[E-rundbrief] Nr. 3 - Dezember 2001 Teil b Artikel und weitere Informationstexte- Begegnungszentrum
Matthias Reichl
mareichl at ping.at
Sa Dez 8 12:25:35 CET 2001
Dies ist Teil b des e-Rundbrief Nr. 3 : Dezember 2001: Artikel und
weitere Informationstexte.
* Teil a: Inhalt und Allgemeines
* Teil b: Artikel und weitere Informationstexte
* Teil c: Buchtipps
* Teil d: Termine
Inhalt Teil b (Seite bezieht sich auf gedruckte Version des Rundbriefes
Nr.103):
Seite:
1 Einleitung von Maria Reichl
2 Einleitung von Matthias Reichl
2 - Alltäglicher Terror und die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen
4 Von der Lizenz zum Plündern zur Lizenz zum Töten.
5 ATTAC
9 Zitate: > Der Krieg in Worten
11 Die Welt ist keine Ware
11 Privatisierung der Bildung
12 World Economic Forum/ WEF
12 Herbergsuche für "Global Player"
12 Agrarbündnis Österreich
13 Aufruf der "Plattform Integration"
14 Alternative Nobelpreisträger 2001
15 Atomgefahr in Südasien
15 Faule Kompromisse um Temelin
16 Einwendungen zum Atommülllager Gundremmingen/Bayern
16 Organisatorische Änderungen
16 Sozialstaats-Volksbegehren
16 Beiträge für 2002
103. Rundbrief (4/2001) 25. Jhg.
Ende November 2001
Liebe Freunde!
Das erste Jahr der Dekade für Frieden und Gewaltfreiheit geht mit mehr
Gewalt zu Ende als wir uns je vorstellen konnten. Dafür ist der Code-Name
für die neue Phase des Krieges in Afghanistan - wo auch Bodentruppen
eingesetzt werden - "Schneller Frieden" und die ehemals pazifistische
Partei "die Grünen" in Deutschland hat mehrheitlich grünes Licht gegeben
für die Beteiligung Deutschlands an den Kriegseinsätzen.
Ist Gewaltfreiheit out? Oder sind wir jetzt mehr denn je gefordert uns für
Gewaltfreiheit zu engagieren? Wenn ja, wie? Die Vorträge von Maria Mies im
November in Österreich ermutigen uns, derzeit vorallem gegen die
Globalisierung und die Privatisierung der Wasserversorgung und anderen
lebenswichtigen Dienstleistungen anzukämpfen (Siehe S. 11). Sehr plausibel
erklärte sie auch den Zusammenhang zwischen globalem Freihandel und Krieg
(Siehe S. 4 - 6))
Wie mächtig wir als Konsumenten sind - dadurch dass wir bestimmte Produkte
kaufen oder nicht - ist vielen nicht immer bewusst. Global denken - Lokal
handeln gilt für verschiedene Bereiche. Jeder kann in seiner Umgebung, in
seinem Lebensbereich versuchen einen Beitrag für mehr Gerechtigkeit und
Frieden zu leisten.
Ich freue mich, dass die Organisation "Land der Menschen - Aufeinander
Zugehen OÖ" am 10. Dezember mit dem Menschenrechtspreis 2001 des Landes
Oberösterreich ausgezeichnet wird. Wir kooperieren schon länger mit
ihnen. Vorallem mit unserer Internationalen Frauengruppe "Frauen einer
Welt" in Bad Ischl arbeiten wir auch für ein besseres Zusammenleben von
Inländern und Ausländern in Österreich, eines der Ziele von "Land der
Menschen".
Bedingt durch die starke Porto-Erhöhung 2001 (auf das 5-fache) mussten
wir den Versand unserer Rundbirefe heuer sehr stark reduzieren. In Salzburg
und Bad Ischl sind wir zum Teil auf eine persönliche Verteilung
übergegangen, was den Vorteil hat dass wir viele Freunde wieder öfter
begegnen. Da wir aber leider nicht überall persönlich hingehen können,
haben wir auch versucht einen e-Rundbrief herauszugeben. Dieses Jahr ist er
mehr oder weniger in Probebetrieb gelaufen. Wenn wir diesen Bereich weiter
ausbauen wollen, brauchen wir noch mehr Unterstützung.
Bei dieser Gelegenheit möchten wir uns vorallem bei der Fa. Horus
Informations Technologie GmbH (www.horus.at), wo auch unser Sohn
mitarbeitet, für das Sponsering unserer Homepage und für die Betreuung und
die Übernahme des technischen Aufwandes für den e-Rundbrief bedanken. Ohne
ihre Hilfe könnten wir uns unsere Homepage, auf der wir einige grundlegende
und längere Texte publiziert haben, gar nicht leisten. Ihr könnt von der
Homepage aus den e-Rundbrief direkt be- oder abbestellen, ohne dass wir
damit zusätzliche Arbeit haben. E-Rundbrief-Bezieher haben auch
Zugriffsmöglichkeit auf das Archiv der vorigen Rundbriefe (ab Anfang 2001).
Die neuen Rundbriefe werden sofort nach dem Versenden ins Archiv gestellt.
Wer zu spät abonniert hat, kann den aktuellen Rundbrief noch aus dem Archiv
runterladen, das erspart uns ein mühevolles nachsenden.
Da wir mit dem e- Rundbrief wohl Papier und Porto sparen, aber der Aufwand
für die Zusammenstellung der Informationen sehr groß ist, müssen wir euch
trotzdem bitten - wenn ihr wollt, dass wir die Arbeit fortsetzen - uns
regelmäßig einen Kostenbeitrag zu überweisen. Wir danken allen, die für
heuer schon einen Beitrag geleistet haben und hoffen auf eure weitere
Unterstützung.
Ich wünsche euch einen guten Jahresausklang, einen guten Rutsch ins neue
Jahr und vorallem Frieden, Kraft und Freude.
Maria Reichl
Anfang Dezember 2001
Liebe Freunde,
wieder einmal bemühe ich mich, knapp vor einer Reise noch den letzten
Rundbrief in diesem Jahr fertig zu redigieren. Ab 5.12. werde ich mich für
zehn Tage in Brüssel um europäische und globale politische Probleme
kümmern. Während sich wieder einmal auf einem der Gipfel die EU-Größen ihre
geistigen Blößen, ihr Leck im Intellekt mit großem Aufwand zudecken, geht
es bei den Basisleuten darum, Schwächen und Probleme der Systeme (auch die
eigenen) aufzudecken und gemeinsam zu bewältigen.
Auch wenn es wieder nach alten Rezepten - Diskussionen in Sälen und
Aufmärsche auf den Straßen - ablaufen wird, nach dem 11. September haben
sich die schon lange vorher sichtbaren warnenden Vorzeichen zur Bedrohung
verdichtet. Die Verteidiger und Expandierer der Konsumgesellschaft, die
sich davor fürchten, daß ihre "überentwickelten" Konstruktionen (wie sie
Leopold Kohr nannte) in Dominoeffekten in einem Chaos, im KO(nkurs)
versinken, klammern sich an Zauberformeln wie WTO, GATS, TRIPS, IMF, WB,
EU, USA usw. Nach und nach gehen diese glänzenden Fassaden in Schall und
Rauch auf - oder unter.
Weiter zu Basisbewegungen in Brüssel, in denen wir uns mit der
"Ernährungssicherung" (mit Vandana Shiva) durchbeissen, mit den "Freunden
der Erde" über die "globalisierten Umweltzerstörungen" - oder die
"umweltzerstörenden Globalisierer" und deren verlogene (Öko)Logik.
Aktivisten aus der "Dritten Welt" sind dabei, die ihnen seit Jahrhunderten
anerzogene Rolle als Bettler um "Schuldenerlaß" abzuschütteln und den
sparsamen Geschenkgebern ihre (soziale und ökologische) Schuldenrechnung zu
servieren. Das alles mündet in einem Strategieaustausch der
Globalisierungskritiker "Von Seattle nach Brüssel (und nach Doha)" und
schließlich in einer - hoffentlich gewaltfreien - Demonstration zum
EU-Gipfel. (Details dazu anschließend in "Alltäglicher Terror...", in den
"Terminen" auf Seite 10 und den folgenden Texten.) Was und wer ist "der
Gipfel der Frechheit"? (Etwa auch das WEF, das von Davos nach Manhattan
abwandert, aber weiter einen Fuß in Salzburg hat? - siehe Seite 12!)
Auf der Rückreise werde ich noch die Maria Mies treffen, die zurzeit auf
Einladung der japanischen Konsumentenorganisation Seikatsu deren
Überlebensstrategien recherchiert. Ihre Vorträge und ermutigenden
Diskussionen in Wien, Salzburg und Linz haben uns und den vielen
Mitsprechenden weiter Auftrieb gegeben. Jene, die durch die unterschiedlich
publizierten Beginnzeiten in Salzburg verunsichert wurden, bin ich eine
Erklärung schuldig. Als wir - zu spät - von einer zur gleichen Zeit
geplanten Globalisierungs-Diskussion des Salzburger Friedensbüros erfuhren,
bemühten wir uns um eine gemeinsame Veranstaltung. Wenige Tage vor dem
Termin mußten wir feststellen, daß weder die vereinbarte Sprechzeit noch
eine akzeptable Koordination mit den Podiumsdiskutanten möglich war. Trotz
der nervenden Auseinandersetzung hatten wir schließlich in Robert Jungk's
überfüllter Bibliothek eine 3-Stunden-Diskussion ganz in seinem Geiste (und
ohne Konkurrenzveranstaltung). Jenen, die nicht dabei sein konnten,
empfehle ich die Texte ab Seite 4 und weitere in unserer homepage
www.begegnungszentrum.at.
In den letzten Wochen haben auch wir uns für das Sozialstaats-Volksbegehren
(Infos im "Rundbrief" Nr. 102, Seite 11-12) engagiert. In der folgenden
Informationsphase geht es uns auch um die Auswirkungen der Privatisierung
und die gekürzte Unterstützung der Bildung, besonders auch der
Erwachsenenbildung außerhalb der staatlichen Institutionen.
Unser langjähriger Seminarleiter Winfried Bergermann, der sich seit einiger
Zeit bemüht, seine schwere Erkrankung zu überwinden, wäre gerne bereit
entsprechend seinen Kräften ein Seminar zu Themen wie " Wege in ein
besseres Leben" oder "Schreck lass nach! - über den Umgang mit Ängsten" zu
gestalten. Meldet euch bei Interesse!
Mit unserem "alten" Mitarbeiter Gottfried Hochstetter hatten wir bei dem
Versand unseres vorigen "Rundbriefes" eine kreative Diskussion über einen
möglichen Titel für die Steirische Landesausstellung in Bad Aussee (im Jahr
2005.) Die "Narren" (in ernster und heiterer Form) haben nicht nur uns,
sondern auch die meisten Entscheidungsträger in der Region überzeugt. Wenn
ihr dazu Ideen und Materialien habt - wir haben aus unserem Archiv und
unseren Köpfen schon einiges herausgeholt - , dann schickt sie uns.
