[E-rundbrief] Info 490 - Friedensstrategien 2007 Deutschland
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
So Dez 10 18:12:47 CET 2006
E-Rundbrief - Info 490 - Bundesausschuss Friedensratschlag 2006
(Kassel, Deutschland): Friedensstrategien in einer unfriedlichen Welt.
Bad Ischl, 10.12.2006
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Friedensstrategien in einer unfriedlichen Welt
Bundesausschuss Friedensratschlag 2006 (Kassel, Deutschland):
Die Bundeswehr wird in immer neue Einsätze geschickt: Bosnien,
Kosovo, Afghanistan, Kongo, Libanon etc. Immer neue
Bundeswehreinsätze schaffen aber keine Sicherheit, im Gegenteil, die
Unsicherheit wird erhöht. Alle Versuche, politische Probleme
militärisch zu lösen, sind zum Scheitern verurteilt. Unschuldige
Menschen sterben, Länder werden verwüstet, Hass und Verzweiflung
wachsen an. Die Beteiligung der Bundeswehr an weltweiten Kriegen ist
verfassungswidrig. Die Auslandseinsätze bedeuten eine Militarisierung
der Außenpolitik mit Rückwirkungen auf die Innenpolitik. Mit den
Aktionen der Friedensbewegung treten wir für eine andere Politik ein.
Diese Politik setzt auf Gerechtigkeit, Solidarität, Entwicklung,
Recht auf demokratische Teilhabe und nachhaltigen Umgang mit der Natur.
Aktionsschwerpunkte 2007
* Auslandseinsätze beenden
* Friedenspolitische Anstöße für EU-Präsidentschaft und G-8-Gipfel
* Verfassungswidriges Weißbuch zurückziehen!
* Für friedliche Lösung des Nahostkonflikts
* Sog. "Antiterrorkrieg" beenden
* Atomwaffen abrüsten
* Völkerrecht einhalten
Der Bundesausschuss Friedensratschlag, ein bundesweites Netzwerk von
Friedensgruppen, -organisationen und Einzelpersonen hat bei seinem
Treffen in Kassel seine friedenspolitischen Schwerpunkte für das
nächste Jahr diskutiert und ein entsprechendes Aktionsprogramm
verabschiedet. Im Zentrum steht dabei die Forderung nach einem Ende
der Auslandseinsätze der Bundeswehr.
"Alle Versuche, politische Probleme militärisch zu lösen, sind zum
Scheitern verurteilt", heißt es in der Präambel des Papiers
"Friedensstrategien in einer unfriedlichen Welt". Nicht nur der Irak,
sondern auch Afghanistan habe gezeigt, dass Militärinterventionen
nicht zu einer Stabilisierung der Sicherheitslage, schon gar nicht
zur Verbreitung von Demokratie und Menschenrechten beitragen können.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre diversen Auslandseinsätze
zu beenden und die Soldaten nach Hause zu holen.
Das erste Halbjahr 2007 wird von zwei besonderen Ereignissen
bestimmt, die auch die Agenda der Friedensbewegung berühren: Die
EU-Präsidentschaft und der G-8-Gipfel in Heiligendamm. Die
Bundesregierung möchte eine Wiederbelebung des
EU-Verfassungsprozesses erreichen und unterstützt vor allem die
weitere Militarisierung der EU, wie sie z.B. in der Tätigkeit der
"Europäischen Verteidigungsagentur" oder im Aufbau und der
Einsatzbereitschaft der EU-Battlegroups zum Ausdruck kommt. Beides
hat eine weitere Aufrüstung und Militarisierung Europas zur Folge.
Das Treffen der EU-Verteidigungsminister am 1./2. März in Wiesbaden
wird die Friedensbewegung vor Ort mit einer alternativen
internationalen Tagung sowie mit lautstarken Straßenprotesten
begleiten. - Die Friedensbewegung ist selbstverständlich auch dabei,
wenn die globalisierungskritische Bewegung beim G-8-Gipfel in
Heiligendamm die verhängnisvolle Politik der mächtigsten Staaten
dieser Welt anprangern.
Weiter thematisiert werden muss das neue "Weißbuch" der
Bundesregierung, das den verfassungswidrigen Umbau der Bundeswehr zu
einer Interventionsarmee vorsieht. Dazu sollen neue Waffen und
zusätzliche Ressourcen für neue Auslandseinsätze bereitgestellt
werden. Außerdem wird mit einer Verfassungsänderung geliebäugelt, um
den Weg frei zu machen für einen Bundeswehreinsatz im Inneren. Der
Bundesausschuss Friedensratschlag wird neben seiner Kampagne zur
Beendigung der Auslandseinsätze darauf dringen, dass das "Weißbuch"
zurückgenommen wird und eine breite öffentliche Diskussion über den
Auftrag der Bundeswehr in Gang gesetzt wird. Weitergeführt wird die
Kampagne "Spart endlich an der Rüstung".
