[E-rundbrief] Info 73 - Andreas Buro: Pazifistische Politik von unten

Matthias Reichl mareichl at ping.at
So Dez 28 21:55:52 CET 2003


E-Rundbrief - Info 73 - Andreas Buro: Pazifistische Politik von unten 
erforderlich - Überlegungen zur Friedensarbeit heute

Bad Ischl, 28.12.2003

Begegnungszentrum für aktive Gewaltlosigkeit
www.begegnungszentrum.at

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Einer, der seit Jahrzehnten ebenso zu den Vordenkern der Friedensbewegung 
wie zu ihren engagiertesten Aktiven gehört, Andreas Buro, stellt in seinem 
Beitrag Überlegungen zur heutigen Friedensarbeit an. Er setzt auf eine 
pazifistische Politik von unten, die von der Utopie friedlichen 
Konfliktaustrages ausgehend, Wege aufzeigt und beschreitet, auf denen aus 
der Gesellschaft heraus für dieses Ziel gearbeitet werden kann. Dann führt 
er verschiedene Sektoren oder Säulen an, die im Rahmen von pazifistischen 
Strategien entwickelt werden müssen. Dem folgen grundsätzliche Anmerkungen 
zur Friedensarbeit. Unter anderem betont er dabei, dass die 
Friedensbewegung ihre Unabhängigkeit von Parteien und Regierungen sehr 
sorgfältig bewahren müsse. Schließlich geht es um verschiedene Ebenen, auf 
denen das "Frieden-schaffen" als Kampf um Hirne, Herzen und 
Politikgestaltung zu führen sei. >>

Pazifistische Politik von unten erforderlich - Überlegungen zur 
Friedensarbeit heute

Von Andreas Buro

Nach der großartigen Mobilisierung der Friedensbewegung in Deutschland und 
der ganzen Welt vor dem Beginn des US-Angriffskrieges - die New York Times 
sprach sogar von der Weltöffentlichkeit als zweiter Weltmacht - ist die 
Mobilisierung der Friedensbewegten wieder sehr viel schwieriger geworden. 
Auch in den Jahren davor war Mobilisierung nur in geringem Maße möglich. 
Das gilt für den NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien, den so genannten 
Kosovo-Krieg, wie auch für den Afghanistan-Krieg der USA.

Was sind die Ursachen hierfür? Haben die offiziellen Gründe für die 
Fortsetzung der qualitativen Aufrüstung nach dem Ende des 
Ost-West-Konflikts und dem Fortfall militärischer Bedrohung die 
friedensbewegten BürgerInnen überzeugen können? Genannt wurden schon 1992 
in den Verteidigungsrichtlinien die globalen nationalen Interessen und die 
Interessen an Globalisierung gemäß den Interessen der Triade der großen 
Industriestaaten, welche angeblich der militärischen Absicherung und einer 
neuen militärischen Ausrichtung 'out of area' bedürften. Ferner sollte 
Deutschland ein vollwertiges Mitglied in der NATO werden, deshalb durfte 
die Einsetzbarkeit der Bundeswehr nicht mehr geographisch begrenzt sein. 
Dabei ging es in Wirklichkeit um die weitere Stärkung der deutschen 
Position in der EU durch vollwertige Einbringung der Bundeswehr. Offiziell 
wies man immer wieder auf die Gefahr der Abkoppelung Deutschlands von der 
technischen Entwicklung durch Nicht-Beteiligung an Rüstungsprojekten hin. 
Vermutlich waren jedoch diese "realpolitischen" Gründe nicht sehr wirksam 
gegenüber den erheblichen Teilen der Gesellschaft, die aus friedens- und 
zukunftspolitischen Gründen eine De-Militarisierung der Politik und nicht 
eine Militarisierung wünschten.