Und damit wünsche ich euch "einen guten Ruck" in ein ver-rücktes und
spiegelgleiches Jahr 20/02
Euer Matthias Reichl
Alltäglicher Terror und die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen
Hintergrundinformationen zu meinem Kommentar "Nährboden des Terrors" im
"Südwind Magazin", Nov. 2001.
Matthias Reichl
Nach der Betroffenheit über die Opfer von New York und Washington und dem
Erinnern an weniger spektakuläre Bedrohungen weltweit wird erneut klar:
Terror in jeder Form darf sich nicht ausbreiten und auszahlen. Doch wer
zahlt dabei drauf, wer sind die Opfer - auch weitab von den Kriegsschauplätzen?
Die ersten Milliardenstützungen der US-Regierung gab es für die Börsen,
Luftfahrtfirmen und vor allem für militärische und zivile
"Sicherheitssysteme" - Fehlinvestitionen in Gewaltapparate. Gekürzte bzw.
verweigerte staatliche Unterstützungen für gewaltfreie Initiativen
(Bewegungen) schwächen deren Einfluss - und stärken deren gewaltsame Gegner.
Den gewaltfreien Widerstand können auf Dauer weder gewalttätige
Trittbrettfahrer diskreditieren noch "Aufstandsbekämpfer" liquidieren
(siehe Starhawks Kommentar zu Genua und New York). Während sich Friedens-
und globalisierungskritische Bewegungen sich konsequent gegen diese
Mitläufer wehren, kalkulieren Terroristen diese in ihrem Schatten
agierenden - darunter wahrscheinlich auch Rechtsradikale mit konträren
Ideologien - als zusätzliches destabilisierendes Potential mit ihren
Ablenkungsmanövern ein (z.B. die Anschläge mit Erregern des Milzbrandes/
Anthrax und die ausgelöste Hysterie). Um staatliche Institutionen aber auch
Privatpersonen aus Wut und Verzweiflung (über Ungerechtigkeiten...) zu
bedrohen, aus sadistischer Schadenfreude oder einfach aus sinnlosen
Impulsen aus der Spaßgesellschaft. Es gibt wahrscheinlich noch weitere
Motive... Bei der Wahl in Argentinien gab es nicht nur viele
Ungültigwähler, sondern auch welche, die noch ein weißes Pulver (Salz,
Mehl...) sowie ein Bild von Bin Laden beilegten. Ist das "nur" ein
politischer Protest gegen die unsoziale Sparpolitik oder eben eines der
oben angeführten obskuren Protestmittel? (Geraten in der Hysterie nun auch
pauschal alle Weihnachtspakete in Verdacht, die mit Staubzucker bestreute
Vanillekipferl, Kekse und Kuchen enthalten?)
Selbstkritisch müssen Friedensinitiativen eingestehen, daß sie mit ihren
gewaltfreien Aktionsmethoden der personalen und strukturellen Gewalt durch
Terrorismus und internationale (Wirtschafts-) Kriminalität nicht
ausreichend Widerstand leisten können.
Verarmte Menschen - nicht nur in (Nach)Kriegsregionen - sind zunehmend
gezwungen, in der (klein)kriminellen Grauzone unter Selbstausbeutung ihr
Überleben zu organisieren, erpressbar durch kriminelle Syndikate und
Parteien. Konferenzen, Demonstrationen und Appelle reichen nicht aus.
Gewaltfreier Widerstand gegen und Verweigerung der Zusammenarbeit (auch mit
ungerechten Institutionen) ist gefordert. Doch das Vertrauen in die
Bekehrung der strukturellen Gewalttäter allein durch Dialog, Appelle und
vorgelebte Alternativen wurde zu oft enttäuscht (Noam Chomsky und Dorothee
Sölle)
Werden mit dem modernisierten Arsenal von Abschreckungsstrategien aus dem
"Kalten Krieg" gewaltfreie Proteste im Keim erstickt?
USA = Amerika: Eine medial totgesagte Solidarität und Zusammenarbeit wird
von Militärs und Politikern für ihre Ziele wiedererweckt. Die US-Regierung
okkupiert den Begriff "Amerika" für sich: "Angriff auf Amerika", "America
strikes back (CNN-Slogan, 7.10.)", "das offizielle Amerika", "amerikanische
Außenpolitik", "90% der Amerikaner befürworten die Militärschläge gegen
Afghanistan und stehen hinter Bush", Kritiker werden des
"Antiamerikanismus" bezichtigt usw.
Die "restlichen Amerikaner" von Chile bis Kanada geraten dabei in
Sippenhaft ( Eduardo Galeano). Jahrhundertelange Unterdrückung und Terror
durch - von US-Behörden und Institutionen ausgebildete und finanzierte
(Para)Militärs und zivile Todeskommandos - werden verdrängt. Ihre
jahrhundertelangen Leiden werden ignoriert (Johan Galtung im "Rundbrief"
Nr. 102, S. 15/16). CIA-Agenten bzw. angeheuerten Kriminellen wird per
US-Kongress-Beschluss erlaubt, im Ausland lautlos Gegner zu ermorden - ohne
vorangegangenes Gerichtsverfahren und Verteidigung (Augusto Boal zitiert
die New York Times). Wird es einen Kuhhandel der US-Regierung mit der UNO
geben: die Bezahlung der Beitragsschulden gegen einen Freibrief für -
territoriell und kategoriell - unbeschränkte weltweite Militäraktionen
gegen Terroristen und Oppositionelle?
So startete die US-Regierung wieder einen Geldregen und politischen
Ablaßhandel für dubiose, verbündete Regime und Geheimdienste während in den
"Hinterhöfen" der Großmächte die Bevölkerung weiter ausgebeutet und
unterdrückt wird. Die - auch in unserem Land - unter den Kürzungen von
Entwicklungs-, Sozial-, Bildungs- und Umweltinvestitionen leidenden
Menschen werden erneut Opfer von "Kollateralschäden" dieser Politik.
Für Kriegsopfer in Afghanistan gibt es kaum brauchbare Nahrungsmittel und
Medikamente - weggeworfen bei "militärisch-humanitären" Flügen von
US-Militärs in vermintes Gelände (Maude Barlow).
Mehr als nur Kriegsrhetorik - die Globalisierungskritiker wurden schon
längst von Wirtschaftskriegsstrategen anvisiert. "Low intensity warfare"
gegen uns (erklärte uns Vandana Shiva in Prag am 27.9.2000), inklusive
verdeckter Aktionen von Gewalt provozierenden Agenten und auch
Killerkommandos, breiten sich aus. Bedingt durch die Weigerung, sich wie
Terroristen konspirativ zu organisieren, geraten viele Gewaltfreie zwischen
die Fronten. Kapituliert die offene, ethisch begründete Haltung kritischer
Bürger vor den laufend angepassten und verschärften Strategien der
Verteidiger einer profitmaximierenden Wirtschaft und Politik? Wem nützt es
und wen bedroht es, wenn im vorauseilenden Gehorsam auch bei uns der
Überwachungsstaat ausgedehnt wird und Grundrechte ausgehöhlt werden?
Internationale Netzwerke organisieren den gewaltfreien Widerstand: "Jubilee
South" fordert den sofortigen Stopp der Schuldenrückzahlung. "Ecological
Debt" geht einige Schritte weiter und fordert die Kompensation für soziale
und ökologische Schäden als Folge der Ausbeutung durch den "reichen
Norden". Neuestes Beispiel: die Forderung bei der UN-Konferenz gegen
Rassismus (Durban 2001) als ersten Schritt zur Kompensation für
jahrhundertelange Sklavenarbeit. Am 8.12. 2001 werden Aktivisten aus diesen
Bewegungen in Brüssel auf Einladung der CADTM (siehe "Termine") dazu beraten.
Die Wirtschaftsmanager und -politiker trafen sich vom 9. - 13.11. 2001 in
Doha (Qatar am Persischen Golf) zum Gipfeltreffen der
Welthandelsorganisation WTO. Ein Abbau von Handelshemmnissen und deren
Liberalisierung als Waffe gegen Terrorismus (Forderung des
US-Chefdelegierten Zoellick bei der WTO) erzwingt eine weitere Reduzierung
von mühsam erkämpften ökonomischen, sozialen und ökologischen
Regulierungssystemen. Die GATS-Vereinbarungen zu "Handel und
Dienstleistungen" zerstören durch eine Privatisierung die Grundversorgung,
bei TRIPS wird die Vermarktung von geistigem Eigentum sowie des Genpool von
Menschen und Ökosystem irreversible Weichenstellungen und Schäden anrichten
- mit zusätzlichen Millionen Toten. Die von Bush's Regierung verweigerten
Klimaschutzmaßnahmen - auch vor kurzem bei der Konferenz in Marrakesch -
haben in den kommenden Jahren u.a. für immer überflutete Inseln und
Küstenregionen zur Folge. Ganze Staaten und Völker werden damit
ausgelöscht. Als erste werden ab 2002 die 11.000 Bewohner des pazifischen
Inselstaates Tuvalu nach Neuseeland evakuiert.
Zivilsationskritik an der Verschwendung endlicher Ressourcen ist nicht neu:
Schlacht um die Märkte, Eroberungszüge, feindliche Übernahmen von Firmen,
Terror der Ökonomie (Viviane Forrester), an maximalem Profit orientierter
Konsumterror, eine profitdominierte Privatisierung, welche die
Grundversorgung gefährdet, die Vermarktung der Genressourcen von Mensch und
Umwelt usw.
Gewaltfreie Muslime und Globalisierungskritiker kritisieren deshalb
gemeinsam unsoziale, korrupte Regierungen und Eliten und fordern deren
Ablösung durch verantwortungsbewußte dezentralisierte Führungsstrukturen.
Die weltweite Verbreitung des Konsumterrors einer neoliberalen
"Zivilisation" verursacht durch seinen biologisch-chemischen Krieg gegen
die Konsumenten in deren biologischen Kulturen eine unaufhaltsame
Umweltzerstörung. Ein Sieg dieser mit aller Gewalt durchgesetzten
"Zivilisation" bedeutet den schrittweisen Genozid und Ökozid.
