[E-rundbrief] Info 386 - Beschraenkte Energievorraete.
Matthias Reichl
info at begegnungszentrum.at
Do Apr 13 17:42:59 CEST 2006
E-Rundbrief - Info 386 - Axel Mayer (BUND, D): Wie lange reichen die
weltweiten Energievorräte?
Bad Ischl, 13.4.2006
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
===========================================================
Wie lange reichen die weltweiten Energievorräte?
Von Axel Mayer
Im Internet und den Medien finden sich zum Thema weltweite
Energievorräte (Uran, Erdöl, Erdgas, Kohle, Sonne, Wind, Biomasse,
Geothermie) die unterschiedlichsten, häufig interessengeleiteten
Angaben. Wir versuchen hier einige Infos zum Thema weltweite
Energievorräte zusammenzutragen.
Die Atommlobby, u.a. organisiert im Verband Schweizerischer
Elektrizitätsunternehmen, fasst auf ihrer Homepage (am 07.09.2005)
die heutigen Erkenntnisse zusammen, allerdings ohne die
Steigerungsraten des Verbrauchs einzubeziehen.
"Wie lange reichen die Energievorräte der Welt? Teilt man die aus
heutiger Sicht technisch und wirtschaftlich abbaubaren Reserven durch
den jetzigen Verbrauch, erhält man die so genannte statische
Reichweite. Diese beträgt für Erdöl rund 41, für Erdgas 67, für Kohle
192 und für Uran (ohne Brutreaktoren) rund 50 Jahre."
Nach den realen Zahlen fließen dann die Zukunftshoffnungen der
Atomlobby in den Text der Homepage ein:
"Die statische Reichweite ist aber nur bedingt aussagekräftig,
da sich einerseits der Verbrauch ständig ändert und andererseits
immer noch neue Vorkommen entdeckt werden. Bei steigenden
Energiepreisen lohnt sich auch der heute noch nicht wirtschaftliche
Abbau von Vorräten."
Die Umweltorganisation Greenpeace hat im Jahr 2006 eine Studie über
die Reichweite der Uranvorräte der Welt erstellt. Nach dieser Studie
können die heute bekannten Uranvorräte einen steigenden Bedarf nicht decken.
"Unter Berücksichtigung verschiedener Szenarien zur weltweiten
Entwicklung des Kraftwerkbestandes, scheinen die Uranvorräte etwa
zwischen 2026 und 2070 erschöpft. Geht man davon aus, dass Atomkraft
tendenziell rückläufig ist, mit Ausbaubemühungen nur weniger Länder,
werden die Vorräte nach realistischen Schätzungen bis circa 2050 reichen."
Die Fachzeitschrift "Politische Ökologie" schreibt in ihrer Ausgabe
vom März 2004: Bei den Steigerungsraten des Verbrauchs, welche die
Internationale Agentur des OECD (International Energy Agency, IEA)
berechnete, ergibt sich:
* ein Ende des Erdöls um 2035,
* von Erdgas vermutlich vor 2040,
* Kohle reicht bis maximal 2100. Dabei ist jedoch nicht
berücksichtigt, dass sie die anderen Energieträger ersetzen muss und
gleichzeitig zu einem gesteigerten CO2- Ausstoß führt.
* Uran reicht bei der heutigen Förderung nur bis 2040.
* Schon 2010 produzieren die OPEC des Nahen Ostens 50 Prozent
des Öls. Das verschafft diesen, teilweise politisch instabilen
Ländern eine bedeutende Machtposition - nicht nur über die Preise.
Ähnlich sieht es beim Erdgas aus, das Deutschland im Jahr 2010
vermutlich zu 90 Prozent aus Russland importieren wird.