Für viel bedeutsamer halte ich die Wirkung der Legitimationsideologien, die 
von der Regierung vorgebracht wurden. Hier spielte das Theorem von dem 
"Kampf der Kulturen" des US-amerikanischen Politologen Samuel Huntington 
eine sehr wichtige Rolle. Sie ist heute in den Hintergrund getreten, da man 
vermutlich zumindest in EU-Europa begriff, welchen Mißgriff die auf Export 
und Globalisierung ausgerichtete westliche Politik mit dieser 
Legitimationsideologie getan hatte. An ihre Stelle trat - freilich mit 
zeitlichen Überschneidungen - die Legitimation von Aufrüstung und 
Militäreinsatz durch den Westen das Argument der 'Humanitären 
Intervention'. Außenminister Fischer sprach vor Beginn des Krieges im 
Zusammenhang mit der Situation im Kosovo von Auschwitz, und 
Verteidigungsminister Scharping erfand ein KZ in Pristina. Die 
Schlussfolgerung war, es handele sich um eine solche Ausnahmesituation der 
Verletzung der Menschenrechte, dass zur Sicherung dieser aus humanitären 
Gründen militärisch eingegriffen werden musste. Diese Legitimation hatte, 
unabhängig davon, dass sie völlig unangemessen oder gar erlogen war, enorme 
Auswirkungen auf die Öffentlichkeit und auch auf viele Friedensbewegte. Sie 
konnten ihre Ablehnung von Krieg und ihre humane Zuwendung zu den 
Konfliktopfern nicht mehr in Einklang bringen. Dies führte zu einer 
erheblichen Dämpfung der Mobilisierung gegen diesen Krieg. Für eine 
breitere Öffentlichkeit vermittelte die Ideologie von der 'Humanitären 
Intervention' ferner: "Wir sind die Guten, Reichen und Starken, die für 
Menschlichkeit eintreten". Ein solches Gefühlsangebot ist schon sehr 
verführerisch.

In jüngerer Zeit tritt in der Diskussion der alte Begriff des "Gerechten 
Krieges" in manchen Verkleidungen in den Vordergrund. Bei näherer 
Betrachtung ist er der Sache nach identisch mit dem der 'Humanitären 
Intervention'. Im Kampf um Hirne und Herzen der Menschen ist er mit allen 
seinen Auswirkungen von überragender Bedeutung. Der Begriff des Gerechten 
Krieges diente politisch gesehen im 4. Jahrhundert n. C. zur Überwindung 
der pazifistischen Haltung der damaligen Christen, die weitgehend den 
Militärdienst als unchristlich ablehnten. Die Behauptung von der 
Möglichkeit eines Gerechten Krieges hatte also von Beginn an den Charakter 
einer Legitimationsideologie. Diese haben die Aufgabe, Motivation für 
selbstbestimmtes Handeln zu verhindern und die Menschen in ihrem Denken in 
Richtung der Regierungspolitik zu dirigieren. Die Aufgabe der sozialen 
Bewegungen ist es deshalb, solche Ideologien abzuwehren und zu erklären, 
was sie wirklich bedeuten.

Aus diesen Vorüberlegungen ziehe ich drei Schlußfolgerungen:

Erstens können diejenigen, die ständig in der Friedensbewegung arbeiten, 
nicht davon ausgehen, dass die durchaus "friedensbewußten" BürgerInnen 
stets mobilisiert sind oder werden können. Der "Normalzustand" ist die nur 
geringe Mobilisierbarkeit bei gleichzeitigem erheblichen Bewusstsein über 
die Notwendigkeit der Ablehnung militärgestützter Politik. Es muß also 
darum gehen, diese Menschen zu erreichen und sie mit Informationen und 
Argumentationen zu versorgen, damit sie in ihrem täglichen Umfeld 
friedenspolitisch bestehen und wirken können.

Zweitens ist es notwendig, immer wieder die von der Politik und den Medien 
vorgetragenen Legitimationsideologien, deren Wirksamkeit von der 
Friedensbewegung nach wie vor unterschätzt wird, anzugreifen und zu 
delegitimieren.

