[E-rundbrief] Info 174 - RB 115 - Nuclear-Free Future Award 2004
Matthias Reichl
mareichl at ping.at
Fr Dez 10 16:33:19 CET 2004
E-Rundbrief - Info 174 - 115. Rundbrief - Nuclear-Free Future Award 2004 -
Preisträger aus Indien, USA und Österreich
Bad Ischl, 10.12.2004
Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at
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Nuclear-Free Future Award 2004 - Preisträger aus Indien, USA und Österreich
Dieser "weltweit wichtigste Anti-Atom-Preis" ehrt seit 1998 Visionäre und
Aktivisten, die sich beispielhaft für eine Welt ohne Atomwaffen und
Atomenergie einsetzen. Dieses Jahr bildet die Preisverleihung den Abschluß
eines dreitägigen Kongresses der Coalition for Nuclear Disarmament and
Peace (CNDP, www.cndpindia.org), der indischen Anti-Atom- und
Friedensbewegung am 28. November in Jaipur, Rajastan.
Preisträger 2004:
1. Widerstand: JOAR, Initiative indigener indischer Bauern;
2. Aufklärung: Asaf Durakovic, Nuklearmediziner, USA;
3. Lösungen: Jonathan Schell, Publizist, USA
Den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk erhält die Österreicherin Hildegard
Breiner, die ihre Vorarlberger Mitbürger in den erfolgreichen Widerstand
gegen das AKW Zwentendorf und die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf
geführt hat und heute das AKW Temelin genauso entschlossen bekämpft.
Weiters die indische City Montessori School in Lucknow. Friedenserziehung
spielt eine Schlüsselrolle im Lehrplan dieser Schule, die eine
internationale Kampagne gegen Atomwaffen und für ein Weltparlament
initiiert hat.
Nuclear Free Future Award, Schellingstr. 24/ Rgbd., D-München, Tel.
++49-89-28659714, www.nuclear-free.com. (Siehe Buchtipp Info 180)
M.R.
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Nuclear-Free Future Award: die Preisträger 2004
Der Nuclear-Free Future Award, der "weltweit wichtigste Anti-Atom-Preis"
(taz, Berlin), ehrt seit 1998 Visionäre und Aktivisten, die sich
beispielhaft für eine Welt ohne Atomwaffen und Atomenergie einsetzen.
Dieses Jahr bildet die feierliche Preisverleihung in Anwesenheit Arundhati
Roys den Abschluß eines dreitägigen Kongresses der Coalition for Nuclear
Disarmament and Peace, der indischen Anti-Atom- und Friedensbewegung am 28.
November in Jaipur, Rajastan.
Die internationale Jury hat die Preisträger 2004 in den drei mit je 10.000
Dollar dotierten Kategorien Widerstand, Aufklärung und Lösungen bekannt
gegeben.
Resistance/Widerstand: JOAR, indigene Bauern, Indien
Education/Aufklärung: Asaf Durakovic, Nuklearmediziner, USA
Solutions/Lösungen: Jonathan Schell, Publizist, USA
Außerdem gibt es zwei undotierte Preise. Den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk
erhält die Österreicherin Hildegard Breiner, die ihre Vorarlberger
Mitbürger in den erfolgreichen Widerstand gegen Zwentendorf und Wackersdorf
geführt hat und heute Temelin genauso entschlossen bekämpft. Besondere
Anerkennung zollt der Nuclear-Free Future Award der indischen City
Montessori School in Lucknow. Friedenserziehung spielt eine Schlüsselrolle
im Lehrplan dieser Schule, die eine internationale Kampagne gegen
Atomwaffen und für ein Weltparlament initiiert hat.
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Jharkhandis Organisation Against Radiation (JOAR), India
2004 Nuclear-Free Future Resistance Award
Sollen spätere Generationen entscheiden, ob es fahrlässige Tötung,
Totschlag oder Mord war. Unsere Aufgabe ist es, dem Uranabbau ein Ende zu
bereiten.
