[E-rundbrief] Info 269 - Friedenspartner in Nahost

Matthias Reichl mareichl at ping.at
Mo Aug 29 21:50:40 CEST 2005


E-Rundbrief - Info 269 - Deutschland Friedenspartner im Nahen Osten. 
Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2005. Frieden im Nahen Osten, der Israel 
Sicherheit und den Palästinensern Sicherheit und Freiheit schenkt, ist in 
weite Ferne gerückt. Friedens- und
Menschenrechtsgruppen, die sich in Israel und Palästina unermüdlich für ein 
Zusammenleben der beiden Völker einsetzen, bitten deshalb um internationale 
Unterstützung. Anfragen an die Kandidaten und Kandidatinnen durch: 
Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB), Evangelische 
Frauenarbeit in Württemberg, Evangelisches Missionswerk in 
Südwestdeutschland (EMS), Forum Friedensethik in der Badischen 
Landeskirche, Ökumenisches Netz Württemberg (ÖNW), Pax Christi Erzdiözese 
Freiburg, Pax Christi Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Bad Ischl, 29.8.2005

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Deutschland Friedenspartner im Nahen Osten

Wahlprüfsteine zur Bundestagswahl 2005

Frieden im Nahen Osten, der Israel Sicherheit und den Palästinensern
Sicherheit und Freiheit schenkt, ist in weite Ferne gerückt. Friedens- und
Menschenrechtsgruppen, die sich in Israel und Palästina unermüdlich für ein
Zusammenleben der beiden Völker einsetzen, bitten deshalb um internationale
Unterstützung. Wir sind überzeugt, dass die deutsche Politik zur
Nahost-Friedenspolitik beitragen kann und richten deshalb unsere Forderungen
an die Bundestagskandidatinnen und -kandidaten der Parteien. An unsere
Mitglieder appellieren wir, diskutieren Sie über diese Wahlprüfsteine im
Wahlkampf mit Ihren Bundestagskandidatinnen und -kandidaten.

Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB)
Evangelische Frauenarbeit in Württemberg
Evangelisches Missionswerk in Südwestdeutschland (EMS)
Forum Friedensethik in der Badischen Landeskirche
Ökumenisches Netz Württemberg (ÖNW)
Pax Christi Erzdiözese Freiburg
Pax Christi Diözese Rottenburg-Stuttgart


1.      Gaza-Teilrückzug

Mit dem einseitigen Teilrückzug aus Gaza räumt Israel seine
völkerrechtswidrig errichteten Siedlungen im Gazastreifen und verlagert
seine Truppen an die Außengrenzen des Gazastreifens. Der Abzugsplan regelt
nicht, wie Menschen aus Gaza Besuche in der Westbank und in Ost-Jerusalem
machen können und umgekehrt. Die israelische Regierung behält die Kontrolle
über den Luftraum und über die Seegrenze des Gazastreifens. Sie behält sich
vor, jederzeit mit der Armee wieder im Gazastreifen einzumarschieren.
Dadurch wurde in der Vergangenheit vieles zerstört, darunter Projekte wie
der botanische Garten in Gaza, der Flughafen oder der Seehafen.
Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass es weiterhin eine willkürliche
Entscheidung auf israelischer Seite bleibt, ob jemand z.B. für einem
Krankenhausaufenthalt oder für eine Ausbildung den Gazastreifen verlassen
darf. Sie betonen, dass damit nach dem Gaza-Teilrückzug die Besatzung weiter
geht und Israel nach der Vierten Genfer Konvention für das Wohlergehen der
Zivilbevölkerung des Gazastreifens Sorge tragen muss. Die israelische
Regierung will das nicht und fordert die EU und andere Geber auf, humanitäre
Hilfe zu leisten.
(www.btselem.org One Big Prison, March 2005)


Setzen Sie sich für Reisefreiheit für die palästinensische Zivilbevölkerung
ein?

Machen Sie sich dafür stark, dass deutsche und EU-Entwicklungshilfe von den
Palästinensern sachgerecht eingesetzt wird und von der israelischen Seite
nicht behindert oder zerstört wird? Würden Sie eine Klage von
EU-Mitgliedsstaaten vor dem Internationalen Gerichtshof dazu unterstützen?"