Die herrschende Politik setzt drittens nach wie vor auf militärische 
Gewaltpotentiale, was sich immer wieder in Kriegen nieder schlägt. 
Friedenspolitische Fortschritte sind in der Staatenwelt oft kaum 
auszumachen. Friedensbewegte haben deshalb immer wieder Schwierigkeiten 
diese "Rückschläge" zu verkraften und nicht darüber zu resignieren. Deshalb 
müssen wir immer wieder das Gespräch über die folgenden Prämissen unserer 
Arbeit führen: Pacem facere (Frieden zu machen) ist die Menschheitsaufgabe, 
den gewaltträchtigen Konfliktaustrag zugunsten ziviler Konfliktbearbeitung 
zu überwinden, nicht aber der Spleen einer 'idealistischen' Sekte. Die 
Möglichkeiten hierzu werden von den jeweiligen historischen Konstellationen 
maßgeblich bestimmt. Konflikte friedlich zu lösen, ist also nicht allein 
ein anthropologisches Problem, sondern auch eines der gesellschaftlichen 
Systeme und ihrer Formen der Reproduktion. Ein Herrschaftssystem, das 
vorwiegend auf der Eintreibung von Tributen beruht, und dazu immer neue 
Gebiete zu unterwerfen trachtet, wird nicht auf Gewalt verzichten können, 
um nicht zusammen zu brechen. (Beispiel: Osmanisches Reich) Entgegen der 
oft verbreiteten These, parlamentarische Demokratien seien besonders 
friedlich, stellt sich so einerseits die Frage, nach dem systemimmanenten 
"Gewaltbedarf" der hoch industrialisierten Länder, deren Wohl und Wehe von 
dem Fetisch "Wachstum" abzuhängen scheint - und andererseits nach den 
Spielräumen für zivile Konfliktbearbeitung. Meine These hierzu ist: Die 
Spielräume sind gegenwärtig groß, werden aber von der "Staatenwelt" viel zu 
wenig genutzt. Dafür sind in erster Linie traditionelle Denkstrukturen, der 
große Druck des weitgehend internationalisierten militärisch-industriellen 
Komplexes und die Ansätze von global governance blockierende 
Hegemonialpolitik der USA verantwortlich.

Wir können nicht damit rechnen, dass die Welt von heute auf morgen auf 
Waffen verzichtet. Pacem facere heißt deshalb, die Welt in einem Prozess 
friedlicher zu machen. Das bedeutet Strategien so zu konzipieren, um eine 
Verschiebung von der gewaltsam-militärischen zur zivilen 
Konfliktbearbeitung zu erreichen. Dabei gehe ich von der Annahme aus, dass 
dieser Prozess sich innerhalb der gegenwärtig dominierenden 
bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaftsordnung abspielen wird. Es geht 
also um System immanente Spielräume, in denen sich pacem facere zu bewegen 
hat. Langfristige Strategien für Friedensarbeit sind also gefragt. Dabei 
kann man nicht von einer ständig mobilisierten Friedensbewegung ausgehen, 
wohl aber von kontinuierlichen Bemühungen in wechselnden 
Organisationsformen aus den Gesellschaften heraus.

Dies erfordert sicherlich weitere Veränderungen gesellschaftlichen 
Bewusstseins, geht jedoch nicht ohne eine Veränderung der Politik der 
Staaten. Diese sind nach wie vor die wichtigsten, wenn auch nicht die 
alleinigen Träger von Aufrüstung, Kriegsdrohungen, Verherrlichung 
militärischer Gewalt und militärischer Unterdrückung. Sie sind 
vorherrschend in fast allen wichtigen internationalen Gremien wie den UN, 
OSZE, IWF, Weltbank, WTO usw. Die in den staatlichen Handlungen sich 
ausdrückenden Interessen, sind oft nicht identisch mit den Interessen der 
jeweiligen Gesellschaften und ihrer Bevölkerungsmehrheiten. Pazifistische 
Arbeit kann jedoch in der Regel die staatliche Ebene nur auf dem Umweg über 
die Einwirkung auf die Gesellschaften erreichen, muß sich aber trotzdem 
immer wieder an sie wenden.