Die besondere Schwierigkeit dabei klingt paradox: Uranabbau findet nicht
statt - nicht in der Diskussion um Kernenergie und Atomwaffen. Dabei
markieren die Uranminen immer den Beginn der radioaktiven Kette aller
Nuklearindustrie. Bereits Probebohrungen in uranhaltigem Gestein können die
Grundwasservorkommen einer Region verseuchen. Meistens sind es die
Lebensräume indigener Stammesvölker, in denen Uran abgebaut wird - das
menschenleere Antarktika ist der einzige Kontinent, der von Uranabbau
bisher verschont blieb.
Betroffen sind die Arbeiter und Anwohner, die Stäube aus nächster Nähe
einatmen, aber auch Menschen, die in einiger Entfernung von einer Uranmine
verseuchtes Wasser trinken, das über weite Strecken den Tod einsickern
lässt und ins Land schwemmt.
Seit Jahrzehnten betreibt die Uranium Corporation of India Ltd (UCIL)
Uranabbau im Bezirk Singhbhum, im Bundesstaat Bihar. Das Gebiet gilt als
eines der waldreichsten Asiens und ist reich an Bodenschätzen aller Art.
Das war offenbar Grund genug, etliche indigenen Siedler, die "Adivasis"
(erste Siedler), zu enteignen und zu vertreiben.
Dass dieses Unrecht nicht umstandslos in Vergessenheit geriet, lag und
liegt an Mut und Widerstandsgeist der Adivasis, die auch durch schießwütige
Polizisten nicht zur Aufgabe gezwungen werden konnten. Zentrum des
Widerstandes ist die von Ghanshyam Birulee geleitete Jharkandis
Organisation Against Radiation (JOAR). Schon 1971 gelang es den
Widerständlern im "Waldland" (Jharkand) die UCIL effektvoll zu bestreiken;
die Produktion fiel über etliche Monate aus.
Die Lobby schlug zurück - meist mit staatlicher Amtshilfe. In einem Bericht
von JOAR heißt es: "Am Morgen des 27. Januar 1996 drangen unter dem Schutz
von Polizei und paramilitärischen Kräften UCIL-Bulldozer in das Dorf
Chatijkocha ein. Ohne jede Vorwarnung fingen sie an Häuser niederzuwalzen.
Etwa 30 Häuser wurden dem Erdboden gleichgemacht, Felder verwüstet,
Andachtsstätten und Gräber entweiht." Herbei eilende Menschen aus
umliegenden Dörfern konnten weiterer Verwüstung Einhalt gebieten.
In diesem gnadenlosen Kampf setzt die UCIL natürlich auch die bewährte
Taktik "Spalte den Gegner" ein. So sollte zum Beispiel jedes über 18jährige
männliche Mitglied einer vertriebenen Familie eine Einstellungsgarantie bei
UCIL erhalten. Bezeichnenderweise die einzige Zusage, die teilweise erfüllt
wurde.
Die Aktivisten von JOAR wurden mit Prozessen überzogen. Nolens volens
wurden sie zu Experten in indischem Prozess-Recht.
Und 1997 zwang JOAR die UCIL sogar, in einem Radius von 2 km um die
Uranmine insgesamt 712 Dorfbewohner untersuchen zu lassen. Das Ergebnis war
von der Art, wie es Betroffene weltweit kennen: Ein Zusammenhang zwischen
offensichtlich vorhandenen erhöhten Krebsraten und radioaktiver
Niedrigstrahlung sei "wissenschaftlich nicht nachweisbar". Aber der Besitz
eines Geigerzählers ist in Indien strafbar!
Also wird in der und um die Uranmine ohne wissenschaftlichen Nachweis
statistisch überhöht an Krebs gestorben. Das politisch verantwortliche
Indien scheint die Region denn auch - sozusagen als "Opfergebiet" für sein
ehrgeiziges Nuklearprogramm - abgeschrieben zu haben. Wie anders ist es zu
erklären, dass auch noch gleich Atommüll aus Haiderabad - dort wird Uran
verarbeitet und aufbereitet - ins "Waldland" zurückgeholt und hier
deponiert wird?
