[E-rundbrief] Info 307 - atomares Risiko in EU

Matthias Reichl mareichl at ping.at
So Nov 6 22:32:47 CET 2005


E-Rundbrief - Info 307: Michael Schmid (Red.): Risiko für einen atomaren 
Super-GAU in Europa bei 16 Prozent. (Quelle: IPPNW - Presseinformationen).

Bad Ischl, 6.11.2005

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Risiko für einen Super-GAU in Europa bei 16 Prozent
Michael Schmid (Red.)
Angesichts der Diskussionen um Laufzeitverlängerungen für die deutschen 
Atomkraftwerke weist die atomkritische Ärzteorganisation IPPNW einerseits 
auf die Gefahr eines schweren Atomunfalls hin, andererseits darauf, dass 
den Atomkraftwerken in absehbarer Zeit der Brennstoff ausgeht.
Nach der offiziellen "Deutschen Risikostudie Kernkraftwerke - Phase B" von 
der Gesellschaft für Reaktorsicherheit kommt es in einem deutschen 
Atomkraftwerk bei einer Betriebszeit von rund 40 Jahren mit einer 
Wahrscheinlichkeit von 0,1 Prozent zum Super-GAU. In der Europäischen Union 
sind mehr als 150 Atomkraftwerke in Betrieb. Die Wahrscheinlichkeit für 
einen Super-GAU in Europa liegt somit bei 16 Prozent. Das entspricht der 
Wahrscheinlichkeit, beim Würfeln auf Anhieb eine 6 zu bekommen.
Weltweit sind etwa 440 Atomkraftwerke in Betrieb. Die Wahrscheinlichkeit, 
dass es weltweit in 40 Jahren zu einem Super-GAU kommt, liegt bei 40 Prozent.
"Das Risiko für einen Super-GAU nimmt ständig zu", sagte 
IPPNW-Atomenergieexperte Henrik Paulitz. "Ebenso wie ein Auto im Laufe der 
Jahre so seine Macken bekommt und irgendwann liegen bleibt, häufen sich 
auch in den alternden Atomkraftwerken die Ausfälle sicherheitsrelevanter 
Komponenten. Die Rohrleitungen und Armaturen der deutschen Atomkraftwerke 
sind seit 20-30 Jahren extrem hohen Drücken, Temperaturen und der 
radioaktiven Strahlung ausgesetzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass es in den 
Schweißnähten zu gefährlichen Rissen kommt, nimmt von Jahr zu Jahr zu. 
Schon ein kleines Leck in einer Schweißnaht kann zum Super-GAU führen."

Den Atomkraftwerken geht bald der Brennstoff aus!
Außer dem enormen Risiko eines Super-GAUs sieht IPPNW einen weiteren Grund, 
warum ein Umbau der Energiewirtschaft dringend erforderlich ist: den 
Atomkraftwerken geht in absehbarer Zeit der Brennstoff aus. Uran wird immer 
knapper und teurer.
Der Uranbedarf für die weltweit über 440 kommerziellen Atomkraftwerke liegt 
bei rund 62.000 Tonnen pro Jahr. Allein die Europäische Union hat einen 
jährlichen Bedarf von etwa 20.000 Tonnen Uran.
Die "wirtschaftlich" gewinnbaren Uranreserven wurden von der 
Internationalen Atomenergie Organisation (IAEA) und der OECD Nuclear Energy 
Agency (NEA) im Jahr 1999 im so genannten "Red Book" ausgewiesen. Demnach 
sind - je nach Höhe der unterstellten Förderkosten - insgesamt noch 
zwischen 1,25 und 4 Millionen Tonnen Uran mehr oder weniger 
"wirtschaftlich" abbaubar. Es handelt sich zum Teil um gesicherte, zum Teil 
aber nur um vermutete Uranvorkommen.
Die Gesamtmenge mit dem großteils nur sehr aufwendig und entsprechend teuer 
zu gewinnenden Uran reicht demnach nur noch zwischen 20 und 65 Jahre lang. 
Knappe Güter werden im Allgemeinen teurer. Der Uranpreis dürfte also in den 
kommenden Jahren deutlich anziehen, gerade auch weil die Energiepreise 
insgesamt wegen der zunehmenden Verknappung der fossilen Energieträger 
weiter steigen dürften.
Vor diesem Hintergrund muss es verwundern, wenn der Bundesverband der 
deutschen Industrie (BDI) in seiner jüngsten Studie "Ökonomische 
Auswirkungen alternativer Laufzeiten von Kernkraftwerken in Deutschland" 
annimmt, dass die Brennstoffkosten für die Atomkraftwerke in den kommenden 
25 Jahren konstant bleiben! Man darf hier auch am ökonomischen Sachverstand 
des Energiewirtschaftlichen Instituts an der Universität zu Köln zweifeln, 
das die Studie im Auftrag des BDI federführend erstellt hat.
"Angesichts des knappen Urans und der knappen fossilen Energieträger können 
wir es uns nicht leisten, noch mehr Zeit mit absurden Diskussionen um die 
Atomenergie zu verschwenden", sagte Henrik Paulitz, Energieexperte der 
IPPNW. "Alle Kraft ist nun einzusetzen für eine drastische Reduktion des 
Energieverbrauchs und für die zügige Umstellung des Strom-, Wärme- und 
Verkehrssektors auf erneuerbare Energien. Ein solcher Umbau der 
Energiewirtschaft ist auch erforderlich, um Kriege um knappe 
Energie-Rohstoffe wie Öl, Erdgas und Uran zu verhindern."
Quelle: IPPNW - Presseinformationen vom 30.10. und 31.10.2005. 
Zusammengestellt von Michael Schmid.

Veröffentlicht am:
02. November 2005

http://www.lebenshaus-alb.de/mt/archives/003326.html




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