[E-rundbrief] Info 207 - Maria Mies: Mr. Bush, You are not welcome!
Matthias Reichl
mareichl at ping.at
Do Mär 3 22:38:48 CET 2005
E-Rundbrief - Info 207 - Maria Mies: Mr. Bush, You are not welcome! Rede
bei der Kundgebung gegen US-Präsident George W. Bush in Mainz, 23.
Februar 2005.
Bad Ischl, 3.3.2005
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Mr. Bush, You are not welcome!
Rede bei der Kundgebung gegen US-Präsident George W. Bush
Mainz, 23. Februar 2005
Maria Mies
Gerade jetzt wird George W. Bush, der amerikanische Präsident von
Bundeskanzler Schröder hier in Mainz empfangen und willkommen geheissen
Auch wir haben uns hier versammelt, um ihn zu begrüßen. Wenn meine Worte
ihn trotz Polizeiabsperrungen erreichen würden, würde ich ihm folgendes sagen:
Herr Bush, Sie sind uns nicht willkommen.
Sie sind ein Lügner.
Sie haben Ihr Volk belogen, als Sie behaupteten, der Krieg gegen den Irak
sei notwendig, weil Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besitze und
Terroristen unterstütze. Sie haben Europa und die ganze Welt belogen.
Mehr noch, Sie wußten, daß Sie logen. Als die Wahrheit ans Licht kam,
sagten Sie, Ihr Irak-Krieg sei trotzdem notwendig gewesen. Die Welt sei
jetzt ein besserer Ort als vor dem Krieg. Er habe Freiheit, Demokratie und
Frieden gefördert. Alle wissen, daß das Gegenteil der Fall ist.
Und Sie lügen weiter!
Worum geht es bei Ihrer Reise nach Europa und Ihrem Schmusekurs um die
europäischen Staatsoberhäupter ? Angeblich wiederum um Freiheit, Freiheit,
Freiheit, Frieden und Demokratie in der ganzen Welt. Sie beschwören die
unverbrüchliche Einheit zwischen den USA und Europa im Kampf um die
Freiheit. Keine Macht der Welt könne die zwei je wieder entzweien. "Wir
sprechen mit einer Stimme!" sagten Sie am Montag in Brüssel. Großartige
Worte! Doch wer kann sie glauben?
Menschen, die ihren klaren Kopf noch nicht verloren haben, graust es bei
der Inflation von Worten wie Freiheit, Demokratie und Frieden aus Ihrem
Munde. Alle wissen, dass Sie einer der grössten Kriegstreiber aller Zeiten
sind. Dass es Ihnen jetzt hauptsächlich darum geht, einen Teil der Kosten
für Ihren verkorksten, nicht enden wollenden Krieg im Irak und Afghanisten
auf die Europäer abzuwälzen. Sie sollen an Ihrem Kolonisierungsprojekt als
Zahlende beteiligt werden.
Außerdem sollen die Europäer Ihren längst geplanten weiteren Kriegen
gegen den Iran, gegen Syrien und gegen Nordkorea - Ihre berüchtigte Achse
des Bösen - zustimmen ohne große Probleme zu machen.
Allerdings verfolgen Sie dabei eine etwas andere Strategie als bei den
vorigen Kriegen. Die Europäer sollen sich ruhig zunächst an der
diplomatischen Front abarbeiten, z.B. den Iran überzeugen, keine
Atomanlagen zu bauen. Wenn diese Strategie nichts fruchtet - was Sie
erwarten - , dann werden Sie zuschlagen. Unilateral. Sie halten sich alle
Optionen offen, wie gehabt. Mit den Europäern, wenn möglich, ohne sie ,
wenn nötig. Denn Sie und der militärisch-industrielle Komplex in den USA,
dem Sie dienen, braucht weitere Kriege, ja, praktisch den Krieg ohne Ende.
Und Sie scheinen tatsächlich zu glauben, daß es möglich ist, auch alle
Europäer, wie Ihre Landsleute in den USA, einer solchen Gehirnwäsche zu
unterziehen, daß sie Ihre neue Sprachregelung tatsächlich akzeptieren,
nämlich, daß Frieden Krieg bedeutet, Freiheit Unterwerfung
und Demokratie totalitäre Kontrolle nach innen und außen.
Glauben Sie wirklich, wir, die europäische Bevölkerung würden Ihnen
abnehmen, daß Sie von Gott selbst berufen seien, der ganzen Welt Ihre
Heilsbotschaft zu bringen, und sei es durch Kriege?
Aber vielleicht kümmert Sie das Volk nicht, wenn nur die Staatsoberhäupter
Europas Ihren Plänen keinen Widerstand entgegensetzen. Und diese Pläne sind
die selben wie eh und je. Sie streben die Weltherrschaft über den ganzen
Planeten an, zum Wohl des Kapitals und, wie Ihr Vater sagte, zur Sicherung
des American Way of Life, und des "freien" Weltmarktes.