JOAR hat die Leiden kranker Arbeiter und Anlieger und die Missbildungen bei
Kindern mit Video dokumentiert (Buddha Weeps in Jadugoda, 1999), hat unter
schwierigsten Bedingungen Öffentlichkeitsarbeit geleistet, hat das
Parlament immer wieder bedrängt, nicht den Versicherungen der Uran-Lobby,
sondern dem eigenen Augenschein zu glauben. Bisher vergeblich.
Indien ist eine Demokratie. Seine Presse ist freier als die in den
allermeisten Weltgegenden - große Teile Europas inbegriffen. Aber der mit
Rupien unterfütterte Filz, offener oder versteckter Unterschleif,
Gefälligkeitspolitik und Bestechlichkeit - all das hat seinen Ort, seinen
sehr festen Wohnsitz auf dem Subkontinent.
Xavier Dias und Ajitha George repräsentierten JOAR 1992 auf dem World
Uranium Hearing in Salzburg - der Initialzündung für den Nuclear-Free
Future Award. Die beiden kamen frisch gestärkt und ermutigt nach Bihar
zurück. Die Ehrung mit der diesjährigen Auszeichnung für Widerstand, so
bleibt zu hoffen, wird die Aktivisten abermals beflügeln in einem Kampf,
der zwar lokal ist aber dennoch von weltweiter Bedeutung.
--Claus-Peter Lieckfeld
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Prof. Asaf Durakovic, USA
2004 Nuclear-Free Future Education Award
Mit Agent Orange verschaffte die amerikanische Luftwaffe im Vietnamkrieg
ihren Bombern freie Bodensicht. Die verheerenden Spätwirkungen des
dioxinhaltigen Entlaubungsmittels - verwüstete Landstriche, Missbildungen
bei Mensch und Tier - wurden verschwiegen, abgestritten, günstigstenfalls
verharmlost. Nun, so scheint es, hat Agent Orange einen Nachfolger
gefunden: DU - Depleted Uranium (U-238).
In beiden Golfkriegen, in Ex-Jugoslawien und wahrscheinlich auch in
Afghanistan setzte das amerikanische Militär DU-gehärtete Munition ein. DU
ist ein Abfallprodukt aus der Herstellung von Brennelementen für
Atomkraftwerke - Atommüll, der in großen Mengen anfällt und entsorgt werden
muss. Geschosse, die mit dem extrem dichten Material gehärtete sind, können
ohne Schwierigkeiten Gebäude und Panzer durchdringen. Außerdem entzündet
sich die Munition beim Aufprall explosionsartig, so dass sich radioaktiver
und toxischer Staub über die Umgebung legt. Vor allem im südlichen Irak
stößt man auf Kriegsgerät und Gebäude, die mit DU-Munition zerstört wurden.
Die verheerenden Spätwirkungen der radioaktiven Niedrigstrahlung -
insbesondere Schilddrüsenkrebs, vor allem bei Kindern - werden bis heute
verschwiegen, abgestritten, günstigstenfalls verharmlost.
Einer der Vorkämpfer gegen das Verschweigen ist der amerikanische
Nuklearmediziner Prof. Dr. Asaf Durakovic, der als Radiologe und Fachmann
für Strahlungsschäden seit Jahrzehnten internationalen Ruf genießt. Seit
1988 zog das Pentagon ihn als Experten zu Rate, im ersten Golfkrieg war er
als Stabsarzt dabei. Danach untersuchte er als Leiter der Nuklearabteilung
eines Armeekrankenhauses bei Washington Soldaten, um dem zunächst
mysteriösen "Golfkriegs-Syndrom" auf die Spur zu kommen. Als er bei der
Hälfte von ihnen DU und bei einigen sogar Plutonium im Körper feststellte,
legte man ihm nahe, in andere Richtungen zu forschen. Er ließ sich nicht
beirren, musste aber feststellen, dass Krankenakten und Labortests
verschwanden. 1997 setzte das Pentagon ihn ab.