1.      Ost-Jerusalem

Seit den Oslo-Verhandlungen Anfang der 90er Jahre erlaubt die israelische
Regierung Bewohnern der Westbank nicht mehr, nach Ost-Jerusalem zu fahren.
Sie sind von ihrem ökonomischen und kulturellen Zentrum abgeschnitten. Nun
verstärkt die israelische Regierung ihre Kontrolle über das
völkerrechtswidrig von Israel annektierte Ost-Jerusalem. Seine Bewohner, so
befürchten Kirchen und andere Organisationen, dürfen bald nicht mehr den Weg
zu ihren Verwandten in die Westbank einschlagen. Sie sind isoliert und
erreichen nicht mehr ihre Arbeitsstätten und Schulen in der Westbank.
Gleichzeitig soll die größte israelische Siedlung in der Westbank, Maale
Adumin, um 3.500 Wohneinheiten erweitert werden. Während diese Siedlung über
eine Siedlerstraße mit Jerusalem verbunden ist, trennt die Mauer die
Bewohner Ost-Jerusalems von der Westbank. Nach Erklärungen der israelischen
Regierung sollen diese großen Siedlungen in der Westbank und Ost-Jerusalem
nach einer endgültigen Übereinkunft Israel zugeschlagen werden. Gleichzeitig
werden den palästinensischen Einwohnern von Ost-Jerusalem Baugenehmigungen
verweigert, Häuser zerstört und Familienzusammenführungen abgelehnt. Derzeit
baut die israelische Regierung den Kontrollpunkt Qalandia in der Westbank zu
einem internationalen Grenzübergang aus. Damit zementiert der Staat Israel
nach Befürchtung vieler Beobachter seinen Anspruch auf einen künftigen
Verlauf seiner Grenze, der tief in besetztes Gebiet hinein schneidet.
(EED-Dokumentation: Ost-Jerusalem "Gibt es eine Zukunft für palästinensische
Familien in einer verriegelten Stadt?", Bezug bei: eed, Team Naher Osten,
Ulrich-von-Hassell-Str. 76, 53123 Bonn)

Wie könnte die Isolation der Palästinenser in Ost-Jerusalem verhindert
werden?

Sehen Sie Ost-Jerusalem als Teil der besetzten Gebiete an? Oder sind Sie der
Auffassung, dass der Status Ost-Jerusalems durch Besiedlung oder Mauerbau
verändert werden darf?

3. Siedlungen

Kurz nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 begann die Besiedlung der von Israel
eroberten Gebiete. In Ost-Jerusalem, in der Westbank und sogar in Gaza baut
die israelische Regierung wenige Monate vor dem Teilrückzug gegen das
Völkerrecht israelische Siedlungen weiter aus, enteignet Land und legt
Siedlerstraßen (Straßen, die nur Israelis benutzen dürfen) an. Rund 200
Siedlungen hat die israelische Regierung in besetztem Gebiet bauen lassen,
was ein Verstoß gegen die Genfer Konvention ist, nach der es einer
Besatzungsmacht verboten ist, eigene Staatsbürger auf besetztem Gebiet
anzusiedeln.
Israelische Regierungsstellen verstoßen gegen die Roadmap, den Friedensplan
von UN, USA, EU und Russland, indem sie den Bau von so genannten Außenposten
von Siedlungen aktiv unterstützt haben. Öffentliche Gelder kommen vom
Wohnungsbauministerium, Verteidigungsministerium und der Jewish Agency. Die
an strategischen Hügeln erstellten Niederlassungen sind oft darauf angelegt,
den Zusammenhang der palästinensischen Gebiete zu beeinträchtigen und so die
Lebensfähigkeit eines künftigen palästinensischen Staates zu gefährden. Laut
der Friedensorganisation «Peace Now» gibt es etwa 100 illegale Außenposten
in der Westbank, aus denen meist Siedlungen entstehen. Der Ablauf: Die
Militäradministration stellt das Land zur Verfügung, das
Wohnungsbauministerium liefert die Wohncontainer, das
Verteidigungsministerium erteilt die Transportgenehmigungen und die Armee
trifft die Sicherheitsvorkehrungen. Nach einer Weile werden die
Wohncontainer an das Wasser- und das Elektrizitätsnetz angeschlossen,
Zufahrtsstraßen werden geteert, und die Armee stellt Wachposten.
Die internationale Zusammenarbeit mit Firmen, wissenschaftlichen
Einrichtungen u.ä. in den Siedlungen stabilisiert die völkerrechtswidrigen
Siedlungen.
(peace-now.org; www.nzz.ch/2005/03/09/al/articleCNFER.html)

Sind Sie der Meinung, dass man bei deutschen und europäischen
Kooperationsprojekten mit Israel erst untersuchen müsste, wo der
Kooperationspartner seinen Standort hat, um eine Zusammenarbeit mit
völkerrechtswidrigen Siedlungen auszuschließen?