Kriege sind genauso Teil dieser Strategie wie die neoliberale
Globalisierung mit ihren Prinzipien der universalen Konkurrenz, der
Privatisierung und vor allem der ungehinderten Profitmacherei.. MacDonalds
kann seine Hamburgers nur weltweit anbieten und Coca Cola sein
Zuckerwasser nur in allen Erdteilen verkaufen, weil die amerikanische
Airforce, die Army, die Navy, und die Marines hinter ihnen stehen.
Globalisierung und Krieg gehören zusammen.
Doch lassen wir jetzt Herrn Bush mit seinen Lügen. Wenden wir uns den
europäischen Staatsoberhäuptern zu, die ihn jetzt überall empfangen.
Warum machen sie dieses unwürdige Spiel mit Worten mit? Sie kennen doch die
Interessen, die hinter den Plänen des Herrn Bush und seiner Regierung
stehen. Warum machen Sie dieses verlogene Theater mit? Dreht sich ihnen
nicht der Magen um bei ihren gemeinsamen Dinners und Pressekonferenzen?
Glauben sie wirklich, Herr Bush sei plötzlich zum Friedensengel mutiert?
Und: wie ernst ist es den Herren Chirac, Schröder und Blair mit ihrem
eigenen Friedenswillen?
Verfolgen sie nicht letzten Endes die selben Interessen, wie die
amerikanische Regierung? Vergessen wir nicht, sie sind ja eigentlich
Vettern. Im Fernsehen konnte man sehen, wie ihnen Bush, der "große Bruder"
überall gönnerhat auf den Rücken klopfte. Keiner wagte Bush auf den Rücken
zu klopfen. Ich habe den Eindruck, daß wir uns wieder in Feudalzeiten
befinden. Oder läßt sich die politische Elite Europas solche Gesten
gefallen, weil sie hofft, letzten Endes mit zu den Kriegsgewinnlern gehören
zu können? Die Kriegsbeute soll nicht allein amerikanischen Konzernen
wie Halliburton und Bechtel überlassen bleiben. Da sollen auch die
europäischen Konzerne ihren Anteil haben.
Wer glaubt, die Herrschenden in der EU seien Friedensengel, dem ist zu
raten, den Entwurf der EU-Verfassung gründlich zu lesen. Diese Verfassung
verpflichtet die Mitgliedsstaaten der EU zur permanenten Aufrüstung. Es ist
eine Verfassung zur Militarisierung der EU, in Konkurrenz und in Nachahmung
der USA.
Wie die nicht enden wollenden Kriege der USA, soll auch die
Militärverfassung der EU dazu dienen, das bankrotte System der
kapitalistischen, globalen Profitmacherei noch etwas länger am Leben zu
erhalten. Doch dieses System ist moralisch schon gescheitert. Alle die
Lügen, die Herr Bush und seine Vasallen non-stop verbreiten, können ihm
keine Glaubwürdigkeit mehr verschaffen.. Das ganze Lügensystem soll vor
allem der Bevölkerung , aber auch den Politikern, den Verstand vernebeln.
Leider machen die meisten Medien dieses ekelhafte Spiel mit.
Wir aber sind hier, weil wir uns den Kopf nicht haben vernebeln lassen.
Wir wollen offen sagen, dass das System, für das Herr Bush und auch die
europäischen Staatsoberhäupter stehen, keine Legitimation mehr hat. Es
kann keins der Probleme lösen, die es selbst geschaffen hat. Es ist weder
in der Lage die Arbeitslosigkeit, noch die Umweltzerstörung, noch
zunehmende interne wie zwischenstaatliche Konflikte zu lösen. Daher greift
man wieder zum Krieg, eventuell auch zu einem Atomkrieg. Die Kriegslogik
ist das A und O dieses Systems. Die Akzeptanz einer solchen Kriegslogik in
Wirtschaft und Politik wäre dann wirklich der Bankerott aller Vernunft.
Das werden wir nicht zulassen. Wir werden nicht zulassen, daß Worte wie
Freiheit, Frieden und Demokratie von Leuten wie Herrn Bush so verhunzt
werden, dass ein anständiger Mensch nicht mehr wagt, sie in den Mund zu
nehmen. Wir werden dafür sorgen, daß sie ihren ursprünglichen Sinn behalten.
Wir werden nicht schweigen. Wir sind nicht die schweigende Mehrheit. Wir
werden weiter reden, demonstrieren und Widerstand gegen alle Kriegstreiber
leisten. Die weltweite Friedensbewegung begnügt sich heute nicht mehr mit
bloßen Friedensappellen. Das letzte Sozialforum in Porto Allegre hat
gezeigt, daß immer mehr Menschen auf der ganzen Welt den Zusammenhang
zwischen Ökonomie und Krieg verstehen, daß sie sich zusammenschliessen zu
neuen Bündnissen gegen Ausbeutung, Naturzerstörung, Globalisierung und
Krieg. Eine andere, friedliche Welt ist möglich. Sie wird nicht von Leuten
wie Bush gemacht, sondern von Leuten wie wir alle.
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Matthias Reichl
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