Der Nahostkonflikt ist ein Zentralkonflikt in dieser Welt, dessen
Lösung nur möglich erscheint, wenn die wesentlichen Konfliktursachen
beseitigt werden. Als eine wichtige Ursache für die kriegerischen
Konflikte sind die seit Jahrzehnten andauernde völkerrechtswidrige
Besetzung palästinensischer Gebiete durch Israel und der fortdauernde
staatliche Terror gegen die dortige Bevölkerung. Die internationale
Friedensbewegung setzt sich für eine Konferenz für Sicherheit und
Zusammenarbeit im Nahen und Mittleren Osten ein, an der alle
staatlichen und nichtstaatlichen Konfliktparteien beteiligt werden
müssen. Diese Konferenz könnte auf Einladung der Bundesregierung in
Berlin stattfinden - als Ausdruck der besonderen deutschen
Verantwortung für Israel und einen künftigen Staat Palästina.
Der Nahostkonflikt nährt auch immer wieder aufs Neue nichtstaatlichen
Terror. Mit Feldzügen à la Afghanistan oder Irak wird der
terroristischen Gewalt nicht beizukommen sein. Im Gegenteil: Der sog.
"Antiterror-Krieg" wird selbst zum Terror und ist Ursache für immer
neue Gewalt. Und in dem Maße, in dem terroristische Gewalt dem Islam
oder "Islamismus" zugeschrieben wird, wird eine neue Spaltung der
Welt, ein neuer Kalter Krieg konstruiert. Die wahren Gründe für den
"Antiterror-Krieg" - Sicherung von Energieressourcen, geostrategische
Ziele usw. - bleiben im Hintergrund. Die Friedensbewegung kämpft für
eine Beendigung des Antiterrorkriegs und für den Rückzug
ausländischer Truppen aus Afghanistan und Irak. Deutschland ist zudem
ein logistisches Rückgrat der US-Kriegspolitik. Dazu gehören nicht
nur die US-Militärbasen (z.B. Ramstein), sondern zunehmend auch der
Flughafen Leipzig als Drehscheibe für Truppentransporte. Der
Bundesausschuss Friedensratschlag fordert die Einstellung jeder
direkten oder indirekten Unterstützung der US-Kriegspolitik, das
schließt letztlich die Schließung der Stützpunkte ein.
Die reale Gefahr durch Atomwaffen geht heute nicht so sehr von
"Schurkenstaaten" aus, sondern durch den Unwillen der "alten"
Atommächte, ihren vertraglichen Verpflichtungen des
Atomwaffensperrvertrages nachzukommen, eine atomare Abrüstung
einzuleiten. In der geltenden US-Nukleardoktrin wird ein atomarer
Erstschlag sogar gegen solche Länder in Betracht gezogen, die nicht
über Atomwaffen verfügen. Das muss Staaten, die sich von den USA
bedroht sehen, geradezu ermuntern, nach eigenen Atomwaffen zu
streben. Der Bundesausschuss Friedensratschlag wird als Teil der
weltweiten Kampagne "Atomwaffen abschaffen" weiterhin auf
verschiedenen Ebenen für den Gedanken einer atomwaffenfreien Welt
werben. In Deutschland geht es u.a. darum, die hier lagernden
Atomwaffen abzuziehen und die "atomare Teilhabe" der Bundesregierung
im Rahmen der NATO aufzugeben.
Viele Probleme der Welt wären leichter und vor allem friedlich zu
lösen, wenn sich die Regierungen an das Völkerrecht halten würden.
Insbesondere gilt es das absolute Gewaltverbot aus der UN-Charta zu
befolgen, was Angriffskriege à la Jugoslawien (1999) und Irak,
"Antiterrorkriege" à la Afghanistan oder Regimewechsel-Interventionen
à la Haiti (es drohen Sudan und Iran!) von vorne herein ausschließt.
Auch das humanitäre (Kriegs-)Völkerrecht (die Genfer Konventionen)
ist strikt zu beachten: Weder darf gefoltert werden, noch dürfen
Waffen und Munition verwendet werden, die unterschiedslos
Kombattanten und Zivilisten töten, noch dürfen zivile Ziele
(Siedlungen, Kraftwerke, Krankenhäuser, Schulen usw.) angegriffen werden.
Das vom Bundesausschuss Friedensratschlag verabschiedete Programm für
2007 enthält außerdem einen Terminfahrplan mit den wichtigsten
Aktionsschwerpunkten und eine Übersicht über die
Kooperationsmöglichkeiten innerhalb der Friedensbewegung und mit
anderen sozialen Bewegungen.
Quelle:
Bundesausschuss Friedensratschlag 2006: www.uni-kassel.de/fb5/frieden/
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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
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