Quelle: Zeitschrift "Politische Ökologie 87 - 88" / März 2004
Die teilweise sehr unterschiedlichen, häufig stark
interessengeleiteten Zahlen zu den Energievorräten der Welt zeigen
dennoch deutlich die Endlichkeit dieser Ressourcen an. Ein
plötzliches, abruptes Ende der Förderung von Gas, Öl, Uran und Kohle
ist dennoch nicht zu erwarten, eher ein langsames Auslaufen,
begleitet von einer massiven Preiserhöhung. Doch das unlösbare
Grundproblem der nicht regenerativen Energiequellen wie Uran, Gas, Öl
und Kohle sind nach Ansicht von BUND Geschäftsführer Axel Mayer die
Probleme eines unbegrenzten Wachstums und der damit verbunden ständig
steigenden Nachfrage nach Energie:
Bei einem anhaltenden Wachstum des Energieverbrauchs von 3%
verdoppelt sich dieser alle 23 Jahre, bei 5% sogar bereits alle 14
Jahre. Und eine Menge, die exponentiell wächst, vertausendfacht sich
jeweils nach der zehnfachen Verdoppelungszeit. Dauerhaftes
exponentielles Wachstum des Energieverbrauchs ist nicht möglich, auch
wenn die Kohle, Öl- und Atomlobby anderes verkünden.
Unser Wirtschaftswachstum ist immer noch nicht abgekoppelt von einem
überhöhten Energie- und Rohstoffverbrauch. Das Ende des Öl- und
Uranzeitalters ist absehbar und rückt durch den Export unseres
Verschwendungssystems nach China und Indien noch näher. Ein Teil des
bisher "unterentwickelten" Rests der Welt (insbesondere China und
Indien) ist gerade gerade dabei, unser zerstörerisches Modell einer
Raubbauwirtschaft nachzuahmen und ähnlich Energie zu verschwenden wie
wir. Der beginnende Autoboom in diesen Ländern wird in unseren Medien
immer noch unkritisch bejubelt. Die Folgen dieses Booms für
Energievorräte, Ökologie und Weltklima sind kein Thema. In China und
Indien läuft zur Zeit das "spannendste ökologische
Belastungsexperiment" der Menschheitsgeschichte. Und ist es den
Menschen in Asien zu verdenken, dass sie unserem schlechten Beispiel
nacheifern?
Das weltweit knapper werdende Öl löst beim abhängigen Patienten
Mensch klassische Suchtsymptome aus. Statt Energie einzusparen und
Alternativen zu fördern, rufen wachstumsgläubige Politiker nach einer
intensiveren Ölförderung und nach der noch härteren und
gefährlicheren Energiedroge Atomenergie. Die Abhängigkeit vieler
Politiker und Parteien von der Energielobby gefährdet die Demokratie.
Nur einen, zugegeben etwas makaberen, positiven Effekt könnte das
beginnende Auslaufen der fossilen Energievorräte haben. Die
Klimaveränderungen würden langfristig weniger verheerend ausfallen
als bisher angenommen, wenn Erdöl und Gas nicht durch Kohle ersetzt werden.
Das Wachstum im Bereich der Alternativen Energien, gehört zu den
wenigen hoffnungsvollen Zeichen der Zeit. Von 1995 bis 2005 haben
sich die Preise für atomar-fossile Energien mehr als verdoppelt,
während sie sich für erneuerbare Energien halbiert haben. Windstrom
ist global die am schnellsten expandierende Energienutzung. In der EU
gingen im Jahr 2005 alle zwei Monate 1000 MW neue Windenergie ans
Netz. In Kilowatt (Leistung) entspricht dies einem neuen AKW Gösgen
(CH), in Kilowattstunden (Produktion) wird damit ein Atomreaktor der
Größe Beznau (CH) ersetzt - und dies alle 60 Tage. Und genau dieses
positive Wachstum der zukunftsfähigen Energien wird von den Anhängern
der atomar-fossilen Energiegewinnung massiv bekämpft, denn jede neue
Photovoltaikanlage und jedes neu gebaute, privat finanzierte Windrad
nimmt den AKW - Betreibern und Atomkonzernen Anteile an der
Stromproduktion weg. Widerstand gegen Windräder wegen Vögeln,
Fledermäusen und Landschaftsschutz? It´s the economy - stupid!
