[E-rundbrief] Info 174 - RB 115 - Nuclear-Free Future Award 2004

Matthias Reichl mareichl at ping.at
Fr Dez 10 16:33:19 CET 2004


E-Rundbrief - Info 174 - 115. Rundbrief - Nuclear-Free Future Award 2004 - 
Preisträger aus Indien, USA und Österreich

Bad Ischl, 10.12.2004

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit

www.begegnungszentrum.at

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Nuclear-Free Future Award 2004 - Preisträger aus Indien, USA und Österreich

Dieser "weltweit wichtigste Anti-Atom-Preis" ehrt seit 1998 Visionäre und 
Aktivisten, die sich beispielhaft für eine Welt ohne Atomwaffen und 
Atomenergie einsetzen. Dieses Jahr bildet die Preisverleihung den Abschluß 
eines dreitägigen Kongresses der Coalition for Nuclear Disarmament and 
Peace (CNDP, www.cndpindia.org), der indischen Anti-Atom- und 
Friedensbewegung am 28. November in Jaipur, Rajastan.

Preisträger 2004:

1. Widerstand: JOAR, Initiative indigener indischer Bauern;

2. Aufklärung: Asaf Durakovic, Nuklearmediziner, USA;

3. Lösungen: Jonathan Schell, Publizist, USA

Den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk erhält die Österreicherin Hildegard 
Breiner, die ihre Vorarlberger Mitbürger in den erfolgreichen Widerstand 
gegen das AKW Zwentendorf und die Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf 
geführt hat und heute das AKW Temelin genauso entschlossen bekämpft. 
Weiters die indische City Montessori School in Lucknow. Friedenserziehung 
spielt eine Schlüsselrolle im Lehrplan dieser Schule, die eine 
internationale Kampagne gegen Atomwaffen und für ein Weltparlament 
initiiert hat.

Nuclear Free Future Award, Schellingstr. 24/ Rgbd., D-München, Tel. 
++49-89-28659714, www.nuclear-free.com. (Siehe Buchtipp Info 180)

M.R.

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Nuclear-Free Future Award: die Preisträger 2004

Der Nuclear-Free Future Award, der "weltweit wichtigste Anti-Atom-Preis" 
(taz, Berlin), ehrt seit 1998 Visionäre und Aktivisten, die sich 
beispielhaft für eine Welt ohne Atomwaffen und Atomenergie einsetzen. 
Dieses Jahr bildet die feierliche Preisverleihung in Anwesenheit Arundhati 
Roys den Abschluß eines dreitägigen Kongresses der Coalition for Nuclear 
Disarmament and Peace, der indischen Anti-Atom- und Friedensbewegung am 28. 
November in Jaipur, Rajastan.

Die internationale Jury hat die Preisträger 2004 in den drei mit je 10.000 
Dollar dotierten Kategorien Widerstand, Aufklärung und Lösungen bekannt 
gegeben.

Resistance/Widerstand: JOAR, indigene Bauern, Indien

Education/Aufklärung: Asaf Durakovic, Nuklearmediziner, USA

Solutions/Lösungen: Jonathan Schell, Publizist, USA

Außerdem gibt es zwei undotierte Preise. Den Ehrenpreis für ihr Lebenswerk 
erhält die Österreicherin Hildegard Breiner, die ihre Vorarlberger 
Mitbürger in den erfolgreichen Widerstand gegen Zwentendorf und Wackersdorf 
geführt hat und heute Temelin genauso entschlossen bekämpft. Besondere 
Anerkennung zollt der Nuclear-Free Future Award der indischen City 
Montessori School in Lucknow. Friedenserziehung spielt eine Schlüsselrolle 
im Lehrplan dieser Schule, die eine internationale Kampagne gegen 
Atomwaffen und für ein Weltparlament initiiert hat.

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Jharkhandis Organisation Against Radiation (JOAR), India

2004 Nuclear-Free Future Resistance Award

Sollen spätere Generationen entscheiden, ob es fahrlässige Tötung, 
Totschlag oder Mord war. Unsere Aufgabe ist es, dem Uranabbau ein Ende zu 
bereiten.