Damals diagnostizierte Prof. Durakovics eine "Verschwörung gegen
amerikanische Kriegsheimkehrer" und gründete mit Gleichgesinnten das
Uranium Medical Research Center (www.UMCR.net). Seit 2002 unterhält das
UMCR u.a. zwei Forschungsteams in Afghanistan. Erste Befunde aus Urin- und
Bodenproben deuten darauf hin, dass das amerikanische Militär in
Afghanistan statt abgereichertem Uran natürliches Uran zur
Munitionsveredelung eingesetzt hat. Ein neues Täuschungsmanöver, weil man
befürchtet, dass sich der Zusammenhang zwischen DU-Munition und schweren
Gesundheitsschäden auf die Dauer doch nicht vertuschen lässt? Angesichts
dieser und anderer Befunde aus jüngster Zeit - 2001 wollte die
Weltgesundheitsorganisation WHO im Irak DU-Auswirkungen vor Ort
untersuchen, wurde aber auf Druck der USA von der UNO zurückgepfiffen - hat
Durakovic seine Diagnose ausgeweitet: "Eine internationale Verschwörung
gegen Kriegsopfer unter Zivilisten - vor allem unter Kindern".
Die heimlichen Nuklearwaffen sind auf dem Vormarsch, die für zivile Nutzung
der Kernenergie zuständige Wiener IAEA hilft bei der Verschleierung dieser
Entwicklung, und die internationalen Medien halten sich bei der
Berichterstattung sträflich zurück. Wie 2003, als die irakische Geologin
Dr. Souad Al-Azzawi ausgezeichnet wurde, ehrt die Jury des Nuclear-Free
Future Award mit dem Preis für Aufklärung einen Wissenschaftler, der sich
der Vertuschung der verheerenden Auswirkungen von DU-Waffen hartnäckig und
unerschrocken widersetzt.
--Wolfgang Heuss
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Jonathan Schell, USA
2004 Nuclear-Free Future Solutions Award
Weltbeweger waren häufig Menschen, die das Undenkbare dachten - und es dann
nicht beim Denken beließen. Jesus, der Liebe zum obersten Weltgesetzt
erhob; die Vordenker der Französischen Revolution, die - lange auf
verlorenem Posten - die naturrechtliche Gleichheit der Menschen
einforderten; Gandhi, der vorlebte, dass Pazifismus und Wehrlosigkeit
beileibe nicht das Gleiche sind.
Solche Menschen (ihr prozentualer Anteil an der Weltbevölkerung bewegte
sich zu allen Zeiten im 'Null-Komma-Nullnullnullnull-Irgenwas-Bereich')
eint vor allem eine Fähigkeit: Eine Idee lebenslang leben zu können, ohne
sich dabei von den "realen Kräfteverhältnissen" in die Knie zwingen zu lassen.
Viele schaffen so etwas eine Zeitlang. Man denke nur an die idealistische
Jugendphase. Wer hatte die nicht! Oder geopferter Urlaub für wohltätige
Zwecke. Vielleicht auch die "tätige Reue" eines Ex-Global Players, der nach
Karriere-Ende auf seine alten Tage auf Sinnsuche geht. All das soll nicht
hochnäselnd bekrittelt werden - es ist aller Ehren wert und soll uns den
Maßstab liefern für die Lebensleistung von Leuten wie Jonathan Schell
Der 1943 geborene New Yorker Journalist schreibt seit den späten sechziger
Jahren - teils in der Bestseller-Kategorie - gegen Krieg und
Nuklearrüstung. Richtig, da gibt es ein paar mehr, die das taten und noch
tun. Aber wohl keiner zentriert seine Bücher - fast ein Dutzend an der Zahl
- so konsequent um einen Begriff. Einen, der von diversen
Totschlag-Argumenten ( ... klappt nie! ... unrealistisch! ... naiv! )
umstellt ist. Das Wort heißt: "Abolition". Abschaffung aller Atomwaffen,
weltweit! Und die USA als der Ort des größten Vernichtungspotentials müssen
den Anfang machen, sagt Schell.
Wie unpopulär dieser Gedanke (noch) ist, konnte Schell an seinen Auflagen
ablesen. Während "Das Schicksal der Erde" (1982), eine faktenreiche,
ergreifende Abhandlung über die menschliche Fähigkeit zur
Selbstvernichtung, zum Weltbestseller wurde, ging das Nachfolgebuch "The
Abolition" (1984), fast unbemerkt in der allgemeinen Publikationsflut
unter. In diesem Buch legte Schell dar, dass auf längere Sicht nur eine
radikale atomare Abrüstung Rettung bringen kann.