Die erneuerbare Energien sind Energiequellen, die sich durch
natürliche Prozesse laufend erneuern. Sie stehen nach menschlichen
Zeitmaßstäben unendlich lange zur Verfügung. Erneuerbare Energien
haben drei originäre Quellen: Strahlung der Sonne, Kraft der
Gezeiten, Wärme des Erdinneren (Geothermie). Sonne, Mond und Erde
stellen diese unerschöpflichen Energien umweltverträglich zur
Verfügung. Die Sonne strahlt jährlich in Deutschland auf jeden
Quadratmeter so viel Energie, wie in 100 Litern Öl enthalten ist. In
der Sahara ist es sogar doppelt so viel. Ein Windrad hat sich nach
einem halben Jahr (4- 7 Monate) Betrieb energetisch armortisiert,
d.h. nach diesem halben Jahr erzeugt es "netto" Strom. 130.000
Arbeitsplätze waren im Jahr 2004 in Deutschland direkt oder indirekt
auf die Nutzung der regenerativen Energien zurückzuführen.
Der derzeitige Weltenergiebedarf liegt bei etwa 400 Exajoule (400
Milliarden Milliarden Joule) pro Jahr. Ein Exajoule entspricht der
energetischen Menge, welche die Erde in 6 Sekunden von der Sonne
empfängt und den Weltverbrauch an Primärenergie im Jahr 2000
innerhalb von 21 Stunden deckt. In einer Studie aus dem Jahr 2003 mit
dem Titel "Energiewandel zur Nachhaltigkeit" prognostiziert der
wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung zu globalen
Umweltveränderungen (WGBU) die Potenziale der erneuerbaren Energien
für das Jahr 2100 folgendermaßen:
* weltweite Wasserkraft: Der Wert des Potenzials für Wasserkraft
könnte sich bis 2100 auf ca. 15 EJ pro Jahr steigern lassen.
* weltweite Bioenergie / nachwachsende Rohstoffe: "Der Beirat
schätzt das globale moderne Bioenergiepotenzial auf etwa 100 EJ pro
Jahr, die sich zu 20% aus der Nutzung landwirtschaftlicher Reststoffe
sowie zu jeweils etwa 40% aus forstwirtschaftlichen Reststoffen und
Energiepflanzen ergeben. Ein derartiger Ausbau ist aber nur innerhalb
von Jahrzehnten erreichbar."
* weltweite Windkraft: "Bei der Windenergie kann nur ein
gewisser Anteil des berechneten globalen technischen Potenzials als
nachhaltig nutzbar angesehen werden. Der Beirat empfiehlt daher
global etwa 140 EJ pro Jahr als langfristig erreichbaren Beitrag der
Windenergie zu einer nachhaltigen Energieversorgung." Andere Experten
sehen hier noch mehr Potentiale.
* weltweite Solarenergie: "Im Gegensatz zu allen anderen Formen
erneuerbarer Energien sind die technischen und auch die nachhaltig
nutzbaren Potenziale der Sonnenenergie vor dem Hintergrund aller
Zukunftsprojektionen menschlichen Energieeinsatzes praktisch unbegrenzt."
* weltweite Erdwärme: "Erdwärme hat ein großes technisches
Potenzial und steht im Gegensatz zu Sonnen- und Windenergie
kontinuierlich zur Verfügung. Das nachhaltig nutzbare Potenzial wird
vom Beirat dennoch bis 2100 nur sehr vorsichtig auf 30 EJ pro Jahr
eingeschätzt."
Quelle: http://www.wbgu.de/wbgu_jg2003.pdf
Den zerstörerischen Traum von dauerhaftem, unbegrenzten Wachstum im
begrenzten System Erde können allerdings auch die Alternativenergien
nicht erfüllen. Wer den American Way of Life mit Energie- und
Rohstoffverschwendung, mit Umwelt- und Innenweltverschmutzung auf den
Rest der Welt übertragen will, der fährt diesen Planeten mit und ohne
regenerative Energiequellen gegen die Wand. Mit Wind- und
Sonnenenergie geht das dann nur ein wenig langsamer.
Umfassende Infos zum Thema Wachstum und Wachstumskritik, Energie und
Energievorräte finden Sie hier
http://vorort.bund.net/suedlicher-oberrhein/projekte/wachstum_idx.htm
Quelle: BUND Regionalverband Südlicher Oberrhein
Veröffentlicht am 31. März 2006
http://www.lebenshaus-alb.de/mt/archives/003642.html
===========================================================
Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl,
Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305 BIC: SKBIAT21XXX
Mehr Informationen über die Mailingliste E-rundbrief