Die besondere Schwierigkeit dabei klingt paradox: Uranabbau findet nicht 
statt - nicht in der Diskussion um Kernenergie und Atomwaffen. Dabei 
markieren die Uranminen immer den Beginn der radioaktiven Kette aller 
Nuklearindustrie. Bereits Probebohrungen in uranhaltigem Gestein können die 
Grundwasservorkommen einer Region verseuchen. Meistens sind es die 
Lebensräume indigener Stammesvölker, in denen Uran abgebaut wird - das 
menschenleere Antarktika ist der einzige Kontinent, der von Uranabbau 
bisher verschont blieb.

Betroffen sind die Arbeiter und Anwohner, die Stäube aus nächster Nähe 
einatmen, aber auch Menschen, die in einiger Entfernung von einer Uranmine 
verseuchtes Wasser trinken, das über weite Strecken den Tod einsickern 
lässt und ins Land schwemmt.

Seit Jahrzehnten betreibt die Uranium Corporation of India Ltd (UCIL) 
Uranabbau im Bezirk Singhbhum, im Bundesstaat Bihar. Das Gebiet gilt als 
eines der waldreichsten Asiens und ist reich an Bodenschätzen aller Art. 
Das war offenbar Grund genug, etliche indigenen Siedler, die "Adivasis" 
(erste Siedler), zu enteignen und zu vertreiben.

Dass dieses Unrecht nicht umstandslos in Vergessenheit geriet, lag und 
liegt an Mut und Widerstandsgeist der Adivasis, die auch durch schießwütige 
Polizisten nicht zur Aufgabe gezwungen werden konnten. Zentrum des 
Widerstandes ist die von Ghanshyam Birulee geleitete Jharkandis 
Organisation Against Radiation (JOAR). Schon 1971 gelang es den 
Widerständlern im "Waldland" (Jharkand) die UCIL effektvoll zu bestreiken; 
die Produktion fiel über etliche Monate aus.

Die Lobby schlug zurück - meist mit staatlicher Amtshilfe. In einem Bericht 
von JOAR heißt es: "Am Morgen des 27. Januar 1996 drangen unter dem Schutz 
von Polizei und paramilitärischen Kräften UCIL-Bulldozer in das Dorf 
Chatijkocha ein. Ohne jede Vorwarnung fingen sie an Häuser niederzuwalzen. 
Etwa 30 Häuser wurden dem Erdboden gleichgemacht, Felder verwüstet, 
Andachtsstätten und Gräber entweiht." Herbei eilende Menschen aus 
umliegenden Dörfern konnten weiterer Verwüstung Einhalt gebieten.

In diesem gnadenlosen Kampf setzt die UCIL natürlich auch die bewährte 
Taktik "Spalte den Gegner" ein. So sollte zum Beispiel jedes über 18jährige 
männliche Mitglied einer vertriebenen Familie eine Einstellungsgarantie bei 
UCIL erhalten. Bezeichnenderweise die einzige Zusage, die teilweise erfüllt 
wurde.

Die Aktivisten von JOAR wurden mit Prozessen überzogen. Nolens volens 
wurden sie zu Experten in indischem Prozess-Recht.

Und 1997 zwang JOAR die UCIL sogar, in einem Radius von 2 km um die 
Uranmine insgesamt 712 Dorfbewohner untersuchen zu lassen. Das Ergebnis war 
von der Art, wie es Betroffene weltweit kennen: Ein Zusammenhang zwischen 
offensichtlich vorhandenen erhöhten Krebsraten und radioaktiver 
Niedrigstrahlung sei "wissenschaftlich nicht nachweisbar". Aber der Besitz 
eines Geigerzählers ist in Indien strafbar!

Also wird in der und um die Uranmine ohne wissenschaftlichen Nachweis 
statistisch überhöht an Krebs gestorben. Das politisch verantwortliche 
Indien scheint die Region denn auch - sozusagen als "Opfergebiet" für sein 
ehrgeiziges Nuklearprogramm - abgeschrieben zu haben. Wie anders ist es zu 
erklären, dass auch noch gleich Atommüll aus Haiderabad - dort wird Uran 
verarbeitet und aufbereitet - ins "Waldland" zurückgeholt und hier 
deponiert wird?

