[E-rundbrief] Info 409 - RB 121 - Umweltzerstoerung in LA u. Salzburg

Matthias Reichl info at begegnungszentrum.at
Sa Jun 10 01:15:29 CEST 2006


E-Rundbrief - Info 409 - Rundbrief Nr. 121 - Matthias Reichl: 
Landraub in Brasilien für Taschentücher; Argentinien - Uruguay: 
Widerstand gegen Zellstoff-Multis; Goldabbau im Gletschergebiet von 
Chile; "Red-Bull-Spektakel" in Salzburg

Bad Ischl, 10.6.2006

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Landraub in Brasilien für Taschentücher

Brasilianische Indianer und deutsche ROBIN WOOD-AktivistInnen 
protestieren vor dem deutschen Tempo-Werk und auch beim 
Alternativengipfel in Wien mit ihrem Transparent "Wir haben die Nase 
voll! Stoppt Landraub und Umweltzerstörung für Tempo". Sie machten 
damit die Landkonflikte in Brasilien und Argentinien mit Indianern, 
Landlosen und Quilombolas (Afrobrasilianern) öffentlich. Mit dabei 
waren auch ein Tupinikim- und ein Guarani-Indianer aus Brasilien. Sie 
protestieren dagegen, dass der Zellstoffkonzern Aracruz ihnen 11.000 
Hektar Land im Bundesstaat Espirito Santo weggenommen hat, um dort 
Eukalyptus-Monokulturen anzulegen. Nach Recherchen von ROBIN WOOD 
landet der Aracruz-Zellstoff in Form von Tempo-Taschentüchern sowie 
als Charmin- und bess-WC-Papier auch auf dem europäischen Markt. 
Hersteller dieser Produkte ist der multinationale Konzern Procter&Gamble.

Aracruz, der weltweit größte Produzent von gebleichtem Zellstoff, hat 
in Brasilien großflächig Küstenregenwald (Mata Atlantica) gerodet, um 
dort Eukalyptus-Monokulturen anzulegen. Nach eigenen Angaben besitzt 
der Konzern inzwischen 247.000 Hektar Eukalyptus-Plantagen. Während 
der brasilianischen Militärdiktatur hatte der Konzern die Ureinwohner 
von ihrem angestammten Land vertrieben, um seine Plantagen auszuweiten.

Bis heute weigert sich Aracruz mit Gewalt und juristischen Tricks, 
den Tupinikim und Guarani 11.000 Hektar ihres Landes in Espirito 
Santo zurückzugeben. Die Indianerbehörde FUNAI hat inzwischen 
bestätigt, dass den Indianern das Land rechtmäßig zusteht. Im Januar 
des Jahres eskalierte der Konflikt. Bewaffnete Einheiten stürmten in 
Kooperation mit Aracruz die Indianerdörfer Corrego do Ouro und Alho 
de Agua, feuerten mit Gummigeschossen, jagten die Flüchtenden mit 
Hubschraubern und zerstörten ihre Dörfer.

"Die Menschen in Europa sollen erfahren, dass wir Tupinikim und 
Guarani für die Rohstoffe von Tempo brutal vertrieben werden", sagt 
Tupinikim Paulo Henrique Vicente de Olivira, Koordinator von 
Brasiliens zweitgrößter Indigenen-Organisation APOINME, dem bei dem 
Überfall im Januar ein Arm gebrochen wurde. "Procter&Gamble ist 
mitschuldig daran, dass uns Aracruz das Land genommen, unsere Wälder 
dem Erdboden gleich gemacht und unsere Flüsse mit Chemikalien 
vergiftet hat", sagt Wera Kwaray, Häuptling des Guarani-Dorfes Boa 
Esperanza. "Aracruz zerstört unsere Kultur."

