[E-rundbrief] Info 284 - RB 118 - Kaiserlich-katastrophal
Matthias Reichl
mareichl at ping.at
Mi Sep 7 18:09:41 CEST 2005
E-Rundbrief - Info 284: Rundbrief Nr. 118 - Matthias Reichl: Kaiserlich
und katastrophal (Lokal-regionale Politik in Bad Ischl und im
Salzkammergut). k.u.k.-Max!: Nur so weiter... Alles Kaiser, oder was?
Leserbrief
Bad Ischl, 7.9.2005
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Kaiserlich und katastrophal
Matthias Reichl
In den vergangenen 25 Jahren habe ich mich immer wieder in die
lokal-regionale Politik kritisch eingemischt, aber euch nur selten davon
berichtet. Es sind einige durchaus humorvolle Texte darunter. Nach
enttäuschten Hoffnungen auf substantielle und kooperative Antworten von
Seiten der verantwortlichen Politiker und Beamten in Bad Ischl wurde meine
Kritik immer provokativer und auch desillusioniert. Die Nachbargemeinde
Ebensee ist vor kurzem als eine der ersten Attac beigetreten, hat auf den
von einem belgischen Multi provozierten Verlust vieler Arbeitsplätze
kritisch und auch politisch reagiert und hat bei ihrem Beitritt zum
Klimabündnis gleich einige aktive Maßnahmen gesetzt. Im Unterschied dazu
mutiert die Stadtpolitik in Bad Ischl mehr und mehr rückwärtsgewandt,
defensiv und undemokratisch.
Am 18.8. zelebrieren Jahr für Jahr in Bad Ischl am Geburtstag von Kaiser
Franz Joseph I. jene ihr eigenes Requiem, die sich an dem Lebens- und
Regierungsstil des vergreisten Monarchen und Mitverursacher des Ersten
Weltkrieges orientieren. "Wir regieren und bestimmen was zu geschehen hat.
Das Volk hat dies brav zu exekutieren und zu konsumieren. Es darf sich
gelegentlich amüsieren und gleichzeitig - in Form der Kaiserbilder -
überall ihre eigenen Todesanzeigen plakatieren. Die operettenhafte
Inszenierung und auch der rote Teppich soll die Konsumenten vom
vorhersehbaren, selbstmörderischen Ende dieser antiquierten Welt (ähnlich
wie 1918) so lange als möglich ablenken - bis es zu spät ist."
Die beiden folgenden Leserbriefe (abgedruckt in der "Ischler Woche")
drücken meinen Ärger und die schwindenden Erwartungen auf eine offene und
kooperative Politik aus. Wohin sich dominierende Kreise dieser Stadt
orientieren, beweist abschließend der Auszug aus dem Leserbrief eines
Ischler Gastronomen.
"Natur findet Stadt" - aber nicht in Bad Ischl?
Positive Beispiele gab es am 9.7.2005 in Linz im "Fest der Natur" bei dem
Natur- und Umweltschutzorganisationen den vielen Interessierten ihren Wert
für unser gemeinsames Leben vermittelten. In einer landesweiten Umfrage
bekannten sich 91% für diesen Wert, wie Erich Haider, in der
Landesregierung für den Naturschutz zuständig, erfreut feststellte.
Und in Bad Ischl? Schon Ende vorigen Jahres verteilten wir an alle
Gemeinderäte die Informationen über eine bundesweite Kampagne des
österreichischen Naturschutzbundes, die auch vom Umweltministerium und der
EU mitgetragen wird. Bei der letzten Gemeinderatssitzung konnten die
zuständigen Herren in der SPÖ und ÖVP (darunter der für Natur und Umwelt
verantwortliche Stadtrat Zierler) nichts Positives berichten. Allerdings
antworteten sie auf den Bericht unserer "Bauerpark-Initiative" über eine
gut besuchte Expertenwanderung durch den Bauerpark. Sie bestehen weiter auf
einen Hotelbau, trotz aller stichhaltigen Gegenargumente. Auch die
jahrzehntealten Fragen zu Verkehrsproblemen speziell dort und generell
(Radwege usw.) blieben unbeantwortet. Meine Feststellung, die kurze Zeit in
der "Frage(viertel-) Stunde" sei dazu ungeeignet, blieb unbeantwortet.