Zerbrechende Statussymbole: Abgesehen von der "furchtbaren Zerstörung von
menschlichem Leben" gebe es zu denken, meint Hildegard Goss-Mayr: "Sie
haben zwei neuralgische Zentren der gegenwärtigen Weltpolitik und
Weltwirtschaft getroffen." Das Welthandelszentrum sei "auch ein Turm zu
Babel". Die gesamte Weltwirtschaft sei "auf Profit ausgerichtet und nicht
in erster Linie auf das Wohl der Menschen". Den Preis bezahle die "Dritte
Welt" und "immer mehr auch Leute im Westen". Und das Pentagon, das zweite
Ziel, stehe für "die militärische Macht, mit der dieses Wirtschaftskonzept
verteidigt wird"... (aus "Sonntagsblatt", Graz v. 23.9.2001)
Überdimensionierte Konstruktionen sind anfälliger für Naturkatastrophen,
Chaos und technische Störungen (von innen und aussen), ziehen aber auch
Terroristen an. Dominoeffekte breiten sich unkalkulierbar aus und stellen
die vorherrschenden überentwickelten Systeme wirksamer infrage als es
unsere vernünftigen Argumente bisher konnten. Das zeigen u.a. das World
Social Forums (in Porto Alegre im Jänner 2001) und schon vor Jahrzehnten
u.a. auch die Österreicher Günther Anders, Robert Jungk und Leopold Kohr auf.
Es gibt noch Räume für alternatives Handeln, doch sie verringern sich
rapide. Dies ist zwar Anlaß für Skepsis, aber nicht für Resignation und
Kapitulation.
Matthias Reichl (17.10./ 25.11.2001)
Die zusätzlich erwähnten Texte von Autoren findet ihr auf unserer homepage:
http://www.begegnungszentrum.at und in den "Buchtipps" unseres "Rundbriefes"
Im "Südwind Magazin", Nov. 2001, findet ihr auf Seite 8 eine
Gegenüberstellung der Argumente von Benita Ferrero-Waldner (Außenministerin
Österreichs) und von mir, sowie weitere Texte zu "Globaler Widerstand - die
neue Internationale". Erhältlich um öS 50,-/ EUR 3,60 bei: Südwind,
Laudong. 40, A-1080 Wien, e-mail: suedwind.verwaltung at oneworld.at,
www.oneworld.at/suedwind.magazin)
Von der Lizenz zum Plündern zur Lizenz zum Töten.
Der Zusammenhang zwischen Globalem Freihandel und Krieg
Maria Mies
Vom 9.-13. November treffen sich die Wirtschaftsminister der 142
Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation (WTO) in Doha (Katar) im
Persischen Golf, um über eine weitere Runde der Liberalisierung des
Welthandels zu beraten.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass sich die WTO, die bei ihrem letzten
Gipfeltreffen 1999 in Seattle (USA) ein Fiasko erlebte, sich nun
ausgerechnet auf der Halbinsel Katar im Persischen Golf treffen will, aus
Angst vor Protesten der Zivilgesellschaft. Wahrscheinlich fühlen sie sich
sicherer dort, wo von amerikanischen Flugzeugträgern täglich Hunderte von
Bombeneinsätzen gegen das geschundene Land Afghanistan geflogen werden.
Wirtschaftsverhandlungen im Schatten von Bombern und Kampfhubschraubern.
Der Krieg gegen den "weltweiten Terrorismus", der Kampf um die Erweiterung
des globalen Freihandels, die Unterdrückung demokratischen Widerstandes
gehören offenbar zusammen.
Seit Seattle ist dieser Widerstand zahlenmäßig und qualitativ weltweit
gewachsen. Es gibt kein Gipfeltreffen der "global players" oder der
unheiligen Trinität (wie ich sie nenne) Weltbank, IWF und WTO mehr, das
nicht empfindlich gestört würde von einer wachsenden Zahl von Menschen, die
den Glauben an die Versprechungen des konzerngesteuerten, globalen
Freihandels verloren haben, die nicht wollen, dass die Welt zu einer Ware
gemacht wird, dass der Profit wichtiger ist als die Umwelt und die Menschen.
Diese Versprechungen sind: Globaler Freihandel schafft Wachstum. Wachstum
schafft Arbeitsplätze und Wohlstand für alle. Das ist die Voraussetzung für
Gleichheit, Freiheit und Demokratie.
Wogegen richtet sich die GLOBALISIERUNG VON UNTEN (Mies 2001)?
Sie richtet sich zunächst gegen die Zerstörung demokratischer Strukturen,
im eigenen Land und überall auf der Welt. Demokratie und globaler
Freihandel sind wie Feuer und Wasser, sagte John Gray, ehemaliger Berater
von Margaret Thatcher. Globaler Freihandel kann nur funktionieren, wenn er
immunisiert wird gegen die Störungen durch demokratische Wahlvorgänge.
Ferner haben vor allem die Menschen im Süden festgestellt, dass die
Versprechungen der Freihändler Betrug sind. Seit der Einführung der
neoliberalen "Wirtschaftsreformen" (um 1990) ist nach den Berichten von
UNO-Organisationen die Ungleichheit zwischen den Ländern und innerhalb der
Länder größer geworden. Selbst die Weltbank gibt das zu. In den Ländern des
Südens haben diese "Reformen" zu mehr Armut, mehr Hunger, mehr
Arbeitslosigkeit, zu wirtschaftlicher Stagnation, mehr Krankheiten, mehr
Analphabetentum geführt. Auch in den Ländern des Nordens gibt es heute mehr
Arme als vor zehn Jahren.
Außerdem führt diese Politik zu größerer Rücksichtslosigkeit gegenüber der
Umwelt. Vor allem die USA ignorieren internationale Umweltabkommen (s.
Kyoto-Protokoll). Wichtig ist nur Wachstum und Sieg im internationalen
Konkurrenzkampf.
Neben diesen negativen Auswirkungen der neoliberalen Globalisierung wird
zunehmend klar, dass die LIZENZ ZUM PLÜNDERN (Mies/v. Werlhof 1998) quasi
notwendigerweise auch zur LIZENZ ZUM TÖTEN führt.
Die neoliberale Politik von WTO, IWF und Weltbank hat mit ihren
Strukturanpassungsprogrammen überall im Süden zu Verarmung, Terror,
Bürgerkrieg, Vertreibung und Flüchtlingselend geführt (Beispiele Mosambik,
Burundi, u. a.) In Jugoslawien haben wir das selbe Muster auch in Europa
erlebt. Die dann aufbrechenden Kriege zwischen Volksgruppen, die vorher
relativ friedlich neben-miteinander gelebt haben, werden zu seit jeher
bestehenden ethnischen/religiösen/kulturellen Todfeindschaften erklärt, die
nur noch durch "humanitäre Intervention" d. h. Krieg durch die
"zivilisierte Weltgemeinschaft" befriedet werden können. Im
Afghanistan-Krieg erleben wir das selbe Muster wieder. Hier ist es sogar
ein Krieg der "zivilisierten Welt" gegen die "Barbarei", vor allem des Islam.
Was die mit diesen neuen Kriegen einhergehende Kriegspropaganda
systematisch verschweigt, sind die mit diesen neuen Kriegen einhergehenden
ökonomischen Interessen der westlichen Länder. Nach dem Golfkrieg von 1991
schrieb die amerikanische Ökonomin Hazel Henderson "Krieg ist gut für die
Wirtschaft". Krieg schaffe Arbeitsplätze. Der Golfkrieg habe die
US-amerikanische Wirtschaft aus der Rezession der achtziger Jahre gezogen.
Die Wirtschaften der "Freien Welt" USA, EU, Kanada, Japan, stecken alle in
einer tiefen Wirtschaftskrise, die der von 1929 ähnelt. Trotz aller
Freihändlerei müssen die Wachstumsraten überall drastisch nach unten
korrigiert werden. Solange der Kapitalismus existiert, hat er seine
Wirtschaftskrisen durch Kriege zu lösen versucht.
Am 29. 10. konnte man in der "Frankfurter Rundschau" lesen, das Pentagon
habe den "größten Rüstungsauftrag aller Zeiten" an den Rüstungskonzern
Lockheed Martin erteilt: 200 Milliarden US Dollar für den Bau von 3000
Superkampfjets. Dieser Auftrag soll 30 Jahre dauern. Die FR jubelte: "In
Nordtexas knallten die Sektpfropfen." Die Milliarden bedeuteten
Arbeitsplätze, Kaufkraft und Prosperität, nicht nur für Kalifornien sondern
für die USA als ganzes. Ich verstehe jetzt, warum Bush und seine Vasallen
einen "langandauernden Krieg" brauchen. Krieg ist gut für die (westliche)
Wirtschaft.
Diese neuen "entstaatlichten Kriege" (O-Ton Otto Schily, deutscher
Innenminister) sind die notwendige Folge der globalisierten Wirtschaft. Das
ist bereits nachzulesen in der nach dem Kosovo-Krieg (1999) verabschiedeten
neuen NATO-Strategie. Dort ist zu lesen, dass es in der globalisierten Welt
um andere Kriegsziele gehen müsse als noch während der
West-Ost-Konfrontation. Diese sind u. a. die VERSORGUNGSSICHERHEIT der
NATO-Staaten und die VERTEIDIGUNG WESTLICHER WERTE gegen
fundamentalistische Strömungen. Der fundamentalistische Islam wird schon
als Feind genannt. In dem Weizsäcker-Papier der Bundeswehr werden auch
schon die nächsten Konfliktherde genannt: die Golfregion, das Gebiet um das
Kaspische Meer, die GUS-Staaten, Nordafrika (Neuber 2000). Alles Gebiete,
an denen unsere "Versorgungssicherheit" hängt: unsere Ölversorgung.
Und was haben die WTO-Verhandlungen in Katar mit diesem neuen Krieg gegen
den Terrorismus zu tun?
Maude Barlow, Direktorin des Council of Canadians, schreibt, dass die USA
auf die Anti-Terrorismus-Koalition setzt, um auch ihre Agenda in der WTO
durchzusetzen. Der US-Minister für Handel, Robert Zoellick, setzt die
Unterstützung des globalen Freihandels und den Kampf gegen den Terrorismus
auf die gleiche Stufe. Er erklärte, dass "der globale Freihandel die Werte
fördert, die den Kern dieses langandauernden Kampfes ausmachen". Die USA
dürften nicht von ihrer "globalen Verantwortung" zurücktreten. Das bedeute
die Verteidigung des Freihandels gegen die terroristische Bedrohung und
gegen die Opponenten gegen die Globalisierung (Barlow, Globe and Mail, 10
Oktober 01).