Pazifistische Politik von unten besteht auch darin, ausgehend von der 
Utopie friedlichen Konfliktaustrages, die Wege aufzuzeigen und zu 
beschreiten, auf denen aus der Gesellschaft heraus für dieses Ziel 
gearbeitet werden kann. Dieses gerade auch, um eine Änderung der erwähnten 
graduellen Verschiebung staatlicher Politik in Richtung zivile 
Konfliktbearbeitung zu erreichen.
Dabei bin ich mir sehr wohl bewußt, dass nicht nur manifeste Gewalt, 
sondern auch strukturelle Gewalt den friedlichen Konfliktaustrag in Frage 
stellt. Sie muß als eine Ursache von manifester Gewalt immer in den 
auszuarbeitenden Strategien mit bedacht werden. Diese Problematik verbindet 
in wichtiger Weise Friedensbewegung und Globalisierungskritiker.

Pazifistische Strategien müssen für verschiedene Sektoren oder Säulen, die 
dem Frieden dienen, entwickelt werden.

Die wichtigsten sind:

* Präventive Zivile Konfliktbearbeitung (ZKB) an möglichst vielen Orten der 
Erde. Bereitstellung der erforderlichen staatlichen Mittel, die für ZKB 
benötigt werden, vorwiegend durch Abbau von Militär und Rüstung: 
Kapazitäten von Zivilen Friedensdiensten für Arbeit vor Ort im In- und 
Ausland und für Vermittlungs- und Überwachungsaufgaben z. B. für OSZE und 
UN. Kofi Annan weist auf das eklatante Missverhältnis von Ausgaben für 
Militär zu Friedensaufgaben hin: "... sollten wir nicht wenigsten 1-2 Mrd. 
für Frieden ausgeben?"

* Internationales Recht, Internationale Regime und Institutionen mit der 
Aufgabe der Verrechtlichung der internationalen Beziehungen und der 
Bearbeitung von Konfliktursachen. Diese sollten nicht unbedingt als 
hierarchische Konstruktionen, sondern vor allem als Netzwerke gedacht 
werden. Hier sollten wir auch an den verbreiteten Begriff der 
'Weltinnenpolitik' anknüpfen.

* Regionale Integrationen: EU, Ausbau der OSZE im Sinne einer europäischen 
Friedensordnung, aber auch Stabilitätspakte für bestimmte Regionen als 
Vorstufen für Befriedung und Aussöhnung.

* Akzeptanz für ZKB in den Gesellschaften und eine Kultur des Friedens. 
Hierzu gehört auch Sozialisationsarbeit, um eine kooperative Lösung von 
Konflikten im innergesellschaftlichen Bereich einzuüben. Hierzu gehört auch 
sich gegen nationalistische und rassistische Tendenzen zu wehren.

* Abrüstungskontrollsysteme, die über den Weg der Defensivierung der 
Waffensysteme Bedrohung vermindern und weitere Schritte der Abrüstung und 
Konversion ermöglichen.

Einige grundsätzliche Anmerkungen zur Friedensarbeit

Die Ausbildung von lokalen Gruppen, in denen Menschen sich engagieren 
können, ist von zentraler Bedeutung für die Verankerung in der Bevölkerung. 
Für die Gruppen vor Ort gilt es Projekte vorzuschlagen und exemplarisch zu 
entwickeln.