JOAR hat die Leiden kranker Arbeiter und Anlieger und die Missbildungen bei 
Kindern mit Video dokumentiert (Buddha Weeps in Jadugoda, 1999), hat unter 
schwierigsten Bedingungen Öffentlichkeitsarbeit geleistet, hat das 
Parlament immer wieder bedrängt, nicht den Versicherungen der Uran-Lobby, 
sondern dem eigenen Augenschein zu glauben. Bisher vergeblich.

Indien ist eine Demokratie. Seine Presse ist freier als die in den 
allermeisten Weltgegenden - große Teile Europas inbegriffen. Aber der mit 
Rupien unterfütterte Filz, offener oder versteckter Unterschleif, 
Gefälligkeitspolitik und Bestechlichkeit - all das hat seinen Ort, seinen 
sehr festen Wohnsitz auf dem Subkontinent.

Xavier Dias und Ajitha George repräsentierten JOAR 1992 auf dem World 
Uranium Hearing in Salzburg - der Initialzündung für den Nuclear-Free 
Future Award. Die beiden kamen frisch gestärkt und ermutigt nach Bihar 
zurück. Die Ehrung mit der diesjährigen Auszeichnung für Widerstand, so 
bleibt zu hoffen, wird die Aktivisten abermals beflügeln in einem Kampf, 
der zwar lokal ist aber dennoch von weltweiter Bedeutung.

--Claus-Peter Lieckfeld

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Prof. Asaf Durakovic, USA

2004 Nuclear-Free Future Education Award

Mit Agent Orange verschaffte die amerikanische Luftwaffe im Vietnamkrieg 
ihren Bombern freie Bodensicht. Die verheerenden Spätwirkungen des 
dioxinhaltigen Entlaubungsmittels - verwüstete Landstriche, Missbildungen 
bei Mensch und Tier - wurden verschwiegen, abgestritten, günstigstenfalls 
verharmlost. Nun, so scheint es, hat Agent Orange einen Nachfolger 
gefunden: DU - Depleted Uranium (U-238).

In beiden Golfkriegen, in Ex-Jugoslawien und wahrscheinlich auch in 
Afghanistan setzte das amerikanische Militär DU-gehärtete Munition ein. DU 
ist ein Abfallprodukt aus der Herstellung von Brennelementen für 
Atomkraftwerke - Atommüll, der in großen Mengen anfällt und entsorgt werden 
muss. Geschosse, die mit dem extrem dichten Material gehärtete sind, können 
ohne Schwierigkeiten Gebäude und Panzer durchdringen. Außerdem entzündet 
sich die Munition beim Aufprall explosionsartig, so dass sich radioaktiver 
und toxischer Staub über die Umgebung legt. Vor allem im südlichen Irak 
stößt man auf Kriegsgerät und Gebäude, die mit DU-Munition zerstört wurden. 
Die verheerenden Spätwirkungen der radioaktiven Niedrigstrahlung - 
insbesondere Schilddrüsenkrebs, vor allem bei Kindern - werden bis heute 
verschwiegen, abgestritten, günstigstenfalls verharmlost.

Einer der Vorkämpfer gegen das Verschweigen ist der amerikanische 
Nuklearmediziner Prof. Dr. Asaf Durakovic, der als Radiologe und Fachmann 
für Strahlungsschäden seit Jahrzehnten internationalen Ruf genießt. Seit 
1988 zog das Pentagon ihn als Experten zu Rate, im ersten Golfkrieg war er 
als Stabsarzt dabei. Danach untersuchte er als Leiter der Nuklearabteilung 
eines Armeekrankenhauses bei Washington Soldaten, um dem zunächst 
mysteriösen "Golfkriegs-Syndrom" auf die Spur zu kommen. Als er bei der 
Hälfte von ihnen DU und bei einigen sogar Plutonium im Körper feststellte, 
legte man ihm nahe, in andere Richtungen zu forschen. Er ließ sich nicht 
beirren, musste aber feststellen, dass Krankenakten und Labortests 
verschwanden. 1997 setzte das Pentagon ihn ab.