Der relative Misserfolg (relativ: auch Schells weniger verbreitete Bücher
wie "Unconquerable World" und "The Gift of Time" wurden zu geistigen Waffen
der Anti-Atombewegung) spornte den Autor an. Er gab seinen
Einzelkämpferstatus auf und gründete mit anderen Aktivisten wie General Lee
Buttler, einem ehemaligen Kommandeur der strategischen Luftstreitkräfte der
USA, mit Senator Alan Cranston und David Cortwright die "Second Chance
Foundation", SCF. Die SCF erarbeitete eine Resolution ("The Urgent Call to
End the Nuclear Danger"), die schnell so etwas wie der Basistext für
Friedensgruppen wurde. Schell war überdies an der Entwicklung von
Lerneinheiten beteiligt, die soziale Verantwortung in den Mittelpunkt
stellen. Seine Kurse, Vorträge und Schulungen haben schon Zigtausenden
Motivation und Inspiration vermittelt. Im Herbst 2003 konnte Schell als
Lehrer sein Wissen an der berühmten Yale-Univerität weitergeben.
Was den Mann, der seine ersten Meriten im Kampf gegen den Vietnamkrieg
erwarb, so unwiderstehlich macht, ist dreierlei: Sein Wissen erreicht Leser
und Zuhörer stets perfekt portioniert. Sein geschliffener Schreibstil macht
selbst Schwerverdauliches zum Lesegenuss. Und drittens: Schell kann ethisch
fundierte Positionen deshalb so glaubhaft vertreten, weil er nie in den
Tonfall eines Predigers abrutscht. Nie muss "Moral" als Füllmasse für
lückenhafte Argumente herhalten.
Und häufig gelingt es Schell, Begriffe zu setzen, die zu Brückenköpfen in
der öffentlichen Auseinandersetzung werden. Wie jüngst in seiner in der
Zeitschrift The Nation veröffentlichten Philippika gegen den "vorbeugenden"
Irak-Krieg der USA. Schell spricht von der "anderen Supermacht" und meint
damit die zigmillionen Erdenbürger. Und manchmal gelingen Schell Sätze von
so durchschlagender Logik, dass sie wie kollektives Bewusstsein der
Anti-Nuke-Bewegung dastehen: "Da es nach unserem Aussterben niemanden mehr
geben wird, der dafür die Verantwortung übernimmt, müssen wir schon heute
die volle Verantwortung dafür übernehmen "
Schell macht Mut, ohne die Gefahren auszublenden oder die vielen
Ungeheuerlichkeiten zu verkleinern.
Das Pentagon mag ihn nicht, denn Schell erreicht nicht nur diejenigen, die
für die Pentagon-Boys sowieso verloren sind. Aber auch das ist wahr:
Schells Vorstellung, God`s Own Country habe die entschiedensten und größten
Schritte zur totalen nuklearen Abrüstung zu gehen, ist den allermeisten
US-Bürgern immer noch fremd und höchst unheimlich,.
Die Jury des NFFA ehrt mit Jonathan Schell einen Vorläufer der
nuklearfreien Zukunft, einen Marathon-Mann, einen künstlerisch begabten
Journalisten und Aufklärer. Einen der wichtigsten "anchor men" weltweit.
--Claus-Peter Lieckfeld
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Hildegard Breiner, Austria
2004 Nuclear-Free Future Lifetime Award
Hildegard Breiner, heute die Grande Dame der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung
in Vorarlberg, verdiente ihre Sporen als Aktivistin vor über einem
Vierteljahrhundert - im Kampf gegen Zwentendorf. In Österreich wird bis
heute kein Atomstrom produziert, weil 1978 die Kernkraftgegner in einem
Referendum ganz knapp über die Regierung und die Atomlobby siegten. Das AKW
Zwentendorf durfte nicht weitergebaut werden. Die für den Gesamtsieg
entscheidenden Wählerstimmen kamen aus Vorarlberg, wo Hildegard Breiner und
ihr Mann den Widerstand organisiert hatten. In diesem Bundesland stimmten
85 Prozent für eine "nuclear-free future". Im Atomzeitalter stehen
Ortsnamen normalerweise für Katastrophen: Hiroshima, Bikini, Tschernobyl;
dass "Zwentendorf" Hoffnung symbolisiert, ist nicht zuletzt ein Verdienst
der Breiners.
