhang zwischen den Symptomen
der Umweltzerstörung und ihren Ursachen -- Rückgang des Baumbestandes und
der Vegetation, nichtnachhaltige Landwirtschaft sowie Bodenerosion -- lag
auf der Hand. Etwas musste getan werden. Wir durften uns nicht auf die
Erscheinungsformen des Problems beschränken, wir mussten das Übel an der
Wurzel packen.
Nun ist es eine Sache, eine Problematik zu erkennen, aber eine ganz
andere, sie zu lösen. Doch Lösungen zu finden hat mich immer schon
gereizt. Ich glaube, das geht auf meine Erziehung zurück und auf meine
Jahre in Amerika: mir zu überlegen, was ich tun kann, und nicht darüber
zu grübeln, was ich nicht tun kann. Ich brauchte mich gar nicht lange zu
fragen: "Also, was kann ich tun?" Der Gedanke kam mir einfach: "Warum
pflanzt du nicht Bäume?" Die Bäume würden Brennholz liefern, damit die
Frauen nahrhaftes Essen kochen konnten, aber auch Baumaterial für Zäune
und Futter für Rinder und Ziegen. Die Bäume würden Menschen und Tiere
Schatten spenden, das Grundwasser schützen und den Erdboden
zusammenhalten, und wenn es fruchttragende Bäume waren, würden sie auch
Nahrungsmittel liefern. Sie würden auch zur Heilung des Landes
beitragen, indem sie Vögel und kleine Tiere zurückholten; die
Lebendigkeit der Erde würde wiederhergestellt.
Das war der Beginn der Green Belt Movement. Alles Weitere war vielleicht
reines Glück. Wäre ich auf etwas anderes als Bäume verfallen, wären
meine Bemühungen vielleicht gescheitert, ich wäre Professorin an der
Universität geblieben und würde jetzt den Ruhestand genießen. Aber das
wäre nicht halb so spannend gewesen wie das, was ich tat. Wenn ich an
die Jahre unmittelbar vor der Gründung der Green Belt Movement
zurückdenke und an die Jahre in denen sie entstand und wuchs, ist es
kein Zufall, dass es genau die Zeit war, in der die Frauenbewegung
weltweit zu agieren begann. Ebensowenig ist es Zufall, dass die Green
Belt Movement ihre Blütezeit im Jahrzehnt der Frau erlebte, das die
Vereinten Nationen 1976 in Mexico City ausriefen .....
(Siehe Seiten 50, 51, 159 und 160)
Wangari Maathai: Afrika, mein Leben. Erinnerungen einer Unbeugsamen.
2008 DuMont Verlag. EUR 19,90
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
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