Damals diagnostizierte Prof. Durakovics eine "Verschwörung gegen 
amerikanische Kriegsheimkehrer" und gründete mit Gleichgesinnten das 
Uranium Medical Research Center (www.UMCR.net). Seit 2002 unterhält das 
UMCR u.a. zwei Forschungsteams in Afghanistan. Erste Befunde aus Urin- und 
Bodenproben deuten darauf hin, dass das amerikanische Militär in 
Afghanistan statt abgereichertem Uran natürliches Uran zur 
Munitionsveredelung eingesetzt hat. Ein neues Täuschungsmanöver, weil man 
befürchtet, dass sich der Zusammenhang zwischen DU-Munition und schweren 
Gesundheitsschäden auf die Dauer doch nicht vertuschen lässt? Angesichts 
dieser und anderer Befunde aus jüngster Zeit - 2001 wollte die 
Weltgesundheitsorganisation WHO im Irak DU-Auswirkungen vor Ort 
untersuchen, wurde aber auf Druck der USA von der UNO zurückgepfiffen - hat 
Durakovic seine Diagnose ausgeweitet: "Eine internationale Verschwörung 
gegen Kriegsopfer unter Zivilisten - vor allem unter Kindern".

Die heimlichen Nuklearwaffen sind auf dem Vormarsch, die für zivile Nutzung 
der Kernenergie zuständige Wiener IAEA hilft bei der Verschleierung dieser 
Entwicklung, und die internationalen Medien halten sich bei der 
Berichterstattung sträflich zurück. Wie 2003, als die irakische Geologin 
Dr. Souad Al-Azzawi ausgezeichnet wurde, ehrt die Jury des Nuclear-Free 
Future Award mit dem Preis für Aufklärung einen Wissenschaftler, der sich 
der Vertuschung der verheerenden Auswirkungen von DU-Waffen hartnäckig und 
unerschrocken widersetzt.

--Wolfgang Heuss

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Jonathan Schell, USA

2004 Nuclear-Free Future Solutions Award

Weltbeweger waren häufig Menschen, die das Undenkbare dachten - und es dann 
nicht beim Denken beließen. Jesus, der Liebe zum obersten Weltgesetzt 
erhob; die Vordenker der Französischen Revolution, die - lange auf 
verlorenem Posten - die naturrechtliche Gleichheit der Menschen 
einforderten; Gandhi, der vorlebte, dass Pazifismus und Wehrlosigkeit 
beileibe nicht das Gleiche sind.

Solche Menschen (ihr prozentualer Anteil an der Weltbevölkerung bewegte 
sich zu allen Zeiten im 'Null-Komma-Nullnullnullnull-Irgenwas-Bereich') 
eint vor allem eine Fähigkeit: Eine Idee lebenslang leben zu können, ohne 
sich dabei von den "realen Kräfteverhältnissen" in die Knie zwingen zu lassen.

Viele schaffen so etwas eine Zeitlang. Man denke nur an die idealistische 
Jugendphase. Wer hatte die nicht! Oder geopferter Urlaub für wohltätige 
Zwecke. Vielleicht auch die "tätige Reue" eines Ex-Global Players, der nach 
Karriere-Ende auf seine alten Tage auf Sinnsuche geht. All das soll nicht 
hochnäselnd bekrittelt werden - es ist aller Ehren wert und soll uns den 
Maßstab liefern für die Lebensleistung von Leuten wie Jonathan Schell

Der 1943 geborene New Yorker Journalist schreibt seit den späten sechziger 
Jahren - teils in der Bestseller-Kategorie - gegen Krieg und 
Nuklearrüstung. Richtig, da gibt es ein paar mehr, die das taten und noch 
tun. Aber wohl keiner zentriert seine Bücher - fast ein Dutzend an der Zahl 
- so konsequent um einen Begriff. Einen, der von diversen 
Totschlag-Argumenten ( ... klappt nie! ... unrealistisch! ... naiv! ) 
umstellt ist. Das Wort heißt: "Abolition". Abschaffung aller Atomwaffen, 
weltweit! Und die USA als der Ort des größten Vernichtungspotentials müssen 
den Anfang machen, sagt Schell.

Wie unpopulär dieser Gedanke (noch) ist, konnte Schell an seinen Auflagen 
ablesen. Während "Das Schicksal der Erde" (1982), eine faktenreiche, 
ergreifende Abhandlung über die menschliche Fähigkeit zur 
Selbstvernichtung, zum Weltbestseller wurde, ging das Nachfolgebuch "The 
Abolition" (1984), fast unbemerkt in der allgemeinen Publikationsflut 
unter. In diesem Buch legte Schell dar, dass auf längere Sicht nur eine 
radikale atomare Abrüstung Rettung bringen kann.