Obwohl ROBIN WOOD Procter&Gamble über den Landraub und Umweltsünden 
von Aracruz ausführlich informiert hat, weigert sich der Konzern, 
seine Geschäftsbeziehungen zu Aracruz auf Eis zu legen. Nicht einmal 
zu Gesprächen mit Vertretern der Indianer war der Konzern bislang 
bereit. Auch sonst wird Procter&Gamble seiner ökologischen 
Verantwortung nicht gerecht. So hat P&G - im Gegensatz zu den meisten 
Konkurrenten - für den privaten Konsum nicht einmal 
Recyclingpapier-Produkte im Angebot.

Weitere Infos: www.robinwood.de/tempo

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Argentinien - Uruguay:

Widerstand gegen Zellstoff-Multis

Auf vielen Titelseiten der österreichischen und internationalen 
Zeitungen war sie zu sehen: die argentinische Sambatänzerin und 
Greepeace-Aktivistin Evangelina Carrozzo stiehlt den EU-Granden bei 
dem EU-LA-Karibik-Gipfel in Wien die Show und liest ihnen die Leviten 
(gegen Eukalyptuspflanzungen und Zellulosefabriken in der 
uruguayischen Nachbarprovinz)!

Ihre argentinischen Landsleute aus dem Grenzort Gualeguaychú 
blockierten von Anfang Februar bis Anfang Mai 2006 die Brücke über 
den Grenzfluss um ein gigantisches Projekt im uruguayischen Fray 
Bentos zu verhindern. Schon vor einem Jahr hatten sich 40.000 
Menschen zu einer "Umarmung des Flusses" versammelt. Stein des 
Anstoßes sind zwei Zellulosefabriken der transnationalen Konzerne 
Ence aus Spanien und Botnia aus Finnland, die Ende 2007 die Arbeit 
aufnehmen sollen. Zusammen wären sie der weltweit größte Komplex 
dieser Art - mit zunächst 1,5 Mio. Tonnen Zellstoff. (30% sollen nach 
China, 10% nach Nordamerika und der Rest nach Europa exportiert 
werden.) Zu den Baukosten von 1,8 Mrd. Dollar wollte die Weltbank 400 
Mio. beisteuern, zögert aber nach den Protesten.

Dem finnischen Botnia-Konzern gehören u.a. auch die Papierfabriken in 
Hallein und Steyrermühl. Die Maschinenfabrik Andritz liefert über ihr 
finnisches Tochterunternehmen für 200 Mio. Euro die 
Prozessausrüstungen und Systeme. Deswegen hat auch das "Permanente 
Tribunal der Völker" beim Alternativengipfel im Mai in Wien u.a. 
gegen die Firma Andritz Anklage erhoben.

Der argentinische Präsident Kirchner schließt sich unter Druck der 
Bürgerproteste der Kritik an und will den Internationalen Gerichtshof 
in Den Haag einschalten. Sein uruguayischer Kollege Vázquez bleibt 
uneinsichtig, droht auch das Handelsbündnis Mercosur mit einem 
bilateralen Abkommen mit der USA zu tauschen.

Quellen: Der ausführliche Bericht von Gerhard Dilger "Der 
Papierkrieg" aus: "Neues Deutschland", 22.5.2006 u. im 
"Südwind-Magazin", Nr. 7, Juni 2006, www.suedwind-magazin.at.

http://de.wikipedia.org/wiki/Evangelina_Carrozzo

www.foei.org/cyberaction/botnia.php

www.corpwatch.org/article.php?id=13111

Red.: Matthias Reichl

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Goldabbau im Gletschergebiet von Chile

2 Flüsse aus 3 Gletschern im Tal San Felice in der Anden-Region 
Atacama an der Grenze zwischen Chile und Argentinien. Sie geben den 
indigenen Bauerngemeinschaften der Diaguita ihre gesunde 
Lebensgrundlage, ohne Arbeitslosigkeit. Doch nicht mehr lange.

