[E-rundbrief] Info 529 - Iran-GB-Konflikt deeskalieren

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Sa Mär 31 10:47:10 CEST 2007


E-Rundbrief - Info 529 - Bundesausschuss 
Friedensratschlag (Kassel, D): Pressemitteilung 
"Den Ball flach halten" - Die I. Haager 
Konvention anwenden; Iran-Großbritannien: Den 
Konflikt deeskalieren; Nicht drohen, sondern die 
I. Haager Konvention umsetzen; Friedensbewegung 
appelliert an beide Seiten; Ostermärsche gegen drohenden Irankrieg.

Bad Ischl, 31.3.2007

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Pressemitteilung
des Bundesausschusses Friedensratschlag

"Den Ball flach halten" - Die I. Haager Konvention anwenden

- Iran-Großbritannien: Den Konflikt deeskalieren
- Nicht drohen, sondern die I. Haager Konvention umsetzen
- Friedensbewegung appelliert an beide Seiten
- Ostermärsche gegen drohenden Irankrieg

Kassel, 30. März - Zur erhöhten Kriegsgefahr um 
den Iran und zu den Aktivitäten der 
Friedensbewegung erklärte am Freitag ein Sprecher 
des Bundesausschusses Friedensratschlag:

Verschiedene Vorgänge und Anlässe der letzten 
Tage und Wochen haben den Konflikt um das 
iranische Atomprogramm eskalieren lassen:

1) Die militärische Umzingelung Irans mit 
US-amerikanischen Stützpunkten (Irak im Westen, 
Afghanistan und Pakistan im Osten) und 
Flugzeugträgern (im Persischen Golf) ist weit 
fortgeschritten. Militärexperten sprechen davon, 
dass der Truppenaufmarsch am Golf zumindest für 
Luftangriffe auf ausgewählte Ziele im Iran 
(vermutete Atomanlagen bis hin zu politischen 
Führungsriege des Staates) ausreichend ist.

2) Nach einem Bericht der "Jerusalem Post" haben 
zahlreiche Botschaften im Nahen Osten angesichts 
der sich verschärfenden Situation neue Evakuierungspläne erarbeitet.

3) Die USA führen in diesen Tagen ein Großmanöver 
vor der Küste Irans durch, von dem der russische 
Außenminister sagte, dass es die ohnehin 
angespannte Situation in der Region weiter 
erschwere: "Der Persische Golf befindet sich in 
einem so nervösen Zustand, dass beliebige 
Handlungen in diesem Gebiet, zumal mit Anwendung 
militärischer Gewalt, der Situation Rechnung 
tragen müssen, die ohnedies schon äußerst 
gespannt ist." (Sergej Lawrow am 29. März).

4) Im UN-Sicherheitsrat wurde vor einer Woche 
Resolution 1747 durchgesetzt, wonach die 
Sanktionen gegen Iran verschärft wurden. Der 
UN-Sicherheitsrat besteht wie die Internationale 
Atomenergiebehörde in Wien immer noch darauf, 
dass Iran die Urananreicherung aussetzt - eine 
Forderung, die an keinen anderen Staat der Welt 
gestellt wird und gegen den die Satzung der IAEO 
verstößt. In 60 Tagen (spätestens am 24. Mai) 
soll Iran die Bedingungen des Sicherheitsrats 
erfüllen. 5) Vor einer Woche nahm die iranische 
Marine 15 britische Soldaten fest, weil sie 
angeblich in iranisches Gewässer eingedrungen 
seien. Großbritannien leugnet die Grenzverletzung 
und behauptet demgegenüber, bei der iranischen 
Maßnahme handle es sich um einen Akt der 
Geiselnahme. Der Abbruch der diplomatischen 
Beziehungen gießt zusätzliches Öl ins Feuer.

Großbritannien und Iran scheinen Gefallen daran 
zu haben, weiter an der Eskalationsschraube zu 
drehen. Die iranische Weigerung, den britischen 
Soldaten konsularischen Beistand zu gewähren, ist 
nach internationalem Recht ebenso inakzeptabel 
wie die britische Forderung nach sofortiger 
Freilassung der "Geiseln". Und verfehlt ist es 
auch, wenn die Europäische Union bzw. die 
deutsche Ratspräsidentschaft sich in dem 
Streitfall sofort und bedingungslos hinter Großbritannien stellt.

Die Beachtung internationalen Rechts gilt für 
beide Seiten. In diesem Fall ist an das von 
Großbritannien und Iran unterzeichnete I. Haager 
"Abkommen zur friedlichen Erledigung 
internationaler Streitfälle" (aus dem Jahr 
1899/1907) zu erinnern. Art. 2 dieses Abkommens 
bestimmt, dass die Vertragsmächte "im Falle einer 
ernsten Meinungsverschiedenheit oder eines 
Streites, bevor sie zu den Waffen greifen, die 
guten Dienste oder die Vermittelung einer 
befreundeten Macht oder mehrerer befreundeter 
Mächte anzurufen". Darüber hinaus wird es für 
sinnvoll erachtet, wenn "eine oder mehrere 
Mächte, die am Streit nicht beteiligt sind, (...) 
ihre guten Dienste oder ihre Vermittelung 
anbieten" (Art. 3). Falls diese Maßnahmen zu 
keinem Ergebnis führen, besteht schließlich nach 
Art. 9 ff die Möglichkeit, eine "internationale 
Untersuchungskommission" einzusetzen. Der vor 100 
Jahren eingerichtete "Ständige Schiedshof" (Art. 
41 ff) ist nach dem Zweiten Weltkrieg von dem 
Internationalen Gerichtshof (IGH) abgelöst 
worden. Er ist zuständig für exakt die 
Streitigkeiten, die jetzt zwischen Iran und 
Großbritannien entstanden sind. Eine vernünftige 
Reaktion Londons wäre die Anrufung dieses Gerichts in Den Haag gewesen.

Die Friedensbewegung appelliert an die 
Regierenden in Teheran und London, den Weg der 
friedlichen Erledigung dieses Streitfalles zu 
gehen und den IGH anzurufen. Von der EU und der 
deutschen Präsidentschaft ist zu fordern, dass 
sie "den Ball flach halten" und die 
Streitparteien auf ihre internationalen 
Verpflichtungen hinweisen, anstatt einseitig 
Teheran zu verurteilen und "selbstverständlich" 
London "Solidarität" zu erweisen, wie 
Bundesaußenminister Steinmeier heute in Bremen 
sagte. Die in der Sache zurückhaltende Reaktion 
des UN-Sicherheitsrats gestern war von weitaus größerer Verantwortung getragen.

Mit den Ostermärschen - und falls die Krise sich 
weiter zuspitzt, schon vorher - wird die 
Friedensbewegung den Druck auf die 
Bundesregierung und die EU erhöht, damit sie sich 
nicht plötzlich in einem Kriegsszenario 
wiederfinden, das im Pentagon entworfen wurde.

Für den Bundesausschuss Friedensratschlag: Peter Strutynski (Sprecher)

Bei Rückfragen: Tel. 0561/804-2314; mobil: 0160 976 28 972

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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
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