Wir müssen verstärkt, die Motivationen der Menschen zu erkennen suchen, um 
sie erreichen zu können. Friedensarbeit hat sich auf die Motivationen der 
Menschen zu richten, die wir überzeugen wollen. Protest-Demonstrationen und 
Aktionen des zivilen Ungehorsams - beides sind ja nur unterschiedliche 
Formen symbolischer Handlungen - haben sich an dieser Forderung auszurichten.

Die Friedensbewegung muss sich auf eine auf- und abschwellende 
Mobilisierbarkeit der Friedensbewegten einstellen. Soziale Bewegungen sind 
nicht tot, bloß weil nicht ganz viele auf die Strasse gehen. Auch bei 
Demobilisierung ist eine zielgerichtete Arbeit notwendig.

Die Friedensbewegung muss ihre Unabhängigkeit von Parteien und Regierungen 
sehr sorgfältig bewahren, auch und gerade, wenn sie punktuell mit ihnen 
kooperiert. Parteien spielen in einer ganz anderen Rolle und stehen unter 
anderen Zwängen als soziale Bewegungen.

Alle NGOs und sozialen Bewegungen, die sich in der Menschenrechts-, 
Entwicklungs-, Frauen- und der Friedensarbeit engagieren, laufen Gefahr, in 
die herrschenden Strategien der militärisch gestützten Globalisierung 
integriert zu werden. Dies kann in der Regel nicht durch Abbruch der 
Beziehungen zu staatlichen Organisationen beantwortet werden. Gerade im 
internationalen Feld kann häufig nicht ohne Verbindung zu diesen und die 
Mittel von ihnen gearbeitet werden. Ein erster Schritt besteht darin, sich 
das Problem überhaupt einzugestehen.

So bedeutsam die Medien für die Meinungsbildung der Öffentlichkeit auch 
sein mögen, die Friedensbewegung kann darüber nur einen sehr begrenzten 
Einfluss ausüben. Es ist deshalb dringend, alle Möglichkeiten der direkten 
Kommunikation zwischen den Friedensbewegten zu stärken.

Pacem facere als Kampf um Hirne, Herzen und Politikgestaltung auf vielen Ebnen

* Nach wie vor geht es darum, die verheerenden Folgen des militärischen 
Konfliktaustrages ständig zu brandmarken. Dazu gehört selbstverständlich 
die Analyse der Rüstung, Strategien und Konflikte. Dies muss auch in 
Konfrontation mit den eigenen Normen der Kriegführenden geschehen. Krieg 
ist Rückfall in die Barbarei! Der Terror-Begriff ist konsequent auch auf 
militärisch-kriegerisches Vorgehen anzuwenden. Kriegführung ist Terror. Der 
Kampf um Begriffe ist sehr wichtig!

* Analyse und Bekanntmachung von Konfliktursachen, damit die Bereitschaft 
zu Veränderungen in den Triade-Staaten wächst. Die wirklichen 
Konfliktursachen müssen benannt werden. Darunter sind die wichtigsten: 
Strukturelle Gewalt, mangelnde soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche 
Ausbeutungsinteressen (Umwelt-, Ressourcen- und Arbeitsausbeutung), 
Globalisierung nach westlich kapitalistischen Muster, und direkte brutale 
Unterdrückung. Diese Ebene ist die Grundlage für die Kooperation zwischen 
Friedensbewegungen und Globalisierungskritikern.

* Strategieentwicklung im Sinne von ZKB für konkrete Konflikte und von 
Aussöhnungsprozessen. Diese Alternativen ziviler Konfliktbearbeitung müssen 
glaubhaft sein und nicht nur unter Spezialisten , sondern gerade auch in 
der Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Unsere Alternativen dürfen nicht 
auf kleine Basis-Projekte reduziert werden, die einen Paradigmenwechsel 
nicht überzeugend vermitteln können.