Denn mit dem Projekt PASCUA LAMA will ein multinationales 
Unternehmen, an der auch George Bush Senior beteiligt ist, wertvolle 
Mineralien sowie Gold und Silber abbauen. Die darüberliegenden 
Gletscher sollen mit riesigen Löchern durchbohrt und damit zerstört 
werden. Eines soll mit dem Abraummaterial aufgefüllt werden. 
Zusätzlich werden die Flüsse mit Zyanid und Schwefelsäure aus der 
Mineralaufbereitung vergiftet. Die gewonnen Edelmetalle wandern in 
den Export und den indigenen Bauern bleibt nichts als eine zerstörte Umwelt.

Die chilenische Regierung hat den Beginn für heuer schon genehmigt. 
Einstweilen haben die Bauern einen Aufschub der Exekution erreicht.

Internationale Proteste an die chilenische Regierung wollen das 
Wahnsinnsprojekt im letzten Moment stoppen. Sendet Unterstützungen 
an: noapascualama @ yahoo.ca

Infos: http://de.wikipedia.org/wiki/Pascua-Lama

www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Chile/gold.html

www.miningwatch.ca/index.php?/Chile_en/Pascua_Lama_Action

Red.: Matthias Reichl

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"Red-Bull-Spektakel" in Salzburg

Im Stadtzentrum von Salzburg, 25.6.06 (am Christi-Himmelfahrts-Tag) 
brausen lärmend Tiefflieger über die Altstadt - und einer unter dem 
Mozartsteg durch. Oldtimer-Autos rattern an Krankenhäusern vorbei, 
eines kommt vom Weg ab und verletzt einige Kinder. Das berichtet eine 
Presseaussendung der "Bürgerliste". Die Jubelberichte über das 
riskante und umweltbelastende "Red Bull"-Spektakel zeigen, dass 
gewisse Kreise, die solche Spektakel genehmigen und bejubeln, nicht 
lernfähig sind. Offenbar sind sie, direkt oder indirekt, von einer 
Droge abhängig, die als ein Nebenprodukt des Aufputschmittels "Red 
Bull" von dessen Produzenten gezielt verteilt wird - Finanzspritzen 
durch Sponsering und anderen Unterstützungen. Seit Jahrhunderten 
finanzierten sich mit ähnlichen Mitteln herrschende Kreise ihre 
exzessiven Feste und Inszenierungen ihrer Macht. Für ihre Untertanen 
blieben die Brosamen "Brot und Spiele" - als bewusstseinsverengende 
Betäubungsdroge für Hirn und Gemüt. Dies ist nur ein Beispiel unter 
vielen, das die fatalen Auswirkungen neoliberaler Konzernpolitik im 
globalen Maßstab deutlich macht.

Schon vor fast 3 Jahren wurde ein ähnliches Event auf dem Salzburger 
Flughafen inszeniert. In einem Leserbrief kritisierte ich damals:

Unfreiwillige Augen- und Ohrenzeugen des Monsterspektakels der 
Red-Bull-Show am Salzburger Flughafen bekräftigten in ihren Anrufen 
bei mir empört ihre Betroffenheit durch diese Lärm- und Abgasorgie. 
Und das in einer höchst sensiblen ökologischen Situation, in der 
anderswo Verkehrs- und andere Beschränkungen angeordnet werden. Zudem 
ist der Finanzaufwand für dieses Event angesichts der prekären 
ökonomisch-sozialen Situation vieler Österreicher - und erst recht 
von Bewohnern der Armutsregionen - obszön und nicht vertretbar. Auch 
wenn sich der Red-Bull-Boss angeblich durch mildtätige Spenden einige 
soziale Feigenblätter eingekauft hat... Als mögliche Warnung an die 
eventbesessenen (Mit-) Beteiligten wäre eine Ankündigung durch 
möglichst viele Konsumenten und Wähler angemessen, diesen unseren 
Protest auch durch unsere (Konsum-) Entscheidungen zu demonstrieren. 
Bei Red Bull fällt's mir leicht, weil - nicht nur - mir vor diesem 
Chemiecoktail schon immer grauste! Ähnliches gilt auch für die dafür 
mitverantwortlichen Politiker.

Matthias Reichl

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Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl, 
Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305    BIC: SKBIAT21XXX





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