In den 80er Jahren war das Ehepaar wieder maßgeblich an einem Sieg über
eine Atomlobby und eine ihr gefügige Regierung beteiligt. Durch Zwentendorf
gewitzter im Umgang mit den Medien, mobilisierten die Breiners gegen die in
Wackersdorf geplante WAA - eine weitere Nuklearanlage, deren Bau durch
Massenproteste verhindert werden konnte.
Selbstverständlich ist Hildegard Breiner auch heute noch eine entschiedene
Gegnerin der Kernkraft. Ihr aktives Engagement gilt aber inzwischen vor
allem den alternativen Energien. "Ein Ausstieg aus der Atomkraft ist mit
einem Umstieg auf Erneuerbare Energien gleichzusetzen," sagt sie. 1996 rief
sie die "SonnenSchein-Kampagne" ins Leben, um die Vorarlberger für die
Photovoltaik zu sensibilisieren. Sie brachte die Landesregierung dazu,
Mittel für Öffentlichkeitsarbeit und den Anlagenbau bereitzustellen. Die
Kampagne war und ist höchst erfolgreich: schon in den ersten beiden Jahren
wurden in 30 der 96 Vorarlberger Gemeinden Solarstrom-Gemeinschaftsanlagen
errichtet, mittlerweile gibt es in diesem Bundesland 900 solche Anlagen.
"Wir haben bewiesen, dass wir keine Neinsager sind, sondern Trendsetter,"
sagt die Vorsitzende des Naturschutzbundes Vorarlberg, und auf die Frage
nach ihrem Motto meint sie: "Ausdauer ist die Macht der Ohnmächtigen." Der
Nuclear-Free Future Award ehrt Hildegard Breiners Engagement mit dem Preis
für ihr Lebenswerk.
--Wolfgang Heuss
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The City Montessori School (CMS), India
2004 Nuclear-Free Future Special Recognition Award
Die lateinische Lieblingssentenz aller Pädagogen lautet "Non scholae sed
vitae discimus" - Nicht für die Schule sondern für das Leben lernen wir. O
wenn es doch so wäre!
In Indien gibt es eine Schule, die City Montessori School of Lucknow
(www.cmseducation.org), die dieses hohe Ziel beinahe übererfüllt. Den
Betreibern, Lehrern und Schülern, geht es nicht zuletzt ums Über-Leben.
Friedenserziehung spielt eine Schlüsselrolle im Lehrplan dieser mit 28 000
Schülern zwischen fünf und 18 Jahren wohl größten Privatschule der Welt.
Und die Bemühungen der Schule um totales, weltweites Abrücken von
Nukleartechnologie - sowohl der angeblich friedlichen als auch derjenigen,
die zur Massenvernichtung bevorratet wird - hat CML viel Beachtung und 2002
den UNESCO-Preis für Friedenserziehung eingetragen.
Große Resonanz erreichte die City Montessori School, indem sie Seminare und
indienweite Öffentlichkeit zum Thema "Artikel 51" der indischen Verfassung
organisierte - einem Stückchen eindrucksvoller Gesetzesprosa, das den
Subkontinent als Hort des Friedens, der Sicherheit und des internationalen
Respekts definiert. Theoretisch.
Aber anders als andere, die die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit
achselzuckend zur Kenntnis nehmen, trommelt CML. Und die Liste der
Persönlichkeiten und Institutionen, die sich einschwingen auf den CML-Takt
ist inzwischen beeindruckend lang. Wir wünschen uns mehr, viel mehr von
diesem Geist. In Indien, wo die Drohung mit Atomwaffen-Einsatz sehr real
ist, und anderswo.
--Claus-Peter Lieckfeld
---
M. Reichl, Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr.26, A-4820 Bad Ischl, Austria, fon/fax: +43 6132 24590
http://www.begegnungszentrum.at
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