4.      Mauerbau

Die israelische Regierung baut außerhalb des israelischen Staatsgebiets in
der besetzten Westbank eine Sperranlage, die Palästinenser von
Palästinensern trennt und Land enteignet, indem sie tief in die Westbank
hinein reicht. Sie trennt Bauern von ihren Feldern, zerstört Häuser und hat
dazu geführt, dass ein Großteil der palästinensischen Brunnen nun auf der
israelischen Seite der Mauer liegt.
Die israelische Regierung argumentiert, dass sie sich mit der Sperranlage
gegen Selbstmordanschläge verteidigen möchte. Der Internationale Gerichtshof
(IGH) hat klar gestellt, dass Israel seine Bevölkerung gegen Anschläge zu
schützen hat, dabei aber an internationales Recht gebunden ist. Für den
problematischen Verlauf der Anlage innerhalb der besetzten Gebiete kann sich
Israel nach Ansicht des IGH nicht auf das Recht auf Selbstverteidigung
berufen. Dieses Recht gilt nur bei Gefährdung durch andere Staaten. Auch
liegt nach Ansicht der Richter kein Notstand vor, der ein Abweichen von der
Grünen Linie (der Waffenstillstandslinie von 1949) rechtfertigen würde. Im
IGH-Gutachten wird an die Verantwortung der internationalen Gemeinschaft
appelliert. Unterzeichnerstaaten wie die Bundesrepublik Deutschland haben
demnach die Pflicht, dafür zu sorgen, dass die Sperranlage abgebaut wird.
(www.icj-cij.org IGH-Webseite)

Sehen Sie eine Möglichkeit, wie die Bundesregierung dieser Aufforderung
nachkommen könnte?

5. Rüstungszusammenarbeit

Waffenlieferungen an Israel sind in dreierlei Hinsicht problematisch. Sie
gehen in ein Spannungsgebiet und an eine Regierung, die auch Besatzungsmacht
und Nuklearmacht ist. Israel verfügt über ein umfangreiches
Atomwaffenpotenzial, das klassische Kernspaltungs-, thermonukleare Fusions-
sowie Neutronenwaffen umfasst. Es besitzt schätzungsweise 400 bis 500
Sprengköpfe, deren Detonationskraft bei etwa 50 Megatonnen liegt. Damit sind
Atomminen, Artilleriegranaten, Torpedos, Marschflugkörper, Raketen und
Flugzeugbomben bestückt. Seit 2003 verfügt die israelische Kriegsmarine über
die Trägerkapazität zum Nuklearwaffeneinsatz. Als Plattform dienen drei von
Deutschland in den Jahren 1999 und 2000 gelieferte Dolphin U-Boote im
Gesamtwert von rund 655 Millionen Euro (ein großer Teil davon wurde vom
deutschen Steuerzahler finanziert). Diese können mit Marschflugkörpern
bestückt werden, deren Reichweite mindestens 1.500 Kilometer beträgt. Seit
1967 hat die israelische Regierung in den Kriegen und Konflikten mit den
arabischen Ländern Nuklearschläge in Erwägung gezogen. Die israelische
Regierung fordert weitere zwei U-Boote. Im Jahr 2003 genehmigte Deutschland
die Ausfuhr von Rüstungsgütern nach Israel in Höhe von 131, 5 Millionen Euro
und im Jahr 2002 in Höhe von 160 Millionen.
(www.gkke.org "Rüstungsexportbericht 2004";
www.lebenshaus-alb.de/mt/archives/002369.html)

Sind Sie der Auffassung, dass Israel ­ ebenso wie beispielsweise der Iran ­
an die Prinzipien des Atomwaffen-Sperrvertrags gebunden ist, auch wenn er
ihm nicht beigetreten ist?

Was halten Sie von Waffenlieferungen aus Deutschland an Israel und andere
Staaten im Spannungsgebiet Naher und Mittlerer Osten?


Impressum: Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB)
Evangelische Frauenarbeit in Württemberg, Evangelisches Missionswerk in
Südwestdeutschland (EMS), Forum Friedensethik in der Badischen Landeskirche
Ökumenisches Netz Württemberg (ÖNW), Pax Christi Erzdiözese Freiburg
Pax Christi Bistumsstelle Rottenburg-Stuttgart, Postfach 700137, 70597
Stuttgart, Tel. 0711/9791-216; www.rottenburg-stuttgart.paxchristi.de

-- 
Übermittelt von:
Salaam/Shalom,
"Jüdische Stimme für gerechten
Frieden in Nahost"
www.nahostfriede.at


Matthias Reichl, Pressesprecher/ press speaker,
     Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
     Center for Encounter and active Non-Violence
     Wolfgangerstr. 26, A-4820 Bad Ischl, Austria,
     fon: +43 6132 24590, Informationen/ informations,
     Impressum in: http://www.begegnungszentrum.at
Spenden-Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl, 
Geschäftsstelle Pfandl
IBAN: AT922031400600970305    BIC: SKBIAT21XXX




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