[E-rundbrief] Info 491 - Bethlehem/ Palaestina 2006
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Sa Dez 23 17:15:12 CET 2006
E-Rundbrief - Info 491 - Matthias Reichl: Bethlehem 2006; anonym:
Stirbt Bethlehem? Aus einem Brief der Wiener "Frauen in Schwarz" an
die österreichische Außenministerin Plassnik (vom 19.12.2006) zur
Abriegelung des Gazastreifens (Palästina).
Bad Ischl, 23.12.2006
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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An die Leserinnen und Leser unserer E-Rundbriefe
Ich vermeide die gewohnten Weihnachts- und Neujahrswünsche und
erhoffe für euch (und uns) statt dessen auch für die Zukunft die
nötige Kraft, für einen gewaltfreien Widerstand gegen die vielfachen
Bedrohungen, aber auch für lebenswerte Alternativen im Kleinen wie im Großen.
Der "Weihnachtsfriede", der dort wo er ausgebrochen ist, schnell
wieder eingefangen wird - durch Konsum- wie auch bewaffneten Terror
und durch Naturgesetze, die sich dem menschlichen Harmoniestreben
entziehen - ist damit nur eine Fortsetzung des Krieges mit anderen
Mitteln. Was wir stattdessen anstreben sollten, ist Kontinuität und
Ausdauer statt saisonaler Gelegenheitsaktionismus in Sachen
zwischenmenschlicher Beziehungen.
Mit solidarischen Grüßen
Matthias Reichl
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit Bad Ischl
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Bethlehem 2006
Matthias Reichl
Das Friedenslicht für Europa wird am Lagerfeuer einer
palästinensischen Familie entzündet, verlöscht aber an der Grenze der
"Festung Europa". Die Palästinenser werden von ihrem Bauernhof bei
Bethlehem vertrieben, weil auch die Stadt von der israelischen
Apartheidsmauer eingekesselt wird. Auch die Beduinen als "Hirten vom
Felde" dürfen nicht mehr die Stadt betreten.
Aber auch die "Drei Weisen" aus dem Morgenland Irak werden am
israelischen Kontrollposten verhaftet und durchsucht. Die israelische
Polizei beschuldigt sie, mit dem Gold palästinensische Terroristen zu
finanzieren und ihnen mit dem Weihrauch und der Myrrhe Material für
den Bombenbau zu liefern. Der "Stern der Weisen" entpuppt sich als
eine unbemannte US-Aufklärungsdrohne. Die irakischen "Weisen" bringen
auch Feinstaub an ihren Schuhen mit sich, der durch die radioaktiven
DU-Geschoße der US-Amerikaner verseucht ist und der sich mit dem
radioaktiven Staub im Kriegsgebiet Palästinas vermischt.
Der Herodes Olmert und sein Gerichtshof in Jerusalem gibt das Feuer
frei auf die "unschuldigen Kinder" in Palästina, die für seine
Herrschaft gefährlich werden könnten.
Die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten endet zwischen Bethlehem
und Jerusalem an der israelischen Apartheidsmauer. Wenn sie diese
überwinden und - "begleitet" von israelischen Helikoptern, Panzern
und Bulldozzern - den Gazastreifen erreichen können, dann landen sie
spätestens am Grenzübergang Rafah zu Ägypten an der Seite vieler
Palästinenser, die ein ähnliches Schicksal erleiden.
Bad Ischl, 21.12.2006
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Stirbt Bethlehem?
Vor mehr als 2000 Jahren kamen Maria und Joseph auf ihrer Reise von
Nazareth auch über die knapp 7 Kilometer zwischen Jerusalem und
Bethlehem. Heute ist es fast unmöglich, diesen berühmten Weg zu
gehen, weil dort Israels sog. "Sicherheitszaun" gebaut wurde. In
Wirklichkeit ist dieser Zaun eine 8-14 Meter hohe Betonmauer, die
weit innerhalb der Westbank gebaut wurde und quer über die
Hauptstraße zwischen den beiden biblischen Städten führt.
