[E-rundbrief] Info 543 - D. Tutu - Klimaveraenderung
Matthias Reichl
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So Mai 20 11:54:23 CEST 2007
E-Rundbrief - Info 543 - Desmond Tutu
(Südafrika): Tödliche Selbstzufriedenheit.
(Klimaveränderung und Naturkatastrophen).
Bad Ischl, 20.5.2007
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Tödliche Selbstzufriedenheit
Desmond Tutu
ZNet 11.05.2007
Was wäre, wenn man gegen die Klimaveränderung
mehr unternehmen müsste, als einen Schalter
umzulegen? Würden unsere Freunde in der
industrialisierten Welt umdenken, wenn der
Klimawandel größere Auswirkungen auf sie selbst
hätte - als lediglich mehr Sommermonate und die
Ankunft neuer exotischer Arten? Besänftigt und
eingelullt genossen sie das Privileg der
geistigen Verdrängung dessen, was wirklich vor
sich ging in der wertvollen und gleichzeitig so
fragilen Atmosphäre, die den Planeten umgibt, auf
dem wir leben. Wo der Klimawandel sich in der
industrialisierten Welt bemerkbar gemacht hat,
lief es bislang relativ glimpflich ab - abgesehen
von Ereignissen wie Hurrikan Katrina 2005. Die
Bewohner Nordamerikas und Europas haben bisher
nur den Hauch des Windes der Veränderung zu spüren bekommen.
Ich frage mich, wären diese Leute nicht viel,
viel ängstlicher, wenn sie vom Zyklus der Mutter
Natur abhängig wären, um ihre Familien zu
ernähren? Um wie Vieles größer wäre ihre Sorge,
wenn sie in einem Slum lebten oder in einem
Township aus Lehmhütten oder wenn ihr Obdach aus
Plastiktüten bestünde? Das ist die Realität in
weiten Teilen Afrikas unterhalb der Saharazone.
Die Armen, die Verletzlichen, die Hungernden sind
dem Klimawandel am härtesten ausgeliefert - jeden Tag ihres Lebens.
Das Schmelzen des Schnees auf dem Gipfel des
Kilimanscharo ist ein Warnsignal dieser
Veränderungen in Afrika. Überall auf diesem
wunderschönen aber verletzlichen Kontinent spüren
Menschen, dass sich das Wetter verändert. Ob
Dürre oder Regen - das Resultat ist immer das
gleiche: noch mehr Hunger und Leid für Millionen
von Menschen am Rande der globalen Gesellschaft.
Selbst für Orte wie Dafur spielt der Klimawandel
eine Rolle, denn in den halbtrockenen Zonen
dieser Erde findet ein harter Verteilungskampf um
Weideland und Wasserstellen statt. Immer weniger
Wasser für immer größere Populationen - da ist
der Konflikt jedes Mal vorprogrammiert.
Viele Länder, in denen die Ärmsten leben, haben
Regierungen, die kaum gerüstet sind. Wenn
Katrina schon für die USA eine Herausforderung
war, wie sollte es uns da wundern, dass die
jährliche Zyklon-Saison vor der Ostküste Afrikas
die Regierungen von Mozambique und Madagaskar
zunehmend an ihre Grenzen bringt? Wo die
Regierungen schwach sind, wächst die Abhängigkeit von humanitären Agenturen.
Wer für eine Organisation wie beispielsweise das
Welternährungsprogramm der UNO arbeitet, sieht
sich als Mitarbeiter einer humanitären
Wachstumsbranche. Über 850 Millionen Menschen
wissen aus eigener Erfahrung, was es heißt zu
hungern, und Jahr für Jahr kommen weitere 4
Millionen hinzu. Die zunehmenden
Naturkatastrophen lassen den Kampf gegen den
Hunger zu einer noch größeren Herausforderung
werden. Nach Schätzungen der Weltbank hat sich
die Zahl der Naturkatastrophen seit 1975
vervierfacht. 1975 waren es 100 pro Jahr, 2005 waren es 400.
In den vergangenen 10 Jahren hatten 2,6
Milliarden Menschen unter den Folgen von
Naturkatastrophen zu leiden. Das sind mehr als
ein Drittel der Weltbevölkerung. Die meisten
davon lebten in Entwicklungsländern. Die
humanitären Folgen sind offensichtlich. Nicht
ganz so offensichtlich ist, in welchem Maße diese
klimatischen Ereignisse positive Entwicklungen,
die über Jahrzehnte errungen wurden, wieder
zunichte machen. Dürren und Fluten zerstören
nicht nur Leben sondern auch Schulen und Ökonomien, sie vernichten Chancen.
Jedes Kind kennt die Geschichte von den drei
kleinen Schweinchen und dem großen, bösen Wolf.
In unserer realen Welt ist der Klimawandel der
böse Wolf. Über das mit Stroh gedeckte Haus und
das Holzlatten-Haus ist er bereits hergefallen.
Deren Bewohner klopfen nun an die Pforte des
gemauerten Hauses, in dem die Menschen der
entwickelten Welt leben. Unsere Freunde in der
entwickelten Welt sollten dies im Hinterkopf
behalten, wenn sie das nächste Mal an ihrem
Thermostat drehen. Die Probleme der Bauern in
Mozambique mögen ihnen weit hergeholt erscheinen,
aber vielleicht dauert es nicht mehr lange, bis
diese Probleme an ihre Küste gespült werden.
Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu ist der
ehemalige Erzbischof von Cape Town/Südafrika.
Quelle: ZNet Deutschland vom 13.05.2007.
Übersetzt von: Andrea Noll. Orginalartikel: This fatal complacency .
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
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