Aus dieser neuen Orientierung erfolgte Ende Oktober eine neue Agenda für
die Verhandlungen in Katar. Die USA haben, entsprechend ihrer Anti-Terror
Allianz mit den Europäern, eine neue vereinigte Front mit der EU
geschmiedet. Sie haben die Differenzen mit den Europäern auf die Seite
geschoben (Landwirtschaft taucht daher in der Agenda nicht mehr auf). Sie
versuchen, die Länder des Südens einzeln durch Geldangebote,
Schuldenstreichungsversprechen, Aufhebung von Wirtschaftssanktionen
(Pakistan), aus der Allianz der Länder des Südens herauszubrechen. Von 142
WTO-Mitgliedern sind 100 Länder des Südens. Diese Länder waren bislang
strikt gegen eine neue "Runde". Sie verlangen, dass erst einmal die
Ergebnisse der bisherigen Freihandelsabkommen untersucht werden, ehe eine
neue Liberalisierungsrunde beginnen dürfe. Die US-Amerikaner argumentieren
nun, wer sich der Allianz des "freien Westens" widersetze, stärke damit das
Lager der Terroristen. Der deutsche Verteidigungsminister Herr Scharping
sprach in seiner Pressekonferenz vom 6.11.01 sogar von einer neuen
Frontlinie, auf der einen Seite die USA, Europa und auch Russland (der
"freie Westen") und auf der anderen die Länder des Südens.
Um diese Front wird es auch bei den WTO Verhandlungen in Katar gehen.
Maria Mies - Anfang November 2001
Buchtipp:
Maria Mies: Globalisierung von unten. 2001 Rotbuch Verlag, öS 190,-
ATTAC
NACH DEM KONGRESS VOM 19.- 21. OKTOBER 2001 in BERLIN
" So sieht Siegen aus" schrieb Maude Barlow aus Kanada nach dem
Weltsozialforum in Porto Allegre im Januar 2001. Dieser Satz ging mir durch
den Kopf als ich am 21.10. von Berlin nach Köln zurückfuhr.
Für die 2500 oder mehr, die sich an diesem Wochenende in der TU Berlin
versammelt hatten, war klar geworden, dass dieser Kongress den "Aufbruch
einer neuen politischen Kraft ins 21. Jahrhundert" auch in Deutschland
darstellte, wie Susan George es bei ihrer Schlussansprache ausdrückte. Es
war auch klar geworden, dass diese internationale Bewegung sich nicht durch
die Kriminalisierungs- und Einschüchterungsversuche der Regierungen,
besonders nach dem 11.September, bremsen lassen wird. "Wir sind in der
Offensive" sagten mehrere RednerInnen.
Ich brauche nicht zu betonen, dass der Berliner Attac-Kongress ein
Riesenerfolg war. Dass der Dissens zur herrschenden, neoliberalen
Globalisierung hier endlich auch in Deutschland seinen adäquaten
politischen Ausdruck fand. Dass sich unter dem Logo von Attac nicht nur die
zusammenfinden, die eine Kontrolle des wildgewordenen, transnationalen
Finanzverkehrs fordern, sondern eine Vielzahl von Jungen und Älteren,
Initiativen und Organisationen, die nach einer echten Alternative zur
herrschenden Politik und Wirtschaft suchen. Die riesige Zahl, die vollen
Workshops und die Begeisterung darüber, dass endlich ausgesprochen wurde,
was viele seit langem denken, war Ausdruck dafür, dass dieses
patriarchalisch-kapitalistische System, besonders in seiner heutigen
neoliberalen Variante, seine Legitimation verloren hat, dass es bankrott ist.
Wenn wir den Schwung dieses historischen Moments nicht wieder verlieren und
verzetteln wollen, müssen wir die Erkenntnisse dieses Kongresses festhalten
und konsolidieren. Im folgenden habe ich die Erkenntnisse aufgeschrieben,
hinter die wir, meiner Meinung nach, nach dem Berliner Kongress nicht mehr
zurückgehen können.
WAS IST ATTAC UND WAS IST ES NICHT?
Bernard Cassen, Joao Batista de Oliveira, Jean Ziegler, Susan George und
andere betonten, dass ATTAC eine internationale Bewegung, ein Prozess ist.
Damit ist gleichzeitig gesagt, dass Attac nicht eine NRO ist, deren Ziel
lediglich Lobbyarbeit bei den Herrschenden ist.
Attac ist auch keine Partei.
Attac ist keine Gewerkschaft.
Attac Frankreich hat festgelegt (so erfuhr ich auf der Sommeruni von Attac
im August in Arles) dass Mitglieder von Parteien und Gewerkschaften bei
Attac willkommen sind. Doch kann sich Attac weder auf die Interessens- und
Machtpolitik von einzelnen Parteien und/oder Gewerkschaften reduzieren oder
sich für diese instrumentalisieren lassen.
Attac hat sich gegründet zur Kontrolle der riesigen, um den Globus
vagabundierenden Finanzströme. Erstes, unmittelbares Ziel war/ist die
Einfuhr der Tobinsteuer, Austrocknung von Steueroasen, Kontrolle von
Geldwäsche u.ä. In Berlin wurde jedoch klar, dass die neoliberale
konzerngesteuerte Globalisierung als solche angegriffen werden muss. Diese
schafft weltweit mehr Ungleichheit, mehr soziale Ungerechtigkeit, mehr
Umwelt- und Artenvernichtung, mehr Armut und Elend als jedes andere System
zuvor. Vor allem zerstört dieses System die Grundlagen dessen, was wir
unter Demokratie verstehen und führt darüberhinaus, wie wir gerade erleben,
zu immer neuen "staatenlosen Kriegen" (Schily) nach aussen und mehr
Repression im Inneren. Sie sind die notwendige Folge der neoliberalen
Globalisierung.
Attac ist also eine offene, internationale Bewegung, die vielfältige Themen
und Interessen bündelt (Umwelt, Arbeit, Geschlechterfragen, Landwirtschaft
und Verbraucherfragen, "Dritte Welt", Demokratie, Kultur, Spiritualität
usw.). Wegen dieser internationalen Vielfalt kann Attac nur DEZENTRAL,
BASISDEMOKRATISCH und PLURAL funktionieren. Es gibt kein Zentralbüro. Die
verschiedenen Orts- und Mitgliedergruppen bestimmen, was Attac ist.
ZIELE VON ATTAC:
Bernard CASSEN betonte, dass Attac neben dem Nahziel Tobin-Steuer - drei
Hauptziele habe:
"Education Populaire"
Ich übersetze das mit ökonomischer und politischer Alphabetisierung. Denn
die ist, wie wir seit dem MAI, den diversen Freihandelsabkommen der WTO
(GATS,TRIPs, AoA , Auswirkungen der Politik von Weltbank/IWF usw.)
dringendst erforderlich. In Deutschland wissen die BürgerInnen bis heute
kaum, wer die Akteure dieses globalisierten Freihandels sind und welche
internationalen Institutionen ihr unmittelbares Leben bestimmen.
Zur "education populaire" führt Attac Frankreich jährlich u.a. eine grosse
Sommeruni durch. Das Ergebnis dieser Arbeit ist, dass viele Menschen in
Frankreich jetzt Bescheid wissen über das Funktionieren der internationalen
Finanzmärkte und über WTO etc. und dass sie gegen diese Politik protestieren.
Direkte Aktionen:
Protestdemos, Kundgebungen, Teach-Ins, Gegengipfel usw.
Da die Mainstream-Medien die internationale Bewegung gegen die neoliberale
Globalisierung ignorieren und zunehmend kriminalisieren besonders nach dem
11. September ist der einzig richtige Weg, so Cassen u.a, weiter in die
Offensive zu gehen "Wir werden weiter auf der Strasse präsent sein. Das ist
unser Grundrecht" war einhellige Meinung in Berlin.
Förderung und Entwicklung neuer Perspektiven
Attac bietet einen internationalen Raum, wo über tatsächliche Alternativen
zum herrschenden System nachgedacht und diskutiert werden kann. Diese
Diskussionen beschränken sich nicht auf die Reform des Status Quo, sondern
suchen nach einer wirklichen Transformation unserer grundlegenden
ökonomischen und politischen Verhältnisse. Das Motto für diese
theoretischen und praktischen Arbeiten ist: EINE ANDERE WELT IST MÖGLICH!
(Porto Allegre)
WAS/WER FEHLT z. Zt. IN DER DEUTSCHEN ATTAC BEWEGUNG?
Die Frauenbewegung und die Frauenperspektiven. Diesen Mangel haben wir in
Berlin durch die Gründung des "FRAUENNETZWERK IN ATTAC: FRAUEN UND
GLOBALISIERUNG" zu beheben versucht. Uns war wesentlich, dass diese
Initiative nicht wieder im Sinne bekannter und gescheiterter Quotierungs-
und Gleichstellungspolitik missverstanden wird. Uns geht es um die
Überwindung patriarchalisch-kapitalistischer Verhältnisse als Grundlage
ALLER ausbeuterischen und unterdrückerischen Herrschaftsverhältnisse,
insbesondere in der neoliberalen Globalisierung. These: Ohne
Frauenausbeutung keine Globalisierung.
Die sogenannte "Dritte Welt". Zwar hat Joao Batista de Oliveira, Mitglied
der Landlosenbewegung MST in Brasilien und Mitglied von "Via Campasina" auf
dem Kongress diese "Dritte Welt" als Teil der neuen internationalen
Bewegung repräsentiert. Ich habe jedoch nicht den Eindruck, dass diese
"Dritte Welt", die sich ja auch bei uns befindet (MigrantInnen,
AsylantInnen, Menschen aus dem Süden) personell in unseren
Attac-Zusammenhängen in Deutschland sehr präsent sind. Noch ist es das
Wissen über die Widerstandsbewegungen gegen die Globalisierung in diesen
Ländern. Dieses Wissen zu verbreiten wäre m.E. Aufgabe der "education
populaire" von Attac.
Oppositionelle Bauern
Es war richtig, Vertreter der Gewerkschaften und der Umweltbewegung zu
diesem Kongress einzuladen. (Obwohl diese Organisationen in Deutschland ja
nun wirklich nicht die Speerspitze des Kampfes gegen die herrschende
neoliberale Politik der Globalisierung darstellen) Doch dass es auch in
Deutschland eine Organisation oppositioneller Bauern gibt, die
"Arbeitsgemeinschaft bäuerlicher Landwirtschaft" (ABL), die auch Mitglied
der internationalen Bauernopposition VIA CAMPESINA ist, war/ist den
Organisatoren von Attac wahrscheinlich kaum bekannt. Oder sie erachten
Bauern als für nicht relevant in dieser internationalen Protestbewegung.
Dabei ist, wie Via Campesina in Seattle betonte, die Produktion von guter
Nahrung für die eigenen Leute und nicht für einen anonymen Weltmarkt heute
die revolutionärste Politik. Der französische Kleinbauer José Bové und die
"Confederation Paysanne" sind in Frankreich eine ganz wesentliche Kraft in
Attac. Die VIA CAMPESINA stellt ein weltweites Bündnis von Bauern,quer
durch alle Kontinente und Länder dar, die demonstrieren, dass die
Grundinteressen von Erzeugern und Verbrauchern überall gleich sind. Deshalb
fordert die VC, dass Bereiche wie Wasser, Nahrung, Intellektuelles
Eigentum, Gesundheit, Bildung nicht der WTO und dem neoliberalen globalen
Freihandel überlassen werden dürfen. Vor allem soll das Agrarabkommen AoA
raus aus der WTO.