An diesem Weihnachtsabend, an dem Christen den Geburtstag Jesu
feiern, ist Israel dabei, die heilige Stadt in ein Freiluftgefängnis
zu verwandeln. In seinem neuen Buch "Palästina, Frieden nicht
Apartheid" erzählt der frühere US-President Jimmy Carter von einer
Kirche, die durch die Mauer von ihrem Garten und ihrer Gemeinde
abgeschnitten wird.
Nach Unterlagen der UN wird Bethlehem von 78 Hindernissen,
einschließlich 10 militärischen Kontrollpunkten und 55 Straßensperren
umgeben. Die Mauer, die mit Milliarden Dollar amerikanischer
Steuerzahler bezahlt wurde, schneidet Bethlehems Bevölkerung von
wichtigen sozialen Diensten, Schulen und Arbeitsplätzen ab. Dr.
Desmond Tutu, der frühere Erzbischof Südafrikas, erklärte: es ist
unglaublich, dass man die Stadt Bethlehem durch Strangulierung
langsam sterben läßt.
Außerdem wurde das ganze Areal rund um Rachels Grab mitten in
Bethlehem illegal von der israelischen Regierung enteignet und mit
einer Mauer umgeben. Die palästinensischen Bewohner der daneben
liegenden Häuser und Geschäfte sind vertrieben worden, um einer
geplanten jüdischen Schule und Siedlung Platz zu machen. Die
israelische Regierung hat dies vorher auch schon in Hebron
gemacht mit voraussehbaren gewalttätigen Folgen.
Wer ist für diese Situation im Heiligen Land verantwortlich? Wir
alle sind dafür verantwortlich. Die USA liefert das Geld und
ignoriert die Proteste der palästinensischen christlichen
Gemeinden. Israel hat diese Mauer gebaut, die ein Hindernis für den
Frieden ist, während die Welt schweigt. Während alle Welt an
Weihnachten Lieder singen wird, in denen Bethlehem als Geburtsort
Jesu eine Rolle spielt, scheint es ihr nicht klar zu sein, dass die
Stadt jetzt von Mauern, militärischen Wachtürmen und illegalen
jüdischen Siedlungen umgeben ist. Bethlehem ist im Begriff zu
sterben. Die Folge der Unterdrückung wird nur zu Gewalt
führen. Victor Batarseh, der Bürgermeister von Bethlehem,
erklärt: Unsere Stadt riskiert, eine Stadt von Spannungen und Leiden
zu werden, anstelle einer Stadt des Friedens." Tatsächlich ist Jesu
Geburtsort nicht mehr ein Fanal der Hoffnung, sondern wird immer mehr
zu einem Symbol für das, was mit Israels Besatzung des
palästinensischen Landes falsch läuft.
Eine Mauer zu bauen oder einseitig Lösungen durchzuführen, wird
keinen Frieden bringen. Es ist an der Zeit, dass alle Menschen guten
Willens, Christen, Juden und Muslime zusammen kommen, um die
israelische militärische Besatzung des palästinensischen Landes zu
beenden. Es ist an der Zeit, Mauern einzureißen und nicht neue
aufzubauen, die die Zentren religiöser Gemeinden im Heiligen Land
umgeben und in Gefängnisse verwandeln.
Es ist an der Zeit, statt Mauern Brücken zu bauen!
(Übersetzung: Ellen Rohlfs)
Die Trennungsmauer wird in den besetzten palästinensischen Gebieten
errichtet um mehr Land und Wasser-Resourcen zu annektieren. Sie
wurde vom Internationalen Gerichtshof am 9. Juli 2004 für illegal
erklärt und ist eine Verletzung der Genfer Konvention.
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Aus einem Brief der Wiener "Frauen in Schwarz" an die Außenministerin
Plassnik vom 19.12.2006
Sehr geehrte Frau Bundesministerin!
Am 2. Dezember 2006, dem Internationalen Tag gegen die Abriegelung
des Gazastreifens, wurden von FriedensaktivistInnen und -aktivisten
weltweit in 107 Städten in ungefähr 17 Ländern Mahnwachen abgehalten.