* Entwicklung von Strategien zur Umorientierung von Gruppen mit 
unmittelbaren Interessen an der Aufrechterhaltung und am Ausbau von 
Gewaltpotentialen (Militär, Rüstungsindustrie), und bei denen Kriege zur 
Reproduktionsgrundlage geworden sind (War Lords, private Söldneragenturen, 
Ressourcenausbeutung - z.B. Diamanten, Opiumanbau -) Wie kann denen der 
Boden für die Fortführung von Krieg entzogen werden?

* Eine an- und aufregende Dramaturgie für die zivile, gewaltfreie 
Bearbeitung von Konflikten entwickeln und in der Öffentlichkeit verbreiten.

* Entfaltung der Zusammenarbeit zwischen Friedensbewegung, 
Globalisierungskritik und ökologischer Bewegung.

* Internationalisierung der Friedensarbeit insbesondere "von unten". Dabei 
könnten Partnerschaften von lokalen oder fachspezifischen Gruppen über 
Grenzen hinweg eine wichtige Rolle spielen. Solche Partnerschaften zu den 
USA wären von besonderer Wichtigkeit.

* Kampf gegen die oben schon erwähnten Legitimationsideologien, welche 
verhindern sollen, dass die BürgerInnen ihr eigenes Interesse an Frieden 
und Abrüstung erkennen. Letztlich laufen alle hier gängigen Ideologien auf 
die Behauptung des Gerechten Krieges hinaus. Auch die Formel von der 
"humanitären Intervention" bedeutet letztlich nichts anderes. 
Selbstverständlich gilt es auch sich gegen nationalistische, rassistische 
und religiös-kulturelle Legitimationsideologien zu wenden. Wir brauchen 
dazu Kampagnen, die unter die Haut gehen. Zur Erinnerung: Die 
Auseinandersetzung über den Satz "Soldaten sind Mörder" war eine solche.

* Sozialisationsaufgabe: Überwindung der manichäischen Denkweise (Gut und 
Böse), der Gewaltverherrlichung und Entwicklung eines Gefühls für 
Solidarität der Menschen untereinander auf der Basis der Menschenrechte. 
Von dieser Basis aus lässt sich auch die Forderung nach größerer sozialer, 
globaler Gerechtigkeit wirksam vertreten.

Meine aktuellen Schwerpunkte im Kampf um einen pazifistischen Weg in 
Kurzformeln:

"Es gibt keinen 'gerechten Krieg', also auch keine zu rechtfertigende 
Rüstung. Krieg ist Terror!"

"Die Weichenstellung EU-Europas zu einer Angriffsarmee ist eine 
katastrophale Fehlentscheidung und muss verhindert werden."

"Die Lösung von Konflikten mit zivilen Mitteln liegt im Interesse der 
europäischen Gesellschaften. Sie ist möglich, wenn dies politisch gewollt 
wird."

"Eine enge Zusammenarbeit mit der US-amerikanischen Friedensbewegung ist 
dringend geboten, damit dem militaristisch-imperialistischen Kurs 
Washingtons besser Paroli geboten werden kann."

Diese Schwerpunkte zu setzen, heißt selbstverständlich nicht, sich auf sie 
zu beschränken.


Andreas Buro ist friedenspolitischer Sprecher des Komitees für Grundrechte 
und Demokratie.

Wir bedanken uns bei Andreas Buro für die freundliche 
Veröffentlichungsgenehmigung dieses Artikels, der für FriedensForum 
5-6/2003 verfasst wurde.

Weitere Artikel von bzw. zu Andreas Buro auf der Lebenshaus-Website:

- Der Mentor der deutschen Friedensbewegung wird 75 - Herzlichen 
Glückwunsch, Andreas Buro!

- Kongo-Intervention soll EU-Aufrüstung 'humanitär' legitimieren

- Friedensbewegung in Protest

- Zur politischen Situation und den Aufgaben der Friedensbewegung

- Belli-Pazifismus? Ohne uns!

Veröffentlicht am 22.12.03

aus: http://www.lebenshaus-alb.de/mt/archives/002040.html

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