Der relative Misserfolg (relativ: auch Schells weniger verbreitete Bücher 
wie "Unconquerable World" und "The Gift of Time" wurden zu geistigen Waffen 
der Anti-Atombewegung) spornte den Autor an. Er gab seinen 
Einzelkämpferstatus auf und gründete mit anderen Aktivisten wie General Lee 
Buttler, einem ehemaligen Kommandeur der strategischen Luftstreitkräfte der 
USA, mit Senator Alan Cranston und David Cortwright die "Second Chance 
Foundation", SCF. Die SCF erarbeitete eine Resolution ("The Urgent Call to 
End the Nuclear Danger"), die schnell so etwas wie der Basistext für 
Friedensgruppen wurde. Schell war überdies an der Entwicklung von 
Lerneinheiten beteiligt, die soziale Verantwortung in den Mittelpunkt 
stellen. Seine Kurse, Vorträge und Schulungen haben schon Zigtausenden 
Motivation und Inspiration vermittelt. Im Herbst 2003 konnte Schell als 
Lehrer sein Wissen an der berühmten Yale-Univerität weitergeben.

Was den Mann, der seine ersten Meriten im Kampf gegen den Vietnamkrieg 
erwarb, so unwiderstehlich macht, ist dreierlei: Sein Wissen erreicht Leser 
und Zuhörer stets perfekt portioniert. Sein geschliffener Schreibstil macht 
selbst Schwerverdauliches zum Lesegenuss. Und drittens: Schell kann ethisch 
fundierte Positionen deshalb so glaubhaft vertreten, weil er nie in den 
Tonfall eines Predigers abrutscht. Nie muss "Moral" als Füllmasse für 
lückenhafte Argumente herhalten.

Und häufig gelingt es Schell, Begriffe zu setzen, die zu Brückenköpfen in 
der öffentlichen Auseinandersetzung werden. Wie jüngst in seiner in der 
Zeitschrift The Nation veröffentlichten Philippika gegen den "vorbeugenden" 
Irak-Krieg der USA. Schell spricht von der "anderen Supermacht" und meint 
damit die zigmillionen Erdenbürger. Und manchmal gelingen Schell Sätze von 
so durchschlagender Logik, dass sie wie kollektives Bewusstsein der 
Anti-Nuke-Bewegung dastehen: "Da es nach unserem Aussterben niemanden mehr 
geben wird, der dafür die Verantwortung übernimmt, müssen wir schon heute 
die volle Verantwortung dafür übernehmen "

Schell macht Mut, ohne die Gefahren auszublenden oder die vielen 
Ungeheuerlichkeiten zu verkleinern.

Das Pentagon mag ihn nicht, denn Schell erreicht nicht nur diejenigen, die 
für die Pentagon-Boys sowieso verloren sind. Aber auch das ist wahr: 
Schells Vorstellung, God`s Own Country habe die entschiedensten und größten 
Schritte zur totalen nuklearen Abrüstung zu gehen, ist den allermeisten 
US-Bürgern immer noch fremd und höchst unheimlich,.

Die Jury des NFFA ehrt mit Jonathan Schell einen Vorläufer der 
nuklearfreien Zukunft, einen Marathon-Mann, einen künstlerisch begabten 
Journalisten und Aufklärer. Einen der wichtigsten "anchor men" weltweit.

--Claus-Peter Lieckfeld

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Hildegard Breiner, Austria

2004 Nuclear-Free Future Lifetime Award

Hildegard Breiner, heute die Grande Dame der Umwelt- und Anti-AKW-Bewegung 
in Vorarlberg, verdiente ihre Sporen als Aktivistin vor über einem 
Vierteljahrhundert - im Kampf gegen Zwentendorf. In Österreich wird bis 
heute kein Atomstrom produziert, weil 1978 die Kernkraftgegner in einem 
Referendum ganz knapp über die Regierung und die Atomlobby siegten. Das AKW 
Zwentendorf durfte nicht weitergebaut werden. Die für den Gesamtsieg 
entscheidenden Wählerstimmen kamen aus Vorarlberg, wo Hildegard Breiner und 
ihr Mann den Widerstand organisiert hatten. In diesem Bundesland stimmten 
85 Prozent für eine "nuclear-free future". Im Atomzeitalter stehen 
Ortsnamen normalerweise für Katastrophen: Hiroshima, Bikini, Tschernobyl; 
dass "Zwentendorf" Hoffnung symbolisiert, ist nicht zuletzt ein Verdienst 
der Breiners.