M.E. gehören die oppositionellen Bauern in Deutschland auch in die
Attac-Bewegung.
Wir sollten in der Attac-Bewegung Deutschland m.E. nicht hinter diese
Erkenntnisse zurückgehen.
GLOBALISIEREN WIR DEN WIDERSTAND! GLOBALISIEREN WIR DIE HOFFNUNG! (Via
Campesina)
Maria Mies, Köln, 25.Oktober 2001
Zitate: > Der Krieg in Worten
Ein schreckliches Verbrechen, seine Hauptopfer waren wie üblich die
Arbeiter. Ein Geschenk für die eingefleischte und patriotisch tümelnde
Rechte (Noam Chomsky).
Ich zeige mit dem Finger auf sie! Es sind die Heiden, die
Abtreibungsfreunde, die Feministinnen, die Schwulen, die Lesben und die von
der Bürgerrechtsvereinigung... (Jerry Falwell, evangelistischer
Fernsehprediger, Schuldige auflistend).
Tausende Personen glaubten, im Rauch eine greuliche Gestalt ausmachen zu
können. Etwas, was dem Angesicht Satans ähnelte, mit seinem Bart, seinen
Hörnern und einem schrecklichen, bedrohenden Ausdruck (John Gibson in Fox
News, als er ein Bild der brennenden Türme kommentierte).
Kreuzzug (Name, den die Präsidenten Bush und Berlusconi dem neuen Krieg
gaben, bis irgendein Historiker ihnen erzählte, dass die Christen nach acht
Kreuzzügen von den Muselmanen geschlagen wurden).
Wer nicht mit uns ist, ist mit den Terroristen... Gott ist nicht neutral
(Präsident George W. Bush).
Bitte, meine Herren, halten Sie Gott aus dieser Geschichte heraus (John Le
Carré).
Alle unsere Arbeiter machen Überstunden, aber wir kommen nicht nach (Der
Leiter der chinesischen Fabrik Mei Li Hua Flags in Shanghai, die US-Flaggen
produziert).
Die Raketen sind so blind wie die Terroristen (Eine afghanische
Flüchtlingsfrau über die andauernden Irrtümer der intelligenten Raketen,
die sich im Krieg gegen das Rote Kreuz zu befinden scheinen).
*Zusammengestellt von Eduardo Galeano,* *übersetzt und übermittelt von
Poonal, 16.11.01 / gekürzt * Quelle: http://www.npla.de/poonal/aktuell.html
Die Welt ist keine Ware
Tagung von ATTAC-Österreich in Linz
Inspiriert und motiviert durch das Einleitungsreferat von Maria Mies (siehe
auch S. 4 - 6) und die weiteren Beiträge - auch aus den Bereichen GATS,
Landwirtschaft, soziale Menschenrechte usw. - hat sich am 10.11. auch
ATTAC-Österreich weit über das bisher dominierende Thema "Regelung und
Besteuerung der Finanzmärkte" hinaus mit den aktuellen Bedrohungen
beschäftigt. Überschattet wurde das Treffen durch die sich abzeichnenden
bedrohlichen Ergebnisse der WTO-Gipfels in Doha (Qatar), aber auch durch
den benachbarten Krieg. Tagungsdokumentation dazu: http://www.attac-austria.org
GATS - Privatisierung von Dienstleistungen
Ab 31.1.2002 beginnt eine GATS-Verhandlungsrunde der WTO mit dem Ziel, den
Sektor (öffentlicher) Dienstleistungen für alle WTO-Mitgliedsländer für den
internationalen Wettbewerb zu öffnen. Dies wurde von einem großen
internationalen Zusammenschluß von Interessenten gefordert, deren Ziel eine
Privatisierung und/ oder Entnationalisierung von Dienstleistungsbereichen
ist - wie z.B.: Bildung, Gesundheit, Sozialversicherungen, Wasser,
Abwasser- und Müllbeseitigung, Energie, Finanzinstitutionen,
Versicherungen, Tourismus, Bauten und Rechtsvertretung. Viele der
betroffenen Firmen und Fachleute werden bis jetzt durch nationale Gesetze
geschützt bzw. bevorzugt.
In diesem Rahmen tauchen wieder Regelungen, die in den -1998 durch den
Widerstand der Globalisierungskritiker gestoppten - MAI-Verhandlungen
(Multilaterales Abkommen für Investitionen) schon enthalten waren. Damit
sollen ausländische Investoren davor geschützt werden, daß durch erweiterte
soziale Rechte, Konsumenten- bzw. Umweltschutz Gewinne geschmälert und der
Freihandel eingeschränkt würden. Damit würde auch das Recht von
(transnationalen) Großfirmen und Corporations festgeschrieben, dafür von
den jeweiligen Regierungen finanzielle Kompensation zu fordern. Die Folgen
wären z.B. daß Streiks, (Kauf)Boykotte, Straßenblockaden und ähnliches
präventiv verhindert würden.
Die deutsche Bundesregierung hat eine Studie in Auftrag gegeben, die die
Vorteile der Wasser-Liberalisierung akzeptabel machen soll und die
Vereinigung österreichischer Industrieller spricht bereits von der
unverzichtbaren "Hereinnahme Privater".
Inspiriert durch den ATTAC-Kongress in Linz koordiniert Rupert Franz Kurz
aus Freistadt/OÖ eine erste Materialiensammlung für eine
ATTAC-Arbeitsgruppe "Privatisierung des Wassers". Bei Interesse schreibt an
<rupert.f.kurz @jetmail.at>.
Weiters haben Walther Schütz, Susi Haydvogel und andere Initiativen und
Dokumentationen dazu erarbeitet.
International verteilt eine GATS-kritische e-mail-Liste unter
<GATSCrit-subscribe at egroups.com> WTO-kritische Informationen.
Jene, die sich für die Positionen der WTO und ihrer Lobbyisten
interessieren, finden dies auf: www.wto.org/trade_resources/
Im "Salzburger Forum gegen das MAI/ WTO", das wir mitorganisieren, legen
wir unseren Arbeitsschwerpunkt auch auf GATS/ Privatisierung der
Dienstleistungen. Informationen dazu bei uns im Begegnungszentrum für
aktive Gewaltlosigkeit <mareichl at ping.at>.
Bei dem Koordinationstreffen der Initiative "Von Seattle nach Brüssel", am
10./11.12. in Brüssel - an dem ich teilnehmen werde - werden wir auch über
den international koordinierten Widerstand in diesen Bereichen sprechen.
Matthias Reichl
Privatisierung der Bildung
Studiengebühren, Sparmaßnahmen, Uni-Privatisierung... Die Ziele der Bildung
ändern sich rapide, stellen sich in den Dienst der privaten Wirtschaft.
Europaweit sehen sich Studenten und Schüler mit ähnlichen Problemen
konfrontiert. Die Ursachen sind in der EU-Politik zu suchen. Dortmunder
Studenten rufen deshalb zu einem EU-weiten Schüler- und Studentenstreik vom
10. bis 14. Dezember 2001 auf. Dabei sollen in den ersten Tagen des Streiks
Aktionen in den Städten, Unis und Schulen stattfinden, am 14. Dezember gibt
es dann eine große gemeinschaftliche Abschluss-Demo während des EU-Gipfels
in Brüssel. Bislang haben Studenten immer auf nationaler Ebene agiert. Die
immer weiter abnehmenden Entscheidungsbefugnisse der Nationalstaaten machen
es notwendig gegen das "Diktat der internationale Handelsabkommen" auch
international vorzugehen. Und zwar jetzt, ist die WTO nach dem Scheitern
der Verhandlungen in Seattle doch gerade wieder in eine erneute GATS-Runde
eingetreten. Die Bereiche Gesundheit und Bildung stehen diesmal auf der
Tagesordnung. Die Europäische Union, offiziell beraten von einer
europäischen Lobbygruppe der Dienstleister, in der beispielsweise die
Privat-Uni-Befürworter der Bertelsmann-Stiftung beteiligt sind,sitzt in
ihrer Gesamtheit am GATS-Verhandlungstisch. Daher ist es unbedingt
notwendig, dass Europäische Studenten gemeinsam gegen die Liberalisierung
ins Ungewisse vorgehen, sind doch nicht nur in Deutschland sondern bereits
in vielen EU-Ländern die vorbereitenden Mechanismen einer Marktöffnung am Werk.
Aus: http://de.groups.yahoo.com/group/int-schueler-und-studentenaktionen
World Economic Forum/ WEF
- von Davos nach Manhattan
Das "World Economic Forum" tagt heuer nicht mehr in Davos...Was
letztendlich den Ausschlag gegeben hat, ist unklar, aber das Chaos der
letzten Jahre ist einfach vielen massgeblichen Leuten in der Schweiz zu
viel geworden. Unter anderem die Zürcher Polizeibehörden hatten keine Lust
mehr, zu Massen im Kanton Graubünden auszuhelfen - und dann mit der
Tatsache konfrontiert zu werden, dass wie beim heurigen Treffen die
geplanten Demonstrationen sich ungeplant nach Zürich verlagern.
In Windeseile versuchten die Veranstalter einen neuen Austragungsort für
das grosse Spektakel zu finden. Unter anderem wurden Whistler Mountain
(Kanada) und auch Salzburg genannt. Während man in Whistler Mountain heftig
dementierte, hätte man in Salzburg laut Schweizer Medien grosse Lust
gehabt, den Weltwirtschaftsgipfel durchzuführen. Sogar Thomas Klestil
könnte sich für diese Variante erwärmen, hatte die Salzburger
Stadtregierung mitgeteilt.
Letztendlich einigte man sich aber darauf in die Metropole der "Freien
Welt" auszuweichen: Vom 29.Jänner bis 5.Februar trifft sich die High
Society in New York. Kommentar der Zürcher WoZ: "Mit der Wahl von New York
fällt auf die 1000 Konzernbosse der heroische Abglanz von brennenden Türmen
und 5000 Toten. Als erfreulicher Nebenaspekt lassen sich DemonstrantInnen
propagandistisch an die Seite Bin Ladens stellen."
Unklar bleibt aber, ob das jetzt eine Dauereinrichtung werden soll...
Vielleicht fährt man 2003 daher doch wieder nach Davos. Oder in ein
arabisches Emirat. Oder vielleicht doch nach Salzburg. Trotz des New Yorker
Spektakels werden aber auch im nächsten Jahr wohl weder Salzburg noch Davos
von Globalisierungsgegnerschaft verschont bleiben. Das Europäische
Regionalforum des WEF findet nächstes Jahr auf alle Fälle wieder in
Salzburg statt. Diesmal treffen sich vom 15.-17. September die
Konzernherren und Regierungschefs...