Komplexere Themen müssen gemeinsam mit Experten in offenen
Bürgerversammlungen umfassend beraten werden - wie es in anderen Gemeinden
längst eingeführt ist. Eine autoritäre, bürger- und demokratieferne Praxis
des Regierens verstärkt den Ärger und die Politikverdrossenheit unter der
Bevölkerung weiter - (nicht nur) in Krisenzeiten hat das verheerende Folgen.
Matthias Reichl (11.7.05)
Politik unter den Teppich gekehrt
Der ORF berichtete vor kurzem, dass sich vom 29. - 31. März 2006 die
österreichische EU-Präsidentschaft auch in Bad Ischl feiert (siehe auch
Info 280). Die Sozial- und Jugendminister der EU werden sich und ihre
Politik lobpreisen und dabei viele der ungelösten und sich verschärfenden
Probleme unter den Teppich kehren. Von der wachsenden Arbeitslosigkeit und
Armut, der Demontage des Bildungssystems bis zur Bedrohung der Zukunft
durch die Rüstung und EU-Armee, durch den Überwachungsstaat, durch die
Globalisierung, die Gentechnik, Umweltzerstörung, alte und neue
Atomkraftwerke usw. Dies alles und noch viel mehr bedroht die Zukunft von
uns Jungen und Alten.
Übrigens, wisst ihr, warum am Mittwoch (17.8.) beim "Kaiserbummel" ein
zweieinhalb Kilometer langer roter Teppich ausgerollt wird...? Weil dann
endlich die dafür Verantwortlichen alle ungelösten Probleme und andere
Peinlichkeiten unserer Stadt unter den Teppich kehren können. Darunter
viele Wahlversprechen - als Beispiele der längst versprochene Radweg nach
Pfandl und andere Verkehrsprobleme, das Bürgerinformationsbüro mit
Umweltberatung, der Schutz des Bauerparks und anderer bedrohter Wälder,
Wiesen und Gebäude in unserer Gemeinde. So wird am Mittwoch unser
"Ortskaiser" mit seinem Hofstaat und anderen Prominenten beim
"Kaiserbummel" über diesen Teppich und das darunterliegende prominieren.
Und den betrogenen Bürgern - bleibt nur das "Kaiserbummerl"! Alles Kaiser!
Oder?
Gerhard Polt und die Musikgruppe Biermöslblosn aus Bayern haben in ihrem
"Blaublutjodler" die unheilige Allianz zwischen den Herrschenden in Bayern
und Österreich sarkastisch entlarvt. Denken wir nicht nur an Kaisers
Geburtstag sondern auch an die permanenten Konflikte zwischen "unten" und
"oben". Die einen glauben an ihre Privilegien und die anderen müssen
deswegen daran glauben! In Bad Ischl, in der EU und weltweit!
Matthias Reichl (15.8.2005)
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Nur so weiter... Alles Kaiser, oder was?
... Der "Kaiserbummel" muss ein Fest des Handels und des Gewerbes bleiben,
eine Leistungsschau, sozusagen, mit heimatverbundener, monarchistischer
Prägung, nichts Unästhetisches, und nichts Gemeinnütziges!
Super war das Erscheinungsbild der Stadt! So viele Dirndlkleider und
Lederhosen! Noch mehr als eh sowieso schon - und so viele Kaiserbilder in
allen Auslagen - und am 18. (Kaisers Geburtstag mit der "Kaisermesse" und
dem Aufmarsch Adeliger und Uniformierter. M.R.) hat dann noch die Sonne
gescheint! Gewaltiges Medienecho hat die "Nacht der Kaiser" ausgelöst. So
viele Zeitungs- und TV-Auftritte unserer Stadt gab's noch nie!...
k.u.k.-Max! (Wirt der "k.u.k.-Bar"), "Ischler Woche", 24.8.05
Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
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Geschäftsstelle Pfandl
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