In den 80er Jahren war das Ehepaar wieder maßgeblich an einem Sieg über 
eine Atomlobby und eine ihr gefügige Regierung beteiligt. Durch Zwentendorf 
gewitzter im Umgang mit den Medien, mobilisierten die Breiners gegen die in 
Wackersdorf geplante WAA - eine weitere Nuklearanlage, deren Bau durch 
Massenproteste verhindert werden konnte.

Selbstverständlich ist Hildegard Breiner auch heute noch eine entschiedene 
Gegnerin der Kernkraft. Ihr aktives Engagement gilt aber inzwischen vor 
allem den alternativen Energien. "Ein Ausstieg aus der Atomkraft ist mit 
einem Umstieg auf Erneuerbare Energien gleichzusetzen," sagt sie. 1996 rief 
sie die "SonnenSchein-Kampagne" ins Leben, um die Vorarlberger für die 
Photovoltaik zu sensibilisieren. Sie brachte die Landesregierung dazu, 
Mittel für Öffentlichkeitsarbeit und den Anlagenbau bereitzustellen. Die 
Kampagne war und ist höchst erfolgreich: schon in den ersten beiden Jahren 
wurden in 30 der 96 Vorarlberger Gemeinden Solarstrom-Gemeinschaftsanlagen 
errichtet, mittlerweile gibt es in diesem Bundesland 900 solche Anlagen.

"Wir haben bewiesen, dass wir keine Neinsager sind, sondern Trendsetter," 
sagt die Vorsitzende des Naturschutzbundes Vorarlberg, und auf die Frage 
nach ihrem Motto meint sie: "Ausdauer ist die Macht der Ohnmächtigen." Der 
Nuclear-Free Future Award ehrt Hildegard Breiners Engagement mit dem Preis 
für ihr Lebenswerk.

--Wolfgang Heuss

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The City Montessori School (CMS), India

2004 Nuclear-Free Future Special Recognition Award

Die lateinische Lieblingssentenz aller Pädagogen lautet "Non scholae sed 
vitae discimus" - Nicht für die Schule sondern für das Leben lernen wir. O 
wenn es doch so wäre!

In Indien gibt es eine Schule, die City Montessori School of Lucknow 
(www.cmseducation.org), die dieses hohe Ziel beinahe übererfüllt. Den 
Betreibern, Lehrern und Schülern, geht es nicht zuletzt ums Über-Leben. 
Friedenserziehung spielt eine Schlüsselrolle im Lehrplan dieser mit 28 000 
Schülern zwischen fünf und 18 Jahren wohl größten Privatschule der Welt. 
Und die Bemühungen der Schule um totales, weltweites Abrücken von 
Nukleartechnologie - sowohl der angeblich friedlichen als auch derjenigen, 
die zur Massenvernichtung bevorratet wird - hat CML viel Beachtung und 2002 
den UNESCO-Preis für Friedenserziehung eingetragen.

Große Resonanz erreichte die City Montessori School, indem sie Seminare und 
indienweite Öffentlichkeit zum Thema "Artikel 51" der indischen Verfassung 
organisierte - einem Stückchen eindrucksvoller Gesetzesprosa, das den 
Subkontinent als Hort des Friedens, der Sicherheit und des internationalen 
Respekts definiert. Theoretisch.

Aber anders als andere, die die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit 
achselzuckend zur Kenntnis nehmen, trommelt CML. Und die Liste der 
Persönlichkeiten und Institutionen, die sich einschwingen auf den CML-Takt 
ist inzwischen beeindruckend lang. Wir wünschen uns mehr, viel mehr von 
diesem Geist. In Indien, wo die Drohung mit Atomwaffen-Einsatz sehr real 
ist, und anderswo.

--Claus-Peter Lieckfeld


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     M. Reichl, Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
           Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr.26, A-4820 Bad Ischl, Austria,  fon/fax: +43 6132 24590
                         http://www.begegnungszentrum.at




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