Bernhard Redl*, 'akin - aktuelle informationen', 27.11.2001
(gek. v. M.R.)
Terminergänzung:
26.1.2002: ZÜRICH (CH): Europäische Parallelkonferenz zum World Social
Forum (Porto Alegre) "The Other Davos". (www.otherdavos.net)
Herbergsuche für "Global Player"
Bei der Linzer ATTAC-Konferenz zur WTO erklärte mir Alessandro Pelizzari,
Mitarbeiter von ATTAC-Schweiz, daß von den Veranstaltern schon
"Sicherheitszonen" mit einem Radius von 30 Kilometern gefordert würden. Im
übrigen hält er nichts von Scheindialogen zwischen WEF-Repräsentanten und
ihren Kritikern in Podiumsdiskussionen, wie es im Juli in Salzburg
passierte. (Die prominenten Kritikerinnen wie Susan George und Claudia von
Werlhof fanden dabei keine adäquaten Streitpartner.) Offenbar soll in den
nächsten vier Jahren das Europäische Wirtschaftsforum weiter in Salzburg
stattfinden (und jeweils über 7 Millionen Euro = ca. 100 Mio. S an
Bewachung kosten). Summen, die indirekt auch Salzburger Vereinen und
Initiativen für ihr Überleben fehlen. Doch auch die an der WEF-kritischen
Plattform beteiligten haben sich offensichtlich damit schon abgefunden. Dem
Salzburger Bürgermeister Schaden, der darauf beharrt: "Der Gipfel soll
bleiben...!" sollten wir antworten: "... dort, wo der Pfeffer wächst!" Doch
dort richtet er ähnlichen Schaden an und ist auch unwillkommen!
Wie wäre es, wenn er sich auf den pazifischen Tuva-Inseln nach der
Evakuierung der Bevölkerung ansiedeln würde. Dann könnten die für die
Klimakatastrophe mitverantwortlichen hautnah erleben, wie es ist, wenn
einem das Wasser bis zum Hals steht. Unverbesserliche Umweltverbrecher
könnten nach alter Tradition - aber ausgestattet mit Luxusgütern - auf
diese Inseln verbannt werden um der Hilflosigkeit der modernen Technik
gegenüber den Naturgewalten ausgesetzt zu sein. Während zunehmend
unverzichtbare Teile des Ökosystems dem Artensterben zum Opfer fallen,
scheint die Art "Homo economicus brutalis" sich weiter auzubreiten - jedoch
nicht unaufhaltsam! (Siehe auch unseren "Rundbrief" Nr. 102, Seiten 10-11!)
Die Tuva-Inseln im Pazifik, deren Territiorium nur maximal sieben Meter
über dem (steigenden) Meeresspiegel liegt und deren Atolle wegen der
Zerstörung der Korallenriffe abbröckeln, werden in einigen Jahren im Meer
versinken. Die Regierung und die 11.000 Bewohner, die sich im
Überlebenskampf für den Klimaschutz besonders eingesetzt haben, müssen ab
dem nächsten Jahr unfreiwillig in Neuseeland Zuflucht suchen.
Matthias Reichl
Agrarbündnis Österreich
Vor kurzem wurde das Agrarbündnis Österreich - Bündnis von KonsumentInnen
und Bäuerinnen und Bauern gegründet. Dieses neue Bündnis hat das Ziel, eine
bäuerliche, umwelt- und sozialverträgliche Landwirtschaft zu unterstützen
und sich politisch im Namen von tausenden von Menschen in die
agrarpolitische Debatte kräftig einzumischen.
Sicherung unserer Lebensgrundlagen Verständnis für die vielfältigen
Leistungen von Bäuerinnen und Bauern für die Gesellschaft.
Die wirtschaftlichen und agrarpolitischen Rahmenbedingungen in den letzten
Jahrzehnten bewirkten einen ruinösen Verdrängungswettbewerb in der
Landwirtschaft, der auch für die Natur schlimme Folgen hatte. Nur
Arbeitsweisen, welche die ökologischen Zusammenhänge respektieren, können
den Anbau und die Produktion unserer Lebensmittel langfristig garantieren.
Partnerschaft zwischen Bäuerinnen, Bauern und KonsumentInnen für eine
gesunde Ernährung und eine lebenswerte Umwelt.
Die Erzeugung qualitativ hochwertiger und gesunder Lebensmittel verbindet
die Interessen von KonsumentInnen mit jenen von Bäuerinnnen und Bauern. Die
gemeinsame Sorge um Gesundheit und Umwelt bildet die Basis für eine
Partnerschaft, in der Interessen von Bauern und Bäuerinnen nicht gegen jene
von KonsumentInnen ausgespielt werden können.
Überschüsse vermeiden und Umwelt schützen durch Ökologisierung der
Landwirtschaft nach dem Leitbild der Methoden des Biologischen Landbaus.
Eine Ökologisierung der Landwirtschaft führt zu Vermeidung von Überschüssen
in der Agrarproduktion, erhält die vielfältigen Ökosysteme und ermöglicht
so eine stabile, nachhaltige Lebensmittelproduktion und eine Regeneration
der Landwirtschaft. Sie orientiert sich überwiegend an den Binnenmärkten,
nicht an der (ruinösen) Massenproduktion für den Weltmarkt oder der bloßen
Rohstoffproduktion für großindustrielle Zwecke, und garantiert so das Recht
jedes Landes auf Ernährungssouveränität für seine Bevölkerung.
Von einer zukunftsfähigen Agrarpolitik verlangen wir die Neuorientierung an
sozialen, kulturellen und ökologischen Zielen.
Orientierung an Binnenmärkten: Jeder Staat hat das Recht auf
Ernährungssouveränität - keine Massenproduktion für den Weltmarkt.
Das Recht sich zu ernähren ist Teil der universellen Menschenrechte. Es
umfasst den Zugang zu produktiven Ressourcen wie Land, Wasser und Saatgut,
aber auch zu Bildung, Gesundheitseinrichtungen und entlohnter Arbeit. Die
langfristige Ernährungssouveränität als Grundlage der Ernährungssicherung
beinhaltet neben kulturellen Leistungen von Bauern und Bäuerinnen auch die
Kontrolle über Saatgut in bäuerlichen Gemeinschaften, sowohl in Ländern des
Südens wie des Nordens.
Solidarisch teilen - fair handeln.
Zur Zeit ist die ausreichende Versorgung aller Menschen mit Nahrungsmitteln
kein Problem der vorhandenen Menge. Das Problem des Hungers und der
Unterernährung liegt in der ausschließlichen Verfügungs- und Kontrollgewalt
nur einiger weniger Akteure (transnationale Unternehmen, nichtdemokratische
Regime etc.) über Herstellung und Verteilung von Nahrungsmitteln und
anderen lebensnotwendigen Gütern. Wir wollen weltweit eine ökologische
Landwirtschaft, die soziale Gerechtigkeit fördert, kulturelle Grundlagen
achtet, Produkte fair entlohnt und Handel zwischen gleichberechtigten
Partnern ermöglicht.
Bäuerliche Arbeit angemessen entlohnen: Faire Preise und eine gerechte
Verteilung der öffentlichen Gelder.
Zu den künstlich geschaffenen Weltmarktpreisen kann kein Bauer und keine
Bäuerin auf der Welt produzieren, denn diese sind niedriger als die
Produktionskosten. Die derzeitige Verteilung der Direktzahlungen orientiert
sich an der Anzahl von Hektaren und der Tierzahl anstatt am zu leistenden
Arbeitsaufwand. Wir erachten eine soziale Staffelung und Obergrenzen bei
Direktzahlungen und die Anwendung des Prinzips der ökologischen und
sozialen Kostenwahrheit als unumgängliche Basis einer Neuorientierung in
der Agrar- und Förderpolitik
Land- und Lebensmittelwirtschaft hat auch frauenpolitische Aspekte.
Weltweit betreffen die Folgen der agrar- und lebensmittelpolitischen
Fehlentwicklung vor allem Frauen. Weltweit leisten überwiegend Frauen für
sich und andere Lebensmittelbeschaffung und -zubereitung. Im Zuge zusehends
monetär eingeschränkter Kaufentscheidungen müssen sie oft zu billigen,
industriell produzierten Lebensmitteln greifen. So wird ihnen die
Verantwortung für gesundheitliche Risiken, die ursprünglich von der Agrar-
und Lebensmittelindustrie verursacht wurden, übertragen. Von nachhaltiger
Agrar- und Lebensmittelpolitik fordern wir, dass sie sich auch an
frauenpolitischen Interessen orientiert.
Ländliche Entwicklung: Arbeitsplätze im ländlichen Raum erhalten und (neu)
schaffen - Strukturen von kleinen und mittleren bäuerlichen Betrieben
erhalten und Wirtschaftsprinzipien neu entwickeln.
Von integrierten ländlichen Entwicklungsprogrammen erwarten wir zukünftig
sinnvollere Maßnahmen als Schäden der EU-Agrarpolitik zu begleiten und
auszugleichen. Es sollen integrierte ländliche Entwicklungsprogramme
forciert werden, welche die die regionale Wirtschaft stärken und soziale
sowie ökologische Gesichtspunkte berücksichtigen. Wir fordern dass eine
demokratische Mitbestimmung aller betroffenen Bevölkerungsgruppen bei der
Vergabe von öffentlichen Mitteln aus diesen Programmen ermöglicht wird.
Koordinationsanschrift: DI Elisabeth Baumhöfer, Österr.
Bergbauernvereinigung, Herklotzg. 7/21, A-1150 Wien, Tel. 01-8929400,
e-mail: OEBV at eunet.at
Aufruf der "Plattform Integration"
Nein zum sogenannten "Integrationsvertrag" der Regierung - Ja zu
Integrationsmaßnahmen
Die "Plattform Integration" ist eine Kooperation von Institutionen und
Einrichtungen, die sich seit Jahren um die Integration und Betreuung von
AusländerInnen bemühen.
....
Die Plattform Integration lehnt eine Ausländerpolitik ab, die sich an den
Interessen von Betrieben an billigen, rechtlosen Arbeitskräften orientiert.
MigrantInnen dürfen nicht als Sozialschmarotzer und potentielle Kriminelle
hingestellt werden.
Der Ministerrat hat die Eckpunkte zum "Integrationsvertrag" beschlossen und
festgelegt, dass dieser "Vertrag" nicht nur für MigrantInnen im Rahmen der
Quote für Familiennachzug und Schlüsselkräfte sondern auch für bereits in
Österreich lebende (arbeitslose) AusländerInnen gelten soll. Dieser
"Vertrag" fördert nicht die Integration - sein Inhalt ist nicht mehr als
Deutsch lernen unter Strafandrohung - sondern schafft neue Hürden und
Sanktionen für ausländische KollegInnen und MitbürgerInnen.
...