Im Zentrum Wiens hatten sich die Frauen in Schwarz für zwei Stunden
versammelt . Auch in der israelischen Hauptstadt Tel Aviv, bei der im
Büro der Europäischen Union eine internationale Online-Petition
übergeben wurde.
Mit diesem Internationalen Tag gegen die Abriegelung von Gaza wollte
man die Aufmerksamkeit der Welt auf die verzweifelte Lage der
Palästinenser richten, die unter israelischer Besatzung leben müssen,
speziell auf jene rund 1,4 Millionen im Gazastreifen. Seit den im
vergangenen Januar demokratisch abgehaltenen Wahlen werden diese
Menschen wegen des Wahlresultats kollektiv ungerecht und brutal
gestraft. Sie sind dem Hunger ausgeliefert und viele sterben mangels
ausreichender medizinischer Behandlung und Medikamente. Die Tatsache,
dass mehr als 50% der Bevölkerung von Gaza jünger als 18 Jahre ist,
macht die Situation noch schockierender.
Die internationale Gemeinschaft hat mit Erschrecken die Verlautbarung
vernommen, dass der israelische Oberste Bundesgerichtshof in diesen
Tagen ein Gesetz verabschiedet hat, das gezielte Tötungen erlaubt,
was den Tod vieler unschuldiger palästinensischer Bürger - Männer,
Frauen und Kinder - bedeutet.
Täglich lesen wir von Verhaftungen, Tötungen und Verwundungen
palästinensischer Zivilisten durch die israelische Armee, von
Zerstörung palästinensischer Häuser in Israel und in den besetzten
Gebieten. Allein im November wurden im Gazastreifen 82 Palästinenser
von der israelischen Armee getötet, darunter 18 Kinder und
Jugendliche unter 18! Cirka 300 Menschen wurden verwundet - bei
manchen bleiben diese Verletzungen lebenslang.
Erst vergangene Woche wurde ein palästinensisches Dorf mit 17 von
Beduinen bewohnten Häusern in der Negevwüste in Israel von der
israelischen Armee vollständig zerstört; keine wirklich unübliche
Praxis. Gleichzeitig wurde angekündigt, dass 42.000 Hauseinheiten von
Beduinen in der Negev zerstört werden, was bedeutet, dass Menschen,
die dort seit Generationen leben, verjagt werden.
Immer mehr Menschen in aller Welt sind nicht mehr bereit, weiter zu
solchen Aktionen und Zerstörungen durch die israelische Regierung und
ihre Armee zu schweigen. Klar wird das auch durch das kürzlich
veröffentlichte Buch "Peace, Not Apartheid" von Ex-Präsident Carter,
das in den USA, wie auch in anderen Ländern für seine Ehrlichkeit
große Beachtung und Lob bekommt. Mehr und mehr Menschen sind
überzeugt, dass eine gerechte und friedliche Lösung sowohl für die
Palästinenser als auch für die Israeli gefunden werden MUSS.
Die israelische Besetzung palästinensischen Landes muss ein Ende
nehmen. Die Palästinenser müssen ihre Souveränität und Freiheit
bekommen ohne Siedlungen und ohne die durch ihr Land gezogene
Apartheid-Mauer, die Ghettos aus ihren Städten und Dörfern macht.
Wenn nicht bald eine wirkliche Lösung gefunden wird und ehrliche
Verhandlungen diese furchtbare Unterdrückung zu einem Ende bringen,
fürchten wir, die an Frieden und Gerechtigkeit glauben, dass diese
Region in totaler Gewalttätigkeit und Hass untergehen und zu einer
echten Gefahr für den Weltfrieden wird.
Österreich ist für seine Rolle als Vermittler im Mittleren Osten in
guter Erinnerung. Wir sind der Ansicht, dass Österreich und der
Europäischen Union eine sehr wichtige Rolle zukommt, aktiv zu einer
positiven Lösung dieses Problems beizutragen.
womeninblack-vienna at gmx.net
www.fraueninschwarz.at
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
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