Die "Plattform Integration" lehnt daher den von der Bundesregierung
geplanten "Integrationsvertrag" sowohl aus inhaltlichen als auch aus
juristischen Gründen ab. ...
Wir fordern die Bundesregierung auf, den vorgelegten "Integrationsvertrag"
zurückzunehmen und folgende Eckpunkte einer positiven Integrationspolitik
zu beachten:
Gesellschaftliche Integration ist mehr als bloßer Spracherwerb; Integration
setzt gleichberechtigte Menschen voraus. Dazu braucht es Rahmenbedingungen,
die sicherstellen, dass eine sprachliche, soziale und berufliche Teilhabe
an und in der Gesellschaft möglich sind.
Notwendiges Gegenstück zu den Pflichten sind daher Rechte, wie der
gleichberechtigte Zugang zum Arbeitsmarkt und geförderten Wohnbau, die
Gleichstellung im Sozialsystem sowie im Bildungswesen, rasche
Aufenthaltsverfestigung und das Recht auf Familienzusammenführung.
Tatsächliche Integration setzt aber auch politische Mitwirkungsrechte
voraus. Daher müssen MigrantInnen das passive Wahlrecht im Betrieb bzw. bei
Interessensvertretungen und ebenso das aktive und passive Wahlrecht auf
kommunaler Ebene erhalten.
Dass bessere Deutschkenntnisse die Integration erleichtern, steht außer
Frage. Anstelle von Zwang und Sanktionen sind aber Anreize und
Förderangebote angebracht, um MigrantInnen zum raschen und freiwilligen
Erwerb ausreichender Sprachkenntnisse zu motivieren (flächendeckendes
Angebot an kostenlosen Sprachkursen mit Kinderbetreuung).
Eine solche, auf Integration ausgerichtete Politik, wird auch endlich zu
einer Harmonisierung von Aufenthalts- und Beschäftigungsrecht führen.
Wir rufen dazu auf, dass sich viele Menschen bzw. Organisationen diesen
Forderungen anschließen und die "Plattform Integration" unterstützen. Ein
wichtiger Schritt dabei ist Aufklärung und Information; über die Medien, am
Arbeitsplatz, in der Schule, im Sportverein, am Stammtisch Gelegenheiten
gibt es viele, um Vorurteilen und Klischees entgegenzutreten. JedeR kann
seinen/ihren Beitrag dazu leisten, dass die Bundesregierung ihren Kurs
ändert und ein Maßnahmenbündel erarbeitet, das die Integration der
MigrantInnen tatsächlich fördert.
Kontaktadresse: Verein zur Betreuung der Ausländer/ innen in OÖ, 4020
Linz, Humboldtstr. 49/1 Tel.: 0732-610861, Fax: 0732-654586, eMail:
beratung at migration.at
(Gekürzt M. R.)
Alternative Nobelpreise 2001
Am 9. Dezember übergibt Jakob von Uexküll wie jedes Jahr im Stockholmer
Parlament die Right Livelihood Awards ("Alternative Nobelpreise")
- dieses Mal an:
Gush Shalom - Uri und Rachel Avnery
1993 gründeten Uri und Rachel Avnery mit anderen israelischen
Friedensaktivisten Gush Shalom. (Einer der Gründe war auch, daß es damals
andere dominierende Friedensbewegungen vermieden, die Politik der Labour
Regierung zu kritisieren.)
Zur Friedenspolitik Israels forderte Gush Shalom:
den Rückzug Israels aus allen besetzten Territorien
Die Anerkennung der PLO als Vertretung der Palästinenser
die Anerkennung des Rechtes der Palästinenser, neben Israel ihren eigenen
Staat zu schaffen, mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt für beide Staaten
Gush Shalom versteht sich als Basisbewegung mit einer Kerngruppe von 450
Aktivisten und einem erweiterten Kreis von 1400. Sie haben - auf der Basis
der drei Prinzipien - hunderte Demonstrationen, Proteste und
Aktionen organisiert. Dazu gehört auch der Wiederaufbau von Häusern der
Palästinenser, die vom Militär zerstört wurden; Proteste gegen die
Enteignung palästinensischen Landes für die Erweiterung jüdischer
Siedlungen und die Unterstützung des Friedensprozesses von Oslo. Sie
unterstützen auch Kriegsdienstverweigerer und Deserteure - deren Zahl wegen
der militärischen Gewalt gegen Zivilisten stark ansteigt.
Uri Avnery, der fast 80-jährige Schriftsteller und Journalist mit
55-jähriger Praxis in Friedensarbeit, hat diese Prinzipien in seinen "80
Thesen für ein Neues Friedens Camp" mit weiteren Forderungen erweitert.
Darunter die Evakuierung aller israelischen Siedlungen im palästinensischen
Staat, Bewegungsfreiheit für Bewohner zwischen den Staaten, ein Abkommen
für Sicherheit und gerechte Verteilung des Wassers. Trotz der Eskalation
der Gewalt der massiven Rückschläge auf beiden Seiten ist Avnery und
weiter optimistisch.
Seit vielen Jahren erhalten wir ihre Informationen über die - von Adam
Keller (jetzt auch Pressesprecher von Gush Shalom) redigierte - Zeitschrift
"The Other Israel", die nun auch auf einer e-mail-Liste verbreitet werden.
Gush Shalom, P.O.Box 3322, Tel-Aviv 61033, Israel, Tel. ++972-3-5221732,
e-mail: info at gush-shalom.org, www.gush-shalom.org,
Trident Ploughshares (GB)
Gewaltfreie "Pflugschar-Aktionen" gegen die britische Atom-U-Boot-Flotte
"Trident" in Faslane bei Glasgow (Schottland). 1997 hat eine Gruppe von
Atomwaffengegnerinnen und -gegnern eine radikale Protestform aufgegriffen,
die seit 1980 in den USA (u.a. durch Philipp und Daniel Berrigan)
entwickelt wurde. (Philipp Berrigan, der zurzeit zu einer mehrjährigen
Gefängnisstrafe in den USA inhaftiert ist, muß - wie andere politische
Häftlinge auch - seit dem 11. September verschärfte Haftbedingungen erleiden.)
Entsprechend dem Motto "Schwerter zu Pflugscharen umschmieden" haben sie
Atomraketen und ihre Trägersysteme mit Hämmern bearbeitet. Damit wollen sie
ein Zeichen gegen die - 1996 auch von Internationalen Gerichtshof
bestätigte - Ungesetzlichkeit des Einsatzes von atomaren
Massenvernichtungswaffen setzen.
Das britische Militär hat 4 U-Boote mit je 12 bis 16 Atomraketen in
dauernder Einsatzbereitschaft. Seit 1998 hat die britische Pflugschargruppe
Aktionen ungefähr alle drei Monate organisiert und durchgeführt. Im Februar
2001 wurden 358 Aktivisten bei einer Blockade der Faslane-Basis verhaftet.
Seit Beginn der Kampagne waren es insgesamt etwa 1.400.
Einige ihrer Forderungen an die britische Regierung:
Die 24-Stunden Bereitschaft der Trident-U-Boote ist sofort aufzuheben
die Atomsprengköpfe sind abzumontieren und separat zu lagern
gemeinsam mit den NATO-Verbündeten soll für einen totalen Rückzug aller
Atomwaffen aus Europa gesorgt werden
eine Abrüstung der britischen Atomwaffen soll die Regierung möglichst
sofort einleiten und bis spätestens 2010 beenden.
In ihrer "East-Timor"-Kampagne protestierten sie gegen die britischen
Waffenexporte an die indonesische Regierung, die diese gegen die
Bevölkerung in Ost-Timor einsetzte.
Angie Zelter, Ellen Moxley und Ulla Roder, denen stellvertretend der
RLA-Preis überreicht wird, hatten 1999 ein mit Trident verbundenes
Forschungslaboratorium außer Betrieb gesetzt. Sie wurden in der Folge von
einem britischen Sheriff (Richter) freigesprochen.
Die neueste "Pflugscharaktion" war eine "Abrüstungsinspektion" und
gewaltfreie direkte Aktion von 40 Pflugschar-Aktivisten und Unterstützern
in London. Sie besuchten die Büros der fünf größten britischen Firmen, die
in den Bau und Betrieb der "Trident"-Atom-U-Boote (und weiteren
Rüstungsprojekten) mehr oder weniger stark involviert sind:
British American Business Inc. (eine Lobby-Gruppe, die Verträge von
US-Firmen mit Partnern in Großbritannien vermittelt).
TRW (wichtigster Star-Wars-Partner)
Raytheon (Leitsysteme für Trident Missiles und Tomahawk Cruise missiles und
ebenso ein Star-Wars-Vertragspartner)
Rio Tinto (Uranminen)
Rolls-Royce (Atomreaktoren für Trident-U-Boote und Waffenlieferant für die
meisten bewaffneten "Sicherheitskräfte" in der Welt)
British Nuclear Fuels (BNFL- führende Firma für Atomenergie und Mitbesitzer
von AWE Aldermaston, dem britischen Atomwaffen-Laboratorium)
Wir haben diese Informationen von einer ihrer Unterstützerorganisationen
"For Mother Earth" erhalten. Weitere Infos auf:
http://www.motherearth.org/nuke/nuclearlondon
Direktkontakt zu Trident Ploughshares: 42-46 Bethel Street, Norwich,
Norfolk NR2 1NR, GB, Tel. ++44-1259753815, e-mail: davidmc at enterprise.net
Leonardo Boff
Als einer der Inspiratoren und Entwicklungshelfer der - inzwischen 100.000
- katholischen Basisgemeinden in Brasilien bekam er ab 1985 die Redeverbote
und anderen Unterdrückungsmaßnahmen des Vatikans (aber auch der
konservativen Politiker) zu spüren. Als Franziskanerpater und
Universitätsprofessor (für Ethik, Religionsphilosophie und Ökologie)
engagierte er sich sowohl um die ökumenische Dimension der Theologie als
auch um die politische Wirkung für die Armen und Unterdrückten - darunter
auch für die Bewegung der Landlosen (MST). 1992, nach einem weiteren
Redeverbot, verließ er seinen Orden mit der Erklärung, daß "die Zukunft der
Menschheit und des Planeten Erde" wichtiger sind als die der Institution
Kirche. Noch immer als verheirateter "Laienpriester" tätig - unter anderem
für und mit obdachlosen Kindern - arbeitet er in Petrópolis/ Rio de Janeiro
weiter in den Basisgemeinden bei der politischen Bildung für
Verantwortliche in den Basisgruppen mit - im "Zentrum zur Verteidigung der
Menschenrechte/ CDDH, dem -"Dienst für die Volksbildung und -organisation"
und der "Gruppe Theologie und organische Beratung/ TAO".
In ihnen wird den von Armut Betroffenen mühsam bewußt gemacht, daß dies
kein unabwendbares Schicksal sondern eine Folge der globalisierten
Wirtschaftssysteme ist.
Als Autor von 60 Büchern problematisiert er in der letzten Dekade neben den
Grundthemen soziale Ungerechtigkeit und Gewalt immer stärker auch die
systematische Zerstörung der "Mutter Erde", zeigt aber auch politische und
spirituelle Orientierungen auf.
Seine Bücher werden vom Patmos Verlag publiziert. Das neueste: "Ethik für
eine neue Welt". 2000, DM 29,80. Leider ist das umfassendere Werk aus 1996:
"Unsere Haus, die Erde" vergriffen. Viele seiner Bücher haben wir in
unseren "Buchtipps" vorgestellt.
Boff's Internetseite (meiste Texte in Brasilianisch): http://fly.to/boff
José Antonio Abreu
Schließlich wird auch José Antonio Abreu ausgezeichnet, ein früherer
Kulturminister Venezuelas, der mit seiner Organisation FESNOJIV ein
Netzwerk von Jugendorchestern (mit 75 "Zellen" mit 102 Kinder- und 55
Jugendorchestern) aufgebaut hat, in denen diesen auch eine soziale
Integration vermittelt wird.
Weitere Informationen zum Right Livelihood Award/ RLA ("Alternativer
Nobelpreis") - auch zu den früheren Preisträgern - auf: www.rightlivelihood.se
Matthias Reichl
Atomgefahr in Südasien
Smitu Kothari, Mitarbeiter der indischen Bewegung "Lokayan" (1985
RLA-Preisträger) aus New Delhi, hat mit Zia Mian, einem pakistanischen
Experten für Atomrüstung eine umfangreiche und umfassende Dokumentation zur
Atomrüstung in Indien und Pakistan zusammengestellt. Nicht erst seit dem
Afghanistan-Krieg wurde die politische Sprengkraft und die
Existenzbedrohung für eine bevölkerungsreiche Region bewußt. Daß dazu noch
das Interesse der transnationalen Energieproduzenten kommt, die
Bodenschätze der Region auszubeuten und Transportrouten zu schaffen,
verschärft diese Konflikte zusätzlich.
Im Buch sind Texte von Mahatma Gandhi bis Arundhati Roy und weiterer
Experten, aber auch Literaten und Poeten zusammengefasst. Ergänzt wird der
500-Seiten-Band durch exakte Aufstellungen über die "atomare Infrastruktur"
in Südasien, Buchtipps und Adressen von Friedensorganisationen. Es
informiert detailliert sowohl über die militärischen als auch die "zivilen"
Dimensionen, Auswirkungen und Gefahren der Atomtechnologie.
Smitu Kothari/ Zia Mian (eds.): Out of the Nuclear Shadow. 2001 ZED books.
ISBN 1 84277 059 4. £ 16.95
Unter den Texten zum kriegerischen Konflikt der US-Regierung (und ihrer
Alliierten) mit dem Taliban-Regime in Afghanistan findet ihr auch einige
von Arundhati Roy - auf unserer homepage: http://www.begegnungszentrum.at
Faule Kompromisse um Temelin
Die Entwarnung um das AKW Temelin als politischer Propagandaakt der
Regierungen Österreichs und Tschechiens kann die fehlerhaften Schweißnähte
des Kompromisspapiers aus Brüssel nicht verdecken. Geht es doch bei diesem
AKW um mehr als nur um die Energieversorgung, sondern primär um den Beweis,
daß eine Fusion von fehlerhaften sowjetischen mit ähnlichen westlichen
Konstruktionen nicht in Konfusion endet. Ein System ist so stark wie seine
schwächste Stelle. Die Liste der Schwachstellen an diesem AKW ist zu lang
um sie vollständig anzuführen. (Sie wurden laufend vom südböhmischen
Centrum Energie publiziert und stehen auch in den homepages wie:
www.temelin.at)
Sind lückenlose Pläne und (unzensurierte) Bauberichte von beiden
Planungsteams vorhanden? Sensible Bereiche wie die Hochdruckkessel und
-leitungen, die betonierten Fundamente und das Containment können nun nicht
mehr vollständig nachgeprüft werden. Die lange verdrängte Gefahr eines
Flugzeugabsturzes oder Terroranschlags auf die Reaktoren wurde nun wieder
bewußt usw.
Kürzlich wurden - im Interesse der tschechischen Betreiber? - sowohl von
der UN-Atomenergieorganisation (IAEA) als auch vom österreichischen
Ökologie Institut (eine kommerzielle Consultingagentur) - die von
österreichischen und tschechischen Gegnern des AKW Temelin (und des
Weiterbetriebes von AKWs in anderen Ländern) aufgezeigten Gefahren
bagatellisiert bzw. ignoriert.
Selbst wenn nun weitere Milliardenbeträge in die "Erhöhung der Sicherheit"
hineingepumpt werden, können damit nicht alle inneren Schwachstellen und
Bedrohungen von außen beseitigt werden. Die Betreiber - die das Werk
demnächst an einen westlichen Energiekonzern verkaufen wollen - träumen
übrigens von einer Betriebsdauer von 60 Jahren (um den Preis zu erhöhen?).
Die Chance, umfassend auf der EU-Ebene Schritte hin zu einer
"Null-Variante" (eines Ersatzes der Atomenergie durch andere, vor allem
erneuerbare Energien) und über Ausstiegsszenarien zu beraten, wurde
kürzlich von den Leitungsgremien der EU blockiert. Der EU-Erweiterungs-
Kommissar Verheugen, ein deutscher Sozialdemokrat, hatte von Anfang an als
Atombefürworter agiert. Nicht nur die Lecks in den Reaktoren sondern auch
das Leck im politischen Intellekt können verheerende Auswirkungen haben.
Angesichts der Aufweichung von Umweltschutzstandards in anderen Bereichen
können EU-weite "Sicherheitsnormen" für AKWs bewirken, daß jene daran
glauben müssen, die daran glauben.
Daher ist weitere Skepsis und weiterer gewaltfreier Widerstand nötiger denn je.
Matthias Reichl, 30.11.2001
Einwendungen zum Atommülllager Gundremmingen/Bayern
Seit 26.11. läuft noch bis zum 28.1.2001 die Einwendungsfrist für
Österreich gegen ein weiteres oberirdisches Atommüll-Zwischenlager in
Bayern. Am AKW-Standort Gundremmingen (nördlich von Tirol und Vorarlberg)
soll ebenfalls wie in Ohu ein Brennelemente-Zwischenlager für das nächste
halbe Jahrhundert errichtet werden.
Die österreichischen Atomgegner werden auch bei diesem Zwischenlager (wie
bei Ohu) eine Einwendungskampagne in den nächsten Wochen durchführen und
rufen Gemeinden Schulen, Behörden und Ämter sowie Privatpersonen zu
möglichst breiter Beteiligung auf. Gegen das Atommülllager Ohu sind über
25.000 Einwendungen an das Bundesamt für Strahlenschutz in Deutschland
übergeben worden...
Einwendungsformulare für Gundremmingen sind auf den Webpages der
Atomgegnerorganisationen der Bundesländer Salzburg und Oberösterreich zu
finden: www.temelin.at - www.grenzblockade.at - www.plage.cc
Weitere Informationen auch bei: Josef Pühringer, Tel. 0664 3085207
Organisatorische Änderungen
Das Büro der Plattform gegen Atomgefahren/ PLAGE in Salzburg mußte (wie
auch der Österreichische Naturschutzbund) aus dem Schloß Arenberg
(Arenbergstr. 10) ausziehen, weil dort eine vornehme
österreichisch-US-amerikanische Stiftung (mit Institut) einziehen will.
Die PLAGE hat sich nun in der Nonntaler Hauptstr. 86, 5020 Salzburg
einquartiert. (Die Tel. Nr. 0662-643567 bleibt gleich.)
Leider musste ab September das Büro des Vereins "Anti Atom International"
in Wien wegen Finanzierungsproblemen geschlossen werden. Damit fehlt leider
eine österreichweite Koordinierungsstelle für alle Anti-Atom-Initiativen.
Umso wichtiger sind die vernetzten regionalen Initiativen und Organisationen.
Matthias Reichl
Sozialstaats-Volksbegehren
In Stadt und Land Salzburg könnt ihr im Magistrat bzw. Gemeindeamt noch bis
10. Dezember eine Unterstützungserklärung für das Volksbegehren
unterschreiben. (Infotelephon: 0662-885337/ Regina Taxacher.) Im restlichen
Österreich wurde die Aktion am 30.11. abgeschlossen. Im Frühjahr 2002 wird
dann das Volksbegehren zur Unterschrift aufliegen. Inzwischen werden weiter
Informationsveranstaltungen österreichweit organisiert. So wird es in Wien
am 7./.8., 14./15. und 22./22.12. auf dem Stock-im-Eisen-Platz (neben dem
Stephansdom) jeweils von 17 bis 19h einen Speakers-Corner mit prominenten
Unterstützern geben. Weitere Infos auf der homepage: www.sozialstaat.at
Wenn ihr den 104. Rundbrief erhalten wollt und noch nicht "Abo
2001" oder "Abo Austausch" vor eurer Adresse findet, (wenn ihr noch nicht
bezahlt oder noch kein Austauschabo vereinbart habt) bitten wir euch
dringend um Mitteilung bzw. um Einzahlung. Anonyme Abo-Einzahlungen, auch
wenn wir uns darüber freuen, können wir nicht zuordnen. Vermerkt bitte
bei einer Überweisung deutlich Name, Adresse bzw. email-adresse und wenn
möglich die Adr. Nr. das erleichtert mir die Arbeit. Danke! Maria Reichl
Beiträge für 2002
Ab sofort könnt ihr auch die Mitgliedsbeiträge und Kostenbeiträge für 2002
in Euro auf unser Konto Nr. 0600-970305 (Blz. 20314) Sparkasse Bad Ischl,
Geschäftstelle Pfandl überweisen. Da wir heuer das Limit an Probeexemplaren
schon überschritten haben, bitten wir alle, denen wir heuer Probeexemplare
geschickt haben, bei Interesse den Rundbrief zu abonnieren oder einen
Mitgliedsbeitrag zu zahlen.Wer nur den e-Rundbrief erhalten will soll dies
- mit seine e-mail Adresse - auf dem neuen EURO-Erlagschein vermerken. Wer
den e-Rundbrief in Austausch für eigene Informationen erhalten will, kann
uns seine e-mail Adresse an <mareichl at ping.at> mailen.
Wir danken für jede Unterstützung!
Maria und Matthias Reichl im Namen des Vorstandes
---
M. Reichl, Begegnungszentrum fuer aktive Gewaltlosigkeit
Center for Encounter and active Non-Violence
Wolfgangerstr.26, A-4820 Bad Ischl, Austria fon/fax: +43 6132 24590
Mehr Informationen über die Mailingliste E-rundbrief